Ich habe vor einigen Monaten in einem anderen Thema Beispiele dafür gebracht, dass man in der Antike nicht einmal in der Lage war, innerhalb des Mittelmeerraums halbwegs zuverlässige Entfernungsbestimmungen durchzuführen. Es würde mich also nicht wundern, wenn das bei der Entfernung zu den Kanarischen Inseln erst recht nicht geklappt hat.
 
Ich habe vor einigen Monaten in einem anderen Thema Beispiele dafür gebracht, dass man in der Antike nicht einmal in der Lage war, innerhalb des Mittelmeerraums halbwegs zuverlässige Entfernungsbestimmungen durchzuführen. Es würde mich also nicht wundern, wenn das bei der Entfernung zu den Kanarischen Inseln erst recht nicht geklappt hat.
Damit bin ich auch absolut einverstanden.
 
Hier ein Bericht über die Besiedlung der Kanarischen Inseln, dem ich nicht zustimme, der aber interessante Argumente aufzählt:



(In diesem Bericht noch einmal die kritische Bewertung und Neuinterpretation von C14-Datierungen, mit Fehlern der Datierung bei mariner Ernährungsweise)

Kernpunkte:
  • Die Römer waren die ersten auf den Kanaren, im 1. Jahrhundert vor Chr., aber sie brachten nicht die Hilfsmittel zur dauerhaften Erschließung und Urbarmachung mit.
  • Die berberische Besiedlung erfolgte dann im 1. bis 3. Jahrhundert nach Chr., mit eigenen Schiffen, von Ost (Lanzarote) nach West (La Palma und El Hierro), mit Saatgut und mit Nutztieren.
  • Dies geschah mit dem römischen Wissen über die Inseln.
Für bedenkenswert halte ich aber den hohen Bevölkerungsdruck im semiariden Siedlungsgebiet der Berber, der ja auch schon im Periplus des Hanno angedeutet wird: wie hätte dieser sonst freiwillige Kolonisten für seine Expedition auftreiben können? @El Quijote wird natürlich die Gegenfrage stellen "Wer sagt denn dass sie freiwillige Kolonisten waren?"
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Artikel, der aufgrund von genetischen Analysen sagt dass römische Sklaven aus den Purpurmanufakturen die Ureinwohner der Kanaren waren:


Das ist zwar interessant, aber mir erschließt sich nicht, warum es Sklaven gewesen sein sollen?

Ein anderer Artikel (aus Cadíz) sagt dass es Seefahrer (aus Cadíz) waren, die als erste die Kanaren erschlossen:


Zwar lokalpatriotisch, aber plausibel.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dennoch gilt eine gute Überlegung für die Deportationshypothese, hier die Vorstellung eines Essays von José Juan Jiménez aus dem Jahr 2014:

Zwei besondere Aspekte:
  • Die Benennung der kanarischen Inseln durch den Bericht der Expedition von Juba II., mit seinem Einfangen von großen Hunden = Mönchsrobben (siehe z.B. Isla de Los Lobos = Wolfsinsel). Leicht nachvollziehbar: Canaria = Insel der Hunde bzw. Mönchsrobben.
  • Die spätere Benennung aber nach dem hierhin (zwangs-)umgesiedelten Stamm der nordafrikanisch/ berberischen Canarii.
  • Er benennt die Unterwerfung von Stämmen im hohen Atlas durch den von Kaiser Claudius entsandten Suetonius Paulinus, der als erster einen Feldzug jenseits des Atlasgebirges durchführte.
  • Er erwähnt dass noch im 5. Jahrhundert die Vorstellung eines kontinentalen autochthonen Restes des Stammes der Canarii bestand, belegt z.B. durch das Grab eines Bischofs der Canarii, der vor der Verfolgung durch die (arianischen) Vandalen nach Algerien ins Exil musste (al obispado de Bacanaria, cuyo titular llamado Palladius bacanariensis fue mandado al exilio por los vándalos en el año 484).
 
