1. Weltkrieg Ausbruchsursache

Könntest du das nochmal detaillierter ausführen,da ich mir nicht 100%ig sicher bin,ob ich deinen Gedanken richtig erfasst hab.

Meinst du damit,dass Dtl. deswegen eine Teilschuld trifft,weil es mit dem Plan die neutralen BeNeLux-Staaten in den Krieg verwickelte und damit England auf den Plan rief,was zu einer Ausweitung des Krieges führte?
Aber jetzt mal eine andere Frage:
Wären England nicht auch ohne den Schlieffen-Plan in den Krieg eingetreten,schließlich waren Frankreich und England doch auch verbündet (und England wie Frankreich doch auch mit Russland)?:grübel:

Zum Zeitpunkt des Angriffs gegen Westen nicht eindeutig klar, dass Frankreich und die übrigen westlichen Alliierten in den Krieg eintreten würden. Es gab zwar eine Wahrscheinlichkeit, aber es war nicht sicher. Insofern muss die Ausführung des Schlieffenplans (Angriff gegen Westen) ein aggressiver Akt, der für die westlichen Nachbarn logischerweise zu recht sehr sauer auf Deutschland waren.

Schlieffen-Plan ? Wikipedia
 
Das wuerde ich so nicht unterschreiben.
Der Schlieffenplan war ja eigentlich ein solch geplanter "Blitzkrieg"
Gruss, muheijo

1. Es gibt eine Reihe von Äußerungen von Moltke und auch von Falkenhayn, die darauf hin deuten, dass sie sich bereits vor 1914 durchaus bewußt waren über den Gegensatz zwischen dem Anspruch des Planes und der Realität. Suche gerne die Quellen raus, wenn es wichtig ist.

2. Aber dieser sogenannte Blitzkrieg hatte etwas von "Dominosteinen" an sich und einer dieser sehr wichtigen Dominosteine war die Festung von "Lüttich". Ohne den Besitz dieser Festung war dieser "Blitzkriegplan" noch nicht mal das Papiert wert, auf dem er stand. Einfach aus logistischen Überlegungen heraus.

3. Und leider war das denn auch genau die zeitliche Größe, die die Dynamik des Eintritts in den Weltkrieg so enorm beschleunigt hat. Für das Gelingen des Schlieffenplans war es erforderlich, dass die Festung am 6ten Tag spätestens fallen mußte, um die weitere Planung für den Vormarsch nicht zu gefährden. Ein Faktor, den Bethman erst im Juli 1914 erfahren hat, zu einem Zeitpunkt als er noch davon ausging, dass es möglich ist, den Konflikt durch die diplomatische Intervention England zu kontrollieren. Er ging davon aus, für diplomatische Schadensbegrnezung mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Das ist viellicht das tragische an seiner Rolle.

4. Interessant ist auch, leicht OT, dass der "Drehtüreffekt", der besonders wichtig war für das gelingen des Plans, entweder nicht kommuniziert oder nicht verstanden worden ist. Anstatt die Franzosen nach Baden hineinzulassen, wurde in den Vogesen heftig und erfolgreich gegen die Franzosen verteidigt und so ein Teil dieses Planes im Ansatz konterkariert.
 
Zum Zeitpunkt des Angriffs gegen Westen nicht eindeutig klar, dass Frankreich und die übrigen westlichen Alliierten in den Krieg eintreten würden. Es gab zwar eine Wahrscheinlichkeit, aber es war nicht sicher. Insofern muss die Ausführung des Schlieffenplans (Angriff gegen Westen) ein aggressiver Akt, der für die westlichen Nachbarn logischerweise zu recht sehr sauer auf Deutschland waren.

Schlieffen-Plan ? Wikipedia

Die ersten kriegerischen Akte gingen übrigens von den Russen aus, die schon am 2. August in Ostpreussen die Grenze verletzten.

Das Frankreich aber auch den Krieg wollte, stand eigentlich Fest. Sie mobilisierten auch gleichzeitig mit dem DR (der Befehl ging knapp 1 Stunde vor dem deutschen heraus!) und sie griffen dann auch in den ersten Augusttagen richtung Saar und Mühlhausen an, womit die deutsche Führung eigentlich nicht rechnete. Man erwartete eine französsichen Angrif auch über Belgien, der in der Tat früher auch so geplant war.

Was Deutschland üblicherweise vorgeworfen wird, die Blinde Unterstützung Ö-Us, gilt eigentlich Sinngemäß auch der französischen Rückhaltlosen Untertützung Russlands und Serbiens.

Frankreich hatte zudem damals den größten Anteil der Bevölkerung unter Waffen und den größten Militärhaushalt. Die französsiche Aussenpolitik war aggressiv wie eh und je. Mit GB hatten Sie sich erst kurz vorher fast wegen Fashoda in die Wolle gekriegt.

Was das oft aufgeführte Argument des deutschen Imperialismus betrifft: Die beste Zusammenfassung gibt dazu es bei Black Adder. " the britisch empire comprehends two thirds of the world. The Kaiser owns a little saussage factory in Tanganika. To acuse them of imperialism is grotesque"
 
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Einige Überlegungen:

- oben ist mehrfach angesprochen worden, dass man die Schuldfrage nach Aspekten (politisch-gesellschaftlichen und militärischen) betrachten kann. Ich würde das um die Frage der gesellschaftlichen Gruppen ergänzen, wenn man vom Deutschen Reich spricht. Das wäre davon zu differenzieren, wer zur Verantwortung gezogen wurde, und das betraf den gesamten Staat bzw. die Nation.

- man kann den Fischer-Thesen vieles entgegen halten, zwei Aspekte halte ich zur Vorgeschichte des Juli 1914 aber für beachtlich:

a) die "Führung" (wie personell umfassend, kann man diskutieren) wollte diesen Krieg spätestens nach der 2. Marokko-Krise, davon können auch zögerliche Torschluß-Zitate im Juli 1914 nicht ablenken. Zur Situation in diesem Zeitpunkt dann wichtig:

b) die ökonomischen Verhältnisse, insbesondere die Finanzlage des DR, hatte sich seit 1907 ganz erheblich verschlechtert. Die finanziellen Möglichkeiten waren trotz der Exporterfolge (oder gerade wegen ihnen?) hinter Frankreich und GB zurück geblieben. Hier war man in einer Sackgasse angelangt, die entweder die Abschreibung aller mitteleuropäischen Hegemonialmachtträume bringen mußte oder aber die Eskalation. Man ließ sich auf letzteres ein, weil auch das Militär rüstungsbezogen vor einer ähnlichen Entwicklung ab 1916 stand. Frankreich war dabei die empfundene Bedrohung im Rücken, die eigentliche Auseinandersetzung sah man in Bezug auf Rußland. Gleichwohl lassen auch hier einige ökonomische Ansätze in Bezug auf Frankreich mit einbinden, insbesondere in der Montanindustrie, über die zugleich langfristige wirtschaftliche und militärische Stärke damals entscheidend definiert wurde.

