Animal Farm

Was Du umgangssprachlich glaubst, was "totalitär" sei, ist Dein Problem. Ich hatte mich an der historischen politikwissenschaftlichen Diskussion orientiert, die das Konstrukt für eine komparative Nutzung in Frage stellt.
Sicher sind nicht alle Staaten, die als totalitär bezeichnet werden, das im gleichen Umfang (gewesen). Aber man kann schon sagen, dass die DDR in ihrer Anfangsphase totalitär war, später, unter Honecker, weniger.



Nur ein Beispiel zu "Obzönitäten" oder Diffamierungen im "Miller-Test" als Handhabe:
Miller v. California (1972)

Gerade das First Amendment ist in der typischen US-Kasuistik und in vielen Anwendungsfragen komplex.
Miller-Test betraf Obszönitäten, aber hier behandeln wir einen Zeichentrickfilm mit politischer Aussage. Und dies, einen Film wegen seiner politischen Aussage zu verbieten, ist in den USA kaum möglich, eben wegen des erstens Zusatzes zur US-Verfassung.
 
... aber hier behandeln wir einen Zeichentrickfilm mit politischer Aussage. Und dies, einen Film wegen seiner politischen Aussage zu verbieten, ist in den USA kaum möglich, eben wegen des erstens Zusatzes zur US-Verfassung.
Von der Einschränkung "politische Aussage" war oben nichts zu lesen.

Es ging um diese Begründung, die auf "Kunst" abstellte:
weil die Kunst meistens unter dem besonderen Schutz der Verfassungen steht. In den USA gibt es wegen des 1. Zusatzes zur Verfassung dazu so gut wie keine Handhabe.

Um das zu erklären:

First Amendment stellt nicht auf Kunstfreiheit ab, sondern übergeordnet auf Persönlichkeitsrechte, hier freedom of the speech. "Kunst" interessiert den Supreme Court erstmal gar nicht.

Das "speech" überhaupt auch den "Film" (noch weiter: ordinär gewerbliche Produkte) umfasst, war bis 1952 nicht klar, sondern ausgeschlossen:
1915: Mutual Film Corp. v. Industrial Comm'n of Ohio, 236 U.S. 230 (1915)
1952 wurde das gekippt Joseph Burstyn, Inc. v. Wilson, 343 U.S. 495 (1952)

Und zum Gewerblichen Hintergrund, zB Video Games:
BROWN v. ENTERTAINMENT MERCHANTS ASSN.
Damit ist erstmal jeder Müll geschützt, wenn er nur irgendetwas von einer "speech" enthält. (Die Videogamer argumentierten übrigens mit der Brutalität bei den Brüdern Grimm...)

"Kunst" ist dem Court dabei egal, es geht nur um (ggf. auch political) speech. Siehe flag protection
United States v. Eichman
Und die ist vom weiteren politischen Willen abhängig, und kann bei entsprechender politischer Motivation sehr schnell Geschichte werden, wie die Initiativen zeigen.

Political Speech kann daneben natürlich weiter eingeschränkt werden, wenn es um "National Security" geht.
Schenck v. United States, 249 U.S. 47 (1919)
Abrams v. United States, 250 U.S. 616 (1919)
bzw.
Near v. Minnesota, 283 U.S. 697 (1931)

... schlussendlich zur simplen Beweisfrage in der Anwendung/Beweislast des governments wird:
New York Times Co. v. United States, 403 U.S. 713 (1971)
Eben komplex. Sicher ist da gar nichts, sondern "es kommt darauf an".
Und die Gerichte verweisen ausdrücklich auf die "balance", die zwischen security und freedom herrschen müsse.
 
First Amendment stellt nicht auf Kunstfreiheit ab, sondern übergeordnet auf Persönlichkeitsrechte, hier freedom of the speech. "Kunst" interessiert den Supreme Court erstmal gar nicht.

Kunst interessiert den Supreme Court erstmal gar nicht? Das habe ich anders in Erinnerung. Aber egal, Urteile, auch die der obersten Gerichte, unterliegen dem Zeitgeist – siehe z.B. die unterschiedlichen Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichberechtigung, obwohl unsere Verfassung in diesem Punkt immer gleich geblieben ist: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Ähnliches ist beim US-Supreme Court zu beobachten, deshalb halte ich es für wenig zielführend, uns hier gegenseitig Urteile des Gerichts oder der Gerichte um die Ohren zu hauen.

Ich möchte deswegen allgemeiner formulieren: Aufgrund des ersten Zusatzes zur US-Verfassung („Der Kongress darf kein Gesetz erlassen, das die (…) Rede- oder Pressefreiheit (…) einschränkt“) ist die Meinungsfreiheit in den USA wesentlich umfassender als bei uns oder in anderen EU-Staaten.

Und die Meinungsfreiheit in der DDR war zwar auf dem Papier garantiert, aber faktisch war sie nicht vorhanden – gegen Ende zensierte die DDR selbst die sowjetische Medien, weil diese, durch glasnost und perestrojka ermutigt, plötzlich von Dingen berichteten, die bis dahin im ganzen Ostblock tabu waren. Dass sie seinerzeit Animal Farm nicht zugelassen haben, war nur eine logische Konsequenz dieser Haltung.
 