Zuletzt bearbeitet:
Dennoch gilt eine gute Überlegung für die Deportationshypothese, hier die Vorstellung eines Essays von José Juan Jiménez aus dem Jahr 2014:

Zwei besondere Aspekte:
  • Die Benennung der kanarischen Inseln durch den Bericht der Expedition von Juba II., mit seinem Einfangen von großen Hunden = Mönchsrobben (siehe z.B. Isla de Los Lobos = Wolfsinsel). Leicht nachvollziehbar: Canaria = Insel der Hunde bzw. Mönchsrobben.

Okay, wir nennen im Deutschen kleinere Verwandte der Mönchsrobben "Seehunde", für die Römer waren allerdings Haie caniculas marinas - Meerhunde.

  • Die spätere Benennung aber nach dem hierhin (zwangs-)umgesiedelten Stamm der nordafrikanisch/ berberischen Canarii.
  • Er benennt die Unterwerfung von Stämmen im hohen Atlas durch den von Kaiser Claudius entsandten Suetonius Paulinus, der als erster einen Feldzug jenseits des Atlasgebirges durchführte.
  • Er erwähnt dass noch im 5. Jahrhundert die Vorstellung eines kontinentalen autochthonen Restes des Stammes der Canarii bestand, belegt z.B. durch das Grab eines Bischofs der Canarii, der vor der Verfolgung durch die (arianischen) Vandalen nach Algerien ins Exil musste (al obispado de Bacanaria, cuyo titular llamado Palladius bacanariensis fue mandado al exilio por los vándalos en el año 484).

Ich bin überrascht, ich dachte, der Begriff kanarische Inseln sei modern, lese gerade aber in der spanischen Wikipedia, dass ihn bereits im frühen 4. Jhdt. Arnobius von Sicca (dt. Wikipedia Arnobius der Ältere) verwendet habe. In der Tat finde ich bei Wikisource:

5.1. Quod si ita non erit, tollitur omnis spes opis et erit in dubio, audiamini ab dis necne, si quando res sacras caerimoniarum conficitis debitis. 2. Constituamus enim noscendae rei causa templum numinis alicuius esse apud Canarias insulas, eiusdem apud ultimam Thylem, eiusdem apud Seras esse, apud furvos Garamantas et si qui sunt alii quos ab sui notitia maria montes silvae et quadrini disterminant cardines: si omnes uno in tempore rebus divinis factis, quod sua quosque necessitas rogitare compellit, poscantque de numine, referendi beneficii quaenam omnibus spes erit, si non undique ad se missam vocem deus exaudiet et erit ulla longinquitas, quo penetrare non possit auxilium poscentis oratio? 3. Aut enim nullis erit in partibus praesens, si uspiam poterit aliquando non esse, aut aderit unis tantum, quoniam praebere communiter suum non potest atque indiscretus auditum.​

Für die Kanaren ist dieser Text nicht weiter relevant, es geht hier um theologische Fragen, der christianisierte Ex-Heide fragt sich hier, wie die doch in ihrer Macht beschränkten, eben nicht allgegenwärtigen Götter gleichzeitig die Gebete von Leuten, die an den Extrempunkten (Kanaren, Ultima Thule, bei den schwarzen Garamanten oder bei den Seras (die ich gerade geographisch nicht zuordnen kann) leben, gesprochen werden, erhören sollen.
Was aber offensichtlich ist: für Arnobius war Canarias insulas offensichtlich eine feste Größe, die man nicht erklären musste, sondern als Bsp. für abgelegene Region in theoretischen Belangen heranziehen konnte.
 
Ein Bericht über die derzeit noch laufende 9. Ausgrabungskampagne auf der Isla de Los Lobos vor Fuerteventura, der besagt, dass die römischen Gebäude sehr viel ausgedehnter waren als bisher angenommen, und dass diese Strukturen sich über einen Großteil der Insel erstreckten.

Ich halte dies für sehr unwahrscheinlich und glaube, dass es sich eher um neuzeitliche Salinen handelt, zumal in diesem Bericht ja kaum harte Fakten genannt werden.

 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist jetzt nun wirklich nichts Neues, nämlich aus dem Frühjahr 2012, aus der Tageszeitung Diario de Avisos, über die römischen Funde auf der Fuerteventura vorgelagerten Insel Isla de Los Lobos.


