1. Weltkrieg Einfluss der Waffen auf Heute

Dass die Ereignisse an der Marne etwas damit zu tun haben könnten, würde ich dem "machine-gun myth" zuordnen. Gerade das in der Lücke zwischen Klucks 1. und der 2. Armee eingeschobene BEF war mit dieser Waffe vernachlässigbar ausgerüstet. Die Probleme der Lücke und der zunehmenden Umfassung und Überflügelung von Kluck hatten etwas mit den Zahlenstärken zu tun, nicht mit durch MGs gestoppten Vorstößen.....

Richtig.

Gerade zu Beginn des Krieges gab es, vor allem bei den alliierten, noch sehr wenige MGs. Wenn man die Zeitzeugenberichte aus den ersten Kriegstagen liesst, fällt auf, das kaum Maschingewehrfeuer erwähnt wird. Und der Vormarsch kam überwiegend zum erliegen, aus Gründen die weniger mit den Verlusten zu tun hatten als mit Flankenbedrohung, Nachschub, Erschöpfung.

Aber MG-Mythos, beiseite: Allein das konzentrierte Feuer der Repetiergewehre reichte schon aus um einen Angriff zu stoppen. Vor allem wenn die Schiessausbildung gut war (wie z.B. die des BEF).

Schon im Burenkrieg, bei dem nur relativ wenige und primitive MGs zum Einsatz kamen, haben mit modernen Repetiergewehren ausgerüstete Verbände enorme Schäden angerichtet und weit größere Einheiten "festgenagelt."

Zur Festigung des Stellungskrieges trugen dann die auomatischen Waffen zweifellos bei, so wie ein anderes, bisher nicht erwähntes Element: Der Stacheldraht.

Ich meine, dass die Wandlung der Artillerie nicht ausreichend berücksichtigt worden ist. Diese hatte im ersten Weltkrieg eine deutlich wichtigere Rolle als in früheren Kriegen. Sie war nicht nur wirkungsvoller und trat massiver auf, sie hat auch das Kriegsbild wesentlich geprägt. Die Kraterfelder an der Westfront, der Begriff Materialschlacht, der Soldat als bloßes Kanonenfutter, hängen mit dieser Entwicklung zusammen.

Der Panzer hatte ein eher anekdotisches auftreten am Ende, seine Reife kam erst im 2 WK. Das Gas hat für Grauen und Schrecken gesorgt, der reale Effekt war jedoch relativ gering.
 
„Heutzutage“ ist ja eine Zeitangabe die ich so verstehen kann, dass nicht allein die unmittelbaren Veränderungen bei Kampfhandlungen, bzw. in der Waffentechnik und Entwicklung gemeint sein müssen, sondern eben alle Auswirkungen auf das Leben der Menschen etc.

Das stimme ich zunächst einmal zu. Deine Schlussfolgerungen sind mir aber an dem ein oder anderen Punkt zu vage:

Erstes Resümee, - durch die Mechanisierung des Krieges und seine Ausmaße kommt man von der Art und Weise der Kriegsführung, über die Materialschlacht, zur Massenvernichtung, und zum Totalen Krieg und dessen Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft.

...

Der Totale Krieg aber, der die ganze Gesellschaft erfasst, hat diese auch zum Nachdenken gezwungen, wenn sich das auch letztlich erst nach dem „zweiten Anlauf“ etwas nachhaltiger gestaltete.

...

Die albtraumhaften Erlebnisse des modernen Krieges die mit einer Verrohung und Entmenschlichung einhergingen brachten keine neuen Charaktereigenschaften des Menschen zu Tage, wie man vielleicht annehmen könnte, sondern führten die bereits bestehenden Phrasen von „Ehre“, „Heldentum“, „männlicher Bewährung“, „Treue“ aber auch den übersteigerten Nationalismus ad absurdum.

Hier widersprichst Du Dir doch, oder? Wenn man an die Popularität von paramilitärischen Gruppen Veteranenverbänden, wenn man an die Zugkraft der Dolchstoß-Legende denkt, wird mehr als deutlich, dass die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges eher weniger zu einem Bewusstseinswandel beigetragen haben dürften. Ob die Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges hier nachhaltiger waren, scheint mir - etwa angesichts der Popularität der These von der "sauberen" Wehrmacht - auch zweifelhaft.

Dennoch ist es nicht so, dass aus den Erfahrungen überhaupt nicht gelernt wurde:
Letztlich waren es die Schreckensbilder der modernen Kriege, die zu Gründungen wie einem Völkerbund führten und im weiteren Verlauf zu Organisationen wie die UN usw.

Die Angelegenheit ist also differenzierter zu betrachten.
 
Vergesst nicht die Flugzeuge! Mit der Luftauchklärung mittels Ballons und Flugzeugen konnte erstmaligst die Wirkung der Artillerie auf diesem Wege verbessert werden.
Auch war die Luftauchklärung wichtig im Vorfeld eines Angriffes. Ohne Flugzeuge hätten die Entente-Truppen 1914 die Lücke im deutschen Aufmarsch womöglich nie entdeckt.
Auch die Schlacht bei Tannenberg wäre ohne Entdeckung der russischen Kolonnen durch ein Flugzeug womöglich anders verlaufen.

Neu war auch die Bombardierung aus der Luft mittels Zeppelinen und Flugzeugen. Nicht nur auf militärische Ziele wohlgemerkt.
 
Richtung und Gliederung nötig

Die Angelegenheit ist also differenzierter zu betrachten.
Das denke ich auch.
Mit Anreißen, meinte ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Und Sie haben ganz Recht in Punkto Reaktionen auf eine Wehrmachtsausstellung, - das führte zu noch ganz anderen Überlegungen.

Nicht schlecht wäre es, wenn der Gast sein Vorhaben noch etwas erläutern würde. Meine Meinung ist, dass sich das Thema nicht allein in milit. Strategien selbst erschöpfen kann, die moderne Waffen mit sich brachten.

Meine Mutmaßung wäre, - ein Schüler möchte einen
Geschichtsvortrag ueber die Millitaerische Entwicklung im 1. Weltkrieg
halten. Der Lehrer überlegt, wie kann man das sinnvoll erweitern sodass ein Beitrag entsteht, aus dem alle etwas für die heutige Zeit mitnehmen können. Der Schüler steht nun vor der Aufgabe:
Ich muss den Einfluss der neuerfundenen Waffen auf Heutzutage darstellen …
Diese Gedanken erwähne ich, weil das eng mit der Mehrzahl der Reaktionen zusammenhängt. Sollte es lediglich darum gehen, die Verbindung zur heutigen Kriegsführung im militärischen Sinne herzustellen?