.... gegen Ende zensierte die DDR selbst die sowjetische Medien,

Wiki läßt einmal mehr grüßen:

"Als Michail Gorbatschow 1985 in der Sowjetunion einen klaren Reformkurs – Glasnost und Perestroika – einschlug und befreundeten Parteien und Regierungen in den Ostblockstaaten nunmehr freie Hand für die innere Entwicklung („Sinatra-Doktrin“) ließ, lehnte das SED-Regime diesen Weg strikt ab. Es verhängte über sowjetische Medien eine Zensur und propagierte einen „Sozialismus in den Farben der DDR“. Dies stieß in der DDR-Bevölkerung bis hinein in die eigenen SED-Reihen auf Unverständnis und zunehmenden Widerstand; die DDR zerfiel 1989/90."

https://de.wikipedia.org/wiki/Zensur_in_der_DDR

Belege bei Wiki: Fehlanzeige! Und somit auch bei Dion, der sich ohnehin bei Belegen eher "schlank" macht.

Halte die Behauptung auch für ziemlichen Unsinn. Seit 1986 gab beispielsweise eine Vielzahl von Kontakten im Rahmen von Netzwerken im Rahmen der Wissenschaft - WZB etc. - die in die UdSSR und den restlichen Ostblock reichten. Auch in die Institute in der DDR respektive Ost-Berlin.

Zu dem Zeitpunkt gab es bereits eine Vielzahl von Gastwissenschaftler in West-Berlin, die sehr gut informiert waren über den Stand des westlichen Diskussion (z.B. Inglehart: Wertewandel)

Eine Zensur wäre idiotisch gewesen, weil es auf institutioneller Ebene - z.B. Wissenschaftssystem - schon nicht mehr durchsetzbar gewesen wäre. Und wurde und sie wäre auf vielen Kanälen unterlaufen worden.

Leider kann "Melchior" die Situation - aus seiner Sicht - nicht mehr schildern, aber es wäre ein interessanter weiter Einblick in die vielen- auch gegensätzlichen - Facetten der DDR.
 
... gegen Ende zensierte die DDR selbst die sowjetische Medien, weil diese, durch glasnost und perestrojka ermutigt, plötzlich von Dingen berichteten, die bis dahin im ganzen Ostblock tabu waren.
Belege bei Wiki: Fehlanzeige! Und somit auch bei Dion, der sich ohnehin bei Belegen eher "schlank" macht.

Halte die Behauptung auch für ziemlichen Unsinn.
So, so, du hältst meine Behauptung für ziemlichen Unsinn. Dann schauen wir mal.

Mag sein, dass es bei Wiki keine Belege zu diesem Thema gibt, aber ich kann dir einen bringen: Verbot der sowjetischen Zeitschrift "Sputnik" – Zitat:
Bis auf die Zusage zur Abrüstungspolitik springt die DDR auf den revolutionären Zug Gorbatschows nicht auf. Im Gegenteil. Die DDR beginnt, den Einfluss aus der Sowjetunion immer strikter einzudämmen. Im November 1988 erscheint die Zeitschrift "Sputnik" zum letzten Mal. Zu kritisch war der SED-Führung das Magazin geworden. Gestärkt durch mehr Pressefreiheit, trauten sich die Sputnik-Journalisten, auch über kritische Themen zu schreiben.

Die ehemalige Pflichtlektüre der SED-Genossen mauserte sich zur Kultzeitschrift mit einer Auflage von zuletzt 180.000 Stück. Doch ein Artikel über den Hitler-Stalin-Pakt, über den in der DDR bisher geschwiegen wurde, bringt das Fass schließlich zum Überlaufen.

Die Tageszeitung "Neues Deutschland" setzt die Bevölkerung vom Verbot in einer kurzen Meldung in Kenntnis: …
 
Irgendwie hast Du ein Problem mit der Sprache. Weil eine Zeitschrift, in den letzten Zuckungen des Regimes, einem Verbot unterlag, "zensierte die DDR selbst die sowjetische Medien,". Das stimmt so nicht, weil eine Zeitschrift nicht die "sowjetischen Medien" sind. Und suggeriert, dass es eine effektive Zensur der sowjetischen Medien gab! Das trifft nicht zu! und war auch gar nicht mehr möglich! Es gab sogar schon das Internet! und wurde bereits zur Kommunikation im wissenschaftlichen Bereich genutzt.

Dir fehlt das Verständnis für die Gesamtsituation in der DDR. Es war ein autoritärer Polizeistaat. Das ist die eine Seite. Diese wird hier lang und breit betont. Man könnte sagen politisch zelebriert.

Die andere Seite der realen Kontrolle eines Staates, die ohne MfS funktionierte und funktinieren mußte, sonst hätte es die DDR nicht so lange gegeben, war das System des Aushandelns der politischen Macht.

Ein komplexer Prozess, den Bude in Analogie zu Bourdieus "sozialem Kapital" beschreibt und bei der Durchsetzung von Interessen die Personen priviligierte, die über das etnsprechende Kapital verfügten. Eine subtile Form der Durchsetzung von Interessen, die aber auch bedeutete, dass es viele gab, die durchaus etwas zu verlieren hatten. Und nicht zuletzt diese waren wichtig, die Stabilität zu gewährleisten.

