Marschlager: Was wurde mitgeführt, was zerstört?

Was da dargestellt ist, ist sicher kein Lager, dass nur für eine Nacht errichtet wurde. Die aufeinandergeschichteten Baumstämme lassen eher eine stabile Befestigung denken, oder an während Belagerungen errichtete Rampen, um feindliche Mauern zu stürmen.

Vielleicht zur Begriffsklärung: Mit "täglichem Marschlager" meinte ich die Lager, die auf normalen Märschen jeden Abend errichtet wurden, und die aus einem Graben von eher geringer Tiefe und einem aus dem Aushub aufgeschütteten Wall bestanden, und ein paar mitgeführten... Palisaden triffts nicht, eher ein primitiver Jägerzaun... In Feindesnähe war der Graben etwas tiefer, und der Wall damit etwas höher, aber das wars. Was anderes sind Lager, die für mehr als eine Übernachtung gedacht waren. Für die wurden (aus welchem Holz jetzt auch immer) Palisaden gebaut, auch mit Türmen, Toren etc pp. Aber das ist nichts, was eine Armee mal eben nach einem absolvierten Tagesmarsch aus dem Boden stampft, und am nächsten Morgen wieder aufgibt. Ähnlich sieht es mit Feldbefestigungen aus, die im Rahmen von Belagerungen errichtet wurden. Die berühmteste dürfte die doppelte Umwallung Alesias während Caesars Belagerung sein.
 

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Wenn aber ein mobiles Torsionsgeschütz auf einem Feldzug mitgenommen wurde, war aus Gründen der Übersicht wie auch der Abschreckung ein gesicherter Standort in erhöhter Position [= Turm] des Marschlagers sinnvoll.
Aber nur dann, wenn man wusste oder einigermaßen davon sicher ausgehen musste Feindberührung zu haben und ggf. angegriffen zu werden.
 
Zur Frage, ob die Wälle wieder in die Gräben geschützet wurden:

In Wesel-Flüren (nahe Xanten) gibt es acht Marschlager auf einem Haufen, direkt nebeneinander.
Zu Übungszwecken wurden diese angelegt.

Die Wälle/Gräben der verschiedenen Lager überlappen sich nicht.

Im Falle des Zuschüttens müsste es Überlappungen geben.
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Keine Überlappungen=> Es wurde nix zugeschüttet.

Sind aber wie gesagt nur Übungslager.
 
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In Massada hat man die Lagerwälle auch nicht abgerissen.
Wobei ich zugegenermaßen nicht weiß, ob das Marschlager, Standlager oder ein Zwischending waren. Die Belagerung zog sich ja ein Weilchen hin, keine Ahnung ob man sich mit Marschlagern zufrieden gab.
 
Bei Roisdorf im Rheinland hat man auch ein römisches Übungslager, dessen Wälle auch heute noch passabel erhalten sind. Demnach wurde auch da nichts zugeschüttet.

Ein römisches Übungslager in Roisdorf

Wir müssen die Lager kategorisieren:

  1. das kurzzeitige römische Marschlager in einem befriedeten Gebiet (wenn eine Legion oder eine Vexillation innerhalb des Imperiums verlegt wurde, machte das Einebnen der Wälle und Zuschütten von Gräben gar kein Sinn. Welche Feinde sollten dann dieses Lager für eigene Zwecke nutzen)
  2. das kurzzeitige römische Marschlager im Feindesland (hier wollte man das Lager gerade nicht im benutzbaren Zustand zurücklassen)
  3. ein Kampagnenlager zur Machtdemonstration oder für infrastrukturelle Aufgaben beziehungsweise Rohstoffgewinnung
Für uns Deutsche sind ja die Germanenkriege von 12 vuZ bis 16 uZ das Nonplusultra. Beispiel für 1 wäre dann das Heranholen von Legionen nach der Varusniederlage an den Rhein. Wurde hier eine Legion zum Beispiel aus Pannonien nach Köln verlegt, dann brauchte sie ein Marschlager nicht einebnen.

Bei dem Vormarsch des Germanicus befand man sich in Feindesland. Hier machte die Möglichkeit 2 Sinn. Nachdem das Lager nicht mehr gebraucht wurde, wurden vermutlich die Wälle eingeebnet und die Gräben (teilweise) aufgefüllt

Wenn wir dann uns die Sommerkampagnen des Varus anschauen, war man sicher nicht jeden Tag an einem anderen Ort. Vermutlich gab es dann Lager, welche für länger benutzt wurden. Hier machte es dann Sinn, massive Palisaden und Türme zu errichten. Der mitgeführte Tross aus Handwerkern, Wirten und Prostituierten bauten sich dann wohl auch feste Unterkünfte. Wie die Variante 3 aussah, war sicher abhängig von der jeweiligen Umgebung. In Germanien war sicherlich Holz der Baustoff der Wahl. Bei einem Feldzug gegen die Perser wurde vielleicht auch mit Steinwällen gearbeitet.
 