- die Verantwortung oder Schuldfrage wäre zudem mit Alternativen verbunden. Diese gab es, wie mit Bezug auf den Blankoscheck bereits betont.
 
Wenn Ihr hier die Angriffsplanung eines Staates als gewichtigen Punkt bei der Bemessung der Schuldfrage aufführt, dann ist das zumindest eine logische Konsequenz.
Dieses Verhalten wird auch bei Kindern beobachtet und gründet immer auf die Aussage: "Du hast angefangen, Du bist Schuld."

Aber wenn dabei die Angriffsplanung schon den Verdacht erhärtet, daß eine Nation, bzw. das Militär einer Nation den Weg einer außenpolitischen Problematik mit einer kriegerischen Handlung zu entgegnen, dann schaut doch einfach genauer hin.

Der deutsche Schlieffenplan entstand in den 1890iger Jahren, doch schon vorher gab es immer wieder Überlegungen, einen Präventivkrieg gegen Frankreich zu führen. Eigentlich schwirrt dieser Gedanke in den Köpfen des deutschen Militärs seit 1871. Wahrscheinlich aus Angst eines Racheaktes der Franzosen auf den verlorenen Krieg 1870/71?

Wie sieht es denn mit Militärischen Planungen für einen schnellen Krieg (Ich benutze bewusst nicht den Begriff „Blitzkrieg“, da dies geschichtlich in diesen Zeitabschnitt vor dem 1.WK nicht korrekt ist) gegen Deutschland von Seiten der Franzosen her aus?
Oder die Russen, was gab es hier für militärische Planspiele und vor allem seit wann und gegen wen?

Krisen die auf einen großen Konflikt hin wiesen gab es auch Mitte der 1880iger Jahre, hier auch wieder fühlte man sich in Deutschland von Frankreich bedroht, sowie in Großbritannien von Russland.

Da lagen doch gewissen Grundlagen vor, für militärische Überlegungen der Verteidigung oder eines Angriffskrieges.

Was Ihr auch bedenken solltet, ist die Tatsache, daß bei den Planungen der militärischen Operationen die Tragweite eines Volkskrieges nicht berücksichtigt wurde. Diese Erfahrung macht die Menschheit erst mit dem 1.Weltkrieg.
 
Der deutsche Schlieffenplan entstand in den 1890iger Jahren,

Sicher kann man auf die Entwicklung hinweisen, die zur Schlieffen-Denkschrift führte. Der Stand von 1905/06 muss aber vor zwei besonderen Aspekten gesehen werden:

- der eindeutige Schwerpunkt ist vor dem Hintergrund der russischen Schwächung aus dem russ.-japanischen Krieg zu sehen. Insoweit hatte er eine begrenzte "Haltbarkeitsdauer", ganz abgesehen von den zeitlichen Prämissen zum russischen Aufmarsch.

- der Plan sollte eine Heeresvermehrung begründen, da sich das militärische Stärkeverhältnis langsam verschob bzw. schon verschoben hatte.

http://www.geschichtsforum.de/f62/der-schlieffenplan-26022/

Wahrscheinlich aus Angst eines Racheaktes der Franzosen auf den verlorenen Krieg 1870/71?
Emotionen schwangen natürlich mit, ich würde eher auf die territoriale Revision (Elsaß-Lothringen) abstellen.
 
Gut silesia, daß sind auf jeden Fall Grundlagen einer Beweisführung zur Ergründung einer Gewichtigkeit der Schuld zu einer der Kriegsparteien. Aber dies ist nur der Aspekt der militärischen Ebene.

Was ist mit den anderen Ebenen, die zu betrachten wären, um eine gleichwertige Schuld darzulegen.

Ich bringe einfach mal dass britische Beispiel der Naval Scare von z. B. 1904/05 oder 1909 ?
Das spielt doch auch auf einer gesellschaftlichen Ebene eine Rolle, wie sich das Verhältnis der einzelnen Nationen zueinander entwickelte.
 
Auf die aktuelle Situation abgestimmte Kriegsplanungen schon zu Friedenszeiten zu entwerfen ist Aufgabe eines jeden Generalstabs auf der ganzen Welt.
 
1. Nichtverlängerung des Rückversicherugsvertrags mit Russland, um den kontinentalen Block zu stärken.
Der Rückversicherungsvertrag war kein Bündnis und das DR brauchte Bündnispartner auf die es sich im Ernstfall verlassen konnte, mit dem Rückversicherungsvertrag konnte Rußland alle 3 Jahre eine Pendelpolitik betreiben, was auch Bismark schon bewußt war. Der Fehler lag hier eher in einer sich verschlechternden Wirtschaftsbeziehung in dessen Lücke Frankreich sich nur zu gerne platzierte, hier hätte man aussenpolitische Interessen den Innenpolitischen überordnen sollen, spätere Annährungsversuche auf wirtschaftlicher Ebene trafen dann jedoch schon auf einen festen Russisch-Französischen Block der sich auch in der russischen Bevölkerung schon manifestiert hatte, Stichwort Antigermanismus-Panslawismus.

2. Aufbau einer England herausfordernen "Risiko-Flotte" ohne eine wirkliche Konzeption zu verfügen, dass sich die wirtschaftliche Position dadurch verbessern würde. Was nebenbei völliger Unsinn ist, wenn man sich die Handelsströem aus dem DR in das britische Empire ansieht.
.
Kann man drüber Streiten ob sich die wirtschaftliche Position oder eher die Bündniswert-Position verbessern sollte. Zur Bedrohung erkoren wurde die Flotte durch die britische Presse.

3. Besetzt halten von französichen Gebieten, um den Ausgleich mit Frankreich nahezu unmöglich zu machen
.
Für den Großteil der damaligen deutschen Bevölkerung war das Elsaß ur-deutsches Gebiet Stichwort Reunionskriege.Mitnichten wurde es "besetzt" gehalten, noch wäre dieses der Fall um einen Ausgleich unmöglich zu machen. Nach damailger überwiegender Meinung.
4. Übergang zu einer alle Seiten provozierenden "Weltpolitik", die lediglich dazu führte, dass Russland und England und England und Frankreich ihre kolonialen Streitigkeiten lösten und die Hauptkonfliktachse nach Europa zurück kehrte. Eine nebenbei geradezu absurde Entwicklung, weil nicht zuletzt durch diese Entwicklung England seine Homefleet stärken konnte.
.
Den terminus "provozierend" finde ich etwas zu wertend, das deutsche Reich hat versucht genauso wie die anderen Großmächte eine eigene Interessenspolitik zu verfolgen, im Umkehrschluss müsste man die Interessenspolitik der anderen Großmächte auch als "provozierend" für das DR bewerten. Ich denke das kann man ausklammern.