Und es sind die vielen "Freiräume", die auch Port beschreibt. Die teilweise "suberversive Aneignung" der Parteiinstitutionen, FdJ etc. um diese Bereiche - sicher unter Gleichgesinnten - zu Diskussionsräumen umzugestalten. Ähnliche Darstellungen finden sich bei Fulbrook und auch bei Jarausch.

Und genau diese andere Seite, die wird von manchen aus dem Forum ausgeblendet. Eine Stimme, die leider erlöschen ist - excideuil (RIP) - hatte immer vor einer Simplifizierung gewarnt und manche Darstellungen seiner früheren DDR-Mitbürger widersprochen.

Auch die DDR hat den Anspruch historisch korrekt beurteilt zu werden. Und dieses kann nur durch eine angemessene Berücksichtigung der relevanten Literatur erfolgen.

Wobei mit den Worten von Kershaw und Lewin darauf hinzuweisen ist, dass die Analysen u.a. zur DDR stark durch den Kalten Krieg beeinflusst worden sind:

"Above all, it was the way in which the totalitarian concept was used as an ideological tool in the service of the Cold War - often distorting reality and intellectual dishonest - which disqualified in the eyes of numerous scholars." (Kershaw & Lewin: Stalinism and Nazism, S. 3)

Und deswegen sollte man wenigsten heute in der Lage sein, eine angemessene und objektivierende Analyse vorzunehmen und keine einseitigen politischen Statements zu fabrizieren, die behaupten "Tatsachenbehauptungen" zu sein und ihren ideologischen Bias nicht reflektieren.

Obwohl wir es mittlerweile eigentlich besser wissen.

Bude; Heinz (1993): Das Ende einer tragischen Gesellschaft. In: Hans Joas und Martin Kohli (Hg.): Der Zusammenbruch der DDR. Soziologische Analysen. Frankfurt am Main: Suhrkamp , S. 267–281.
Dennia, Mike; Laporte, Norman (2014): The Stasi. Myth and Reality. Hoboken: Taylor and Francis
Fulbrook, Mary (2009,): Anatomy of a dictatorship. Inside the GDR, 1949-1989. Oxford: Oxford University Press.
Fulbrook, Mary (2011): Ein ganz normales Leben. Alltag und Gesellschaft in der DDR. 2., durchges. und um ein neues Vorwort erg. Aufl. Darmstadt: Wiss. Buchges.
Jarausch, Konrad (1999): Dictatorship as experience. Towards a socio-cultural history of the GDR. New York: Berghahn Books.
Port, Andrew I. (2010): Die rätselhafte Stabilität der DDR. Arbeit und Alltag im sozialistischen Deutschland. Berlin: Links
 
Zuletzt bearbeitet:
Irgendwie hast Du ein Problem mit der Sprache. Weil eine Zeitschrift, in den letzten Zuckungen des Regimes, einem Verbot unterlag, "zensierte die DDR selbst die sowjetische Medien,". Das stimmt so nicht, weil eine Zeitschrift nicht die "sowjetischen Medien" sind. Und suggeriert, dass es eine effektive Zensur der sowjetischen Medien gab! Das trifft nicht zu! und war auch gar nicht mehr möglich!
Wenn ich ein Problem mit der Sprache haben sollte, dann hast du es mit dem selektiven Lesen. Konkret: Es war nicht nur die Zeitschrift Sputnik, die verboten wurde, es wurden auch sowjetische Filme abgesetzt. Das steht in dem von mir verlinkten Beleg. Insofern war mein Sprachgebrauch korrekt.

Zudem habe ich in meinem Ursprungsposting gesagt, dass sowjetische Medien erst gegen Ende der DDR zensiert wurden. Aber dieses Ende war 1988 noch nicht abzusehen, die SED saß noch fest im Sattel, die ersten Auflösungserscheinungen gab es erst ab Sommer 1989 als die Ungarn die Grenze nach Westen öffneten bzw. als man den DDR-Flüchtlingen, die sich in die deutsche Botschaft in Prag „gerettet“ haben, die Ausreise über die DDR erlaubte. Ein Beweis dafür ist auch der Fall der Mauer im November 1989, der selbst für die Geheimdienste eine Überraschung war, d.h. niemand glaubte, dass das DDR-Regime binnen weniger Wochen zusammenbrechen würde.


Es gab sogar schon das Internet! und wurde bereits zur Kommunikation im wissenschaftlichen Bereich genutzt.
Und dass es eine Art Internet für den wissenschaftlichen Bereich gab, ist zwar richtig, aber Zugriff darauf haben in der DDR nur sehr wenige gehabt, so dass das als unabhängige Informationsquelle für weite Teile der Bevölkerung zu vernachlässigen ist. Das gleiche gilt auch für die wenige Exemplare des Spiegels und anderer westlichen Medien, die in die DDR offiziell geliefert, aber unter Verschluss gehalten wurden.

Fazit: In der DDR gab es fast die ganze Zeit ihrer Existenz - ab Anfang der 1950er Jahre - eine Zensur und die Gleichschaltung der Medien. Dies wurde zwar nicht so rigoros durchgeführt wie während der Naziherrschaft, aber unerlaubte Einfuhr von westlichen Medien wurde bestraft. Politische Zensur und Gleichschaltung der Medien sind Kennzeichen eines totalitären Staates.
 
