An alle Epigraphik-Füchse

T.Q.Flamininus

Neues Mitglied
Salvete

Könnt ihr mir vlt. bei der Übersetzung des folgenden Corpus helfen:

[FONT=&quot]CIL II 4220

L(ucio) Grattio C(aii) f(ilius) Gal(eria) Glauco Segobrigensi flam. p. H. c. [/FONT]



Hier ist mein Versuch:
[FONT=&quot](Für) Lucius Grattius Glauco, Sohn des Gaius, aus der Tribus Galeria, Flamenprieser aus Segebriga. [/FONT]


Wofür steht: p.H.c.
Wie ergänzt man flam.? flam(ines)? flam(ini)?

Ich freue mich auf Antworten
 
Aus der Hüfte geschossen ;)

L(ucio) Grattio C(aii) f(ilius) Gal(eria) Glauco Segobrigensi flam(ini) p(rovinciae) h(eres/eredes) c(uravit/uraverunt)

Für Lucius Grattius Glaucus, Sohn des Gaius, aus der Tribus Galeria, den Segobrigenser, Provinzialflamen, der Erbe/die Erben hat/haben dafür (d.h. für das Grab) gesorgt
 
Aha, das p steht für provinciae und gehört dann logischerweise zu flamini
H.c. entspricht also h(eres/eredes) c(uravit/uraverunt)

Super aquilifer
Vielen Dank
 
Wie schwierig manchmal Inschriften zu deuten sind, kann man an der Inschrift eines germanischen Gladiators (ein Murmillo, der ganz klassisch gegen Retarii kämpfte) deuten:

watermark.php


Mur(millo) |(contra)r(ete) / Probus / Paull(ianus) LXXXXIX / natione Germa(nus) / h(ic) s(itus) e(st) s(it) t(ibi) t(erra) l(evis) / Volumnia Spera[ta] / coniu<g=C>i pio / merenti / P(ublius) Volumnius / Vitalis patri pio / s(it) t(ibi) t(erra) l(evis)

Auf der vor den Westtoren von Corduba angelegten Nekropole (im Westen lag auch das Amphitheater) scheint es einen eigenen Bereich für die Gladiatoren gegeben zu haben, jedenfalls sind bislang bekannten Gladiatorengrabsteine aus der Colonia Patricia relativ nahe beieinander gefunden worden.

Probleme bereitet das LXXXXIX.
99?
Oft wird auf Grabsteinen das Alter angegeben. Aber 99 Jahre ist auch heute noch ein eher unwahrscheinliches Alter. Für einen Gladiator aber besonders unwahrscheinlich.

Also haben manche erklärt, dass L gehöre nicht zur Zahl, sondern stehe für LIBERTUS ('Freigelassener').

ÜS I1:

Der Murmillo Contraretus Probus Pavil(lianus) Freigelassener 49 Jahre, von germanischer Herkunft, ist hier gebettet, möge dir die Erde leicht sein. Volumnia Sperata für ihren treuen, verdienten Ehemann, Publius Volumnius Vitalis für seinen treuen Vater, möge dir die Erde leicht sein.
Andere sehen das L doch als Teil der Zahl, abwr interpretieren sie nicht als Altersangabe, sondern als Angabe der ausgefochtenen oder gewonnen Zweikämpfe.

ÜS I2a:

Der Murmillo Contraretus Probus Pavil(lianus) kämpfte 99 Mal, von germanischer Herkunft, ist hier gebettet, möge dir die Erde leicht sein. Volumnia Sperata für ihren treuen, verdienten Ehemann, Publius Volumnius Vitalis für seinen treuen Vater, möge dir die Erde leicht sein.​

ÜS I2b:

Der Murmillo Contraretus Probus Pavil(lianus) siegte 99 Mal, von germanischer Herkunft, ist hier gebettet, möge dir die Erde leicht sein. Volumnia Sperata für ihren treuen, verdienten Ehemann, Publius Volumnius Vitalis für seinen treuen Vater, möge dir die Erde leicht sein.
Für diese zweite Interpretation spricht, dass durchaus auch mal Inschriften gab, in denen die Anzahl der Kämpfe eines Gladiators genannt wurde. So etwa auf der des Gladiators Actius, ebenfalls aus Córdoba:

upload_2023-12-14_12-52-4.jpeg



Actius mur(millo) / vic(it) VI an(n)o(rum) XXI h(ic) s(itus) e(st) s(it) t(erra) l(evis) / uxor viro de suo quo<d=T> / quisquis vestrum mortuo / optarit mihi i<d=T> il(l)i di faciant / semper vivo et mortuo
ÜS:

Der Murmillo Actius, er siegte sechs Mal, 21 Jahre alt, hier ist er beigesetzt, die Erde sei ihm leicht.
Seine Frau [ließ] das [Grabdenkmal herstellen]. Was irgendjemand von euch meinem Toten wünscht, dies sollen die Götter (di) ihm tun, lebendig und tot.
Im Original sind die beiden Grabsteine im Archäologischen Museum von Córdoba zu sehen, direkt nebeneinander.
Google Maps
 
Wie schwierig manchmal Inschriften zu deuten sind, kann man an der Inschrift eines germanischen Gladiators (ein Murmillo, der ganz klassisch gegen Retarii kämpfte) deuten:

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Mur(millo) |(contra)r(ete) / Probus / Paull(ianus) LXXXXIX / natione Germa(nus) / h(ic) s(itus) e(st) s(it) t(ibi) t(erra) l(evis) / Volumnia Spera[ta] / coniu<g=C>i pio / merenti / P(ublius) Volumnius / Vitalis patri pio / s(it) t(ibi) t(erra) l(evis)

Auf der vor den Westtoren von Corduba angelegten Nekropole (im Westen lag auch das Amphitheater) scheint es einen eigenen Bereich für die Gladiatoren gegeben zu haben, jedenfalls sind bislang bekannten Gladiatorengrabsteine aus der Colonia Patricia relativ nahe beieinander gefunden worden.

Probleme bereitet das LXXXXIX.
99?
Oft wird auf Grabsteinen das Alter angegeben. Aber 99 Jahre ist auch heute noch ein eher unwahrscheinliches Alter. Für einen Gladiator aber besonders unwahrscheinlich.

Also haben manche erklärt, dass L gehöre nicht zur Zahl, sondern stehe für LIBERTUS ('Freigelassener').

ÜS I1:

Der Murmillo Contraretus Probus Pavil(lianus) Freigelassener 49 Jahre, von germanischer Herkunft, ist hier gebettet, möge dir die Erde leicht sein. Volumnia Sperata für ihren treuen, verdienten Ehemann, Publius Volumnius Vitalis für seinen treuen Vater, möge dir die Erde leicht sein.
Andere sehen das L doch als Teil der Zahl, abwr interpretieren sie nicht als Altersangabe, sondern als Angabe der ausgefochtenen oder gewonnen Zweikämpfe.

ÜS I2a:

Der Murmillo Contraretus Probus Pavil(lianus) kämpfte 99 Mal, von germanischer Herkunft, ist hier gebettet, möge dir die Erde leicht sein. Volumnia Sperata für ihren treuen, verdienten Ehemann, Publius Volumnius Vitalis für seinen treuen Vater, möge dir die Erde leicht sein.​

ÜS I2b:

Der Murmillo Contraretus Probus Pavil(lianus) siegte 99 Mal, von germanischer Herkunft, ist hier gebettet, möge dir die Erde leicht sein. Volumnia Sperata für ihren treuen, verdienten Ehemann, Publius Volumnius Vitalis für seinen treuen Vater, möge dir die Erde leicht sein.
Für diese zweite Interpretation spricht, dass durchaus auch mal Inschriften gab, in denen die Anzahl der Kämpfe eines Gladiators genannt wurde. So etwa auf der des Gladiators Actius, ebenfalls aus Córdoba:

Anhang anzeigen 22774


Actius mur(millo) / vic(it) VI an(n)o(rum) XXI h(ic) s(itus) e(st) s(it) t(erra) l(evis) / uxor viro de suo quo<d=T> / quisquis vestrum mortuo / optarit mihi i<d=T> il(l)i di faciant / semper vivo et mortuo
ÜS:

Der Murmillo Actius, er siegte sechs Mal, 21 Jahre alt, hier ist er beigesetzt, die Erde sei ihm leicht.
Seine Frau [ließ] das [Grabdenkmal herstellen]. Was irgendjemand von euch meinem Toten wünscht, dies sollen die Götter (di) ihm tun, lebendig und tot.
Im Original sind die beiden Grabsteine im Archäologischen Museum von Córdoba zu sehen, direkt nebeneinander.
Google Maps


Ich bin mit der Transkription einverstanden, ich bin aber der Meinung, dass es weitaus plausibler ist, anzunehmen, dass der Gladiator der Waffengattung der murmillones angehörte, und dass er außerdem als Secutor (Verfolger) oder Contraretiarius kämpfte. Contraretriarius ist ein anderer Begriff für den Secutor. Ich bin der Meinung dass hier nicht Contrarete, sondern Contraretiarius ein anderes Wort für Secutor zu lesen ist.