6. Aufbau einer Machtposition zwischen England und Russland im nahen Osten und so eine weitere Erhöhung des Konfliktpotentials mit diesen beiden Mächten
.
Ähnlich wie oben, wer hat das Konfliktpotenzial erhöht? England,Rußland oder das DR?


8. Sozialdarwinistsiche Übrlegungen / Ideologie zur Zwangsläufigkeit des Krieges und abgeleitet daraus die Notwendigkeit, die deutsche Kultur als überlegene in Mitteleuropa und in der Folge als Weltmacht zu etablieren
.
1. Das wird sich nicht die vorherrschende Ansicht gewesen sein.
Ähnliche Ansischten gab es auch in England und Rußland etc. diese leiteten aber nicht die Aussenpolitik.
2. Als Weltmacht unter Weltmächten trifft es eher.
9. Blanko-Scheck an Ö-U und massive Ermunterung einer harten Haltung gegenüber Serbien und somit maximale Provokation gegenüber Russland
.
Blanko-Scheck an Ö-U wurde als Reaktion auf den Blanko-Scheck Rußlands an Serbien angesehen. In Bezug auf eine Esklation hin zu Weltkriege nahm dieser somit einen versuchten deeskalierenden Einfluß, die unbedingte Wille der russischen Führung zu Eskalierung den ich hier persönlich sehe, die meissten sehen das anders, wurde unterschätzt.
10. Kriegserklärung an Russland, sechs Tage !!!!! vor der von O-U an Russland
.
Es waren fünf Tage, aber egal, Kriegserklärungen sind nur der letzte völkerrechtlich notwendige Schritt.
26.7 1914: 3:26 -Rußland befindet sich von nun an in den Kriegsvorbereitungen
29.7 1914: abends -Rußland befehlt Teilmobilmachung
30.7 1914: 18:00 -Rußland befehlt Gesamtmobilmachung
1.8 1914: Frankreich macht 16:30 mobil, DR ordnet 17:00Mobilmachung an

Natürlich hat das DR eine Mitschuld, für mich hat jeder damalige Staat eine Mitschuld der trotz seiner Möglichkeiten, nicht alles versucht hat diesen Konflikt zu lokalisieren.
 
schuldfrage

Der entsprechende §231 (ich glaube der war es) im Versailler Vertrag war - und auf diesen Umstand weist ein Author (weiss nicht mehr aus dem Kopf wer, sorry) im Sammelband des MGFA zum WW I hin- das die "Schuldfrage" zunächst ein rein rechtliches Konstrukt war, um die Forderung nach Reparationen zu untermauern.

Eine "moralische" Anklage war damit ursprünglich nicht verbunden. Erst die Rezeption in Deutschland hat das "moralische Beschuldigtsein" in den Vordergrund gestellt und aus einer jurisischen Formel eine weltanschauliche Grundsatzfrage gemacht.

Ich persönlich halte nicht viel von "Schuldfragen", das ist eine philospohische oder poltische Kategorie, die erst an zweiter Stelle steht. Für mich persönlich ist zunächst interessant, welche Akteure zu einer Dynamisierung beigetragen haben und wer den Anstoss für den Ausbruch gegeben hat.

Und da war das DR an vorderster Spitze, wenn es darum ging, die Dynamik zu beschleunigen. Und nebenbei, der französische Außenminister hatte gewarnt, dass es wegen des Balkankonflits zum Bündnisfall kommen könnte. Frankreich hat mit gespielt, aber nicht dynamisiert.

Und der Einwand, Frankreich hätte auch eine Hochrüstung betrieben ist absolut richtig. Unter dem Gesichtpunkt der Militärausgaben war es die führende Nation im Vorfeld des WW I, soweit ich die Ausgaben erinnere.

Dennoch hat niemand in Berlin einen Angriff durch Frankreich befürchtet, die innenpolitische WSituation war wohl ein wenig zu kompliziert. Und "kurz" vor dem WW I von einer Krise zu sprechen, den länger als 10 Jahre vor dem Ausbruch des WW I lag, ist auch nicht ganz korrekt. Interessant ist sicherlich die Geschwindigkeit, mit der England und Frankreich ihre kolonialen Probleme gelöst habe.
 
eine schnelle antwort

Der Rückversicherungsvertrag war kein Bündnis und das DR brauchte Bündnispartner auf die es sich im Ernstfall verlassen konnte, mit dem Rückversicherungsvertrag konnte Rußland alle 3 Jahre eine Pendelpolitik betreiben, was auch Bismark schon bewußt war. Der Fehler lag hier eher in einer sich verschlechternden Wirtschaftsbeziehung in dessen Lücke Frankreich sich nur zu gerne platzierte, hier hätte man aussenpolitische Interessen den Innenpolitischen überordnen sollen, spätere Annährungsversuche auf wirtschaftlicher Ebene trafen dann jedoch schon auf einen festen Russisch-Französischen Block der sich auch in der russischen Bevölkerung schon manifestiert hatte, Stichwort Antigermanismus-Panslawismus.

Mal eine polemische Antwort: Na dann hat das DR ja in Ö-U und in Italien ausgesprochen gute Kandidaten als "verläßliche Bündnispartner" gefunden, vor allem auch in Ungarn. (Satire an:) Wenn man solche Verbündet hat, dann braucht man eigentlich keine Feinde mehr . (Satire aus)

Und die neutrale Formulierung einer "verschlechtern Wirtschaftsbeziehung" kaschiert nur mäßig, dass hier die Interessen der Großagrarier eine Rolle gespielt haben und die sich im Rahmen der Zollpolitik gegen Russland durchgesetzt haben. Und diese Verschlechterung ging in starkem Maße vom DR aus.

Inwiefern die Mehrzahl der russischen Bevölkerung eine "Panslawistische" Haltung gehabt hat, dürfte absolut reine Spekulation sein. Habe bisher noch nicht gehört, dass es repräsentative Untersuchungen zu der Zeit in Russland gegeben hat ;). Dass es in Teilen des politischen Establishments eine derartige Haltung gab, will ich gar nicht leugnen.