Irgendwie hast Du ein Problem mit der Sprache. Weil eine Zeitschrift, in den letzten Zuckungen des Regimes, einem Verbot unterlag, "zensierte die DDR selbst die sowjetische Medien,". Das stimmt so nicht, weil eine Zeitschrift nicht die "sowjetischen Medien" sind. Und suggeriert, dass es eine effektive Zensur der sowjetischen Medien gab! Das trifft nicht zu! und war auch gar nicht mehr möglich! Es gab sogar schon das Internet! und wurde bereits zur Kommunikation im wissenschaftlichen Bereich genutzt.

Dir fehlt das Verständnis für die Gesamtsituation in der DDR. Es war ein autoritärer Polizeistaat. Das ist die eine Seite. Diese wird hier lang und breit betont. Man könnte sagen politisch zelebriert.

Die andere Seite der realen Kontrolle eines Staates, die ohne MfS funktionierte und funktinieren mußte, sonst hätte es die DDR nicht so lange gegeben, war das System des Aushandelns der politischen Macht.

Ein komplexer Prozess, den Bude in Analogie zu Bourdieus "sozialem Kapital" beschreibt und bei der Durchsetzung von Interessen die Personen priviligierte, die über das etnsprechende Kapital verfügten. Eine subtile Form der Durchsetzung von Interessen, die aber auch bedeutete, dass es viele gab, die durchaus etwas zu verlieren hatten. Und nicht zuletzt diese waren wichtig, die Stabilität zu gewährleisten.

Und es sind die vielen "Freiräume", die auch Port beschreibt. Die teilweise "suberversive Aneignung" der Parteiinstitutionen, FdJ etc. um diese Bereiche - sicher unter Gleichgesinnten - zu Diskussionsräumen umzugestalten. Ähnliche Darstellungen finden sich bei Fulbrook und auch bei Jarausch.

Und genau diese andere Seite, die wird von manchen aus dem Forum ausgeblendet. Eine Stimme, die leider erlöschen ist - excideuil (RIP) - hatte immer vor einer Simplifizierung gewarnt und manche Darstellungen seiner früheren DDR-Mitbürger widersprochen.

Auch die DDR hat den Anspruch historisch korrekt beurteilt zu werden. Und dieses kann nur durch eine angemessene Berücksichtigung der relevanten Literatur erfolgen.

Wobei mit den Worten von Kershaw und Lewin darauf hinzuweisen ist, dass die Analysen u.a. zur DDR stark durch den Kalten Krieg beeinflusst worden sind:

"Above all, it was the way in which the totalitarian concept was used as an ideological tool in the service of the Cold War - often distorting reality and intellectual dishonest - which disqualified in the eyes of numerous scholars." (Kershaw & Lewin: Stalinism and Nazism, S. 3)

Und deswegen sollte man wenigsten heute in der Lage sein, eine angemessene und objektivierende Analyse vorzunehmen und keine einseitigen politischen Statements zu fabrizieren, die behaupten "Tatsachenbehauptungen" zu sein und ihren ideologischen Bias nicht reflektieren.

Obwohl wir es mittlerweile eigentlich besser wissen.

Bude; Heinz (1993): Das Ende einer tragischen Gesellschaft. In: Hans Joas und Martin Kohli (Hg.): Der Zusammenbruch der DDR. Soziologische Analysen. Frankfurt am Main: Suhrkamp , S. 267–281.
Dennia, Mike; Laporte, Norman (2014): The Stasi. Myth and Reality. Hoboken: Taylor and Francis
Fulbrook, Mary (2009,): Anatomy of a dictatorship. Inside the GDR, 1949-1989. Oxford: Oxford University Press.
Fulbrook, Mary (2011): Ein ganz normales Leben. Alltag und Gesellschaft in der DDR. 2., durchges. und um ein neues Vorwort erg. Aufl. Darmstadt: Wiss. Buchges.
Jarausch, Konrad (1999): Dictatorship as experience. Towards a socio-cultural history of the GDR. New York: Berghahn Books.
Port, Andrew I. (2010): Die rätselhafte Stabilität der DDR. Arbeit und Alltag im sozialistischen Deutschland. Berlin: Links

Ich war zwar nicht ausdrücklich angesprochen, denke aber schon, ich kann guten Gewissens sagen, dass ich mich um historische Objektivität bemühe und diese Objektivität ausdrücklich auch für die DDR gelten lasse. Das fällt mir aber auch leichter, da ich nicht in diesem Staat leben musste, keine Angehörigen habe, die aus politischen Gründen in der DDR Repressionen ausgesetzt waren oder aus ideologischen Gründen benachteiligt wurden. Dass der Charakter der DDR als autoritärer Polizeistaat nur eine Facette der politischen Wirklichkeit darstellte, würde ich ohne weiteres unterschreiben. Diese Seite der Wirklichkeit war aber weiß Gott beklemmend genug.

Missliebige Aussagen und auch wissenschaftliche Arbeiten, die nicht zu dem Selbstverständnis der DDR als antifaschistischem Staat passten, wurden in der DDR unterdrückt und versucht, totzuschweigen. Fairerweise muss man dazu sagen, dass so etwas auch in funktionierenden Demokratien geschah/geschieht. Wissenschaftler, die sich kritisch mit der kolonialen Vergangenheit Belgiens im Kongo beschäftigten, wurden bis vor wenigen Jahren in ihrer Arbeit massiv behindert.