@DerNutzer: vielen Dank für die schöne Darstellung der Übungs-Marschlager, mit Böschungssteilheit in Rot/blau und der Schummerung. Diese Lager sind ja auch nach 2.000 Jahren in der Darstellung noch sehr detailreich erkennbar.

Hinsichtlich des Verfüllens der Gräben von Marschlagern bin ich sehr skeptisch. Bei einem aktiven Zuschütten durch die Legionäre müsste der Aushub gleichmäßig durchmischt sein.
Tatsächlich wird der Graben in den meisten Fällen bei der archäologischen Untersuchung mit feinem Sediment eingeschwemmt gefüllt sein, gröberes Material kam erst durch späteres Pflügen in die dann oberen Schichten.

Das hier war natürlich kein Marschlager:

Solche Annäherungshindernisse wird man entweder demontiert und dem armen Maultier auferlegt, oder ganz einfach vor dem Weitermarsch verbrannt haben.

Als Jungs haben wir beim Burgenbauen im heimischen Niederwald ähnliche Annäherungshindernisse aus zugespitzten Haselnussstämmchen verfertigt, mit Baumrindenstreifen zusammengebunden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn wir dann uns die Sommerkampagnen des Varus anschauen, war man sicher nicht jeden Tag an einem anderen Ort. Vermutlich gab es dann Lager, welche für länger benutzt wurden. Hier machte es dann Sinn, massive Palisaden und Türme zu errichten.

Da gab es die sogenannten Sommerlager, die waren dann schon massiver ausgebaut als ein reines Marschlager. Ob und welche Innenbebauung vorhanden war, ist eine andere Frage. Falls Haltern und die anderen bekannten Lager an der Lippe Sommerlager waren, so bestand dort eine Innenbebauung.
 
Flavius Iosephus schrieb, dass Lager beim Aufbruch niedergebrannt wurden, um zu verhindern, dass sie vom Feind genutzt werden (Jüdischer Krieg 3. Buch, 5. Kap.).
Man muß, was das Holz betrifft, sicherlich zwischen den Regionen im Nahen Osten ( hier Palästina) und den waldreichen Regionen Westeuropas unterschieden. In der einen Region macht es Sinn vorgefertigte Holzmodule mit zu nehmen und in der anderen Region eben nicht.
 
Man muß, was das Holz betrifft, sicherlich zwischen den Regionen im Nahen Osten ( hier Palästina) und den waldreichen Regionen Westeuropas unterschieden. In der einen Region macht es Sinn vorgefertigte Holzmodule mit zu nehmen und in der anderen Region eben nicht.

Eigentlich nicht: wenn man in einer waldreichen Umgebung sich befindet und hat nicht schon die entsprechenden Holzteile da, die dann "nur" zusammengesteckt werden müssen, muß man erst Bäume fällen, die Stämme zusägen - das ist alles ein ziemlicher Zeitfaktor, den es bei der Anlage eines Marschlagers zu berücksichtigen gilt. Bei einem Lager für den längerfristigen Gebrauch (Sommerlager für mehrere Monate) mag das wieder anders sein.
 
Ich bin hier auch nicht von einem Marschlager ausgegangen, hätte ich erwähnen sollen, sorry.

Bei dem jüdischem Krieg ging es doch um "Standlager" (Belagerungen), oder täusche ich mich da?
 
Da gab es die sogenannten Sommerlager, die waren dann schon massiver ausgebaut als ein reines Marschlager. Ob und welche Innenbebauung vorhanden war, ist eine andere Frage. Falls Haltern und die anderen bekannten Lager an der Lippe Sommerlager waren, so bestand dort eine Innenbebauung.
Haltern wird heutzutage als Winterlager der LEG XIX vermutet. Die Befunde deuten darauf hin, dass Haltern nicht nur ein Legionslager war, sondern auch eine zivil-administrative Funktion hatte. Die Innenbebauung unterstreicht diese These.

Anreppen und auch Oberaden gelten als Winterlager. Ein richtiges Sommerlager kennen wir bisher aus den Germanenkriegen nicht. Am ehesten käme Wilkenburg für einen längeren Aufenthalt in Frage. Aber die Fundarmut spricht dagegen. Für ein oder mehrere Sommerlager liefern die schriftlichen Quellen mehr als die Spatenzunft.
 
Die sedimentologische Untersuchung des Lagers in Hachelbich ergab damals, dass die Truppen die Gräben nach Auflassung des Lagers wieder verfüllt hatten. So war es auch in Aken 1. Wären die Gräben offen gelassen worden, hätte sich das Sediment im Spitzgraben abgelagert. Das war bei beiden nicht der Fall. Die Römer waren sehr gründlich. Ich kann das gut beurteilen, da ich die Gräben im Profil selbst besichtigen durfte (2014; 2024).
 

