AEIOU - Kaiser Friedrich III.

Was haltet ihr davon?
Es ist schon erstaunlich, dass die Bedeutung des A.E.I.O.V. nicht überliefert ist. Ich bin im Stoff nicht drin, aber jede Deutung, die ernst genommen werden soll, müsste dennoch irgendwie aus den Quellen hergeleitet werden. Ansonsten bleibt das alles Spekulation. Wenn Langmeier "nun" (ist ja auch schon wieder ein paar Jahre her) eine neue Deutung vorlegt und mit dieser ältere Deutungen zurückweist, dann sollte er dafür quellengestützte Argumente haben. Hat er die, @Müller25?
 
A·E·I·O·U· -> ein Wahlspruch/Symbol der Habsburger.

Der Habsburger Friedrich III. (ab 1452 – zu seinem Tod 1493 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation) wählte die Buchstaben zu seinem Besitzzeichen. Zahlreiche Bauten sind damit versehen.

Erinnert mich an das italienische S·P·Q·R· -> ein Symbol römischer Identität.

M.W. geht S·P·Q·R· auf die Anfänge der Römischen Republik zurück, die um 509 v. Chr. nach dem Sturz der römischen Monarchie (Vertreibung des letzten Königs, Lucius Tarquinius Superbus) gegründet wurde.
 
Nur dass der Wahlspruch hier ein Markenzeichen ist, unter dem der eine Butter und der andere Margarine versteht.

Wäre die Frage nach dem Sinn dieses Sinnspruchs nicht etwas das wir im Kalkriese-Faden vermissen?
 
Ich persönlich bin eher vorsichtig, denn inzwischen habe ich sehr oft festgestellt, dass die plötzlich neuen Entdeckungen schon hundert Jahre zuvor einmal entdeckt wurden und Ähnliches. Gesichert ist nur, dass mit A.E.I.O.U bzw. A.E.I.O.V alles markiert hat, was ihm einmal in die Pfoten gekommen ist, und das wissen wir deswegen, weil es von Friedrich selbst eine schriftliche Information dazu gibt. Die ist aber noch aus der Zeit, als er noch nicht "römischer König" war.
 
Ich persönlich bin eher vorsichtig, denn inzwischen habe ich sehr oft festgestellt, dass die plötzlich neuen Entdeckungen schon hundert Jahre zuvor einmal entdeckt wurden und Ähnliches.
Langmeier greift wohl eine Deutung von A.E.I.O.V. auf, die schon im 16. Jhdt. mal umgegangen ist (wenn ich das beim kursorischen Lesen richtig verstanden habe), also er nimmt gar nicht für sich in Anspruch, etwas ganz neues vorzulegen. Aber es ist eben eine Deutung, die einige Jahrzehnte nach Friedrichs Tod propagiert wurde, und eben nichts wirklich zeitgenössisches. Die Frage ist halt, wie belastbar das am Ende ist.
 
Friedrich hat sogar eine ganze Reihe von Übersetzungsvorschlägen aufgelistet, aber er hat sich nicht auf eine verbindliche Übersetzung schriftlich festgelegt.
Das ist interessant. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das eine bloße Kinderei war. Zugegeben: was ich mir vorstellen kann oder auch nicht ist irrelevant.
 
Das ist interessant. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das eine bloße Kinderei war. Zugegeben: was ich mir vorstellen kann oder auch nicht ist irrelevant.

Die ursprüngliche Idee wird sich wohl nicht mehr feststellen lassen. Aber es sieht so aus, als ob Friedrich an der Mehrdeutigkeit Gefallen gefunden hat:

"Weder ist damit die ursprüngliche Intention des AEIOU enthüllt, das seit 1437 von dem Habsburger gebraucht wurde, noch ist damit bewiesen, dass die En amor-Verse – eine Auflösung, die mit der Königswahl Friedrichs (1440) in Verbindung zu bringen ist – die einzig ‘authentische’ Auslegung darstellen. Dass sich Friedrich die En, amor-Verse zu eigen machte, ist durch das Notizbuch hinreichend bezeugt. Es war aber keineswegs die einzige Auflösung, an der dieser Herrscher Gefallen fand."