Die DDR sah sich als antifaschistischen Staat, der den Nationalsozialismus mit Stumpf und Stiel ausgerottet habe. Das war gängige Staatsdoktrin. Intern gab es in der DDR Forschungsprojekte, die sich durchaus kritisch mit diesem Selbstverständnis auseinandersetzten. Der Berliner Historiker Harry Waibel konnte nachweisen, dass im Jahre 1954 27% der SED-Mitglieder vorher in der NSDAP waren und 32% der Angestellten im öffentlichen Dienst der DDR vorher nationalsozialistischen Verbänden und Organisationen angehörten.
Nach einem Überfall von Neonazis auf ein Punkkonzert nahe der Berliner Zionskirche 1987, kam es zu einer Untersuchung in staatlichem Auftrag, die von einem Oberstleutnant der Polizei und der Soziologin Loni Niederländer geleitet und Ende 1988 fertiggestellt wurde. Dazu waren mehrere Mitglieder der Kripo und ein Forscherteam der Humboldt-Universität mit Recherchen beschäftigt. Es wurden akribisch Daten aus mehr als 50 Städten der DDR eruiert, und Loni Niederländer wertete dabei nach modernen soziologischen Methoden für die Studie Straf- und Prozessakten aus und führte Gespräche und Interviews mit DDR-Neonazis. Insgesamt konnten durch die Studie mehr als 6000 Neonazis namentlich erfasst und etwa 500 Gewalttaten nachgewiesen werden, die sich vor allem gegen Gastarbeiter aus Angola, Mosambik und Vietnam richteten. "Briketts" und "Fidschis" wurden diese Menschen im Jargon der DDR-Neonazis genannt. Es zeigte sich, dass die Aktionen keineswegs von Neonazis aus dem Westen koordiniert wurden und die Entwicklung eher hausgemacht war und auf DDR-typische Ursachen zurückzuführen waren. Es zeigte sich in der Studie, dass die DDR-Neonazis zu effektiver Organisation fähig und gut vernetzt waren. Die meisten Jugendlichen, die in dieser Studie namentlich erfasst wurden, waren gute Schüler mit Bestnoten im Staatsbürgerkunde-Unterricht, die aus der "Arbeiterklasse" stammten und vielfach aus Elternhäusern, in denen ein oder beide Elternteile Mitglieder der SED waren. Zeitgleich zu dieser von Loni Niederländer geleiteten Studie fanden Forscher des Leipziger Zentralinstituts für Jugendforschung um Walter Friedrich heraus, dass etwa 13,3 % der befragten Jugendlichen der Meinung waren, dass der Faschismus auch gute Seiten gehabt habe. 4% der Befragten waren Mitglieder der rechten Skinheadszene, und ca. 8% sympathisierten mit dieser. Die aufwändigen Studien verschwanden aber Ende 1988 in den Giftschränken und wurden niemals veröffentlicht. Die "AG Skinhead"wurde aufgelöst und Loni Niederländer und die anderen Wissenschaftler, die an der Studie beteiligt waren, vom MfS überwacht. Die Studie der Humboldt-Universität wurde mit einem Sperrvermerk versehen.

Es konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Im antifaschistischen Staat DDR durfte es keine Neonazis geben, es durften keine Studien existieren, die das Propaganda-Konstrukt der antifaschistischen DDR hätten erschüttern oder zusammenbrechen lassen können.

Um der Wahrheit gerecht zu werden, ist aber noch zu sagen, dass die These, bei den DDR Neonazis handele es sich bloß um unpolitische Rowdys- Die Neonazis, die 1987 die Zionskirche überfallen hatten, wurden nur wegen Rowdytum verurteilt- auch nach der Wende unkritisch übernommen wurde. Das BKA schloss sich 1992 der Einschätzung der Stasi an, dass es sich nur um eine zahlenmäßig kleine Gruppe von gewaltbereiten Rowdys, nicht aber um gut vernetzte und hochgradig ideologisierte, gefährliche Neonazis handelte. Hüben wie drüben wurde das Problem klein geredet und bagatellisiert.

Eisenfeld, Bernd Rechtsextremismus in der DDR (2002)
Manfred Agethen, Eckhard Jesse, Ehrhard Neubert (Hrsg) Der missbrauchte Antifaschismus DDR Staatsdoktrin und LebenslügeS. 221-226
Harnischmacher, Robert Angriff von rechts Rechtsextremismus unter Jugendlichen Ostberlins
Reinhard, Oliver Neonazis Wotansbrüder und Weimarer Front
Schmidt, Monika Schändung jüdischer Friedhöfe in der DDR
Wagner, Bernd Rechtsextemismus in der Spät-DDR
Waibel, Harry Rechtsextemismus in der DDR
Heinemann, Karl Heinz Der antifaschistische Staat entlässt seine Kinder
 
Ich war zwar nicht ausdrücklich angesprochen, denke aber schon, ich kann guten Gewissens sagen, dass ich mich um historische Objektivität bemühe und diese Objektivität ausdrücklich auch für die DDR gelten lasse. Das fällt mir aber auch leichter, da ich nicht in diesem Staat leben musste, keine Angehörigen habe, die aus politischen Gründen in der DDR Repressionen ausgesetzt waren oder aus ideologischen Gründen benachteiligt wurden.