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Bei Limburg-Eschhofen wurden (ab 2010) zwei spätrepublikanische Marschlager (10 und 7 ha) gefunden und ausgegraben, sie stehen sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit Cäsars Rheinübergängen 55 v.Chr. und 53 v.Chr (die stratigrafischen Verhältnisse schließen eine gleichzeitige Nutzung aus, zwischen den Nutzungen liegt eine nicht sehr lange, aber ausgeprägte zeitliche Unterbrechung). Von beiden Lagern wurden die Gräben verfüllt (bei Lager I zur Hälfte). Interessanterweise fand sich am inneren Böschungsabhang einheimische Keramik und Amphorenfragmente (Dressel I B), es sah wohl so aus, als hätten die Legionäre die Verpackungen gekaufter Speisen in den Graben entsorgt. Die Keramik fand sich auf der Grabeninnsenseite und in den untersten Verfüllschichten (Parallele zum spätrepublikanischen Lager in Hermeskeil). Oder die Keramikreste wurden zur Scherbenpflasterung der Wallkrone verwendet, und sind z.B. bei Starkregenereignissen abgerutscht. Ebenfalls fanden sich im Graben des Lagers I 71 kg Mühlsteinfragmente, stark verwittert, überwiegend von Mayener Provienz. Auch lagen dort Baumaterialien aus einer benachbarten Siedlung, und zugerichtete runde faust-bis handtellergroße Steine (z.B. aus Lahnschotter), Gesamtgewicht 1500 kg. Wurfgeschosse? Oder wurden sie im Wall verbaut, damit Angreifer auf der Pflasterung ausgleiten? Die Steine lagen in der Grabenspitze unter der Verfüllung. Bei Lager II wurden ebenfalls 1000 kg Steine gefunden, die Abrisstechnik war jedoch anders, sie lagen unregelmäßiger verteilt, die Steine waren verschieden groß, sie wurden wahrscheinlich auch im Wall verbaut, Funktion und Lage im Wall sind unklar. Im Graben des Lagers I fanden sich mutmaßlich auch Spuren von römischen Kochstellen, d.h. ein passendes Kulturpflanzenspektrum (Reste von Gerste, Hirse, Dinkel, den Hülsenfrüchten Linsen und Erbsen, Emmer, Einkorn, Nacktweizen, Leindotter). Passend zu der wahrscheinlichen Nutzungszeiten fanden sich im Graben des Lagers I als Sammelfrucht Schlehen (Herbst), beim Lager II Holunder und Himbeeren (Frühsommer).
Benutzte Quelle. Hessenarchäologie Sonderband 4, Archäologie am Greifenberg bei Limburg a.d. Lahn, 2020).
 
Der Artikel ist stellenweise ein wenig ärgerlich. Etwa hier:

Der römische Geschichtsschreiber Velleius Paterculus begleitete Tiberius auf seinen damaligen Reisen [sic!] und berichtet sozusagen direkt vom Ort des Geschehens. Aus seinen Aufzeichnungen geht gervorm dass die Römer wihl von September bis Dezember im Jahr 4 nach Christus in Wilkenburg lagerten. Ebenso ist dort zu lesen, dass Tiberius [....] seine eigene Wanne auf seinen Reisen mittransportieren ließ.​
Ein unbedarfter Leser müsste jetzt glauben, dass der Ortsname Wilkenburg von Velleius genannt worden sei, was natürlich Blödsinn ist. Zudem berichtete Velleius Paterculus nicht "direkt vom Ort des Geschehens", seine Historia Romana schrieb Velleius ca. zwei Jahrzehnte nach den hier im Artikel beschriebenen Ereignissen.

Für fragwürdig halte ich auch die Fundinterpretation:

MIttlerweile wird auch davon ausgegangen, dass die Römer nicht auf kriegerischer Mission in diesem Gebiet waren, sondern eher für Friedensverhandlungen. "Das lassen die Funde vermuten, unter denen kaum Waffen sind"; sagt Hagemann.​
Völlig logisch: Tiberius ist mit 20.000 unbewaffneten Legionären und Auxiliariern and die Leine gezogen. Deswegen findet man keine Waffen. *an'nkopppack*.
Frau Dr. Hagemann wird dann auch noch als Historikerin bezeichnet, was sie de facto nicht ist (das ist nicht gegen Frau Dr. Hagemann gerichtet, ist schleicht eine Fehlinformation im Artikel.

Was das mit der Badewanne anbelangt, die Tiberius mitgeführt haben soll, das finde ich bei Velleius auch nicht. In Hist. rom. II, 107 finde ich das wort alveum, womit Velleius aber einen Einbaum beschreibt, mit dem ein alter Germane (unus e barbaris aetate senior, corpore excellens, dignitate) an der Elbe zu den Römern übersetzt, um Tiberius zu sehen.

Der Artikel lässt in mehrfacher Hinsicht zu wünschen übrig.
 
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