 
Die Bedeutung des AEIOV ist überliefert. Es wurden nur weitere Bedeutungen hinzuerfunden - so Langmaier. Er vertritt die Ansicht, dass es sich um einen Wappenzusatz handelte, der französischen Vorbildern nachempfunden wurde.

Dasselbe Phänomen begegnet uns bei modernen Akronymen. FIAT lässt sich aus dem Lateinischen ableiten ("es geschehe"), es kann mit "Fehler In Allen Teilen") verspottet werden oder korrekt mit Fabbrica Italiana Automobili Torino aufgelöst werden. Das Erasmus-Programm leitet sich nicht von Erasmus von Rotterdam ab, sondern von EuRopean Community Action Scheme for the Mobility of University Students. In einer Epoche, in der es kein Netz gab und Enzyklopädien sich mit so etwas nicht beschäftigten, konnten Nichteingeweihte kaum die richtige Bedeutung herausfiltern.

Die Beobachtung, dass der Herold Friedrichs III., der ja immerhin "Österreich" hieß, den Spruch Austriae est imperare omni universo nicht auf der ersten Seite seines Wappenbuches notierte, sondern amor elecits iniustis ordinor ultor, ist interessant. Vorausgesetzt natürlich, dass es sich beim AEIOV wirklich um ein heraldisches Prachtstück handelt. Das ist aber umstritten.
 
@Sepiola Hab mir mal die Besprechung angesehen. Überzeugt mich nicht gar so sehr. Die Aussage in dem neuen Aufsatz ist doch, dass der Kaiser andere Varianten erst nachträglich gebilligt habe, eine aber bevorzugt habe? Etwas anderes behauptet der Aufsatz doch nicht.

Postmodernistischer Mischmasch im Mittelalter? Glaube ich nicht. Mir leuchtet nicht ein, weshalb ein Akronym von vornherein variabel sein soll. Ist das AEIOU nun ein heraldisches Symbol oder nicht? Das savoyische FERT und das ADCIP des Ladislaus Posthumus, eines Verwandten des habsburgischen Fritz sind jedenfalls sehr ähnliche Pappenheimer. FERT="Femina Erit Ruina Tua"?
 
@Sepiola Jedes Akronym hat einen Erfinder. Daher hat jedes Akronym zunächst einmal eine ursprüngliche Bedeutung. Gedankenlogisch und rezeptionstheoretisch geht es nicht anders. Es sei denn man geht davon aus, dass der Erfinder dem Zeichen von vornherein mehrere Bedeutungen geben wollte.

Wie jedes sprachliche Symbol sind auch Akronyme arbiträre Zeichen. Wie bei jedem sprachlichen Zeichen kann der Betrachter des Zeichens so ziemlich alles hineindeuten, was er möchte, so dass sich sein Bedeutungsinhalt rasch verändern kann. Bei einem Akronym fällt das besonders leicht, weil dieses sprachliche Zeichen kein Morphem aufweist, kein kleinstes bedeutungsunterscheidendes (Binnen-)Zeichen. Jeder kann es so deuten, wie er möchte. Daher die Illusion, dass das Zeichen variabel ist.

Leider hat Kaiser Friedrich Deutungen gelten lassen, die ihm gefallen haben. Das bedeutet nicht, dass er keine persönliche Vorliebe für eine ganz bestimmte Bedeutung hatte. Nach den Regeln der Heraldik ist ein Leibspruch nur im Ausnahmefall veränderbar. Er soll ja für das ganze Leben gelten.

Akronyme sind verschlüsselte Zeichen, verschlüsselt aber nicht deswegen, weil man den Betrachter vor ein Rätsel stellen will, sondern weil der Bedeutungsinhalt des Zeichens zu kompliziert ist, um eine effektive Wirkung auf den Betrachter zu haben.

Beispiel: Das Label "bayerischemotorenwerke" kann sich im Ausland keine Kuh merken, BMW schon. Mit dem AEIOU ist es nicht anders.
 
