Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Es ist doch genau das, was letztlich Varus zum Vorwurf gemacht wird: Dass er den Marsch seiner Legionen eben mangelhaft geplant hatte, zu wenig das Gelände und die Gegebenheiten erkundete und trotz all seiner militärischen Erfahrung etwas blauäugig losmarschierte.
Nach verlorerner Schlacht ist man immer schlauer, aber römische Armeen gerieten immer wieder in Hinterhalte oder wurden eingekesselt.
Schlacht am Transimenischem See, Carrhae, Cannae.
Hinterher kann man sagen, dass die Aufklärung gefehlt hat.
Bei Varus mag es ja so sein, dass er die Aufklärung an germanische Verbündete übertrug, als die sich vom Acker gemacht hatten, waren seine Legionen, zumindest auf einem Auge blind, die römische Reiterei war ja noch vorhanden.
Varus hat sich hinreißen lassen, einen eher ungeplanten Schwenker zu einem aufmüpfigem Stamm zu machen begab sich dann wohl in eher nicht so gut erkundetes Gebiet.
 
Schlacht am Transimenischem See, Carrhae, Cannae.

Die Schlachten am Transimenischen See und in Cannae waren keine geplanten Angriffskriege, dort stand den Römern das Wasser bis zum Hals.
Das kann man nicht vergleichen.

Und was Carrhae angeht, wurde Crassus ähnlich verrissen wie Varus. Er ist als unfähiger Feldherr, der nur auf Reichtum und Prestige aus war, in die Geschichte eingegangen.
 
Varus hat sich hinreißen lassen, einen eher ungeplanten Schwenker zu einem aufmüpfigem Stamm zu machen begab sich dann wohl in eher nicht so gut erkundetes Gebiet.
Sagt Cassius Dio. In den anderen Quellen ist davon nirgends die Rede.

Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass Varus' Kopf, der von Arminius über Marbod an Augustus ging, ehrenvoll bestattet wurde, Varus' gleichnamiger Sohn wurde noch mit Iulia Livilla verlobt (die wurde 18, also 9 Jahre NACH der Varusschlacht geboren). Die frühen, aber insgesamt wenig aussagekräftigen Quellen betrauern Varus' Tod. Erst mit Velleius Paterculus setzt ab ca. 30 n. Chr. eine Varus fehlerbezichtigende, bei Velleius diffamierende Berichterstattung ein. Seneca missbilligt Lucius Cestius Pius' Kritik an Varus Sohn (der damals noch der designierte Schwiegersohn von Germanicus war, also der Verlobte der Großnichte Tiberius') als unangemessen. Bzw. eigentlich schreibt Seneca: "quam omnes improbavimus - was wir alle missbilligten". Das muss irgendwann zwischen 18 und 20 gewesen sein, da Publius Quinctilius Varus einerseits als gener des Germancius, andererseits als praetextatus bezeichnet wird.

Und was Carrhae angeht, wurde Crassus ähnlich verrissen wie Varus. Er ist als unfähiger Feldherr, der nur auf Reichtum und Prestige aus war, in die Geschichte eingegangen.
Immerhin war Crassus der reichste Mann seiner Zeit.
 
Sagt Cassius Dio. In den anderen Quellen ist davon nirgends die Rede.
Ja ja …

Aber irgendwie muss Varus doch in den Hinterhalt gelockt worden sein. Wäre er rein routinemäßig unterwegs gewesen und hätte er seine Route völlig frei wählen können, hätte er doch wohl kaum eine gewählt, auf der er in ungünstiges Gelände gerät (von Wäldern und Sümpfen ist auch bei Velleius die Rede – sofern man das nicht als literarischen Topos abtut). Auf gut erkundetem, offenem Land hätte sich schwer ein Hinterhalt legen lassen.
 
Ja ja …

Aber irgendwie muss Varus doch in den Hinterhalt gelockt worden sein. Wäre er rein routinemäßig unterwegs gewesen und hätte er seine Route völlig frei wählen können, hätte er doch wohl kaum eine gewählt, auf der er in ungünstiges Gelände gerät (von Wäldern und Sümpfen ist auch bei Velleius die Rede – sofern man das nicht als literarischen Topos abtut). Auf gut erkundetem, offenem Land hätte sich schwer ein Hinterhalt legen lassen.
Nur als er vom Aufstand hörte, hat er die Routine verlassen......frei wählen hätte er dennoch können. Ich habe den Eindruck, daß Arminius seine Fallen...auch Caecina....so plante, daß es keine Alkternativlösungen für die Römer gab.Will damit sagen, daß dies die multiple Annahme von Zugwegen begrenzt
 
