Nutzpflanzenkulturen und ihre Entwicklung im Laufe der Geschichte

Mittelalterlager

Aktives Mitglied
Moin

Baumwolle, Soja, Zuckerrohr, Mais und eine andere Kulturen in großflächiger Monokultur sind ja durchaus kritisch zu sehen und haben ebenso signifikante Auswirkungen auf die Umwelt.
Wie und warum kam es zu dieser Entwicklung?
 
Zuletzt bearbeitet:
Um eine Einlassung aus einem anderen Thread aufzugreifen, Baumwolle wurde schon seit Jahrtausenden von verschiedenen Kulturen kultiviert, dies ist natürlich richtig.
Im weiteren Verlauf der Entwicklung müßen wir hier allerdings die verschiedenen Faserlängen der Baumwolle betrachten, da diese für die Verwendungsmöglichkeiten von Relevanz sind.
Die heutigen Baumwolltypen gab es in dieser Form früher nicht. Vor Einführung der langfaserigen Baumwollsorten aus der "Neuen Welt" war z.b. die ägyptische Baumwolle ein eher kurzfaseriger Typ der für robuste, haltbare Kleidung wenig geeignet war. Die wurde dann mit Leinenfasern zu Barchent verarbeitet. Erst die Kreuzung mit der langen Sorte ermöglichte eine robuste, gut tragbare Faser mittlerer Länge.
 
Bezüglich der Einlassung in dem Thread, statt Baumwolle eventuell Schafe, ist zu sagen, das in der Region die Schafhaltung ebenso negative Wirkungen auf den Bewuchs gehabt hätte wie es sich im Prinzip auch bei der Baumwolle ausgewirkt hat.
Schafhaltung in großen Stil schädigt die örtliche Pflanzenwelt in Bezug auf die Entwicklung von Baumbewuchs, schöne Beispiele hierfür sind die Heideflächen in Europa und auch Island, wo die Schafhaltung zu verstärkter Bodenerosion geführt hat.
Schafe statt Baumwolle bietet auch keine echt Alternative.
Man muß immer die örtlichen klimatischen und bodenspezifischen Gegebenheiten betrachten.
 
Um eine Einlassung aus einem anderen Thread aufzugreifen,
wäre es sinnvoll, das zu lesen, was diese Einlassung verlinkt hatte: Wikipedia Baumwolle (Kulturgeschichte).
Daraus z.B. das hier:
Ab dem 6. nachchristlichen Jahrhundert wurde Baumwolle im Vorderen Orient, Arabien und Ägypten zum üblichen Material für Arbeitskleidung, und die Mauren bauten Baumwolle in Spanien extensiv an.[19] In Spanien, Sizilien und Kalabrien gab es seit dem 8. Jahrhundert Baumwollanbau. Bereits gegen Ende des 14. Jahrhunderts zog die Republik Venedig das Handelsmonopol levantinischer Baumwolle an sich und behielt es bis ins 17. Jahrhundert. Zugleich nahm an den großen Umschlagplätzen nördlich der Alpen die Baumwollverarbeitung stark zu. Mittelpunkt war Augsburg, das fast alle europäischen Märkte mit seinen Barchenten versorgte. Eine reine Baumwollindustrie begann im 14./15. Jahrhundert, etwa in Zürich.[20] Im Mittelalter und in der Frühneuzeit wurde Baumwolle (mittellateinisch[21] Bombax genannt[22]) unter anderem für Wieken oder Polsterkissen sowie zur Herstellung von Verbandmitteln und als Arzneimittelträger[23] zum Auftragen von Salben verwendet.[24][25]
Also anfangs Luxus, später in Richtung Massenware noch lange vor den nordamerikanischen Plantagen!
Und in diesem Artikel finden sich auch die Infos darüber, welche Baumwollesorten im Cotton belt ab wann industriell gepflanzt und verarbeitet wurden.

Nur nebenbei: das Wort Baumwolle gibt es schon im mittelhochdeutschen.
 
Das Baumwolle trotzdem als "Arbeitskleidung" in Ägypten verarbeitet wurde, widerspricht nicht der Aussage, das sie dafür wenig geeignet war.
 