  • Schön ist die Begeisterung, den Schlüssel für die Besiedelung der kanarischen Inseln gefunden zu haben.
  • Interessant ist auch die Einordnung in den Kontext der nautischen und wirtschaftlichen Erschließung des Mittelmeerraums von Ost nach West, und der atlantischen Küste von Mogador bis Cádiz.
  • Und dies nicht nur als römische Erschließung, sondern in Kontinuität zu phönizischen, griechischen und autochthonen Seefahrern.
  • Interessant ist auch, dass die Produktion von Garum und die Herstellung von Purpur Parallelen haben.

Eine schlüssige Interpretation. Und mich wundert, dass ich damals im Jahr 2012 nichts davon mitbekommen habe, ich hatte wohl eher auf die Mollusken auf meinem Teller geachtet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Nachtrag zur 9. Grabungskampagne der römischen Purpurmanufaktur auf der Insel Isla de Los Lobos vor Fuerteventura:

Fazit:
  • Bislang nichts wirklich Neues
  • Aber im LIDAR neue Flächen die als fertíl = fruchtbar bezeichnet werden, was zwar möglich ist, da die Inseln früher mehr landwirtschaftlich extensiv nutzbare Flächen hatten. Gemeint ist aber wohl fertíl = ergiebig im Sinne von archäologisch lohnender Prospektion.
  • So oder so ist der Umfang der wirtschaftlichen Nutzung der Kanaren in römischer Zeit größer als bislang angenommen.
 
Noch ein paar schöne Fotos von den Ausgrabungen an den Fundplätzen El Bebedero und Buenavista im Westen der Insel Lanzarote:


Es sind leider keine Angaben über das Alter der freigelegten Gebäudestrukturen, und unzureichende Angaben über die Stratigraphie.

"Atoche verfügt über "27 Kohlenstoff-14-Datierungen von tierischen und pflanzlichen Überresten", die in der Ausgrabungsstätte El Bebedero gefunden wurden. Diese Überreste "wurden in sechs klar definierten stratigraphischen Ebenen ausgegraben", mit einem chronologischen Rahmen, sagt der Forscher, der "vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 14. Jahrhundert der Gegenwart" reicht, also genau in das Jahrhundert vor der Eroberung der Kanarischen Inseln, die praktisch das ganze 15. "Es wurden römische Töpferwaren, Steinmühlen zum Mahlen von Getreide, steinernes Material zur Bearbeitung von Häuten und zahlreiche Überreste von Tier- und Meeresfauna - 90 Prozent sind Ziegen- und Schafsknochen, hauptsächlich Mollusken - gefunden."

(Übersetzt mit DeepL)
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ich besonders finde... Was kann man sich unter den Islae purpureae vorstellen? Ist dies nur die sehr kleine Insel Mogador an der südlichen Atlantikküste Marokkos, mit der strategisch attraktiven Siedlung auf dem Festland, dem heutigen Essaouira?

Ganz ohne Zweifel, und auch archäologisch belegt, war Mogador sowohl eine punische Gründung als auch in mauretanischer und römischer Zeit Produktionsstandort und Handelsniederlassung.
Mogador: 790 x 620 m, 30 ha.

Jetzt gibt es die neuen römischen Funde auf der Robbeninsel, der Isla de los Lobos, auf den Kanaren.
Isla de Lobos: 4,58 km².
Hier mit großer Funddichte an römischen Artefakten sowohl zur Purpurgewinnung als auch zum Fischfang und -konservierung (Salaciones)

Beide Fundorte verweisen mit der gefundenen Keramik auf die römische Baetica.
Mogador - Cádiz: 643,3 km
Mogador - Huelva: 690,4 km
Mogador - Djerba: 1.948,4 km

Lobos - Cádiz: 1.118,4 km
Lobos - Huelva: 1.146,2 km
Lobis - Djerba: 2.413,4 km

Es gibt zeitgenössische sehr detaillierte Beschreibungen der hochkomplexen Purpurproduktion.