Wenn nicht, dann könnte man es fast auf die Auswirkungen reduzieren, die der Totale Krieg in der modernen Gesellschaft hinterlassen hatte, und zwar als Folge einer Taktik, resultierend aus den modernen Waffen, was natürlich nicht heißt, dass alles an diesen Waffen hing.

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Wenn wir annehmen, dass sich das Thema von den alleinigen Auswirkungen auf das Militärische lösen darf, dann lassen sich vielfältige Bezüge zu „Heutzutage“ feststellen, die mir aber unmöglich alle in diesem Moment einfallen. Eine Gliederung wäre nötig.

Um auf die „vagen“ Äußerungen einzugehen, füge ich hinzu, dass ich das kritische Nachdenken über den Krieg in dem Moment höher angesiedelt hatte, als die Tatsache, dass das natürlich nicht die gesamte Gesellschaft für sich in Anspruch nahm. Warum das so war, dafür gibt es bekanntermaßen viele Gründe. Nur ein Anhaltspunkt:
Eine zum eigenen Überleben unabdingbare Abschottung und Abstumpfung gegenüber der Allgegenwart von Leid und Tod, aber auch Stolz auf ihre in der Gemeinschaft vollbrachten Leistungen kennzeichneten das Wertesystem der Frontkämpfer. Über Jahre dem zivilen Leben entfremdet und zu ”Kriegsmaschinen” mutiert, war es vielen von ihnen nach dem Krieg nicht möglich, sich wieder in die Strukturen einer bürgerlichen Gesellschaft einzugliedern.
Alltagsleben (DHM)


Die Wehrverbände und paramilitärischen Vereinigungen der Zeit der Weimarer Republik waren nicht zuletzt ein Sammelbecken der hier beschriebenen Charaktäre.

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Als Vortragender würde ich mir die Frage stellen, ob ich das Thema nicht eingrenzen müsste. Allem vorangestellt ist doch aber, dass der Krieg, insbesondere der totale Krieg, die Gesellschaft verändert hat.

Die einen waren es gewohnt Befehlen zu folgen, sich als „Untertanen“ zu fügen, oder weiterhin als „Volksgemeinschaft“ zu begreifen, die einer „feindlichen Welt“ gegenübersteht, die anderen machten sich Gedanken um die Sinnlosigkeit des Krieges, waren kriegsmüde, und wollten einer selbsternannten „Elite“ nicht mehr folgen. (mahle ich natürlich schwarzweiß) Das Nachdenken über die Sinnlosigkeit war aber etwas Neues, wenn man vom vornationalistischen Zeitalter einmal absieht. Die von mir verlinkten Beispiele zur Kunst sollen das zum Ausdruck bringen.

Vgl. auch hier: Pazifismus im Ersten Weltkrieg (arte.tv)

Und ist es eigentlich so wichtig, inwieweit die Zeitgenossen die Kritik voll erfasst hatten? Der Fragesteller hält ja den Vortrag über die Auswirkungen auf „Heutzutage“, wie er das nennt. Dafür aber ist doch die damals aufkommende „neue Kritik" wesentlich wichtiger?!
War das in der Rezeption nicht so?

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Die modernen Waffen sind ja nichts anderes als ein Ausdruck des Machbaren.
Der Gedanke dass der Mensch die Technik nun so weit entwickelt hat, dass es ihm möglich ist die Welt zu zerstören. Das muss deshalb für 1914 noch nicht real möglich gewesen sein, - die Phantasien aber, die von dem Eindruck mehrerer Millionen Tote, Giftgas und einem umgepflügten Flandern beflügelt worden waren, reichten wohl aus um bspw. Organisationen wie den Völkerbund zu initiieren oder bisherige Konventionen zu überdenken.


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Cephalotus hatte ja noch Auswirkungen im engeren Sinn angeschnitten, als da wäre auf Wissenschaft und Technik insbesondere Medizin und Chemie.

Die Unentbehrlichkeit der Frau in der Produktion war ein Schritt zu deren Emanzipation …
The Girl Behind the Gun 1915
Bilder zu Frauenarbeit (DHM)
 
Das mag dazu geführt haben, dass man diese Waffe seitens der westlichen Alliierten mit einem gewissen Misstrauen beäugt und somit nicht die Konzepte zum Panzereinsatz entwickelt hat, wie später die Deutschen.

Die Deutschen waren aber keineswegs, die einzigen, die Doktrinen für Panzer entwickelt haben. Besonders die Briten hatten ja durchaus auch das Konzept der Kavalleriepanzer, die nach dem Durchbruch das Land einnehmen sollten. Zudem war die deutsche Panzerwaffe 39/40 weitaus kleiner als die französische.
 
So ganz einleuchtend ist mir das aber nicht ganz:
Auch die Alliierten haben ja die Panzer zu mindest technisch weiterentwickelt, und als "erfolgreich" kann doch auch die franzøsische und britische Seite 4 Jahre Grabenkrieg, erfolglose Durchbruchversuche an der Somme etc. nicht bezeichnet haben.
"Erfolgreich" insofern, dass die Franzosen den Krieg gewonnen haben. Es war ihnen gelungen, den deutschen Angriff abzuwehren. Deshalb bestand kein Grund, an der Sinnhaftigkeit der eigenen grundlegenden Strategien zu zweifeln.

Ich mag nicht glauben, dass man einen neuen Krieg wieder als Stellungskrieg vermutet hat?
Schon der Erste Weltkrieg war kein "geplanter" Stellungskrieg. Dass er sich in Grabensystemen festgefahren hat, wurde von allen Beteiligten als "Unfall" begriffen, den es irgendwie zu "reparieren" galt. Diese "Reparatur" wurde duch den Panzereinsatz als gelungen angesehen.