Kann man drüber Streiten ob sich die wirtschaftliche Position oder eher die Bündniswert-Position verbessern sollte. Zur Bedrohung erkoren wurde die Flotte durch die britische Presse.
So ähnlich hätte es vermutlich der Pressesprecher von Tirpitz auch gesagt. Fakt ist, dass das politische Berlin, vor allem auch in der Person von Bethmann - und sehr schön nachzulesen in den Tagebüchern von Riezler - die Flotte als verheerend für die politische Position Deutschlands ansahen und Tirpitz für eine sehr zwielichtige Persönlichkeit hielten.

Und zur Bedrohung wurde die "Risiko-Flotte" nicht durch die Presse, sondern durch die Zielsetzung des DR und die Unfähigkeit von Tirpitz zu einem Flottenabkommen zu kommen. Böse Zungen aus der damaligen Zeit behaupten ja, dass er das Abkommen torpediert hat, um als potentieller "Kanzler in spe" dieses Abkommen selber zu unterzeichnen.

Und die Hoffnung man könnte die Engländer aus einer Position der Stärke in ein Bündnis zwingen, entsprach - wie sich ja auch gezeigt hat - absoluten Wunschvorstellungen. Insofern ärgern mich derartige Argument wie "Bündnis-Wertposition". Der Unsinn dieser Überlegungen hat sich bereits vor dem WW I gezeigt und da wirkt es antiquiert, sowas - im Jahr 2009 - zu wiederholen.

Und das mit der wirtschaftlichen Position hast du falsch verstanden. Die deutsche Außenhandelsposition, insbesondere mit dem dem Commonwealth befand sich - trotz der "Risiko-Flotte" - in einer hervorragenden Verfassung und der wirtschaftlich Aufstieg des DR wäre ohne die Möglichkeit des Exports in dieses Gebiet nicht denkbar gewesen. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit England war eine sehr wichtige Voraussetzung für das wirtschaftliche Waschtum im DR!!!!


Für den Großteil der damaligen deutschen Bevölkerung war das Elsaß ur-deutsches Gebiet Stichwort Reunionskriege.Mitnichten wurde es "besetzt" gehalten, noch wäre dieses der Fall um einen Ausgleich unmöglich zu machen. Nach damailger überwiegender Meinung.

Alles klar. Und deswegen sind die Elsässer mit "Vive la France" in den Krieg gezogen und galten politisch als nicht besonders zuverlässig. Gerade zum Ende des Krieges. Und ob Elsass "Ur-Deutsches"-Gebiet war, da mag man sich streiten. Leicht OT: Ich wohne ich Freiburg und kenne mich ein wenig aus in der Regio, vielleicht besuchst Du mal, wenn du Zeit hast, Friedhöfe in der Regio. Du wirst überrascht sein, wer alles aus welchen Ländern hier begraben ist. Dieses Gebiet hat in den letzten 300 Jahren sehr viele "Herrscher" gehabt und eine vielfältige Identität angenommen, auch die Elsässer.


Den terminus "provozierend" finde ich etwas zu wertend, das deutsche Reich hat versucht genauso wie die anderen Großmächte eine eigene Interessenspolitik zu verfolgen, im Umkehrschluss müsste man die Interessenspolitik der anderen Großmächte auch als "provozierend" für das DR bewerten. Ich denke das kann man ausklammern.

Vielleicht machst Du dir mal die Mühe und schaust dir einen Atlas an, in dem die Verteilung der damaligen Welt in Form von Kolonien dargestellt wird. Zu verteilen gab es nicht mehr viel, wenn man mal von dem portugisieschen und spanischen Besitz absieht. Fast überall auf der Welt kam das DR als Zweiter und glaubte, es müsse fast überall bereits etablierte Mächte herausfordern! Weil ja Kolonien so wichtig sind für die wirtschafltiche Entwicklung (was völliger Unsinn war, da nur ein Bruchteil - ca. 10 % soweit ich mir erinnere - des Handels des DR bezog sich auf den Warenaustausch mit diesen Gebieten).

Allgemein wird dem DR von Historikern vorgehalten, dass es mal hier und mal da und überall sehr "laut" aufgetreten ist ohne eine klare Linie zu verfolgen. Da wird man sehr schnell von allen etablierten Mächten als "Störenfried" wahrgenommen. das ist nicht meine persönliche Meinung. Wie ich insgesamt versuche, Positionen von etablierten Historikern darzustellen und nicht meine persönlich Meinug.


Ähnlich wie oben, wer hat das Konfliktpotenzial erhöht? England,Rußland oder das DR?

Unsinnigerweise das DR mit z.B. dem Bau der Bagdad-Bahn und seinem Engagement in diesem Bereich des Nahen Ostens. Es hat sich damit militärstrategisch zwischen die SU und England geschoben und so die Annäherung zwischen diesen beschleunigt und Indien als zweitrangige Konfliktsphäre erscheinen lassen.

Natürlich wird man dem DR zugestehen müssen, als damalige Großmacht eine entsprechende Poliitk zu führen. Aber diese Politikformulierung war ohne Sinn und Verstand, da jedes Machtzentrum über eine eigene Konzeption verfügt hat (auch hier ist Riezler in seiner Einschätzung) sehr interessant zu lesen).


1. Das wird sich nicht die vorherrschende Ansicht gewesen sein.
Ähnliche Ansischten gab es auch in England und Rußland etc. diese leiteten aber nicht die Aussenpolitik.
2. Als Weltmacht unter Weltmächten trifft es eher.

Natürlich war der Sozialdarwinismus eine universale Haltung in der damaligen Welt. Und natürlich war sie auch sehr einflußreich auf die Haltung der Eliten in Deutschland. Vor allem die Alldeutschen und die Flottenvereine waren "Horte der Progaganda" dieser Haltung.

Und bereits zu dieser Zeit wurde die ideologische Basis, zum Beispiel durch Ludendorff und seinen Überlegungen zunächst zum "Volkskrieg" (verbunden mit der Forderung einer Stärkung des Heeres und einer deutlichen Ausdehnung des Friedensheeres) und später zum "Totalen Krieg" (mit militärdiktatorischen Vorstellungen - wie ansatzweise in der OHL 3 praktiziert - über das politische System und die Rolle des Krieges als Normalzustand einer Gesellschaft) gelegt.

Überlegungen, die in dieser Schärfe, in anderen Ländern nicht formuliert worden sind.


Blanko-Scheck an Ö-U wurde als Reaktion auf den Blanko-Scheck Rußlands an Serbien angesehen. In Bezug auf eine Eskalation hin zu Weltkriege nahm dieser somit einen versuchten deeskalierenden Einfluß, die unbedingte Wille der russischen Führung zu Eskalierung den ich hier persönlich sehe, die meissten sehen das anders, wurde unterschätzt.