Purpur wird aber nicht nur aus Purpurschnecken gewonnen, sondern auch aus Flechten: Orseille

Diese Flechten sind seit der Antike mit den Kanarischen Inseln assoziiert, aber es gab sie im Mittelmeer, und auch in der Bretagne, hochgerühmt von den griechischen und römischen Wissenschaftlern. Mehr noch als bei den Purpurschnecken war die Suche aufwendig und gefährlich, vor allem kam es überall zu einer Erschöpfung der natürlichen Vorkommen. Flechten wurden in der frühen Neuzeit entlang der nordafrikanischen Küste, aber auch auf Madeira, den Azoren und weit im Süden bis zu den Kapverden gewonnen.

Das Sammeln der Flechten wie auch das Sammeln von Purpurschnecken ist arbeitsintensiv, aber lohnend. Der Farbstoff war teuer, teurer als Gold. Darin liegt für mich der Schlüssel für die planmäßige Erstbesiedelung der kanarischen Inseln, vermutlich durch Menschen, die vorher schon hiervon gelebt hatten.

Ein anderer Punkt ist der: Auf der nahen Inselgruppe der Selvagens ist für das 19. und 18. Jahrhundert der Anbau und die Nutzung von Barilla belegt: Man verbrennt die Pflanze und gewinnt natürliches Soda. Dieses ist aber für die Färbung von Stoffen wichtig.
Eine sehr gute Darstellung ist bei dem österreichischen Institutum canarium IC zu lesen, mit anschaulichen Fotos die zeigen, dass scheinbar unwirtliche Inseln Orte komplexer und hoch spezialisierter vorindustrieller Produktion waren.
Ich halte eine Nutzung der Selvagens schon in der römischen Antike für möglich.
 
Noch mal eine Interpretation der genetischen Linien der DNA von Skeletten der Guanchen.
Kernaussage:
  • Die Römer besiedelten die Kanaren, planmäßig, mit wirtschaftlicher und strategischer Intention.
  • Zwei genetische Linien, eine Abstammungslinie aus dem westlichen Mittelmeeraum (Italien, Tunesien, Algerien), einmal aus dem westlichen Maghreb.
  • Die ersteren als Experten für die wenig fehlertolerante Purpurproduktion, die letzteren für das arbeitsintensive und gefährliche Sammeln der Purpurschnecken.
  • Die Besiedelung als hochkomplexes Projekt wird verglichen mit einer heutigen Mond- oder Marsexpedition,
  • der organisatorische Aufwand war nur den Römern möglich.
  • Weiterer Aufschluss ist nur möglich über die Untersuchung und das Auffinden von Concheras (die früher riesigen Haufen der Muschelschalen bzw. die eigentlichen Produktionsstätten) auf den anderen Inseln.
  • Mein persönlicher Kandidat dafür wäre die Insel La Graciosa, und der sandige Südosten von Gran Canaria, z.B. Maspalomas.
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch einmal ein Artikel zu den Ausgrabungen auf Lanzarote, in Teguise, Fundort El Bebedero.

Bei einer Erweiterung der Ausgrabungen in Teguise werden römische Funde entdeckt.

"Die Stadtverwaltung von Teguise hat beschlossen, das Gebiet der archäologischen Ausgrabungen in El Bebedero zu erweitern, die vor zwei Wochen mit dem Ziel begonnen wurden, weitere antike Relikte zu entdecken. Die Untersuchungen werden von einem multidisziplinären Team der Universität von Las Palmas de Gran Canaria (ULPGC) unter der Leitung von Pablo Atoche Peña, Professor für Vorgeschichte, durchgeführt.

Die Bürgermeisterin von Teguise, Olivia Duque, betonte die Bedeutung der Fundstätte El Bebedero für das Verständnis der alten Geschichte der Gemeinde.

Ziel dieser Forschung ist es, neue Erkenntnisse zu gewinnen, die das Wissen aus früheren Studien an den Fundstätten von El Bebedero und Buenavista erweitern. Diese Studien befassen sich mit dem Ursprung und der Entwicklung der einheimischen Kultur der Insel und dem Kontakt mit den römischen Seefahrern sowie mit den sozioökonomischen und ökologischen Veränderungen, die stattgefunden haben. Beide Stätten zählen zu den ältesten Siedlungen auf den Kanarischen Inseln.