Die eigenen Panzer haben ja erst die Erfolge beim Ueberwinden der Schuetzengrabensysteme gebracht.
Da muss es doch ein Weiterdenken gegeben haben?
Sicher. Innerhalb der "bewährten" Bahnen. Franzosen und Briten haben ihre Panzer weiterhin der Infanterie unterstellt. Es gab Modifikationen der taktischen Doktrinen, aber keine grundsätzliche Abkehr. Das beste Beispiel dafür ist die französische Entscheidung, mit der Maginot-Linie wieder einen harten Schutzwall zu errichten, der nicht durchbrochen werden konnte. Wie sich zeigte, war diese Idee völlig sinnlos, weil die deutschen Angreifer gar nicht mehr die Absicht hatten, einen Durchbruch zu versuchen. Sie hatten entschieden, etwas ganz Neues zu versuchen. Das sind Ideen gewesen, die sicher auch in französischen und britischen Generalstäben durchdiskutiert worden sind. Sie waren nur nicht mehrheitsfähig, weil - warum etwas ändern, wenn die bekannten Taktiken im vergangenen Krieg doch erfolgreich waren? Insofern hat @Thanepower vollkommen Recht, wenn er mir vorhält:

Diese Einschätzung des historischen Innovationsprozesses ist nicht korrekt. Das 3. Reich hat es als erste Nation in großem Stil erfolgreich (anfangs) in Konflikten eingesetzt. So wäre die korrekte Formulierung.
So meinte ich es und so hätte ich es schreiben sollen.

Und wieso meinte man eigentlich, immer eine geschlossene Front haben zu muessen? Wieso gab es nicht einzelne, schnelle Vorstøsse, bei denen man Flanken und Rueckwærtigen Raum einfach unbeachtet liess? War man so zwingend abhængig von Nachschublinien? (also offensichtlich mehr als in vorangegangenen Kriegen)
Genau darauf wollte ich hinaus. Was wir hier sehen, nennt man Paradigmenkrise: Menschen halten gelegentlich so lange an "bewährten" Konzepten fest, bis es gar nicht mehr anders geht. Dieses heute völlig anachronistisch wirkende Bestreben, unbedingt eine "geschlossene Front" bilden zu wollen, war letztlich der Grund dafür, dass der Erste Weltkrieg sich so entwickelt hat. Man hat alle möglichen taktischen Änderungen vorgenommen, um erkannte Fehler zu beseitigen - nur an diesem Paradigma "die Front muss geschlossen bleiben" wurde nicht gerüttelt. Deshalb war Frankreich auch überzeugt, dass die Deutschen die Maginot-Linie frontal angreifen mussten - bloß weil sie da war. Beide Seiten hätten die Möglichkeit gehabt, an der Westfront das Erstarren im Grabenkrieg zu vermeiden. Sie haben es nicht getan, weil sie den Faktor "Geschlossene Front" als Naturgesetz angesehen haben.

An der Ostfront lief die Entwicklung anders, weil die Räume größer waren, weil die russische Armee mit dem Zurückweichen in die Tiefe ihres Raums seit jeher siegreich geblieben war und vermutlich auch deshalb, weil Russland bereits mit inneren Problemen zu kämpfen hatte


Dass die Ereignisse an der Marne etwas damit zu tun haben könnten, würde ich dem "machine-gun myth" zuordnen.
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Schlieffen plante nur den Vormarsch und die tiefe Operation. Es ging nicht um den im Weg stehenden Gegner, sondern um den zu umfassenden Gegner, der am Ende (!) der weit ausholenden Umfassungsoperation gestellt und Cannae-artig eingeschlossen sein sollte. Die Stärke des rechten Flügels liegt in der Anforderung des Raumes und der Zeit, nicht des Gegners (der Kraft).
Vorschlag zur Güte: Dass das MG (oder allgemeiner: die technisch bedingt massiv gesteigerte Feuerkraft von Militärverbänden) die Ursache für die Erstarrung im Grabenkrieg war, ist meine These und natürlich nicht das Evangelium. Ich halte an dieser These fest, aber ich sage natürlich damit nicht, dass MG und gesteigerte Feuerrate dann anschließend nicht zur Zementierung des Grabenkriegs geführt hätten. Meiner Ansicht nach ist beides richtig.

MfG
 
Ich mag nicht glauben, dass man einen neuen Krieg wieder als Stellungskrieg vermutet hat?
Wenn man betrachtet, wie viel Geld und Anstrengungen in der Zwischenkriegszeit in Verteidigungslinien investiert worden ist, kann man m.E. diesen Schluss schon ziehen. Die Mehrheit der Europäischen Länder haben größere oder kleinere Verteidigungslinien gebaut.

Die Bekannteste ist nach wie vor die Maginot-Linie, Italien hatte aber auch den den Vallo Alpino, das Deutsche Reich Westwall und Oder-Front, Finnland die Mannerheim-Linie, Griechenland die Metaxas-Linie, die Tschechoslowakei drei befestigte Fronten, ; die SU baute während des Krieges die Stalin Linie, Belgien und seine Forts, Holland, die Schweiz etc. Sogar Spanien baute während des Krieges eine dünne Bunkerlinie an der Grenze zu Frankreich und den nördlichsten Stränden der Halbinsel.

Eine der Prägenden Erfahrungen des Militärs aus dem ersten Weltkrieg war, wie schwierig das durchbrechen einer Befestigten Front sein konnte. Und dieses ging weniger auf die recht chaotischen und improvisierten Schützengrabenanlagen zurück die Franzosen, Briten und Belgier anlegten oder auch die deutschen zu Beginn anlegten, sondern auf die gut durchplanten und solide gebauten "Siegfried-Stellungen" mit ihren betonierten Unterständen, auf die das deutsche Heer in der zweiten Hälfte des Krieges zurück ging und die mit geringeren Opfern zu halten waren, als die reinen Erdwerke. Dieses Konzept ist offensichtlich von vielen für den nächsten Krieg vorgesehen worden, sonst hätte man kaum so viel in starre Befestigungen investiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn nicht, dann könnte man es fast auf die Auswirkungen reduzieren, die der Totale Krieg in der modernen Gesellschaft hinterlassen hatte, und zwar als Folge einer Taktik, resultierend aus den modernen Waffen, was natürlich nicht heißt, dass alles an diesen Waffen hing.

