Sie schreiben ja, um welchen Moralbegriff es ihnen geht. Dabei ist der Begriff "Moral" eher irreführend.
"And, according to the theory of morality- as- cooperation, it is precisely these multiple solutions to problems of cooperation – this collection of instincts, intuitions, inventions and institutions – that constitute human morality (Curry 2005, 2016)."
Die genannten Regeln gehen mit den herkömmlichen Moralregeln aber doch weitgehend konform.
Zudem betonen die Autoren, dass Tapferkeit, worauf ich oben hingewiesen habe, eine
Tugend (virtue) ist, siehe:
Seite 49:
(the “heroic virtues” of bravery, fortitude, skill, and wit)
So auch der Autor einer anderen älteren Studie zum gleichen Thema (Morality as Cooperation: A Problem-Centred Approach, S. 35) aus dem Jahr 2016, welche das gleiche Regelschema wie die von Silesia verlinkte Studie bietet, mit dem Unterschied, dass Mut und Unterordnung in eine gemeinsame Kategorie fallen, die in sich gespalten ist (hawk vs. dove).
https://www.the-brights.net/morality/statement_1_studies/DOI/10.1007_978-3-319-19671-8_2.pdf
Morality as cooperation predicts that resolving conflicts by means of contests will give rise to two apparently opposing sets of moral values, reflecting the two branches of the ‘display–defer’ strategy—the virtues of the hawk and the virtues of the dove.
Für mich bleibt die Mut-Kategorie im Rahmen
der morality-as-cooperation-Theorie dennoch problematisch. Mut kann sich sehr wohl auch in Taten zeigen, die nicht "kooperativ" sind, zum Beispiel beim Tyrannenmord, wenn ein Einzelner zwar im Interesse der Gesellschaft handelt, aber eben nicht kooperativ. Mut kann sich aber auch in Taten zeigen - und das ist ein noch gravierenderes Logikproblem -, die
gegen die Interessen der Gesellschaft gerichtet sind, wenn z.B. die Leibwächter eines Tyrannen ihr Leben riskieren, um einen Tyrannenmörder abzuwehren.
Mut kann sich zudem in Taten erweisen, die eine Gesellschaft aus einem guten in einen schlechten Zustand überführen, z.B. wenn eine demokratische Regierung gewaltsam gestürzt wird, um eine Diktatur einzuführen. Die Putschisten setzten dabei ihr Leben aufs Spiel, handeln aber nach Kriterien, die wir sicher nicht ´gut´ nennen würden, weil es ihnen um die Etablierung eines Systems geht, in dem die Regeln der
morality-as-cooperation gewiss nicht vollumfänglich zur Geltung kommen.
Mehr noch, Mut kann als moralischer Wert in Gesellschaften gelten, die herzlich wenig
morality-as-cooperation aufweisen, wie z.B. die mittelalterlichen feudalen Gesellschaften, in denen ritterliche Tapferkeit gepriesen wurde, wobei doch leicht vergessen wird, wie unmenschlich die meisten Ritter das niedere Volk behandelten, auch in Schlachten, wenn wehrlose Gegner, die am Boden lagen, von ihnen grausam in Stücke gehackt wurden.
Mut steht also nicht zwingend in Beziehung mit Moral, auch nicht mit der
morality-as-cooperation. Er kann auch dazu beitragen, dass Gesellschaften entstehen und bestehen bleiben, die mit der
morality-as-cooperation nicht vereinbar sind.
Von daher bin ich mir nicht sicher, ob diese Kategorie zum Regelset der
morality-as-cooperation mit der gleichen Unbedingtheit wie die anderen Regeln gehören sollte. Sie impliziert einfach zu viele Ungereimtheiten.