Aus beruflichen Gründen komme ich vielfach mit Personen aus den östlichen Bundesländern in Kontakt, habe auch schon mindestens drei ehemalige Seeleute der Handelsmarine der DDR kennengelernt, die sowieso ihre eigene Wahrheit haben. Man muss kein Opfer sein, um eine dezidierte Sicht auf die DDR zu haben. Während die Opfer dazu tendieren, die DDR in Bausch und Bogen zu verdammen, höre ich häufig - überdurchschnittlich häufig von Sachsen und ehem. Angehörigen der Handelsmarine der DDR - sie ließen sich von Historikern und Journalisten nicht sagen, wie die DDR war, sie hätten sie ja selber erlebt. Ich finde das auch insofern interessant, als dass diese Leute so tun, als kämen alle Historiker oder Journalisten aus dem Westen und kein Historiker und Journalist könne für sich selber in Anspruch nehmen, DDR-Hintergrund zu haben. Ich denke da immer an das alte Bonmot, dass der Historiker der größte Feind des Zeitzeugen sei. Aber La mémoire ne nous servirait à rien si elle fût rigoureusement fidèle.
 
Die DDR sah sich als antifaschistischen Staat, der den Nationalsozialismus mit Stumpf und Stiel ausgerottet habe.

Vielen Dank für die informative Darstellung. Für mich wirft sie insgesamt die Frage auf, mit welchen Mitteln ein Staats die politische Sozialisation seiner Bürger so steuern kann, dass sie zu dem werden, wie er sie gerne haben möchte.

Und es stellt m.E. die Fähigkeit von Diktaturen in Frage, langfristig in ihrem Sinne erfolgreich zu sein. Dass sie Effekte mit ihrer politischen Sozialisation erzielen, steht außer Frage, aber welche amalgamisierte Ideologien entstehen in den Köpfen.

Zumindest in der Bedeutung der Massenmedien, die ein zentrales Instrument für die SED waren, findet sich eine Fehleinschätzung wieder.

Udd Jarausch weist bei seiner Diskussion der Zensur in Bezug auf die Medien darauf hin, dass entsprechend den historischen Erfahrungen der Lenin`schen Revolution, die K-Parteien ein trivialisiertes "Stimulus-Response" - Modell der Wirkung von Massenmedien verfolgt haben. Ohne dabei den Sinn des "Uses and Gratifikation" Ansatzes, also die Mehrstufigkeit des Prozesses, zu verstehen und die instrumentelle Aneignung durch den Rezipienten / Staastbürger richtig einzuschätzen. Ein Problem, das sich in der DDR durch das dramatische Sinken der Qoten für politische Informationen und gleich bleidende Quoten für "Unterhaltung" mehr als deutlich ausdrückte. Der durchschnittliche DDR Bürger war im Prinzip ähnlich unpolitisch wie sein entsprechendes Gegenüber im Westen.

Und unter dieser Prämisse eine bis 1988 simple, streckenweise ineffektive, aber dennoch normative und rigide Kontrolle versucht haben durchzusetzen. Was ihnen aus vielen Gründen nicht erfolgreich gelang, wie das Beispiel West-TV leicht belegt.

Jarausch, Konrad (1999): Dictatorship as experience. Towards a socio-cultural history of the GDR. New York: Berghahn Books.
 
Vielen Dank für die informative Darstellung. Für mich wirft sie insgesamt die Frage auf, mit welchen Mitteln ein Staats die politische Sozialisation seiner Bürger so steuern kann, dass sie zu dem werden, wie er sie gerne haben möchte.

Und es stellt m.E. die Fähigkeit von Diktaturen in Frage, langfristig in ihrem Sinne erfolgreich zu sein. Dass sie Effekte mit ihrer politischen Sozialisation erzielen, steht außer Frage, aber welche amalgamisierte Ideologien entstehen in den Köpfen.

Zumindest in der Bedeutung der Massenmedien, die ein zentrales Instrument für die SED waren, findet sich eine Fehleinschätzung wieder.

Udd Jarausch weist bei seiner Diskussion der Zensur in Bezug auf die Medien darauf hin, dass entsprechend den historischen Erfahrungen der Lenin`schen Revolution, die K-Parteien ein trivialisiertes "Stimulus-Response" - Modell der Wirkung von Massenmedien verfolgt haben. Ohne dabei den Sinn des "Uses and Gratifikation" Ansatzes, also die Mehrstufigkeit des Prozesses, zu verstehen und die instrumentelle Aneignung durch den Rezipienten / Staastbürger richtig einzuschätzen. Ein Problem, das sich in der DDR durch das dramatische Sinken der Qoten für politische Informationen und gleich bleidende Quoten für "Unterhaltung" mehr als deutlich ausdrückte. Der durchschnittliche DDR Bürger war im Prinzip ähnlich unpolitisch wie sein entsprechendes Gegenüber im Westen.

Und unter dieser Prämisse eine bis 1988 simple, streckenweise ineffektive, aber dennoch normative und rigide Kontrolle versucht haben durchzusetzen. Was ihnen aus vielen Gründen nicht erfolgreich gelang, wie das Beispiel West-TV leicht belegt.

Jarausch, Konrad (1999): Dictatorship as experience. Towards a socio-cultural history of the GDR. New York: Berghahn Books.