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Wenn wir annehmen, dass sich das Thema von den alleinigen Auswirkungen auf das Militärische lösen darf, dann lassen sich vielfältige Bezüge zu „Heutzutage“ feststellen, die mir aber unmöglich alle in diesem Moment einfallen.
Dein Denkansatz ist interessant und erscheint mir richtig. In dem Fall müssten wir die Diskussion allerdings vom Ersten Weltkrieg lösen und an einem Punkt lange vorher ansetzen. Die entscheidenden gesellschaftlichen Entwicklungen hatten sich gut hundert Jahre früher abgespielt. Letztlich waren es diese gesellschaftlichen Entwicklungen, die dazu führten, dass der Erste Weltkrieg der erste "Massenkrieg" der Geschichte wurde (Ansätze wie Kriege französicher Revolutionsarmeen unberücksichtigt lassend). Dieser gesellschaftliche Wandel machte die Forschritte der Waffentechnik erst "sinnvoll" nutzbar. "Sinnvoll" im Sinne der moralfreien, rein mechanistischen militärischen Logik.

MfG
 
Bdaian hat schon den Hinweis auf die "Trends" zur Befestigung gegeben. Ich würde das weniger in der Richtung interpretieren, dass man den nächsten Krieg als Grabenkrieg erwartete, sondern die Vereidigungsdoktrin baute auf der Wirksamkeit und Effektivität der Befestigungssysteme auf. Man versprach sich wirksamen Schutz, da der Westkrieg die "Unfähigkeit der Angreifer" erwiesen hatte, ohne maximalen Aufwand und Relationen von etwa 1:3 oder mehr in den Durchbruchssektoren zum Erfolg zu kommen.

Die Erfahrungen setzten sich im WK II fort, siehe die Entwicklung der Roten Armee zu den "Durchbruchsschlachten", (Artilleriedivisionen, schwere Panzer-Durchbruchsregimenter, Konzentrationen in den entscheidenden Stellen), die Voraussetzung für großräumige Operationen wurden.

In der Zwischenkriegszeit ging man in der Kombination von Waffen und Befestigung eben vom wirksamen Schutz aus.

@Maelonn: ich kann da unverändert in keiner Weise folgen. Das Festlaufen der großräumigen Operationen (aus der Vorkriegsdoktrin) 1914 kann nicht an den Waffensystemen, insbes. nicht am MG, festgemacht werden. Der Faktor hätte ansonsten eher für die deutsche Seite gesprochen. Gerade das BEF in der Armeelücke zwischen 1. und 2. hatte die schwächste Ausstattung. Wenn Du das anders siehst, müsste man zu Deiner These die Ereignisse, Ort und Zeit kennen.

Aus aktuellen Studien zu der Kampagne 1914 im Westen ist in der Literatur allerdings nichts zu finden (zB Herwig).
 
Zuletzt bearbeitet:
Und die Eingangsfrage?

In dem Fall müssten wir die Diskussion allerdings vom Ersten Weltkrieg lösen und an einem Punkt lange vorher ansetzen. Die entscheidenden gesellschaftlichen Entwicklungen hatten sich gut hundert Jahre früher abgespielt. [...]
Nun, es gibt wohl immer eine Vorgeschichte.
Rücksicht gilt ja auch der Motivation des Fragestellers, aber das wohl nicht nur, weil er sich eben dieses Thema ausgesucht hatte, sondern weil der I.WK ja tatsächlich als ein einschneidendes Ereignis betrachtet werden muss, welches letztendlich zeigen sollte, dass die sich zuvor etablierten Wertvorstellungen hinsichtlich Krieg, Militarismus und Soldatentum aber auch Untertanengeist und Nationalismus ein enormes Gefahrenpotential beinhalteten.

[...] Letztlich waren es diese gesellschaftlichen Entwicklungen, die dazu führten, dass der Erste Weltkrieg der erste "Massenkrieg" der Geschichte wurde (Ansätze wie Kriege französicher Revolutionsarmeen unberücksichtigt lassend). Dieser gesellschaftliche Wandel machte die Forschritte der Waffentechnik erst "sinnvoll" nutzbar. "Sinnvoll" im Sinne der moralfreien, rein mechanistischen militärischen Logik.
Aber gab es eben diese
moralfreie, rein mechanistische militärische Logik nicht auch schon vor dem hier oft besprochenen Maschinengewehr? (Was doch zeigen kann, dass man den Weltkrieg wirklich als Initial betrachten kann, das sich auf “Heutzutage“ auswirkte.)

Verstehe noch nicht auf was es sonst am sinnvollsten hinauslaufen könnte?
 
Nun, es gibt wohl immer eine Vorgeschichte. Rücksicht gilt ja auch der Motivation des Fragestellers, aber das wohl nicht nur, weil er sich eben dieses Thema ausgesucht hatte, sondern weil der I.WK ja tatsächlich als ein einschneidendes Ereignis betrachtet werden muss, welches letztendlich zeigen sollte, dass die sich zuvor etablierten Wertvorstellungen hinsichtlich Krieg, Militarismus und Soldatentum aber auch Untertanengeist und Nationalismus ein enormes Gefahrenpotential beinhalteten.

Vielleicht habe ich Dich missverstanden. Mir schien, dass Du auf den Wandel hin zum "Massenkrieg" hinauswolltest, der kriegerische Auseinandersetzungen ungleich blutiger gemacht hat als sie bis dahin üblicherweise waren. Darauf bezog sich meine Anmerkung, dass wir dann früher ansetzen müssen, denn der Erste Weltkrieg war bereits ein Massenkrieg. Er hat diesen Wandel nicht bewirkt, sondern spiegelt ihn wieder.

Korrektur: Im Gegensatz zu meiner weiter oben aufgestellten Behauptung war der Erste Weltkrieg NICHT der erste Massenkrieg der Geschichte. Auch der amerikanische Bürgerkrieg war schon so, z.B. der deutsch-französische Krieg 1870/71 hatte Züge davon und französische Revolutionsarmeen haben "Trends" in dieser Richtung gesetzt.

Aber gab es eben diese
moralfreie, rein mechanistische militärische Logik nicht auch schon vor dem hier oft besprochenen Maschinengewehr? (Was doch zeigen kann, dass man den Weltkrieg wirklich als Initial betrachten kann, das sich auf “Heutzutage“ auswirkte.)