Obacht:
1. Was gab es für erschwingliche Alternativen?
2. Als Oberbekleidung ohne Ärmel durchaus geeignet, ebenso als Unterbekleidung ( Hosen waren meines Wissens nicht üblich)
3. Baumwolle kann ich auf dem Acker in kleiner Mischkultur kultivieren, die Erträge liegen erheblich über dem von Leinen.
4. Schafwolle wir in Ägypten mangels Fläche ebenfalls knapp gewesen sein.
5. Die Baumwolle ist nicht sehr reißfest, trage ich keine Hosen, ist das Problem nicht akut.
 
@Mittelalterlager sorry, ich halte es nicht für zielführend, die historischen morgen- & abendländischen Kulturen darüber zu belehren, welche Materialien geeignet und welche ungeeignet sind (das Wissen, dass man schneller, bequemer, ohne zu frieren und ohne nass zu werden von Haithabu nach Vinland mit einem Kreuzfahrtluxusliner kommt, nützt dem Wikinger im Drachenboot nichts) ;)

Zielführender erscheint mir, die historische Faktenlage erst mal zu sichten und hinzunehmen (z.B. im Wikipedia Artikel Baumwolle samt Literaturverweisen). Baumwolle war nun mal seit dem Frühmittelalter ein zunehmend begehrteres Handelsgut, so sehr, dass sich ein weites Handelsnetz etablierte (z.B. mit Augsburg als Umschlagplatz) -- das ist insofern interessant, als es lange vor der Industrialisierung stattfand (und ergo noch ohne deren technische Möglichkeiten!) Ich nehme an, dass es ohne den gewachsenen und zunehmenden Bedarf an der längst etablierten Baumwolle gar nicht zum industriellen Innovationsschub um 1800 in Sachen Baumwollverarbeitung en masse gekommen wäre.
 
Baumwolle ist ja sehr interessant. Wir hatten schon mal eine Baumwolldiskussion hier im Forum - allerdings mit einem anderen Ansatz/Fokus. Interessant ist ja, dass Baumwolle an einem zierrosenähnlichen Strauch wächst. Das in den meisten europäischen Sprachen verwendete Wort für Baumwolle ist über das Arabische (al-quṭn) ins Italienische (cottone) und Iberoromanische (span. algodón, port. algodão) vermittelt worden.

Aber wusstet ihr, woher die Jeans ihren Namen hat?
Von der Stadt Genua, wo ein besonders robuster Baumwollstoff, ursprüngl. für Segeltuch, hergestellt wurde. Über frz. Vermittlung kam das Wort dann ins Englische.
Die blaue Färbung der Blue Jeans kam aus der Stadt Nîmes, de Nîmes, daher Denim.

Während ich in Andalusien studiert habe, sind mir dort nie Baumwollfelder aufgefallen. Als ich 2015 nach langer Zeit mal wieder in Andalusien war (Anfang Oktober) war gefühlt überall Baumwollernte. Seitdem bin ich jedes Jahr - mit Ausnahme 2020 und 2021 aus bekannten Gründen - in Andalusien gewesen, aber Baumwollfelder habe ich nicht mehr gesehen - auch Felder, auf denen 2015 Baumwolle angebaut wurde, waren mit anderem bepflanzt.
Es kann natürlich sein, dass die Baumwolle als Zwischenkultur verwendet wurde, bevor man Oliven gepflanzt hat, das wird so gemacht: Eine Olivenplantage wird erst ordentlich gepflügt und mit einjährigen Kulturen bebaut, bevor man Oliven pflanzt, damit kein störendes Wurzelwerk mehr im Boden verbleibt.
 
Obacht:
1. Was gab es für erschwingliche Alternativen?
2. Als Oberbekleidung ohne Ärmel durchaus geeignet, ebenso als Unterbekleidung ( Hosen waren meines Wissens nicht üblich)
3. Baumwolle kann ich auf dem Acker in kleiner Mischkultur kultivieren, die Erträge liegen erheblich über dem von Leinen.
4. Schafwolle wir in Ägypten mangels Fläche ebenfalls knapp gewesen sein.
5. Die Baumwolle ist nicht sehr reißfest, trage ich keine Hosen, ist das Problem nicht akut.
Was hat dass mit Deiner Antwort zu tun. Ich habe lediglich einige Dinge in diesem Zusammenhang angesprochen.
 