Die totale Kontrolle und Gleichschaltung aller Bürger gelingt vollständig ja nicht einmal dem fiktiven Staat "Orwellstaat" in 1984. Trotz totaler Kontrolle über die Medien, trotz des Fehlens alternativer Medien und trotz praktisch vollständiger Kontrolle der Bürger, trotz des Durchdringens jeglicher Privatsphäre und Kontrolle noch der intimsten Dinge gibt es immer noch Menschen wie Winston Smith und Julia, die sich aus unterschiedlichen Motiven der totalen Manipulation entziehen, die die Propaganda mit ihren ständig wechselnden Feindbildern durchschauen, die aber letztlich ohnmächtig sind, sich nicht mehr finden und sich letztlich, nachdem man sie einer Gehirnwäsche unterzogen hat unterwerfen müssen und das sogar noch gerne tun.

Ich habe früher eigentlich recht gerne DDR-Fernsehen geguckt. Das war zwar nur Schwarz-Weiß, aber in grasuer Vorzeit, als die Welt noch jung war, es noch kein Internet und nur 3 Kanäle gab, waren wir ja auch nicht gerade verwöhnt. Oft kamen auf DDR Spielfilme wenn auf ARD, ZDF, HR 3 und Bayern 3 nur Mist kam. Schauspieler wie Rolf Hoppe, Armin Müller Stahl oder den jungen Manfred Krug habe ich mir gerne angeguckt. In der DDR war wohl so eine dänische Filmreihe über die Coups der Olsenbande Kult. Vielleicht lag es daran, dass ich angedudelt war, vielleicht auch an der Synchronisation jedenfalls machten die Streifen nur auf DDR richtig Spaß. Montags kam immer ein Spielfilm. das waren zwar manchmal so blöde alte Revuefilme von der UFA, manchmal aber auch ein Film mit Größen wie Hans Albers, Werner Krauß, Heinrich George oder Gustav Gründgens.
Vorher aber kam Eduard von Schnitzlers Schwarzer Kanal. Wenn man bedenkt, dass der über 25 Jahre zur besten Sendezeit Propaganda machen durfte, war das Ergebnis doch recht ärmlich. So richtig Ernst nehmen konnte das doch eigentlich niemand. Die Beiträge waren oft schlecht recherchiert und total aus dem Zusammenhang gerissen.

Ideologisch auf der gegenüberliegenden Seite saß Gerhard Löwenthal. Der war nicht ganz so giftig wie Schnitzler, aber im Grunde genommen waren die beiden sich ähnlicher, als sie je zugegeben hätten. Brüder im Geiste. Fossilien des Kalten Krieges, die im Prinzip immer das gleiche sagten.

In der Armee, ich meine in der NVA war der Schwarze Kanal wohl sogar Pflichtprogramm, aber ernst hat das wohl kaum einer genommen. Die meisten hätten sich, hätten sie wählen können, lieber ein Fußballspiel oder eine Seifenoper wie Dallas oder Denver Clan reingezogen.
 
Die totale Kontrolle und Gleichschaltung aller Bürger gelingt vollständig ja nicht einmal dem fiktiven Staat "Orwellstaat" in 1984.
Orwell hat viel vorausgesehen, aber nicht die Möglichkeiten des Internet ;)

...Eduard von Schnitzlers Schwarzer Kanal. Wenn man bedenkt, dass der über 25 Jahre zur besten Sendezeit Propaganda machen durfte, war das Ergebnis doch recht ärmlich. So richtig Ernst nehmen konnte das doch eigentlich niemand.
Ich war eigentlich immer ein recht optimistischer Mensch, der an die Vernunft der Menschen geglaubt hat. Aber ganz ehrlich: Wenn ich so manchen Kommentar lese, bei Facebook oder in den Online-Kommentarspalten unter Zeitungsartikeln, dann zweifle ich mittlerweile recht stark an meinem früheren Optimismus. Wenn früher hier im Forum Leute Absonderliches gepostet haben, habe ich mir das damit erklärt, dass sie unter ihren Pseudonymen eine gewisse Freiheit verspürten auch mal aus reiner Provokationslust Unsinn zu schreiben. Aber mittlerweile scheint es das Natürlichste auf der Welt zu sein, die größten Absonderlichkeiten unter Klarnamen zu posten.
 
Die späte Saat der Diktaturen und ihrer Instrumentalisierung von "Wahrheit" ist sicherlich - im weitesten Sinne - mit Schuld (vgl. z.B. Y. Mounk: Der Zerfall der Demokratie)

Die teilweise vorsätzliche Manipulation von "Realität" durch staatstragende Medien, gegossen in Ideologien, ist ein Grund, warum die Glaubwürdigkeit von staatlichen Institutionen und von Massenmedien, auch in den Demokratien, gelitten hat.

Der andere Aspekt ist die radikale Sicht von manchen Wissenschaftlern, zu erinnern sei beispielhaft an Nietzsche oder Foucault, die für einen Teil der Scientific Community eine Destruktion des emanzipierenden, aufklärenden "Wahrheitsbegriff" vorgenommen haben.

Vereinfacht wird zum einen "Glaubwürdigkeit" destruiert und zum anderen der "Rationalität" und der Sinnstiftung durch Wissenschaft, - aus der Sicht von manchen Vertretern - der Boden entzogen. Nicht zu vergessen, dass die Bereitschaft, sich für seine Überzeugung einzusetzen nachgelassen hat. Vor allem im links-liberalen Raum. Es ist aber auch zu bemerken, dass Teile der Werte-Konservativen, eher eine Abgrenzung nach "Links" vornehmen und somit dem "närrischen Treiben" der Populisten teilnahmslos zusehen.