Verstehe noch nicht auf was es sonst am sinnvollsten hinauslaufen könnte?
Natürlich gab es die "militärische Logik" schon vorher. Sie ist nur nie "kontextfrei". Das heißt, dass schon lange vor dem Ersten Weltkrieg die vorhandenen Waffen und technischen Mittel ermöglicht hätten, eine völlig neue Doktrin der Kriegführung (mit dem Ergebnis: Massenkrieg) zu entwickeln, dass es aber einfach niemanden gab, der die Waffen benutzt hätte, wenn man sie ihm in die Hand gedrückt hätte.

Zur Erkläuterung in aller Kürze: Beginnend mit dem frühen Mittelalter stellte sich eine "Spaltung" der Gesellschaft ein. Oben wenige Herrschende, unten die Masse der Beherrschten - die so beherrscht war, dass sie fast als Besitz galt. Stichwort: Leibeigenschaft. In diesem Zeitraum war Waffenbesitz der breiten Masse untersagt, Krieg war ein "Zeitvertreib" oder gar ein "Vorrecht" des Adels. Nur der Adel hat daran romantische Vorstellungen von "ritterlichem Zweikampf" geknüpft. Zwischen Herrschenden und Beherrschten gab es praktisch keine Loyalität, die nicht durch äußere Kontrolle geschaffen worden wäre. Krieg war ein Ereignis, bei dem die breite Masse zumeist Opfer, aber nie willentlich Akteur war. Sonderfälle wie die schweizerischen Eidgenossen, die nie vom Feudalismus berührt worden sind, oder die marodierenden Landsknechtshaufen des 30-jährigen Kriegs, die aus Entwurzelung oder Gewinnsucht marodiert haben, lasse ich mal außen vor. Diese Situation blieb bis in die frühe Neuzeit hinein erhalten. Der preußische Füsilier, der in der Schützenlinie ganz vorn gestanden hat, der stand da nicht freiwillig um die höchste Weihe der Männlichkeit zu empfangen. Der stand da, weil er gezwungen wurde und weil seine Kameraden im zweiten Treffen ihre Waffen bereithielten, um ihn abzuknallen, wenn er seinen Posten räumen wollte. Die Lineartaktik war auch deshalb erforderlich, weil man die Soldaten am massenhaften Desertieren hindern musste. Das war weit, weit entfernt von dem nationalistischen Taumel der deutschen Soldaten, die 1914 Richtung Flandern marschiert sind.

Das alles wussten auch die Militärs. Die haben deshalb gar nicht versucht, eine Militärverfassung zu schaffen, die eine "tätige Mithilfe" der breiten Masse erfordert hätte. Sie wussten, dass sie diese Mithilfe nur mit Gewalt kriegen konnten. Und sie wollten sie auch gar nicht haben, denn Krieg war ja doch der ritterliche Zweikampf, in dem sich edle Männer beweisen konnten... blablabla. EDLE Männer! Nicht etwa PÖBEL!

Das änderte sich erst, als in Frankreich der PÖBEL die Macht ergriffen und die EDLEN RITTER enthauptet hat. Von da an hatte der Pöbel eine ganz persönliche Motivation, Krieg zu führen. Für die eigene Nation nämlich. Bis dahin war den Leuten "Nation" drissegal. Die haben sich nicht dafür interessiert, ob sie von Napoleon oder Friedrich regiert wurden. Hauptsache sie lebten. Als der französische Pöbel die Nation als SEINE Nation begriffen hatte, änderte sich das. Auch für die adeligen Offiziere. In den Gefechten waren plötzlich diese Offiziere - die bis dahin für ihre adeligen Feinde mehr Loyalität empfunden hatten als für das Kanonenfutter in ihrer eigenen Schützenlinie - das Hauptziel eigens abgestellter und mit treffgenauen Waffen ausgerüsteter Tirailleure.

Dieser "nationale Gedanke" schwappte insbesondere nach Deutschland über und zeitigte hoffnungsfroh stimmende Folgen wie den bürgerlichen Aufbruch und das Hambacher Fest. Letzlich endete er dann in dem Fanatismus, der die Soldaten bei Verdun zu Maulwürfen machte. Voraussetzung für diese Massenerhebung war also nicht das Maschinengewehr, sondern das Gefühl der Loyalität gegenüber der "eigenen Nation". Bis dahin war Krieg ein Geschäft, das Armeen betrieben haben. Erst danach wurde er zu einem "Spiel", das ganze Völker erfasste.

Deshalb ist der Erste Weltkrieg für die von Dir angesprochene Entwicklung zum "totalen" Krieg nicht ursächlich. Er ist vielmehr eine Folge. Deshalb passt das auch nicht in diese Diskussion, denn der TO fragte ja - warum auch immer - nach den FOLGEN des Weltkriegs.

Nochmal: Deinen Gedanken finde ich unbedingt diskutierenswert. Aber man muss dann früher ansetzen.

MfG
 
@Maelonn: ich kann da unverändert in keiner Weise folgen. Das Festlaufen der großräumigen Operationen (aus der Vorkriegsdoktrin) 1914 kann nicht an den Waffensystemen, insbes. nicht am MG, festgemacht werden. Der Faktor hätte ansonsten eher für die deutsche Seite gesprochen. Gerade das BEF in der Armeelücke zwischen 1. und 2. hatte die schwächste Ausstattung. Wenn Du das anders siehst, müsste man zu Deiner These die Ereignisse, Ort und Zeit kennen.

Aus aktuellen Studien zu der Kampagne 1914 im Westen ist in der Literatur allerdings nichts zu finden (zB Herwig).
Dann muss ich passen. Mir liegen leider die Berichte nicht vor, die den Generalstäben der (im wesentlichen) vier beteiligten Parteien zu den einzelnen Gefechten bekannt gewesen sein dürften.