Die Bürgermeisterin betont, dass das Rathaus diese Untersuchungen unterstützen wird, um das lokale Erbe aufzuwerten und die Zugänglichkeit dieser Entdeckungen für künftige Generationen zu gewährleisten. "Wir werden auch weiterhin Informationen über die Geschichte von Lanzarote und La Graciosa bereitstellen", fügt sie hinzu.

Die Stadträtin für Kulturerbe, Mar Boronat, berichtet, dass bei der diesjährigen archäologischen Intervention fortschrittliche Technologien wie Georadar und geolokalisiertes 3D-Scanning zum Einsatz kommen, die ein detailliertes Bild der Strukturen liefern und die Erhaltung und digitale Erfassung der Stätte erleichtern. "Diese Methoden ermöglichen es uns, unser wertvolles Erbe mit größerer Präzision zu bewahren und zu untersuchen", sagt Boronat.

Der Stadtrat erwähnt auch, dass verschiedene Arten von Proben entnommen wurden, um die fast drei Dutzend bereits verfügbaren C14-Daten zu ergänzen, die das Wissen über die chronologische Abfolge und die Umweltbedingungen der indigenen Kultur erweitern werden.
Der Ort El Bebedero, an dem die erste römische Präsenz auf den Kanarischen Inseln entdeckt wurde, war ein indigenes Dorf, das als eines der ältesten des Archipels gilt. Seit 1985 wurden Beweise für den Austausch zwischen der einheimischen Bevölkerung und den römischen Seefahrern über mehr als vier Jahrhunderte gefunden. An der Fundstelle wurden mehrere Gebäude mit dicken Mauern und unterschiedlichen Funktionen, darunter Küchen, entdeckt.

Unter den Funden wurde eine bedeutende indigene Haushaltseinrichtung aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. geborgen, darunter Keramikgefäße, Rundmühlen, Steinmesser und zahlreiche Tierreste. Es wurden auch römische Artefakte gefunden, wie Fragmente von Amphoren und Keramikgefäßen sowie eine vollständige Amphore und eine Glasperle, die zu den in früheren Kampagnen geborgenen Funden römischen Ursprungs hinzukommen."
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin mit den Schlußfolgerungen und steilen Thesen natürlich nicht einverstanden.
  • Es geht um den Grabenkrieg zwischen der archäologischen Fraktion, eher Sekte, um Pablo Atoche Peña und dem Rest der Archäologen des gesamten Archipels.
  • Die erste Dokumentation römischer Befunde erfolgte durch die Ausgrabungen auf der Isla de Los Lobos, vor Fuerteventura, seit dem Jahre 2012.
  • Die dort gemachten Befunde waren transparent in der zeitnahen Dokumentation, und sind in Methodik und Analytik immer noch vorbildlich und bislang ohne Korrekturbedarf.
  • Vor allem ist auf der Isla de Los Lobos die gesamte Produktion von Purpur aus Purpurschnecken und auch die der Salación als dem Konservieren von Fisch (u.a. auch für die Herstellung von Garum) im archäologischen Kontext nachgewiesen worden.
  • Die Zeitangaben von P. Atoche mussten mehrmals korrigiert werden, er hatte ja anfangs von Funden aus dem 10 Jahrhundert vor Chr. gesprochen.
  • Die Datierungen der Gruppe um P. Atoche sind mehrfach in Frage gestellt worden, die methodischen Mängel dargelegt, vor allem hinsichtlich ihrer fehlerhaften C¹⁴ -Analysen.
  • Nach dem was ich weiß, sind die Befunde von El Bebedero nicht aus dem 1. Jahrhundert vor Christus. Die Amphore stammt nach der Dressel-Klassifikation aus späterer Zeit.
  • Die Drehmühle ist allerdings ein wichtiger Fund.
  • Ich fände es schade, wenn P. Atoche auf La Graciosa gräbt, buddelt oder wühlt. Mir ist die kleine Insel nördlich von Lanzarote als idealer Emporión sehr am Herzen, seit ich 1991 mit dem Fahrrad auf dieser traumhaften Insel war. Vor La Graciosa waren 1964 die ersten römischen Amphoren von Tauchern gefunden worden, und damit die ersten römischen Funde des gesamten Archipels überhaupt. An diesem bislang nicht erschlossenen Fundort ist erstklassige Methodik erforderlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch einmal ein Artikel, vom 15.07.2024, aus dem Radiosender Cadena Ser, der eine schon zuvor erwähnte Analyse der Arbeit von Jonathan Santana vorstellt, aber etwas andere Rosinen herauspickt:

Die Forschung, die die Geschichte der Kanarischen Inseln auf den Kopf stellt

Eine Studie unter der Leitung eines Forschers der ULPGC deutet auf eine Revolution in der Geschichte der Kolonisierung der Kanarischen Inseln hin.

Las Palmas de Gran Canaria

Ein multidisziplinäres Team von Forschern hat die Geschichte der Inseln auf den Kopf gestellt. Unter der Leitung von Jonathan Santana, einem Experten der Universität von Las Palmas de Gran Canaria (ULPGC), haben sie bestätigt, dass die Besiedlung des Archipels zu einem anderen Zeitpunkt stattgefunden haben könnte. In ihrer in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States (PNAS) veröffentlichten Studie "The chronology of the human colonization of the Canary Islands" weisen sie darauf hin, dass die Römer die Kanarischen Inseln vor den Berbern entdeckten, die im ersten Jahrhundert v. Chr. auf der Insel Lobos ankamen. Die erste menschliche Besiedlung des Archipels erfolgte also durch die Römer und nicht durch die Amazigh, wie Santana in der Sendung Hoy por Hoy El Drago mit Evaristo Quintana darlegte.

Diesem Wissenschaftler zufolge kamen die Menschen aus Nordafrika zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert n. Chr. auf die Inseln und vollendeten ihre Kolonisierung in weniger als 200 Jahren, indem sie zunächst auf El Hierro und La Palma und schließlich zwischen 490 und 530 auf Gran Canaria landeten. Die 13 Forscher haben die bisher durchgeführten Kohlenstoff-14-Datierungen umfassend ausgewertet. "Wir haben mehr als hundert Fundorte einbezogen, für die es bisher kaum Datierungen gab, und wir haben sie mit einem neuen chronometrischen Hygieneprotokoll kombiniert, das ein statistisches Bayes-Modell beinhaltet", erklärt er. All dies zielt darauf ab, alle zeitlichen Zweifel oder Spuren zu beseitigen, die die Chronologie des Migrationsabenteuers verändern könnten.

Die Berber kamen nicht als Sklaven auf die Kanarischen Inseln

Eine weitere Erkenntnis dieser Studie besteht darin, dass sie die Möglichkeit ausschließt, dass Römer und Berber auf den Kanarischen Inseln zusammenlebten, und dass dies, wenn überhaupt, nur für einen sehr kurzen Zeitraum der Fall war. Außerdem, so der Forscher, kamen die nordafrikanischen Siedler nicht als Sklaven oder Vertriebene auf die Inseln, sondern als Kolonisten. Sie kamen auf ihren eigenen Booten mit ihren eigenen Pflanzen und Lebensmitteln. Dies war das Röntgenbild, das die Kastilier später im Mittelalter vorfanden, erinnert er.

Die Studie, die zwischen 2020 und 2023 durchgeführt wurde, zeigt, dass die Nordafrikaner, die auf die Inseln kamen, keine Verbindung zum Römischen Reich hatten. Außerdem weisen sie darauf hin, dass sich die ersten Siedler auf den Kanarischen Inseln in den Küstengebieten niederließen und dass die Amaziges daher auch Fischer waren."