Der secutor war im Grunde nichts anderes, als ein murmillo, der auf den Kampf gegen den Retiarius spezialisiert war. Bewaffnung und Kampfstil war sehr ähnlich. Der Helm des murmillo war ungeeignet, weil das Visiergitter mit dem Dreizack hätte durchbohrt werden können und der Helm auch dem Netz des retiarius zuviele Angriffspunkte bot.

Der retiarius tauchte erst um die Zeitenwende auf, schriftlich erstmals erwähnt wird er in der Caligula-Biographie des Sueton.

Als Gegner des retiarius wird zuweilen der murmillo genannt, und in der Zeit, als man noch experimentierte, mag man Retiarii mit murmillones oder auch essedarii gepaart haben, bis dann mit dem Secutor oder Contraretiarius ein spezialisierter Gegner zur Verfügung stand, der im Grunde nichts anderes, als ein murmillo spezialisiert auf den Retiarius war.
 
Sowohl für das Lebensalter wie auch für die Zahl der Siege ist die Angabe unwahrscheinlich hoch. Ich habe mal bei C. Mann, Gladiatoren im Osten des Römischen Reiches und die Frage der Romanisierung (2011) nachgeschaut. Ein secutor namens Kampanos soll 65 Siege errungen haben (SEG 39:1339, Z. 4), als er in Klaudioupolis antrat, für den syrischen secutor Flamma sind aus seiner Grabinschrift in Rom 21 Siege, 9 Unentschieden und 4 Niederlagen verzeichnet (CIL 10, 07297). Das sind aber im großen Vergleich der Gladiatorengrabsteine absolute Spitzenzahlen. Für einen Gladiator wären 99 Jahre dann auch ein methusalemisches Alter. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Gladiatoren, soweit fassbar, lag offenbar bei etwa 22,5 Jahren; Flamma ist nur 21 Jahre alt geworden.
 
Sowohl für das Lebensalter wie auch für die Zahl der Siege ist die Angabe unwahrscheinlich hoch. Ich habe mal bei C. Mann, Gladiatoren im Osten des Römischen Reiches und die Frage der Romanisierung (2011) nachgeschaut. Ein secutor namens Kampanos soll 65 Siege errungen haben (SEG 39:1339, Z. 4), als er in Klaudioupolis antrat, für den syrischen secutor Flamma sind aus seiner Grabinschrift in Rom 21 Siege, 9 Unentschieden und 4 Niederlagen verzeichnet (CIL 10, 07297). Das sind aber im großen Vergleich der Gladiatorengrabsteine absolute Spitzenzahlen. Für einen Gladiator wären 99 Jahre dann auch ein methusalemisches Alter. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Gladiatoren, soweit fassbar, lag offenbar bei etwa 22,5 Jahren; Flamma ist nur 21 Jahre alt geworden.
Ist vielleicht aber auch eine Frage der Paarungen, wie die Überlebenschancen standen. Wobei, um gleich wieder etwas gegen meinen Einwand einzuwenden, das Publikum natürlich an spannenden Kämpfen interessiert war und die Spannung sich eben aus Unvorhersehbarkeiten ergibt. Auf der anderen Seite (Einwand zum Einwand zum Einwand), wenn man das mit der Corrida de Toros vergleicht: die läuft auch immer gleich ab: der Stier läuft ins Rund, wo er schon von den Toreros erwartet wird, er läuft gegen die Sonne, so dass er erstmal geblendet ist und die Toreros ein paar Sekunden Zeit haben, seinen Charakter und seine Bewegungsabläufe zu studieren. Der Matador reizt ihn ein bisschen mit der capote (ein abstrahierter Kapuzenmantel, Innenseite gelb, Außenseite helllila) und studiert ihn dabei weiter. Dann reiten die picadores ein und der Stier wird so gelenkt, dass er die (bzw. einen der picadores angreift, der ihm mit seiner Lanze tief in den Nacken stößt, dabei soll eine Sehne durchtrennt werden, wenn der picadores zu tief stößt, wird er vom Publikum ausgebuht. Jetzt reiten die picadores wieder aus dem Rund und die drei Toreros treten wieder auf den Plan. Mit zwei geschmückten Spießen bewaffnet - dies ist der gefährlichste Teil für den Menschen - laufen sie auf den angreifenden Stier zu und rammen die mit Widerhaken versehenen Spieße in den Nacken/Rücken des Stieres und springen seitlich weg, so, dass der Stier sie idealerweise nicht erwischt. Den Anfang macht normalerweise der Matador (bei einem regulären Stierkampf treten i.d.R. sechs Stiere auf, so, dass jeder Torero zweimal Matador ist). Danach betritt der Matador mit Muleta (das rote Tuch) und Schwert das Rund. Er lässt den Stier ihn noch ein paar Mal angreifen und provoziert damit das schnellere Ausbluten. Wenn der Stier dann soweit ist, stößt der Matador dem Stier das (leicht nach unten geknickte) Schwert über den Kopf und den Rücken ins Herz (dies ist das zweite Mal, dass es für den Menschen gefährlich wird, weil er den Zeitpunkt vielleicht falsch einschätzt und der Stier sich doch noch einmal aufbäumt). Nach 20 Minuten ist das Spektakel vorbei (und der nächste Stier kommt an die Reihe). Also so gesehen läuft das immer gleich ab und dürfte eigentlich nicht spannend sein, da der Matador (oder einer der anderen Toreros) nur in Ausnahmefällen verletzt oder gar getötet wird. Dennoch funktioniert die Corrida de Toros als Spektakel.
 