Aus meiner Sicht konzentriert sich die Debatte auch zu sehr auf die Frage nach dem "MG-Myth". Wie ich auszuführen versucht habe, kann das MG nur dann eine so verheerende Wirkung entwickeln, wenn irgendein Gegner blöd genug ist, mit dem Kopf unbedingt durch die härteste Stelle der Wand brechen zu wollen und sich in Tausender-Linien vor die Mündungen jener MGs zu stellen. Hier lag das eigentliche Problem, das ich mit dem Stichwort "Paradigmenkrise" angesprochen habe. Wenn Du es anders siehst, dann erkläre mir (meinetwegen auch ohne Verweis auf Studien zu einzelnen Kampagnen), warum die Kriegsparteien bei Verdun in ihren Gräben geblieben sind. Diese Gräben anzulegen, hat Wochen und Monate gedauert. Aus den Gräben rauszuklettern, sich 20 Kilometer von der Front wegzubebewgen, dann hundert Kilometer nach Norden zu ziehen und schließlich schnell in Richtung Feind zu schwenken, hätte nur ein paar Tage gedauert. Dem Feind wäre gar nicht genug Zeit geblieben, dieser Bewegung wieder ein Grabensystem in den Weg zu legen. Das ist meine zentrale Aussage: Weder die französische noch die deutsche Armee war gezwungen, sich auf den Stellungskrieg einzulassen. Beide hatten Alternativen. Sie waren nur zu sehr in ihren einstudierten Taktiken gefangen, um diese Alternativen sehen zu können. Und diese einstudierten Taktiken haben sie genötigt, wie die Lemminge und unter Hurrah-Geschrei ins MG-Feuer zu marschieren.

Jetzt mache ich noch was Böses: Wenn ich mich recht erinnere, dann sind wir uns weitgehend einig, dass nach Beginn des Grabenkriegs das MG die gefechtsfeldbeherrschende Waffe war. Dass also das MG die Parteien gezwungen hat, in ihren Gräben zu verbleiben. Das Argument, dass das MG bedeutungslos war für die Entscheidung, sich einzugraben, wird damit zu einem Widerspruch in sich. Eine bereits eingegrabene Einheit ist nämlich gegen Feindfeuer naturgemäß besser geschützt als eine über freies Feld marschierende Einheit. Dieser Widerspruch ließe sich nur auflösen, wenn nachweisbar wäre, dass die Truppen erst nach dem Eingraben massiv mit MGs ausgerüstet worden sind. Dafür finde ich aber nirgendwo irgendwelche Belege.

Nebenbei: Das MG ist keine deutsche Erfindung. Es kam - in großem Stil - zuerst in Kolonialkriegen zum Einsatz, also bei Briten und Franzosen. Um die Jahrhundertwende herum sind alle Armeen damit ausgerüstet worden. Es waren auch die Franzosen, die als erste eine Waffe dieser Art in Dienst gestellt haben, die von einem einzelnen Soldaten getragen und bedient werden konnte - auch wenn dieses Modell für seine Unzuverlässigkeit berüchtigt war.

Deshalb bleibe ich dabei: Der Grund dafür, dass es im Ersten Weltkrieg zur Verbeißung in den Grabensystemen kam, liegt darin, dass die Überzeugung der Generäle, unbedingt eine geschlossene Front halten zu müssen, der technisch bedingten Feuerkraft der Infanterie einfach nicht mehr angemessen war. Hauptgrund dafür war das MG. Ein einzelner Schütze konnte selbst mit einem modernen Repetiergewehr, wie es bis zum Zweiten Weltkrieg in Gebrauch blieb, nur etwa fünf Schüsse pro Minute abgeben. Ein einziges MG brachte es schon 40 Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf Kadenzen von 400 Schuss pro Minute!

Daran hat sich übrigens bis heute kaum was geändert. Ein Feldposten, der nur von Infanterieeinheiten angegriffen wird, ist praktisch unbesiegbar.

MfG

P.S.: Zu dem ganzen Thema gibt es ein interessantes Buch von John Ellis, das ich leider nur auszugsweise kenne. Der Mann hat sich mit der "kulturgeschichtlichen Bedeutung" des Maschinengewehrs befasst.
 
@ Maelonn:

Es gibt ein ausführliches Buch von Dieter Storz, " Kriegsbild und Rüstung" vor 1914 was sich unter anderem mit der Ausstattung und taktischen Anwendung von MGs in den verschiedenen Armeen befasst. Wie schon weiter oben erwähnt, hatten sowohl Franzosen wie Briten eine relativ geringe Dotierung und diese Maschinen wurden anfangs nicht an vordersten Front geführt.

Gerade über die Kämpfe zwischen den deutschen Vormaschspitzen und den BEF bei Mons gibt es ausgiebige Berichte, und der deutsche Vormarsch wurde fast überwiegend durch massiertes Gewehrfeuer empfangen. Die deutsche Reaktion bestand, nach erfolglosen Sturmangriffen, aus massiertem Artilleriefeuer von den 76 mm Feldkanonen C96. Der Durchbruch fand dann am Ende statt und die Briten wurden zurückgeworfen, die deutschen Truppen waren aber zu erschöpft um nachzustoßen.

Schlacht bei Mons ? Wikipedia

Aus deutschen Berichten zu Beginn des Westfeldzuges, z.B. von Mitgliedern der Garde (hier sind interessante Zeitzeugenberichte zu lesen: Geschichte des Ersten Garderegiment zu Fuß 1914 - 1918 ) geht auch ein ähnliches Bild hervor. MGs werden praktisch nicht erwähnt. Schon aber Gewehrfeuer und die Französischen Schnellfeuergeschütze im Kaliber 75mm.

Was die möglich Umgehung des Feindes betrifft, muss man noch mehrere Sachen bedenken:

-Der Verfügbare Raum im Verhältnis zu den gewaltigen Heeren war relativ gering. Es gab, im Gegensatz zur Ostfront, keine großen Leerräume in die man stossen konnte, noch dazu unter Berücksichtigung verschiedener Festungsanlagen und Garnisonen die sich im betreffenden Bereich befanden.

-Die Beweglichkeit der Truppe, mehrheitlich zu Fuß, war gering.

-Die Logistik für solche Menschenmassen war kompliziert und fern der eigenen Eisenbahn kaum noch zu bewerkstelligen. Der enorme Munitionsverbrauch führte auch ohne Trennung von den eigenen Versorgungssträngen zu Problemen.

Dazu kommt,und da hast Du recht, der Glaube des Militärs, dass man die Front geschlossen zu halten hat. In Ostpreussen, Bei Tannenberg, wo es jedoch weniger Risiko gab, vom Gegner flankiert zu werden, hat das deutsch Militär Manövriert und den vorhanden Raum genutzt. In Frankreich herrschte dagegen die berechtigte Furcht, selbst vom Gegner umfasst zu werden.