- - - - - - - - - - -

Es gibt natürlich einige Dinge, mit denen ich nicht übereinstimme:
  • Fischfang bedeutet nicht, dass die Fischer Boote hatten. Gerade auf den Kanaren betrieben die Ureinwohner Fischfang vom Ufer aus, mit Netzen, Netzgewichten, Angelhaken und mit dem Gift der Wolfsmilchgewöchse, in den natürlichen vulkanischen Becken der Küste.
  • Die Überfahrt auf die Kanaren mit vielen Menschen in kurzer Zeit, mit Saatgut, Ziegen, Schafen, Schweinen, Hunden und Katzen erforderte größere Boote, außerdem kamen Ratten auf die Inseln, die es nicht an Bord eines kleinen Fischerbootes gibt.
  • In einem früheren Artikel verglich ein Forscher den logistischen Aufwand mit einer Marsexpedition.
In den Ausgrabungsberichten von El Berbedero auf Lanzarote wurde auf Handelskontakte zwischen Einheimischen und Römern verwiesen:
"Unter den Funden wurde eine bedeutende indigene Haushaltseinrichtung aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. geborgen, darunter Keramikgefäße, Rundmühlen, Steinmesser und zahlreiche Tierreste. Es wurden auch römische Artefakte gefunden, wie Fragmente von Amphoren und Keramikgefäßen sowie eine vollständige Amphore und eine Glasperle, die zu den in früheren Kampagnen geborgenen Funden römischen Ursprungs hinzukommen."

Interessant ist aber die Festlegung auf eine Besiedelung auch nach 490 n. Chr.:
  • Dies ist nach der Eroberung Nordafrikas durch die Vandalen,
  • und nach dem schon früher erfolgten Zusammenbruch des römischen Wirtschaftssystems
  • Außerdem erinnert es an die Flucht des Bischofs der Canarii, nach Algerien, vor den Vandalen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mich stellt das nicht sehr zufrieden. Zum einen haben wir da die Stelle bei Plinius, die von Expeditionen der Mauretanier unter Juba II. berichtet, zum anderen: wenn die Altkanarier aus eigene Kraft auf die Inseln kamen und von den Inseln zu anderen Inseln sich fortbewegten: Wieso haben sie den Bootsbau dann verlernt und sind in ein Prä-eisenzeitliches Stadium zurückgefallen? Dieses Rätsel, das gelöst schien, ist damit wieder ungelöst.
 
Es gab keine Metalle auf den Inseln, das erklärt einiges.

Das andere: Die vollständige landwirtschaftliche Ausrüstung, mit Nutztieren und importiertem Saatgut, auch dem Anbau von Feigen auf Gran Canaria. Das erinnert an die Beschreibung der Kolonisten bei Hanno dem Seefahrer, um 480 v. Chr.: Eine große geplante Kolonisation.

Auf der anderen Seite: Technische Spezialisten für die aufwendige Purpurproduktion auf der Isla de los Lobos, mit Terra sigillata, Spezialgefäßen aus Blei und Kupfer.

Aber es musste ja auch Hilfskräfte geben für das Sammeln von Purpurschnecken, und vermutlich auch von Färberflechten. Und beides ist in Brandungszonen und in den Klippen bzw. Bergflanken sehr gefährlich, und sehr arbeitsintensiv. Und erfordert sehr viel mehr Menschen als in der eigentlichen Manufaktur.

Der Artikel von Santana erhellt das alles nicht, wirft eher neue Fragen auf, aber er präzisiert die Datierungen.

Interessant ist auch, dass José Juan Jiménez (Beitrag #65) eine Besiedlung von Ost (Lanzarote) nach West (La Palma und El Hierro) annimmt, Jonathan Santana genau in umgekehrter Richtung, von West nach Ost.

Ganz sicher glaube ich nicht, dass die ersten Siedler in der Küstenregion lebten. Wer Nutztiere hatte oder Getreide anbaute, brauchte die feuchteren Gebiete oberhalb von 300-400 m. Die meisten Siedlungsfunde sind auf den vom Passat begünstigten Nordseiten der Inseln.

Für Transhumanz sprechen die kuchenstückartigen Herrschaftsbereiche auf den Inseln, jeder Stamm hatte geschlossene Bezirke von der Küste bis in die Berge.
 
Zuletzt bearbeitet:
Interessant ist auch, dass José Juan Jiménez (Beitrag #65) eine Besiedlung von Ost (Lanzarote) nach West (La Palma und El Hierro) annimmt, Jonathan Santana genau in umgekehrter Richtung, von West nach Ost.
Die Besiedlung von Ost nach West, also von den dem afrikanischen Kontinent näheren zu den dem afrikanischen Kontonent entfernteren Inseln ist erst mal logisch.
 
Zurück
Oben