Was hat dass mit Deiner Antwort zu tun. Ich habe lediglich einige Dinge in diesem Zusammenhang angesprochen.
Na ja, zu diesen von dir angesprochenen Dingen zählte auch das hier:
Das Baumwolle trotzdem als "Arbeitskleidung" in Ägypten verarbeitet wurde, widerspricht nicht der Aussage, das sie dafür wenig geeignet war.
und wie gezeigt, sahen die Leute das ein paar Jahrhunderte ziemlich anders als du: die hielten Baumwolle sehr wohl für brauchbar. Das führte Jahrhunderte lang zu einem lebhaften Handel (ich wiederholen das nicht alles)
...durfte ich mich womöglich nicht darauf beziehen? ;)
 
Bevor das hier eskaliert:

Soweit ich das verstanden habe ging es hier bei der Baumwolle um Arbeitskleidung im ägyptischen Raum. Ist das so korrekt?
 
#4 inklusive Zitat (!)
...man nutzte Baumwolle vielfältig - du musst dich nicht einzig auf die Arbeitskleidung im Orient kaprizieren (die sich dort wohl bewährt hatte)
 
Bezüglich der Einlassung in dem Thread, statt Baumwolle eventuell Schafe, ist zu sagen, das in der Region die Schafhaltung ebenso negative Wirkungen auf den Bewuchs gehabt hätte wie es sich im Prinzip auch bei der Baumwolle ausgewirkt hat.
Die Frage hatte ja vor allem auch im Hinblick auf den Platzbedarf abgezielt, da es ja um Verschwendung, respektive nicht nachhaltiges Wirtschaften ging.

Ich setze einfach mal vorraus, dass man sich darauf einigen kann, dass im Gegensatz zu Tabak oder Zuckerprodukten Kleidung ein menschliches Grundbedürfniss befriedigt, ohne dem der Mensch nicht auskommt.

Wenn man sich auf diese Grundprämisse einigen kann wird man anerkennen müssen, das zur Versorgung einer wachsenden Bevölkerung mit Kleidung entsprechende Flächen benötigt wurden um die Rohstoffe dafür erzeugen zu können.
Das wiederrum könnte allerdings kaum als unnachhaltig/verschwenderisch gelten, selbst wenn für den Export gedacht, da günstige Überschüsse aus einem Gebiet dann natürlich die Aufgabe von Anpflannzungen oder Weideflächen in anderen Gebieten ermöglicht.

Aus sozialer/mikroökonomischer Sicher ist das natürlich für die Gebiete, die bei den Preiskämpfen nicht mithalten können ein Problem, unter Umweltgsichtspunkten, die bei deutlicher Überproduktion die Renaturierung und Erhohlung von Flächen erlauben allerdings weniger.

Deswegen würde ich die These in den Raum stellen, dass man im Bezug auf die Baumwollwirtschaft unterm Strich nur dann von Raubbau an der Natur sprechen kann, wenn ineffiziente Produktionsmethoden verwendet werden, die zu unnötig hohem Platzbedarf und damit der Vereinnahung von mehr Flächen als notwendig (mit fortschrittlicheren Methoden) führen oder aber, wenn andere für die Erzeugung von Kleidung etc. verwendungsfähig Rohstoffe in vergleichbaren Mengen mit weit weniger Umweltzerstörung und Vereinnahmung von Platz bestritten werden kann, oder eben auf Flächen, die für wirklich überhaupt nichts anderes sinnvoll verwendet werden können und bei denen dann dementsprechend Verdrängungseffekte ausbleiben.
 
Statt Baumwolle könnte und werden ja auch heute Nahrungs- und Futtermittel angebaut.
Tatsächlich war es ja auch so, das z.b. in Deutschland Schafe auf Flächen gehalten wurden, die für sonstige landwirtschaftliche Produktion kaum effektiv zu nutzen war, dies nicht nur im größerem Stile sondern häufig auch kleinteilig.
Natürlich sind die Monokulturen der " Neuzeit" wenig bis gar nicht nachhaltig.
 