Nebenbei: Das MG ist keine deutsche Erfindung. Es kam - in großem Stil - zuerst in Kolonialkriegen zum Einsatz, also bei Briten und Franzosen. Um die Jahrhundertwende herum sind alle Armeen damit ausgerüstet worden. Es waren auch die Franzosen, die als erste eine Waffe dieser Art in Dienst gestellt haben, die von einem einzelnen Soldaten getragen und bedient werden konnte - auch wenn dieses Modell für seine Unzuverlässigkeit berüchtigt war.
Das von dir erwähnte leichte MG ist vermutlich das Chauchat, das wurde aber erst 1915 eingeführt. (Chauchat ? Wikipedia) Vorher gab es schon das dänische Madsen, was auch bei den deutschen im Einsatz war. Es gab aber nur sehr wenige davon.

Was die schweren MGs betrifft, hatten, laut Storz, die Armeen in Europa mal gerade zwei Maschinen pro Bataillon. Die große Diskussion damals war, ob die Maschinen unter der Infanterie verteilt zu verwenden seien, oder in artilleristischer Manier in Batterien organisiert. Man hatte Vorbehalte wegen der mangenden technischen Zuverlässigkeit und der Gefahr, MGs mit Ladehemmung in vorderster Front zu verlieren.

Die von dir erwähnten, in den Kolonialkriegen verwendeten Modelle waren übrigens sehr schwer und noch auf Radlaffetten montiert (Gatling, Nordenfeldt) und wurden praktisch wie Artillerie benutzt. Die Briten führten ihre erste Vickers erst 1908 ein, also genau wie das deutsche Maxim 08, dass im Krieg verwendete Modell erst 1912. Das französische St. Etienne wurde 1907 eingeführt, ein Vorgänger war das (miserable) Puteaux 1905, das jedoch so schwer und so unzuverlässig war, dass man es bald auf den Festungsgebrauch beschränkte, das Hotchkiss kam dann 1909 bzw. 1914 das definitive Modell.

Diese Gräben anzulegen, hat Wochen und Monate gedauert. Aus den Gräben rauszuklettern, sich 20 Kilometer von der Front wegzubebewgen, dann hundert Kilometer nach Norden zu ziehen und schließlich schnell in Richtung Feind zu schwenken, hätte nur ein paar Tage gedauert. Dem Feind wäre gar nicht genug Zeit geblieben, dieser Bewegung wieder ein Grabensystem in den Weg zu legen.
Du unterschätzt da in welcher Geschwindigkeit sich die damalige Infanterie eingegraben hat. Ein kompliziertes Netz anzulegen dauert vielleicht etwas länger, ein zusammenhängender Graben entstand jedoch in wenigen Stunden. Laut britischen Dienstangaben hatte eine Kompanie in 6 Stunden 250 meter Schützengraben auszuheben. Einen einfachen Deckungsgraben hat man auch schneller hingekriegt
 
Zuletzt bearbeitet:
Jetzt mache ich noch was Böses: Wenn ich mich recht erinnere, dann sind wir uns weitgehend einig, dass nach Beginn des Grabenkriegs das MG die gefechtsfeldbeherrschende Waffe war. Dass also das MG die Parteien gezwungen hat, in ihren Gräben zu verbleiben. Das Argument, dass das MG bedeutungslos war für die Entscheidung, sich einzugraben, wird damit zu einem Widerspruch in sich. Eine bereits eingegrabene Einheit ist nämlich gegen Feindfeuer naturgemäß besser geschützt als eine über freies Feld marschierende Einheit. Dieser Widerspruch ließe sich nur auflösen, wenn nachweisbar wäre, dass die Truppen erst nach dem Eingraben massiv mit MGs ausgerüstet worden sind. Dafür finde ich aber nirgendwo irgendwelche Belege.
Die Briten erhöhten im Februar 1915 die Anzahl der MGs von 2 auf 4 je Bataillon (also eine Verdoppelung) um dann im Oktober 1915 eine komplette Umstrukturierung und massive Erhöhung durchzuführen. Zu dem Zeitpunkt wurde das Vickers auch durch das leichte Lewis-MG ergänzt.

The Machine Gun Corps of 1914-1918

The Vickers Machine Gun

Membership

Von dem französischen Hotchkiss wurden 1914 gerade mal 100 Stück gebaut, 1915 dagegen 2300 Exemplare und 1916 dann schon 9300 Stück.

http://www.mitrailleuse.fr/France/Hotchkiss/Hotchkiss.htm

Bei den Franzosen betrug die Ausstattung zu Kriegsbeginn ebenfalls 2 Maschinen je Kompanie bzw. 6 je Regiment. Bis 1917 stieg diese Anzahl auf 36 Maschinen je Regiment jedoch nicht mehr verstreut eingesetzt sondern in eigene MG-Kompanien organisiert. dazu kamen noch die leichten MGs.

http://www.mitrailleuse.fr/France/Section/section.htm
 
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Feldküche

Eine Waffe die eigentlich gar keine ist: Die Gulaschkanone.

In den Heeren zwischen 1905 und 1910 in der Breite eingeführt, hat es die Beweglichkeit und den Gesundheitszustand der Truppe ganz erheblich verbessert.

Noch 1870/71 wurde "abgekocht" der einzelne Soldat suchte sich Brennmaterial, Wasser usw. Das Brennmaterial wird meist feucht gewesen sein, dass Wasser meist verdreckt. Was da aus einer kampfstarken Truppe in kurzer Zeit wurde, kann sich selbst der Laie vorstellen.

Aber auch taktisch:
Eine Truppe die beim "Abkochen" vom Gegner überrascht wurde, war in der Regel verloren.
 
Die Dritte Dimension

Vergesst nicht die Flugzeuge! Mit der Luftauchklärung mittels Ballons und Flugzeugen konnte erstmaligst die Wirkung der Artillerie auf diesem Wege verbessert werden.
Auch war die Luftauchklärung wichtig im Vorfeld eines Angriffes. Ohne Flugzeuge hätten die Entente-Truppen 1914 die Lücke im deutschen Aufmarsch womöglich nie entdeckt.
Auch die Schlacht bei Tannenberg wäre ohne Entdeckung der russischen Kolonnen durch ein Flugzeug womöglich anders verlaufen.

Neu war auch die Bombardierung aus der Luft mittels Zeppelinen und Flugzeugen. Nicht nur auf militärische Ziele wohlgemerkt.

Dies ist der Punkt, der die Anfrage eigentlich am besten trifft.
Das immense Innovationstempo der Luftfahrt ist ohne den 1. Weltkrieg nicht vorstellbar.