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Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass Varus' Kopf, der von Arminius über Marbod an Augustus ging, ehrenvoll bestattet wurde,
Alles andere wäre auch untunlich gewesen. Augustus war Varus‘ vorgesetzter Oberkommandierender und somit direkt für seine Personalauswahl verantwortlich. Hätte er Varus öffentlich als unfähigen Volltrottel abgestempelt, wäre das auf ihn selbst zurückgefallen (Auswahlverschulden). Ihm blieb also gar nichts anderes übrig als den Ball möglichst flach zu halten und die Verantwortung für die Niederlage nicht öffentlich Varus anzulasten.
 
Aber irgendwie muss Varus doch in den Hinterhalt gelockt worden sein. Wäre er rein routinemäßig unterwegs gewesen und hätte er seine Route völlig frei wählen können, hätte er doch wohl kaum eine gewählt, auf der er in ungünstiges Gelände gerät (von Wäldern und Sümpfen ist auch bei Velleius die Rede – sofern man das nicht als literarischen Topos abtut). Auf gut erkundetem, offenem Land hätte sich schwer ein Hinterhalt legen lassen.

Wir wissen ja, dass er germanische Hilfstruppen hatte, Cassius Dio sagt, die ihn begleitenden Germanen hätten sich unter dem Vorwand verabschiedet, weitere Truppen heranzuholen (haben sie ja auch, aber anders als gedacht), ältere Quellen sprechen vom Verrat der Germanen an Varus. Noch Germanicus hatte nach dem Zeugnis Tacitus', als er 16 gegen die Cherusker ins Feld zog mindestens einen Cherusker dabei: Flavus. Wenn man davon ausgeht, dass dieser eine Auxiliar-Einheit befehligte, dann kann man davon ausgehen, dass hier auch weitere Cherusker dabei waren.
Wenn man davon ausgeht, dass die germanischen Hilfstruppen den Kern des Aufstands bildeten, dann kannten die auch die Marschroute und mussten gar keinen Aufstand vortäuschen, womit ich nicht gesagt haben will, dass dieser Aufstand nicht fingiert worden sei, ich weise nur darauf hin, dass der unzuverlässige Cassius Dio (ich weiß Ravenik, dass du da anderer Meinung bist und die Mehrheit hinter dir hast) 200 Jahre später die einzige Quelle dafür ist.
 
Alles andere wäre auch untunlich gewesen. Augustus war Varus‘ vorgesetzter Oberkommandierender und somit direkt für seine Personalauswahl verantwortlich. Hätte er Varus öffentlich als unfähigen Volltrottel abgestempelt, wäre das auf ihn selbst zurückgefallen (Auswahlverschulden). Ihm blieb also gar nichts anderes übrig als den Ball möglichst flach zu halten und die Verantwortung für die Niederlage nicht öffentlich Varus anzulasten.
Varus' Sohn wurde noch mindestens 9 Jahre nach der Niederlage seines Vaters mit seiner Cousine Iulia Livilla verlobt. Varus hat sich vollkommen normal verhalten. Er war erfolgreich in Syrien, war Statthalter in Syrien, Africa und schließlich Germanien. Dass Varus ein - in römischem Sinne - erfolgreicher Problemlöser war, hatte er in Syrien gezeigt.
 
Wir wissen ja, dass er germanische Hilfstruppen hatte,
Wissen wir das? (Das wissen wir von Cassius Dio.)

Bei Velleius bleibt völlig offen, warum es zur Schlacht kam. Auch davon, dass Arminius oder sonstige Germanen den Varus auf seinem Zug begleitet hätten, steht bei Velleius nichts.

Also wenn wir Cassius verwerfen, wissen wir nur, dass die römische Armee irgendwie in ungünstigem Gelände (sofern man das nicht als Topos abtut) in eine Schlacht verwickelt wurde und dass Arminius offenbar irgendwie mitverantwortlich war, dass es dazu kam. Aus.
Varus' Sohn wurde noch mindestens 9 Jahre nach der Niederlage seines Vaters mit seiner Cousine Iulia Livilla verlobt.
Was nicht zwingend etwas über die Bewertung seines Vaters sagt. Die Römer nahmen es mit der Sippenhaftung nicht immer so genau. Auch der berühmte Varus konnte Karriere machen und in die engere Umgebung des Augustus aufsteigen, obwohl sein Vater ein Feind Caesars gewesen war und die Caesarmörder unterstützt hatte. Dem Sohn wurde das offenbar nicht angelastet.