Die durchschnittliche Lebenserwartung von Gladiatoren, soweit fassbar, lag offenbar bei etwa 22,5 Jahren;
Da werden aber vermutlich die gefallenen Gladiatoren miteingerechnet. Wenn ein Gladiator (in akzeptablem körperlichem Zustand) überlebte und die Freiheit erhielt, spricht wohl nichts dagegen, dass er ein "normales" Alter im Rahmen des biologisch Möglichen erreichen konnte. Zwar war das Gladiatorendasein anstrengend, aber die Gladiatoren wurden auch gut versorgt.
99 Jahre wären freilich schon enorm, aber nicht ausgeschlossen. Ich halte sie jedoch allemal für wahrscheinlicher als 99 Siege (oder auch bloß 99 überlebte Kämpfe), da müsste er schon fast eine Kreuzung aus Achilleus und Herakles gewesen sein. Bei der Deutung als "Freigelassener + 49 Jahre" (oder allenfalls "Freigelassener + 49 Siege" frage ich mich, ob das L nicht doch irgendwie von den folgenden Zahlen abgesetzt oder durch einen Punkt getrennt worden wäre (keine Ahnung, wie da die epigraphischen Gepflogenheiten wären).
 
Probleme bereitet das LXXXXIX.
Jetzt mal ganz blöd, ich habe ja keine Ahnung von Inschriften. Aber mir kommt das L der Zahl anders vor als die l's des Namens Paull[...], eher wie eine 1. Das ist natürlich keine 1, aber wie ein L sieht es auch nicht aus, oder ist der Schrägstrich davor zufällig eingeritzt? Oder schrieb man große L's anders als kleine l's?
 
Schau dir die Begräbnisformel mal an

H•S•E•S•T•T•L > Hic Situs Est Sit Tibi Terra Levis
Oder im Praenomen der Frau bzw. im Gentilnomen des Sohnes: Volumnia, Volumnius
Die L und I sind schwer voneinander zu unterscheiden. Ob der Aufstrich intentionell/antik ist, weiß ich nicht.