Zur Verdeutlichung:
Im Herbst 1909 gewann Hans Grade den "Lanz Preis der Lüfte", die Ausschreibung:
Die grundlegende Aufgabenstellung forderte hierbei von den Wettbewerbsteilnehmern die Absolvierung eines vorgeschriebenen Parcours: In einer Achterbewegung galt es, zwei 1.000 Meter voneinander entfernte Markierungspunkte fliegend zu umrunden und schließlich zur Startlinie zurückzukehren.
legt klar, dass damit erstmals ein Deutscher "geflogen" war. an einem vorbestimmten Platz gestartet, und nach umfliegen vorbestimmter Punkte am Startplatz wieder gelandet.

1918, nur 9 Jahre später, lieferten sich große Flugzeugschwärme Luftschlachten. Ein erfolgversprechender Angriff ohne Luftherrschaft nicht mehr möglich.
 
Noch eine Ergänzung:

Im Juli 1909 überflog Bleriot als erster den Ärmelkanal
aus Wiki:
Louis Charles Joseph Blériot (* 1. Juli 1872 in Cambrai; † 2. August 1936 in Paris) war ein französischer Luftfahrtpionier. Mit dem Flugzeug Blériot XI überquerte er am 25. Juli 1909 als erster Mensch in einem Flugzeug den Ärmelkanal. Sein Flug von Calais nach Dover dauerte 37 Minuten bei einer durchschnittlichen Flughöhe von 100 Metern.

1919 überflog eine Vickers Vimy nonstop den Atlantik und 1920 von London nach Australien
aus Wiki
Mit der Vimy erfolgten viele erste Fernflüge und Rekorde, inklusive des ersten Non-Stop-Atlantik-Überflugs. John Alcock und Arthur Whitten Brown flogen am 14. Juni 1919 von Neufundland ab und landeten am 15. Juni 1919 mit der Nase voran in einem Moor in Irland. Ihr Flugzeug steht heute im London Science Museum.
Ross Smith und Keith Smith flogen 1919 in mehreren Etappen als Erste von London nach Australien. Am 4. Februar 1920 flogen Pierre van Ryneveld und Quintin Brand von London nach Südafrika. Steve Fossett flog mit einer nachgebauten Vimy im Jahr 2005 über den Atlantik.

Man beachte das Innovationstempo.
Da kommt auch die heutige Mikroelektronik nicht mit.
 
Die zweite Dimension

Die Entwicklung im Marinewesen war enorm.

Wir haben in diesem Gebiet auf allen technischen Ebenen große Entwicklungsschritte.

Metallherstellung
Metallverarbeitung
Pneumatik
Hydraulik
Elektrotechnik
Optik

usw.

Und diese hochgerüsteten Flotten der Großmächte waren nicht nur Kriegsmaterial, sondern auch politisch nachhaltig wirkend.

Hinzukommt das U-Boot, daß letzlich auch wie das Flugzeug nicht nur gegen das Militär eingesetzt wurde, sondern mehr als Handelszerstörer zunehmen zivile Ziele traf.

Das lag letztlich aber auch daran, daß mit dem 1. WK der Volkskrieg entscheiden war. Nicht mehr das Niederringen der kämpfenden Armeen zum Sieg war ausschlaggebend für Sieg oder Niederlage, sondern das Niederringen der ganzen Nation war das Ziel zum Sieg.
 
Hallo,
ich suche Material fuer meinen Geschichtsvortrag ueber die Millitaerische Entwicklung im 1. Weltkrieg. Ich muss den Einfluss der neu- erfundenen Waffen auf Heutzutage darstellen, brauchte etwas Hife dazu..
Vielen Dank

Die Entwicklung im Marinewesen war enorm.

Wir haben in diesem Gebiet auf allen technischen Ebenen große Entwicklungsschritte.

Metallherstellung
Metallverarbeitung
Pneumatik
Hydraulik
Elektrotechnik
Optik

usw.

Und diese hochgerüsteten Flotten der Großmächte waren nicht nur Kriegsmaterial, sondern auch politisch nachhaltig wirkend.

Hinzukommt das U-Boot, daß letzlich auch wie das Flugzeug nicht nur gegen das Militär eingesetzt wurde, sondern mehr als Handelszerstörer zunehmen zivile Ziele traf.

Das lag letztlich aber auch daran, daß mit dem 1. WK der Volkskrieg entscheiden war. Nicht mehr das Niederringen der kämpfenden Armeen zum Sieg war ausschlaggebend für Sieg oder Niederlage, sondern das Niederringen der ganzen Nation war das Ziel zum Sieg.


Da hast Du sicher Recht.
Wenn ich da nur an die Autogen-Schweißtechnik denke, für deren Einführung Fokker eine große Bedeutung zuzumessen ist.

Die Normung zB "DiN" bekam einen ganz gewaltigen Schwung.
Durch die die Massenproduktion wie wir sie heute kennen, erst möglich wurde.
Und nur durch die Massenproduktion ist der heutige allgemeine Wohlstand denkbar und erreichbar.

Sachen, die für das "Heute" eigentlich wesentlich bedeutsamer sind, als die neuen Schießverfahren der Artillerie, eingeführt 14-18.
 
Da hast Du sicher Recht.
Wenn ich da nur an die Autogen-Schweißtechnik denke, für deren Einführung Fokker eine große Bedeutung zuzumessen ist.

Fokker oder Junkers? Junkers hatte doch die Ganzmetallbauweise eingeführt.

Die Normung zB "DiN" bekam einen ganz gewaltigen Schwung.
Durch die die Massenproduktion wie wir sie heute kennen, erst möglich wurde.
Stimmt. Maßgebend war dabei das Beschaffungsamt, das zu Kriegsbeginn vor der Situation stand, dass jeder Hersteller z.B. seine eigenen Gewinde verwendete. Die Briten waren mit der Vereinheitlichung ihrer Produkte schon wesentlich weiter, trotz ihres verqueren Maßsystems.

In Frankreich wurde André Citroen vom Militärdinest entlassen um die Munitionsproduktion zu organisieren und rationalisieren, was er anscheinend brilliant gelöst hat...und dabei auch nicht leer ausging.
Die Umstellung auf Kriegsproduktion hat sehr viel zur Entwicklung der industriellen Massenproduktion beigetragen.
 
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