Insgesamt gesehen ist es ja so, das landwirtschaftliche Produktion auf großen Flächen ( Pflanzen), in großen Einheiten ( Vieh), ausschließlich der Wirtschaftlichkeit dient. Ökologische Gesichtspunkte werden hier wenig bis gar nicht berücksichtigt. Letztendlich führt das zur Zerstörung der Böden, der örtlichen und überörtlichen Ökosysteme. Auch die sozialen Systeme der Bewohner werden hiervon langfristig beeinflußt.

Die Folgen dieses wirtschaftens sehe ich sogar in meiner alten Heimat.
Ende der 70ger bis Mitte der 80ger gab es in unmittelbarer Nähe unseres Hauses noch Kibitze, Frösche, Stichlinge und Störche, nur um einige Beispiele zu nennen, heute gibt es da nichts mehr. Feuchtwiesen wurden für den Maisanbau umgebrochen, in den Gräben ist Gülle, Ackerraine wurden extrem verkleinert, Wallhecken und Einzelbäume entfernt um größere zusammenhängende Flächen zu gewinnen, bzw. mehr Fläche für die Viehquote (Gülle) zu gewinnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Tatsächlich war es ja auch so, das z.b. in Deutschland Schafe auf Flächen gehalten wurden, die für sonstige landwirtschaftliche Produktion kaum effektiv zu nutzen war, dies nicht nur im größerem Stile sondern häufig auch kleinteilig.
Deswegen die frage. Zur Haltung von Schafen, eignen sich ja z.B. küstennahe Gebiete und Marschlandschaften ganz gut, in denen man relativ wenig andere Dinge effektiv anstellen kann oder jedenfalls mit vormodernen Mitteln konnte.

Die Frage ist nur, wäre es denn möglich gewesen so große Schafspopulationen zu halten, dass man quantitativ mit Schafswolle als Substitut für Baumwolle als Industrieprodukt ausgekommen wäre, oder hätte das vorrausgesetzt für die Vergrößerung der Schafspopulationen so viel mehr Boden in Beschlag zu nehmen, dass unterm Strich rein flächenmäßig die Baumwolle weniger Zerstörung von Naturräumen vorraussetzte?

Ich muss sagen, ich habe für meinen Teil relativ wenig Vorstellung davon, was sich so pro Hektar auf einer Baumwollplantage oder pro Hektar Weideland an Schafswollee produzieren ließ.
Zumal Schafe ja den Winter über möglicherweise noch andere Futtermittel benötigen, die dann auch noch irgendwo angebaut werden müssten.
 
Insgesamt gesehen ist es ja so, das landwirtschaftliche Produktion auf großen Flächen ( Pflanzen), in großen Einheiten ( Vieh), ausschließlich der Wirtschaftlichkeit dient.
Natürlich. Aber das ging ja im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert vor allem noch auf das Konto von Grundbedürfnissen, weil die vorhandene, noch relativ ineffektive, relativ spärliche Maschienerie ja anders als heute überhaupt noch nicht in der Lage war dauerhaft große Mengen an Überproduktion zu leisten und die vorhandenen Märkte tatsächlich zu übersättigen.

Natürlich wurde das profitorientiert betrieben und nicht auf ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtet, die Frage wäre aber, hätte man unter den damaligen Bedingungen darauf verzichten können, ohne die Versorgung mit einigermaßen bezahlbaren Bedarfsgütern zu untergraben, die es ermöglichte die Mangelwirtschaft der agrarischen Gesellschaften Alteuropas hinter sich zu lassen?

Bei Tabak und Zucker als Luxusprodukten stellt sich die Frage nicht, da wäre es sicherlich auch ohne gegangen, aber bei Baumwoll stellt sie sich meines erachtens nach schon.
Und dann habe ich um ehrlich zu sein etwas Probleme mit dem Nachhaltigkeitsbegriff, weil ich es durchaus nicht für nachhaltiges Wirtschaften halten, Wirtschaft so zu betreiben, dass Teile der Bevölkerung ihre Grundbedürfnisse nicht oder nur zum Teil befriedigen können.
 
Zurück
Oben