Auch im Fall des Carrhae-Verlierers Crassus bedeutete das nicht das Aus für seine Familie. Ein Enkel konnte noch Konsul werden.
 
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Varus' Sohn wurde noch mindestens 9 Jahre nach der Niederlage seines Vaters mit seiner Cousine Iulia Livilla verlobt. Varus hat sich vollkommen normal verhalten. Er war erfolgreich in Syrien, war Statthalter in Syrien, Africa und schließlich Germanien. Dass Varus ein - in römischem Sinne - erfolgreicher Problemlöser war, hatte er in Syrien gezeigt.

Nebenbei waren die Quinctilier eine sehr reiche und vornehme Senatorenfamilie.
Alleine deshalb musste man Varus ehrenvoll bestatten.
 
Wissen wir das? (Das wissen wir von Cassius Dio.)
Darauf wies ich hin, setzte aber hinzu, dass wir das indirekt auch von Tacitus wissen. (Flavus bei Germanicus), Manilius spricht von einem gebrochenen Vertrag (foedere raptus).

Ich verstehe ja, dass es schwerfällt, ausgerechnet die ausführlichste (oder wenn man so will: fabulierfreudigste) Quelle zu verwerfen, aber man kann doch nicht ignorieren, dass Cassius Dio höchst problematisch ist. Dass er Dinge erzählt, von denen sonst niemand etwas weiß (ja, ja, ich weiß, die verlorenen Quellen, aus denen er abgeschrieben haben soll....), dass er bekannte Geschichten ihres Sinnes entkernt und Personal auswechselt (die Tischgenossengeschichte, wo Segestes (Schwiegervater, von dem die Geschichte ursprünglich stammt) durch Segimundus (Vater) ersetzt wird), dass Römer slapstickartig gegen Bäume oder einenander rempeln, während leichtfüßige Germanen im dicksten Sturm die Römer beschießen.... Selbst wenn man letzteres als aus dem Ruder gelaufene Dramatisierung abtut, ergeben sich immer noch die anderen Probleme.
 
Darauf wies ich hin, setzte aber hinzu, dass wir das indirekt auch von Tacitus wissen. (Flavus bei Germanicus), Manilius spricht von einem gebrochenen Vertrag (foedere raptus).
Das alles besagt nicht, dass auch Varus von germanischen Hilfstruppen begleitet wurde und dass diese irgendwie dafür sorgten, dass es zur Schlacht kam. (Manilius bleibt ohnehin ganz allgemein und unspezifisch.)
 
Was El Quixote an Cassius zweifeln läßt, hat was für sich. Aber irgendjemand hier hat mal etwas von Wahrheit und Wahrscheinlichkeit gemurmelt.
Cassius hat etwas geschrieben, das nicht stimmt. Deshalb muß anderes nicht unbedingt falsch sein. Aber wir kommen mit dem Thema Hilfstruppen so nicht weiter, auch wenn deren Präsenz oder Absenz eine Rolle spielen mag. Eine Quelle kann aus ganz unterschiedlichen Motiven gehandelt haben...wissen wir doch von Velleius und Tacitus. Eine Aussage trifft auch, wer etwas wegläßt.Und von Flavus wissen wir nur, daß er gut brüllen konnte.
 
Es gab noch bis in die 1950er Jahre Sommerwege, das waren die unbebauten Randstreifen der gepflasterten Straßen, auf welchen man mit Wagen fuhr, um den Kontakt eisenbeschlagener Räder mit hartem Pflasterstein zu vermeiden.
Die Ackerwagen mit Holzspeichenrädern und eiserner Lauffläche (Eisenring) haben einen meistens einen großen Durchmesser und laufen deswegen auch auf Kopfsteinpflaster noch ganz gut.
Der Sommerweg, so war es zu Pferdebespannzeiten bis in die Gegenwart, ist dazu da, dass man bei guter Witterung die Hufeisen und die Pferde schont, weil sie auf einem Grasweg weniger Belastung als auf dem Pflaster ausgesetzt sind. Arbeitspferde wurden spätestens alle 6 Wochen beschlagen, wenn sie ein Eisen verloren natürlich früher, auch heute findet man die Hufeisen aus vergangenen Zeiten auf den äckern.
Inwieweit Römer schon beschlagen haben, weiß ich nicht und ob Zugochsen in Deutschland im 19. Jahrhundert beschlagen wurden, kann ich auch nicht sagen, aber der Ochse war bis vor 120 Jahren auch noch ein wichtiges Zugtier.
 
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