Sorry, aber offenischtlich kennst Du nicht die Aussagen über die Ermunterung von Ö-U und dem "scharfen" Herangehen. Ö-U wurde gedrängt, aggresiv aufzutreten. Es ist nicht nur der Blankoscheck, der eine Rolle spielt, sondern auch die harte Haltung, die Berlin als Erwartungshaltung signalisiert hat. Aus der Sicht von Berlin wäre es optimal gewesen schnellst möglich Fakten zu schaffen, um den Schock auszunutzen, der von der Ermordung ausging.


Natürlich hat das DR eine Mitschuld, für mich hat jeder damalige Staat eine Mitschuld der trotz seiner Möglichkeiten, nicht alles versucht hat diesen Konflikt zu lokalisieren.

Nett geschrieben, trifft aber nicht zu. Es waren die militärischen Planungen im Rahmen des Schlieffenplanes, wie ich bereits geschrieben habe und es wäre schön, wenn Du mal alles lesen würdest, die die politische Führung unter einen dramatischen Zeitdruck gesetzt haben.

Hätte der Generalstab / Moltke den Forderungen von Wilhelm II und Bethmann im Juli 1914 nach einem "Ostaufmarsch" nachgegeben, was sicherlich unter planerischen Gesichtspunkten schwierig gewesen wäre - dann hätte es durchaus die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung gegeben. Das waren ja die expliziten Planungen von Bethmann, der die Engländen, nachdem Bukarest schnell besetzt worden wäre (als Faustpfand), als Vermittler heranziehen wollte. das waren seine Planungen zur Lokalisierung des Konflikts. Es war beabsichtigt, den Konflikt zu lokalisieren, es war nicht beabsichtigt durch Bethmann daraus einen Weltkrieg zu machen!!!!!!

OT: Er konnte dabei allerdings nicht wissen, das der Einmarsch der Truppen von Ö-U nach Serbien, entgegen den normalen Aufmarschplänen, nicht direkt auf Bukarest abzielte, sondern aus irgendwelchen anderen Gründen eine wesentlich längere Route nahm und die Besetzung von Burkarest erst zum Abschluss der Operationen vorsah. Deswegen wurde es nix aus dem "Blitzkrieg" in der Variante von Ö-U. Die Wiener sind halt ein wenig gemütlicher :winke:

Was belibt als Resümee: Irgendwie wußte zu der Zeit die linke Hand nicht, was die rechte Tat,und damit ist Haldane erneut zuzustimmen. :fs:

Oder anders: Wäre Wilhelm und sein "persönliches Regiment" nicht so ausgesprochen stümperhaft im Rahmen des Krisenmanagements gewesen oder besser, hätte das DR über eine demokratisch legitimierte Regierung verfügt, die das Militär kontrolliert hätte und nicht das Militär den Kanzler, dann wäre vielleicht manches anders gelaufen.

Die 48er haben einfach in Frankfurt versagt:motz:
 
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Bukarest ist die Hauptstadt von Rumänien.
Man erhelle bitte mich möglicherweise langsam verkalkenden Menschen, was die jetzt mit dem Vorstoß Ö-Us nach Serbien zu tun hat.:confused:
 
1000000 mal Entschuldigung

Bitte um Entschuldigung, mein Fehler. :rotwerd: Es muss natürlich "Belgrad" heißen.:autsch:

Panzerreiter hat natürlich recht. :pfeif:

Ich wollte die armen Jungs aus Ö-U nicht gleich zu Beginn nach Rumänien "latschen" lassen. das hätte große Blasen an den Füssen gegeben.:scheinheilig:


An der Karte kann man erkennen, dass Belgrad direkt und unmittelbar an Ö-U angrenzte und es vermutlich locker in einem Tagesmarsch erreicht werden konnte und man erkennt die geografische Basis der oben angedeuteten Faustpfandtheorie sofort wieder.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/56/Austria-Hungary1899.JPG
 
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Eine "moralische" Anklage war damit ursprünglich nicht verbunden. Erst die Rezeption in Deutschland hat das "moralische Beschuldigtsein" in den Vordergrund gestellt und aus einer jurisischen Formel eine weltanschauliche Grundsatzfrage gemacht.

Das kann man nur unterstreichen. Und es hatte später einen praktischen Hintergrund.

Die Behandlung der Reparationsfrage, die Höhe der schlußendlich zu zahlenden Reparationen, wurde von deutscher Seite eng mit der Kriegschuldfrage verknüpft.

Diese wurde als "Schlüssel" für die Verhandlungen über die Reparationen angesehen. Das Aufbrechen der im Versailler Vertrag formulierten Kriegschuldzuweisung wurde quasi instrumentalisiert, um die offene Klärung der Reparationsschulden über Dawes bis Young herunter zu drücken.
 
Die Hauptverantwortlichen für den Krieg sind jene in den Eliten des Deutschen Reiches und Österreichs wie Franz Conrad von Hötzendorf sowie die Verschwörergruppe des Attentats, die den Krieg haben wollten und ihn daher mit allen notwendingen Mitteln provoziert haben.

Wären England nicht auch ohne den Schlieffen-Plan in den Krieg eingetreten,schließlich waren Frankreich und England doch auch verbündet (und England wie Frankreich doch auch mit Russland)?:grübel:

GB und Frankreich waren formel nicht verbündet noch war erstere eine Schutzmacht der letzteren.

Blanko-Scheck an Ö-U wurde als Reaktion auf den Blanko-Scheck Rußlands an Serbien angesehen. In Bezug auf eine Esklation hin zu Weltkriege nahm dieser somit einen versuchten deeskalierenden Einfluß, die unbedingte Wille der russischen Führung zu Eskalierung den ich hier persönlich sehe, die meissten sehen das anders, wurde unterschätzt.

Welchen "Blanko-Scheck" an Serbien denn? Das man es militärisch Unterstützen würde falls Serbien seine Souveränität verteidigen würde?

Es waren fünf Tage, aber egal, Kriegserklärungen sind nur der letzte völkerrechtlich notwendige Schritt. 26.7 1914: 3:26 -Rußland befindet sich von nun an in den Kriegsvorbereitungen 29.7 1914: abends -Rußland befehlt Teilmobilmachung 30.7 1914: 18:00 -Rußland befehlt Gesamtmobilmachung 1.8 1914: Frankreich macht 16:30 mobil, DR ordnet 17:00Mobilmachung an

Sie ignorieren das beide russischen Mobilmachungen Reaktionen auf feindliche Maßnahmen Ö-U waren.
 