Eine viel zu große Menge an Menschen hat es sich bequem gemacht in unserer Demokratie und ist sich nicht bewußt, dass der Verfassungs-Patriotismus, von dem unser politisches System lebt, nur durch aktive Unterstützung und Verteidigung seiner Werte, seine Bedeutung er- und behält.

Vor diesem Hintergrund wird zum einen den traditionellen Medien nicht mehr geglaubt, dennoch ist ein hoher Bedarf vorhanden, sich die komplexen Ereignisse der Globalisierung dennoch erklären zu können.

Diese Erklärung leisten am ehesten "Verschwörungstheorien" und deswegen werden - ironischerweise - Massenmedien wie "Russia Today", die ganz klare Ideologien verbreiten, von dieser Klientel frequentiert Und diese hoch manipulativen Medien werden im Gegensatz zu den eher faktenorientierten Medien als glaubwürdig eingestuft.

Es ist die Umwertung von Realität. Die Lüge wird zur Wahrheit und die Wahrheit wird zur Lüge.

In dieser Situation ist es verständlich, dass es Teile der Bevölkerung gibt, die aus innerer Überzeugung fest an das glauben, was ihnen in ideologischer Absicht vermittelt wird. Die Sinnstiftung vermittelt ein "einfacheres Weltbild", in dem die Zurechenbarkeit von "Schuld" externalisiert wird und den Einzelnen entlastet. Gleichzeitig hofft, dass die "Heilsversprechen" eine entscheidende Verbesserung mit sich bringen.

Und da die "richtigen Antworten" in der Regel nicht so einfach sind und nicht so klar, Schuldige benennen können, ist es anstrengend, sich mit einer angemessenen, objektivierenden Sicht zu beschäftigen. Und man zugeben muss, dass auch die bisherigen "komplexeren Antworten" nicht per se gerecht sind und durchaus "Verlierer" kennen, haben sie -zumindest teilweise - ihren Kredit auch verspielt.

Dafür gibt es jetzt mehr Millionäre in Deutschland. Ist doch auch was.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es juckt mir in den Fingern, auf thanepowers Beitrag zu antworten.
Aus meiner Sicht sind es zwar die richtigen Fragen, aber die falschen Antworten.
Da ich das Thema allerdings als Tagespolitik einstufe, belasse ich es lieber dabei.
 
Da ich das Thema allerdings als Tagespolitik einstufe, belasse ich es lieber dabei.

Tagespolitisch war ich im letzten Satz. Der Rest ist eine allgemeine Einschätzung zum Vermächtnis der Diktaturen in Europa. Bei Mounk wird das u.a. für Polen gut illustriert. Und er zeigt, dass der Aufbau einer politischen Kultur, in denen demokratische Werte im Kern stehen, ein schwieriger Prozess ist und wesentlich durch das vorhergehende politische System präformiert wurde.

Eine Vermutung, die sich so oder ähnlich seit Almond & Verba in den Studien zur "Civic Culture" als Ergebnis einer spezifischen politischen Sozialisation widerfindet.

Und es werden sicherlich Viele zustimmen, dass ich die falschen Antworten gegeben habe.
 
Da stellt sich die Frage, was wären denn die "richtigen Antworten" und gibt es überhaupt die richtige Antwort
 
Wiki läßt einmal mehr grüßen:

"..Es verhängte über sowjetische Medien eine Zensur und propagierte einen „Sozialismus in den Farben der DDR“. ...

https://de.wikipedia.org/wiki/Zensur_in_der_DDR

Belege bei Wiki: Fehlanzeige! ..

Im Herbst 1988 wurde "auf Entscheidung des Presseamtes des Ministerrates der DDR" die Auslieferung von 180.000 Exemplaren der "UDSSR-Zeitschrift "Sputnik"" unterbunden.
Sie wurden "sichergestellt".
BStU - Sputnik-Verbot - 3. Oktober 1988
Und auch an den Kiosken gibt es plötzlich die UDSSR-Zeitschrift nicht mehr.
Ich vermute das ist schon ein Wendepunkt.
Interessant dazu fand ich auch einen Artikel der Zeit vom Dez. 1988.
„Sputnik“-Verbot in der DDR: Wachsender Zorn über die Zensur
 
Es lassen sich eine Reihe von Beispielen finden. So wurden generell Filme aus der UdSSR, die das Thema Glasnost beinhalteten, nicht zugelassen. Das war nicht der Punkt. Mein Widerspruch war, als geschrieben wurde: "gegen Ende zensierte die DDR selbst die sowjetische Medien" Und das ist so pauschal nicht zutreffend.

Wen es interessiert, dem möchte ich das Buch von Gunnar Decker: 1965. Der kurze Sommer der DDR. wärmstens ans Herz legen. Es beschreibt sachlich und präzise, ohne ideologischen Zeigefinger, die menschenverachtenden und zynischen Konsequenzen der DDR "Kulturpolitik".

Sehr lesenswert und informativ beispeilsweise Beyers "Der Weg der Steine". (S. 354).

An diesem Buch wird die Praxis der Zensur gut illustriert.
 
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