Edit: Murks der ARK
 
Zuletzt bearbeitet:
Corrida de Toros: die läuft auch immer gleich ab: der Stier läuft ins Rund, wo er schon von den Toreros erwartet wird, er läuft gegen die Sonne, so dass er erstmal geblendet ist und die Toreros ein paar Sekunden Zeit haben, seinen Charakter und seine Bewegungsabläufe zu studieren. Der Matador reizt ihn ein bisschen mit der capote (ein abstrahierter Kapuzenmantel, Innenseite gelb, Außenseite helllila) und studiert ihn dabei weiter. Dann reiten die picadores ein und der Stier wird so gelenkt, dass er die (bzw. einen der picadores angreift, der ihm mit seiner Lanze tief in den Nacken stößt, dabei soll eine Sehne durchtrennt werden, wenn der picadores zu tief stößt, wird er vom Publikum ausgebuht. Jetzt reiten die picadores wieder aus dem Rund und die drei Toreros treten wieder auf den Plan. Mit zwei geschmückten Spießen bewaffnet - dies ist der gefährlichste Teil für den Menschen - laufen sie auf den angreifenden Stier zu und rammen die mit Widerhaken versehenen Spieße in den Nacken/Rücken des Stieres und springen seitlich weg, so, dass der Stier sie idealerweise nicht erwischt. Den Anfang macht normalerweise der Matador (bei einem regulären Stierkampf treten i.d.R. sechs Stiere auf, so, dass jeder Torero zweimal Matador ist). Danach betritt der Matador mit Muleta (das rote Tuch) und Schwert das Rund. Er lässt den Stier ihn noch ein paar Mal angreifen und provoziert damit das schnellere Ausbluten. Wenn der Stier dann soweit ist, stößt der Matador dem Stier das (leicht nach unten geknickte) Schwert über den Kopf und den Rücken ins Herz (dies ist das zweite Mal, dass es für den Menschen gefährlich wird, weil er den Zeitpunkt vielleicht falsch einschätzt und der Stier sich doch noch einmal aufbäumt). Nach 20 Minuten ist das Spektakel vorbei (und der nächste Stier kommt an die Reihe). Also so gesehen läuft das immer gleich ab und dürfte eigentlich nicht spannend sein, da der Matador (oder einer der anderen Toreros) nur in Ausnahmefällen verletzt oder gar getötet wird. Dennoch funktioniert die Corrida de Toros als Spektakel.

In den alten Zeiten, als die Pferde der Picadores noch nicht mit Schutzdecken versehen waren und nicht wie heute schwere Kaltblüter, sondern magere Klepper, (Karikaturen von Pferden wie Hemingway in Death in the Afternoon" schreibt), dürfte die Tätigkeit des Picadors die verletzungsträchtigste gewesen sein. Heute passiert es nur selten, das ein Stier einen schweren Kaltblüter wirft und noch seltener werden Pferde dabei getötet. In der alten Zeit aber wurden bei fast jedem Stierkampf ein paar Pferde getötet. Wenn der Stier eine bestimmte Größe erreichte, warf er das Pferd über den Haufen, und die Picadores erlitten regelmäßig Gehirnerschütterungen und gebrochene Rippen. Warf der Stier das Pferd, flog der Picador herunter, und zwischen ihm und den Hörnern des Stiers waren dann nur die Capotes der Toreros und Matadore.

Bei der Suerte de banderillas kreuzt entweder der Torero in einem Viertelkreis die Angriffsbahn des Stiers oder er täuscht ihn durch eine Körperbewegung. Das gleiche Prinzip wendet der Rejoneador an im berittenen Stierkampf. Der Stier erwischt den Torero oder das Pferd nicht, weil er nicht auf einer Fläche wenden kann, die kürzer ist, als seine eigene Länge.

Die Faena, die Arbeit mit der muleta, dem roten Tuch dürfte bei weitem der gefährlichste Teil des Stierkampfs sein, und es wurden in der Geschichte des Stierkampfs weit mehr Matadore, als Banderilleros oder Picadores getötet.

Der Stier ist, wenn er in die Arena kommt, am wenigsten gefährlich. Er ist schnell, er ist wendig, aber er geht auf alles los, was sich bewegt. In dieser Phase des Kampfes würde er der Muleta nicht genug Aufmerksamkeit schenken, und er ist noch viel zu schnell, um ihn in einem Viertel oder Halbkreis passieren zu lassen wie beim pase natural oder derechazo.

Im letzten Drittel des Kampfes ist das Tempo weg, der Stier zielt aber sorgfältiger, und er hat immer noch genug Kraft, um ein Pferd oder einen Mann in die Luft zu schleudern.