1000000 mal Entschuldigung

Muss nicht sein, vertippen tut sich jeder mal, vor allem wenn er einen "schnellen" und doch so ausführlichen Beitrag schreibt ;)
Ich war nur kurzzeitig ehrlich verwirrt, da ja schließlich Rumänien später auch noch an der Seite der Alliierten mitspielte und es ja durchaus möglich gewesen wäre, dass da vorher bei den Ö-U-Generälen gewisse Ambitionen da waren, nicht in Serbien aufzuhören. Da hatte der Vertipper dann doch das Zeug, mich etwas aus der Balance zu bringen.
 
einen weiteren Schuldigen gefunden

Habe noch einen Schuldigen gefunden, der eigentlich noch nachträglich verhaftet werden muss. ;)

Die Strategie von Bethman im Juli 1914 zielte ja auf eine Stabilisierung des vom Niedergang bedrohten Ö-U ab.

Man wollte durch eine antizierte diplomatische Niederlage Russland demütigen, weil man Russland erst 1916 als "kriegsbereit" eingeschätzt hat.

Am Morgen der entscheidenden Sitzung, in der der Zar den russischen Kriegsminister gefragt hat, ob die russische Armee für einen Krieg bereits gerüstet ist, hat der damalige russische Kriegsminister eine doppelte Portion Testosteron genommen und die Armee für "kriegsbereit" erklärt. :fs:

Vermutlich entsprach diese Einschätzung nicht der Realität, aber das entzieht sich meinem Kenntnisstand. Zumindest deutet die "Performance" der russischen Armee nicht auf eine vollständige Kriegsbereitschaft hin. :rotwerd:

Hätte also dieser Minister an dem Tag dem Zaren die Wahrheit gesagt, oder wäre vorsichtiger gewesen in seiner Beurteilung, dann wäre Russland zwar erneut diplomatisch gedemütigt worden, Ö-U hätte für ein paar Jahre sich weiter als Großmacht fühlen können und zumindest wäre der Krieg im Jahr 1914 verhindert worden. :friends:

Damit wäre ein weiterer "Kriegstreiber" in die Diskussion eingeführt, der nicht zur Gruppe der "üblichen Verdächtigen" (frei nach H.Bogart) gehört. :ironie:

Dieses Mal darf ich "ironisch Spammen" ist immerhin mein "100 Beitrag". Na dann auf die nächsten 1000 Beiträge. Freue mich schon auf weitere spannende Diskussionen.
 
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Mal eine polemische Antwort: Na dann hat das DR ja in Ö-U und in Italien ausgesprochen gute Kandidaten als "verläßliche Bündnispartner" gefunden, vor allem auch in Ungarn. (Satire an:) Wenn man solche Verbündet hat, dann braucht man eigentlich keine Feinde mehr . (Satire aus)
Vornemhlich ging es um Ö-U, und Ö-U war schon ein Bündnispartner der mit Rußland so einige differenzen hatte. Wenn man so will ein Bräutigam mit zwei Bräuten der sich entscheiden musste.
Und die neutrale Formulierung einer "verschlechtern Wirtschaftsbeziehung" kaschiert nur mäßig, dass hier die Interessen der Großagrarier eine Rolle gespielt haben und die sich im Rahmen der Zollpolitik gegen Russland durchgesetzt haben. Und diese Verschlechterung ging in starkem Maße vom DR aus.
Da gebe ich dir Recht. Was ich mich noch frage zu selbigen Punkt, Frankreich hatte auch eine protektionistische Zollpolitik gefahren, trotzdem gelang ein weitaus engere Zusammenarbeit, besonders auf dem Finanzmarkt, ein ganz klares versäumen des Deutschen Reiches.

Inwiefern die Mehrzahl der russischen Bevölkerung eine "Panslawistische" Haltung gehabt hat, dürfte absolut reine Spekulation sein. Habe bisher noch nicht gehört, dass es repräsentative Untersuchungen zu der Zeit in Russland gegeben hat ;). Dass es in Teilen des politischen Establishments eine derartige Haltung gab, will ich gar nicht leugnen.
Umfragen gab es natürlich nicht, nur der Spiegel in den medialen Erzeugnissen.ca 1895 knüpfte das DR wieder engere Wirtschaftsbeziehungen, aus Büchern zu dieser Zeit (Titel vergessen suche ich gerne aber raus) wollte die deutsche Aussenpolitik sondieren ob daraus wieder engere Beziehungen werden könnten, unter anderem erhielten diese Anfragen als antwort das die allgemeine Stimmung ausgesprochen Antideutsch und Profranzösisch war. Da Spielen natürlich nicht nur Wirtschaftliche Beziehungen eine Rolle, deutsche Präventivschlags -Sprüche und ähnliches waren sicher noch in der russischen Erinnerung etc.


So ähnlich hätte es vermutlich der Pressesprecher von Tirpitz auch gesagt. Fakt ist, dass das politische Berlin, vor allem auch in der Person von Bethmann - und sehr schön nachzulesen in den Tagebüchern von Riezler - die Flotte als verheerend für die politische Position Deutschlands ansahen und Tirpitz für eine sehr zwielichtige Persönlichkeit hielten.
Ich hab diese Sichtweise hereingebracht weil die von dir formulierte nur ein Bestandteil des damaligen politischen Kalkühls waren. Für solche weittragenden Entscheidungen spielten immer mehrere Gründe eine Rolle und Bethmanns Einstellung zu diesem Thema sähe gewiss anders aus wäre der Flottenbau nicht auf massive Kritik in England gestossen.
Die Flotte wurde eben nicht gebaut um England "herauszufordern".
Und die Hoffnung man könnte die Engländer aus einer Position der Stärke in ein Bündnis zwingen, entsprach - wie sich ja auch gezeigt hat - absoluten Wunschvorstellungen. Insofern ärgern mich derartige Argument wie "Bündnis-Wertposition". Der Unsinn dieser Überlegungen hat sich bereits vor dem WW I gezeigt und da wirkt es antiquiert, sowas - im Jahr 2009 - zu wiederholen.
Antiquiert? Militärische Stärke war mit die erste Entscheidungsgrundlage für damalige Bündnisverhandlungen, das ist schließlich der Wert den ein Bündnispartner im Ernstfall einbringen kann. Schau dir die englisch-sowjetischen Verhandlungen kurz vor ausbruch des 2.Wk an.
Absoluter fehler war es natürlich diesen Wert gegenüber England ausgerechnet auf See zu erhöhen.
Und das mit der wirtschaftlichen Position hast du falsch verstanden. Die deutsche Außenhandelsposition, insbesondere mit dem dem Commonwealth befand sich - trotz der "Risiko-Flotte" - in einer hervorragenden Verfassung und der wirtschaftlich Aufstieg des DR wäre ohne die Möglichkeit des Exports in dieses Gebiet nicht denkbar gewesen. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit England war eine sehr wichtige Voraussetzung für das wirtschaftliche Waschtum im DR!!!!
Wohl eher Rohstoffimport, in den Aussenhandelsbilanzen des DR zu damaliger zeit finde keine Commonwealth Staaten, vieleicht Kanada.
Export in Commonwealth Staaten Hauptgrund für wirtschaftlichen Aufstieg des DR? Wäre mir ziemlich neu.