Vielleicht sollten wir nicht übersehen, dass Friedrich immerhin mehr als 50 Jahre im Machtkampf mitspielte, dies durchaus mit Erfolg. ich habe den Eindruck, dass oft übersehen wird, dass Friedrich die unterschiedlichsten Lagen dabei erlebte und dabei auch seine politischen Schwerpunkte immer wieder geändert haben.
 
@Sepiola Jedes Akronym hat einen Erfinder. Daher hat jedes Akronym zunächst einmal eine ursprüngliche Bedeutung. Gedankenlogisch und rezeptionstheoretisch geht es nicht anders. Es sei denn man geht davon aus, dass der Erfinder dem Zeichen von vornherein mehrere Bedeutungen geben wollte.

Nur handelt es sich bei AEIOU ursprünglich gar nicht um ein Akronym.
Das sind halt zunächst nur die fünf Vokalbuchstaben unseres Alphabets, da gibt es weder einen "Erfinder" noch einen "ursprünglichen Bedeutungsinhalt".
 
Nur handelt es sich bei AEIOU ursprünglich gar nicht um ein Akronym.
Das sind halt zunächst nur die fünf Vokalbuchstaben unseres Alphabets, da gibt es weder einen "Erfinder" noch einen "ursprünglichen Bedeutungsinhalt".
Ich habe über diese Möglichkeit auch schon nachgedacht, diese aber verworfen, weil ich Friedrich III. (wie gesagt, ich kenne mich mit ihm nicht aus) nicht unterstellen wollte, derart sinnfrei das A.E.I.O.V ausgesucht zu haben.
 
Warum sinnfrei?
Ich verstehe Sepiolas Aussage so, dass AEIOU kein Akronym ist, das als Abkürzung für irgendeinen Spruch geschaffen wurde, sondern dass zur Buchstabenfolge AEIOU ein passender Spruch (oder auch mehrere Sprüche) geschaffen wurde, für den AEIOU dann als Akronym fungieren kann.
 
Dagegen spricht, dass Akronyme ganz normale Bestandteile adeliger Wappen waren. Warum nicht auch das AEIOU, das ununterbrochen in Kombination mit dem kaiserlichen Wappen gezeigt wird?
 
Warum sinnfrei?
Ich verstehe Sepiolas Aussage so, dass AEIOU kein Akronym ist, das als Abkürzung für irgendeinen Spruch geschaffen wurde, sondern dass zur Buchstabenfolge AEIOU ein passender Spruch (oder auch mehrere Sprüche) geschaffen wurde, für den AEIOU dann als Akronym fungieren kann.

Genauso war es gemeint. Die Frage "Wer hat das Kürzel BMW erfunden und für welchen ursprünglichen Zweck" lässt sich nicht auf AEIOU übertragen.

Andererseits lässt sich nachweisen, dass die fünf Vokale auch schon vor Friedrich III. in der Dichtung tatsächlich "sinnfrei" (d. h. als Vokalspiel, ohne jedem Buchstaben eine eigene Bedeutung zuzuweisen) verwendet wurden, etwa bei Walther von der Vogelweide (Verse, die jeweils auf -a, -e, -i- -o, -u reimen) oder bei Reinbot von Durne:

ez spricht der wîse Salomôn
einen jæmerlichen spruch,
der ist geheizen "ach und uch",
dar zuo "wê wî und och",
daz nieman ist ûf erden doch
daz er sî vor tôde frî!
die fümf vocâles sint hie bî,
und ouch mit jâmer, füre brâht
dem wîsen herz daz ist verdâht.​

Roderich Schmidt, aeiov. Das 'Vokalspiel' Friedrichs III. von Österreich. Ursprung und Sinn einer Herrscherdevise, meint sogar, in der Anspielung auf Salomo (Ecclesiasticus) den Ursprung der Devise festmachen zu können (eine These, der ich mich hier nicht anschließen möchte):


Dagegen spricht...
Wogegen bitte?
 
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