Der Stierkampf lebt vor allem vom Stier. Er muss kräftig genug sein und alt genug und intakte Hörner haben. Die Emotion entsteht daraus, wie nahe und in welcher Linie der Matador den Stier passieren lässt. Beim Augenblick der Wahrheit kreuzt der Matador mit der Muleta und stößt mit der Rechten hoch oben zwischen den Schulterblättern den Degen ein. Bei der vola pie ist der Matador in Bewegung. Bei der suerte de recibir provoziert er den Angriff und der Stier ist in Bewegung und wird mit der Muleta vom Matador weggelenkt. Es gibt dabei keine 100%ige Garantie. Wenn der Stier nicht der Muleta folgt und im Augenblick der Wahrheit den Kopf hochreißt, geht die Hornwunde (cornada) bei der volapie in den Oberschenkel, bei der suerte de recibir in den Brustkorb, weshalb man recibiendo sehr selten sieht.

Markus Junkelmann stellte in Das Spiel mit dem Tod Vergleiche an zwischen Gladiatur und Stierkampf, und er zitierte dabei auch Zahlen. Zwischen 1747 und 1962 kamen offiziellen Statistiken zufolge (T. Mitchell 1991 S. 92) in Spanien 51 Matadore und 153 Novilleros 132 banderilleros und 60 Picadores getötet. Novilleros sind Stierkämpfer, die noch nicht die Alternativa die Lizenz als Vollmatadore Matador de toros besitzen oder die darauf verzichtet haben. Die Alternativa, die ein mexikanischer, portugiesischer oder französischer Matador bekommen hat, muss in den Kathedralen des Stierkampfs, in der Plaza de Toros in Mexico-Stadt und in der Plaza de Toros de Las Ventas in Madrid bestätigt werden.

Novilleros treten in Novilladas an. Das sind Stierkämpfe mit Matadoren, die noch nicht oder nicht mehr die Alternativa hatten haben und mit Stieren, die noch nicht das vorgeschriebene Alter von 4-5 Jahren haben und/ oder die bestimmte Macken haben und deswegen nicht für für reguläre Stierkämpfe zugelassen waren.

Anfang des 20. Jahrhunderts kam es daher sehr häufig vor, dass unerfahrene oder auch unfähige Matadore auf Stiere trafen, die Angriffe abbrachen, nicht gut auf das Tuch reagieren, die u. U. bereits in illegalen improvisierten "schwarzen" Stierkämpfen aufgetreten waren und die dadurch enorm gefährlich waren und die manchmal auch deutlich kräftiger und älter waren und damit weit gefährlicher. Solche Stiere waren bei Stierkampfmanagern unbeliebt und solche Stiere landeten in Novilladas. In Form und Ablauf sind Novilladas und Corridas identisch, nur das die Eintrittspreise für Novilladas viel billiger sind.

Für angehende Matadore waren Novilladas Anfang des 20. Jahrhunderts so etwas wie die Formel 2 oder Formel 3 in den 1960er und 1970er Jahren: eine äußerst gefährliche Ochsentour, die zu bewältigen war, wollte man die Alternativa als Matador de Toros oder die Eintrittskarte in die Formel 1 bekommen, die in den 1970er bis 1980er Jahren noch recht gefährlich war.

Das heute weit weniger Matadore und Novilleros sterben, liegt zum einen an der Bekämpfung der Tuberkulose, Manuel Garcia starb an "Schwindsucht", vor allem aber an der Erfindung des Penicillin und der Tetanus-Schutzimpfung. In der Plaza de Toros de Las Ventas, sozusagen das Mekka des Stierkampfs ist ein Denkmal Alexander Flemming, dem Entdecker des Penicillin gewidmet, dessen Erfindung nicht wenige Matadore ihr Leben verdankten und verdanken.
 
Da werden aber vermutlich die gefallenen Gladiatoren miteingerechnet. Wenn ein Gladiator (in akzeptablem körperlichem Zustand) überlebte und die Freiheit erhielt, spricht wohl nichts dagegen, dass er ein "normales" Alter im Rahmen des biologisch Möglichen erreichen konnte. Zwar war das Gladiatorendasein anstrengend, aber die Gladiatoren wurden auch gut versorgt.
99 Jahre wären freilich schon enorm, aber nicht ausgeschlossen. Ich halte sie jedoch allemal für wahrscheinlicher als 99 Siege (oder auch bloß 99 überlebte Kämpfe), da müsste er schon fast eine Kreuzung aus Achilleus und Herakles gewesen sein. Bei der Deutung als "Freigelassener + 49 Jahre" (oder allenfalls "Freigelassener + 49 Siege" frage ich mich, ob das L nicht doch irgendwie von den folgenden Zahlen abgesetzt oder durch einen Punkt getrennt worden wäre (keine Ahnung, wie da die epigraphischen Gepflogenheiten wären).