Alles klar. Und deswegen sind die Elsässer mit "Vive la France" in den Krieg gezogen und galten politisch als nicht besonders zuverlässig. Gerade zum Ende des Krieges. Und ob Elsass "Ur-Deutsches"-Gebiet war, da mag man sich streiten. Leicht OT: Ich wohne ich Freiburg und kenne mich ein wenig aus in der Regio, vielleicht besuchst Du mal, wenn du Zeit hast, Friedhöfe in der Regio. Du wirst überrascht sein, wer alles aus welchen Ländern hier begraben ist. Dieses Gebiet hat in den letzten 300 Jahren sehr viele "Herrscher" gehabt und eine vielfältige Identität angenommen, auch die Elsässer.
Damals wurde es aber als "Zurückholen" und nicht "besetzen" angesehen, Strassburg war eben auch keine urfranzösische Stadt nach deutscher Sichtweise. Diesen Punkt kannst du folglich nicht unter dem terminus "besetzt" in einem Thema aufführen das die deutsche Schuld beantworten soll. Es sei denn du führst die französische Sichtweise auf.

Vielleicht machst Du dir mal die Mühe und schaust dir einen Atlas an, in dem die Verteilung der damaligen Welt in Form von Kolonien dargestellt wird. Zu verteilen gab es nicht mehr viel, wenn man mal von dem portugisieschen und spanischen Besitz absieht. Fast überall auf der Welt kam das DR als Zweiter und glaubte, es müsse fast überall bereits etablierte Mächte herausfordern! Weil ja Kolonien so wichtig sind für die wirtschafltiche Entwicklung (was völliger Unsinn war, da nur ein Bruchteil - ca. 10 % soweit ich mir erinnere - des Handels des DR bezog sich auf den Warenaustausch mit diesen Gebieten).
Es ergaben sich ja gerade keine Probleme an den bestehenden Besitzungen sondern an den noch nicht kolonisierten und an dem handhaben von handelsrechten in den Besitzungen und strittigen grenzziehungs und Schenkungsfragen. Das DR fühlte sich nicht in der grösse des kolonialen besitzes übergangen, sondern falsch behandelt durch die zwei grossen Kolonialmächte Frankreich und GB, die, in auch das deutsche Reich tangierenden Fragen, jenes einfach nicht hinzugezogen haben.
Wer hat da eigentlich wen herausgefordert?
Allgemein wird dem DR von Historikern vorgehalten, dass es mal hier und mal da und überall sehr "laut" aufgetreten ist ohne eine klare Linie zu verfolgen. Da wird man sehr schnell von allen etablierten Mächten als "Störenfried" wahrgenommen. das ist nicht meine persönliche Meinung. Wie ich insgesamt versuche, Positionen von etablierten Historikern darzustellen und nicht meine persönlich Meinug.
Ich sehe das eher so, 2 Mächte die sich die Welt aufteilen empfinden es eben als "störend" wenn da ein dritter als konkurrent auftritt . Welt geteilt durch 2 mehr als durch 3. Klar das diese 3. Macht nur durch lautes auftreten zu seinem "Recht" kommt, jedemfalls wenn man hier überhaupt von Recht sprechen kann. Jedenfalls kann man hier keinen Schuldigen finden.

Unsinnigerweise das DR mit z.B. dem Bau der Bagdad-Bahn und seinem Engagement in diesem Bereich des Nahen Ostens. Es hat sich damit militärstrategisch zwischen die SU und England geschoben und so die Annäherung zwischen diesen beschleunigt und Indien als zweitrangige Konfliktsphäre erscheinen lassen.

Natürlich wird man dem DR zugestehen müssen, als damalige Großmacht eine entsprechende Poliitk zu führen. Aber diese Politikformulierung war ohne Sinn und Verstand, da jedes Machtzentrum über eine eigene Konzeption verfügt hat (auch hier ist Riezler in seiner Einschätzung) sehr interessant zu lesen).
Du sagts es ja schon, alle westlichen Mächte buhlten um das Osmanische Reich, England baute die Kriegsschiffe für dieses, Frankreich, DR und England formten das osmanische Militär um, das DR baute eine Bahn.
Also wo ist das Problem?Wo die Schuld?
Als soveräner Staat darf man doch seine Interessen wahr nehmen, so wie es England,Frankreich,Rußland,USA und das DR gemacht haben.


Natürlich war der Sozialdarwinismus eine universale Haltung in der damaligen Welt. Und natürlich war sie auch sehr einflußreich auf die Haltung der Eliten in Deutschland. Vor allem die Alldeutschen und die Flottenvereine waren "Horte der Progaganda" dieser Haltung.
Genauso wie in England, schließlich war dies die Grundlage für die Kolonisation. Aber ob dieser Einfluß im DR jetzt grösser war als in anderen Ländern ist fraglich.
Und bereits zu dieser Zeit wurde die ideologische Basis, zum Beispiel durch Ludendorff und seinen Überlegungen zunächst zum "Volkskrieg" (verbunden mit der Forderung einer Stärkung des Heeres und einer deutlichen Ausdehnung des Friedensheeres) und später zum "Totalen Krieg" (mit militärdiktatorischen Vorstellungen - wie ansatzweise in der OHL 3 praktiziert - über das politische System und die Rolle des Krieges als Normalzustand einer Gesellschaft) gelegt.
Tja, ein Militär hat so seine "Einfälle", sicherlich haben auch andere Strategen solche Theorien in Friedenszeiten entwickelt, Totalen Krieg haben schliesslich alle beteiligten geführt.

Überlegungen, die in dieser Schärfe, in anderen Ländern nicht formuliert worden sind.
Dann muss Ludendorff ja ein richtige genie gewesen sein, wie oben schon gesagt hat er den totalen krieg richtig vorausgeahnt, der von allen Beteiligten schliesslich so geführt wurde.


