Pfister, Economic Growth in Germany, 1500–1850, Journal of Economic History, Vol. 82, No. 4 (December 2022):
At their probable historical maximum in the 1850s and early 1860s, German grain exports amounted to about 3 percent of domestic consumption. Thus, fluctuations in the ratio of agricultural production to food consumption have a negligible impact on the estimate of agricultural output.
So groß waren die Agrarexporte also nicht.
Wir müssen uns über die Größe von Exporten im Einzelnen überhaupt nicht weiter streiten, Tatsache ist, es hat sie gegeben, womit die Behauptung eines überbevölkerten Gebietes, dass seine Einwohner nicht hätte ernähren können, vom Tisch ist.
Allenfalls hätte man es mit Verteilungsproblemen zu tun, aber ganz sicher nicht mit "Überbevölkerung" wie Dion das behauptet.
Im Übrigen, ich darf dich freundlich darauf hinweisen, in dem Zitat ist nicht von "Agrarexporten", sondern von "grain exports", also von "Getreidexporten" die Rede ist.
Zu den Agrarexporten würden dann aber selbstrendend z.B. auch Kartoffeln und andere Produkte zählen.
An der unten stehenden Grafik (ebenfalls Pfister 2022, Economic Growth in Germany, 1500–1850, Journal of Economic History) kann man sehen, dass der Nahrungsmittelkonsum pro Kopf in der ersten Hälte des 19. Jahrhunderts aus säkularer Perspektive ausgesprochen niedrig war, trotz gestiegener Produktivität des Agrarsektors (bis auf den Einbruch um 1848). Das dürfte auch mit der Bevölkerungszunahme zusammenhängen, ein malthusianischer Aspekt spielte da schon eine Rolle. Übrigens ist nach Schätzungen Pfisters das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf damals durchaus etwas gestiegen, also schon vor der Hochindustrialisierung nach 1850.
Das würde ich anders interpretieren.
Die Vergleichsgröße ist ja "agricultural output
per agricultural population"
Also gemessen an in der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung, nicht an der Bevölkerung an und für sich.
Ich würde meinen der sich wenig verändernde Konsum bei steigender Produktivität pro in der Landwirtschaft beschäftigten Person hat weniger etwas mit einem allgemeine Bevölkerungswachstum zu tun, sondern damit, dass sich die Gesamtzahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen durch die Proletarisierung der Kleinbauern und deren Abwanderung in die allmählich wachsenden Städte und Industriestadorte kontinuierlich verringerte.
Das bei stärkerer Arbeitseffizienz bei zeitglich stetiger Abnahme der Anzahl der in einem bestimmten Sektor beschäftigten Personen, die Menge der produzierten Güter sich nur wenig verändert und dementsprechend pro Kopf auch nicht mehr verkonsumiert werden kann, erscheint jedenfalls nicht abwegig.