Na klar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Dennoch, die Auflösung mit libertus erscheint mir wahrscheinlicher, einerlei ob es nun Jahre oder Siege sind. Bin allerdings auch kein Epigraphiker ;)
 
Mur(millo) |(contra)r(ete) / Probus / Paull(ianus) LXXXXIX / natione Germa(nus) / h(ic) s(itus) e(st) s(it) t(ibi) t(erra) l(evis) / Volumnia Spera[ta] / coniu<g=C>i pio / merenti / P(ublius) Volumnius / Vitalis patri pio / s(it) t(ibi) t(erra) l(evis)

Die Buchstabenfolge PAVI ließe sich auch in den Namen Publius Aurelius Vitalis auflösen; das würde zum Cognomen des Sohns passen:

Mur(millo) (contra)r(etiarius) | Probus |
P(ubli) A(urelii) Vi(talis) l(ibertus) IXXXXX (victoriarum ) |
natione Germa(nus) | h(ic) s(itus) e(st)
S(it) t(erra) t(ibi) l(evis) |
Volumnia | Spera(ta) coniugi pio |
merenti (fecit) | P(ublius). Volumnius |
Vitalis patri pio (fecit) |
S(it) t(erra) t(ibi) l(evis).

https://www.researchgate.net/public...1YmxpY2F0aW9uIiwicGFnZSI6InB1YmxpY2F0aW9uIn19
 
Die Buchstabenfolge PAVI ließe sich auch in den Namen Publius Aurelius Vitalis auflösen; das würde zum Cognomen des Sohns passen:

Mur(millo) (contra)r(etiarius) | Probus |
P(ubli) A(urelii) Vi(talis) l(ibertus) IXXXXX (victoriarum ) |
natione Germa(nus) | h(ic) s(itus) e(st)
S(it) t(erra) t(ibi) l(evis) |
Volumnia | Spera(ta) coniugi pio |
merenti (fecit) | P(ublius). Volumnius |
Vitalis patri pio (fecit) |
S(it) t(erra) t(ibi) l(evis).

https://www.researchgate.net/public...1YmxpY2F0aW9uIiwicGFnZSI6InB1YmxpY2F0aW9uIn19

Witzig, ich habe gerade heute morgen einen Beitrag von einem Granadiner Althistoriker (José Ortíz Córdoba) über Alieni in Córdoba gelesen (wegen eines anderen Gladiatorengrabsteins), der meinte, das Probus vielleicht nur ein Kampfname gewesen sei und Probus keinen Gentiolnamen gehabt habe, was die Beziehung zwischen seiner Coniux und ihm besonders interessant mache:

También documentamos una relación familiar en el caso de Probus, que fue homenajeado por su mujer, Volumnia Sperata, y por su hijo, P. Volumnius Vitalis. La situación personal de este gladiador resulta bastante curiosa, puesto que seencontraba unido con una mujer que por su onomástica con dua nomina podemos suponerlibre. En este sentido, el contraste entre la onomástica simple de Probus y el cognomen materno que porta su hijo permite suponer la existencia de una unión ilegítima donde la condiciónservil del padre impedía la transmisión de su nomen. Sin embargo, J. Gómez-Pantoja consideró también la posibilidad de que el gentilicio de este gladiador fuese el que porta su hijo, algo que sería posible si ambos cónyuges tuviesen el mismo nomen, un hecho documentado confrecuencia en el mundo antiguo, por lo que no descartaba que el apelativo Probus fuese simplemente un nombre deportivo.
Alieni in Corduba, Colonia Patricia: desde la fundación de la ciudad hasta la Antigüedad tardía. Studia Antiqua et Archaeologica, 27, nº 1, 2021, pp. 65-108, hier S. 92.

Auf den Artikel gekommen bin ich aber wegen eines anderen Grabsteins, den des Faustus, der von seiner uxor Appolonia und einem T(h)R(aex) Hermes aufgestellt wurde, einem Thraker, der wohl aus derselben Gladiatorenschule wie Faustus kam.
 
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