Sorry, aber offenischtlich kennst Du nicht die Aussagen über die Ermunterung von Ö-U und dem "scharfen" Herangehen. Ö-U wurde gedrängt, aggresiv aufzutreten. Es ist nicht nur der Blankoscheck, der eine Rolle spielt, sondern auch die harte Haltung, die Berlin als Erwartungshaltung signalisiert hat. Aus der Sicht von Berlin wäre es optimal gewesen schnellst möglich Fakten zu schaffen, um den Schock auszunutzen, der von der Ermordung ausging.
Sorry, aber offentsichtlich kennst Du nicht die Aussagen über die Ermunterung von Serbien seitens Rußlands. Serbien wurde gedrängt kontraproduktiv aufzutreten da es im falle eines Krieges auf Rußland zählen könne. Den "Blancoscheck" bitte auf diesem Hintergrund sehen.
Der Schock konnte nicht ausgenutzt werden weil erst mal ein Untersuchungsverfahren eingeleitet wurde, nachdem in diesem dann die serbische Beteiligung herausgestellt wurde nahm es seinen lauf.


Nett geschrieben, trifft aber nicht zu. Es waren die militärischen Planungen im Rahmen des Schlieffenplanes, wie ich bereits geschrieben habe und es wäre schön, wenn Du mal alles lesen würdest, die die politische Führung unter einen dramatischen Zeitdruck gesetzt haben.
Der Schlieffenplan war weltweit bekannt, die ungünstige strategische Lage ebenso. Wer hatt dann folglich dann Schuld? Wer hat die Kausalitätenkette in gang gesetzt? Rußland wusste das eine Generalmobilmachung seinerseits das DR zwingen wird als erster loszuschlagen.
Hätte der Generalstab / Moltke den Forderungen von Wilhelm II und Bethmann im Juli 1914 nach einem "Ostaufmarsch" nachgegeben, was sicherlich unter planerischen Gesichtspunkten schwierig gewesen wäre - dann hätte es durchaus die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung gegeben. Das waren ja die expliziten Planungen von Bethmann, der die Engländen, nachdem Bukarest schnell besetzt worden wäre (als Faustpfand), als Vermittler heranziehen wollte. das waren seine Planungen zur Lokalisierung des Konflikts. Es war beabsichtigt, den Konflikt zu lokalisieren, es war nicht beabsichtigt durch Bethmann daraus einen Weltkrieg zu machen!!!!!!
Du meinst sich Belgrad, Bukarest kam erst später:winke:
Ich denke vieles ist einfach ein automatismus gewesen, zb auch in Rußland mit den Mobilmachungsphasen, soetwas kann man nicht einfach zurückfahren auch wenn teilweise politisch gewollt. Ich frage mich ob Bethmanns Planungen uberhaupt eine Chance gehabt hätten, nicht nur vom zeitlichen faktor, auch von der Akzeptanz der Allierten, Hauptsächlich dürfte der russische Aufmarsch dann diese Pläne zerstört haben.


Was belibt als Resümee: Irgendwie wußte zu der Zeit die linke Hand nicht, was die rechte Tat,und damit ist Haldane erneut zuzustimmen. :fs:

Oder anders: Wäre Wilhelm und sein "persönliches Regiment" nicht so ausgesprochen stümperhaft im Rahmen des Krisenmanagements gewesen oder besser, hätte das DR über eine demokratisch legitimierte Regierung verfügt, die das Militär kontrolliert hätte und nicht das Militär den Kanzler, dann wäre vielleicht manches anders gelaufen.

Die 48er haben einfach in Frankfurt versagt:motz:
Sehe ich auch so, aber wenn das noch einfügen darf, es gab auch Gründe die ausserhalb des Deutschen Reiches lagen.
 
Da gebe ich dir Recht. Was ich mich noch frage zu selbigen Punkt, Frankreich hatte auch eine protektionistische Zollpolitik gefahren, trotzdem gelang ein weitaus engere Zusammenarbeit, besonders auf dem Finanzmarkt, ein ganz klares versäumen des Deutschen Reiches.

Der Vergleich -somit auch die These vom Versäumnis- scheitert bereits an der unterschiedlichen Finanzkraft. Zum einen, weil das DR selbst auf Kapitalzuflüsse aus dem Ausland angewiesen war (und das in diversen Studien sogar als kriegshinderlich angesehen wurde), zum anderen, weil die Kapitalverkehrsvolumina und damit die Aufnahmefähigkeit für Anleihen unterschiedliche Größe aufwiesen. Der Pariser Kapitalmarkt war eine andere Liga. Leider beschäftigten sich damit wenige historische Arbeiten, umso leichter fällt die Übernahme von ökonomischen Mythen.

1913/14 brachten schon kleinere Anleihen für Balkanstaaten, die politisch und exportseitig für opportun gehalten wurden, den deutschen Finanzmarkt in Schwierigkeiten. Die Exporterfolge des DR blenden hier.

Die Flotte wurde eben nicht gebaut um England "herauszufordern".
Die Herausforderung bestand selbst nach Tirpitzscher Vorstellung darin, die Beugung Englands und die Anlehnung an das DR zu erreichen, nichts anderes besagt der Risikogedanke. Die zeitweise befürchtete Alternative bestand im "to kopenhagen" der unfertigen deutsche Flotte.


Wohl eher Rohstoffimport, in den Aussenhandelsbilanzen des DR zu damaliger zeit finde keine Commonwealth Staaten, vieleicht Kanada.
Export in Commonwealth Staaten Hauptgrund für wirtschaftlichen Aufstieg des DR? Wäre mir ziemlich neu.
Großbritannien als Ausfuhrmarkt sollte hier nicht übersehen werden.


Der Schlieffenplan war weltweit bekannt, die ungünstige strategische Lage ebenso. Wer hatt dann folglich dann Schuld? Wer hat die Kausalitätenkette in gang gesetzt? Rußland wusste das eine Generalmobilmachung seinerseits das DR zwingen wird als erster loszuschlagen.
So etwas wurde in außenpolitisch etwas intelligenteren Regionen als mad dog action bezeichnet, auf die natürlich Rücksicht zu nehmen wäre.:devil: Die Forderung nach russischer Appeasementpolitik aufgrund der leidigen Existenz eines Schlieffenplans, einer Machbarkeitsstudie mit eingebautem machtpolitischen Suizid für den Fall des Scheiterns, würde aber die Anforderungen von den Füßen auf den Kopf stellen.


Sehe ich auch so, aber wenn das noch einfügen darf, es gab auch Gründe die ausserhalb des Deutschen Reiches lagen.
Zustimmung.
 
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