Atheisten im 19. Jhdt.?

T

Tekker

Gast
Hallo Gemeinde, :winke:

nun brauch ich mal eure Hilfe. In einem anderen Forum forscht ein Mitglied nach seinen Ahnen der Vaterlinie. Lt. Aussage war niemals einer der Vorfahren in der Kirche war. :eek:

Die Linie wurde bis zum Urgroßvater zurückverfolgt und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, jemand Mitte des 19. Jhdt. sei "Atheist" gewesen... :confused:


Dank euch für die Hilfe! :p
 
Tekker schrieb:
Die Linie wurde bis zum Urgroßvater zurückverfolgt und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, jemand Mitte des 19. Jhdt. sei "Atheist" gewesen... :confused:
Zu der Zeit gab es schon bekennende Atheisten.
Wenn es sich um einen solchigen gehandelt hat, dann sind Standesamtsdaten bei staatlichen Behörden recherchierbar.
 
Mercy schrieb:
Zu der Zeit gab es schon bekennende Atheisten.

Oh, das wußt ich garnicht! :rotwerd:
Aber deswegen frag ich euch ja auch... :rofl:


Wenn es sich um einen solchigen gehandelt hat, dann sind Standesamtsdaten bei staatlichen Behörden recherchierbar.
Aber doch erst ab 1875, oder täusch ich mich da?

Ach ja, vielleicht nicht unwichtig, die Vorfahren stammen aus Hamburg.
 
Tekker schrieb:
Aber doch erst ab 1875, oder täusch ich mich da?

Ach ja, vielleicht nicht unwichtig, die Vorfahren stammen aus Hamburg.

Wenn keine Pfarrei zuständig war, mußte auch vor 1875 eine staatl. Behörde eingreifen.
Kurze Anfrage beim Stadtarchiv Hamburg.
 
also, geht hier um mich... habe mich angemeldet. Also, vater,Opa und Uropa waren nicht in der Kirche. welches Amt war vor der Einführung der Standesämter zuständig???
 
entschuldigt meine unwissenheit, aber: ist denn jd. der nicht bei der Kirche gemeldet ist bzw. zur Kirche geht automatisch Atheist?
 
Turambar schrieb:
entschuldigt meine unwissenheit, aber: ist denn jd. der nicht bei der Kirche gemeldet ist bzw. zur Kirche geht automatisch Atheist?

Ersteinmal ist ein Atheist nicht das selbe, wie ein Nihilist. Die meisten Leute, die sich als solche bezeichnen, sind weder das eine, noch das andere. Menschen, die an irgendetwas Göttliches glauben, das aber nicht durch Religion erfahrbar ist, die gehen m.E. eher in Richtung Animismus.

- Atheisten lehnen die Vorstellung eines Gottes ab. Auch wenn es ihn geben sollte, wollen sie mit ihm nichts zu tun haben.
- Nihilisten glauben, dass es keinen Gott gibt.
- Animisten glauben an die beseelte Natur - gilt auch für die meisten Naturreligionen

Die Leute, die meinen, man könnte aus der Kirche austreten, aber trotzdem noch guter Christ sein, die haben eine sehr eigene Vorstellung von Christentum. Die "Ich-bau-mir-meine-eigene-Religion"-Spiritualität ist en vogue. Ein bischen Taoismus, eine Prise Schamanismus und wenn's brennt ein Stoßgebet auf Jesus...

Früher (19.Jhd.) gab es sowas in Europa nicht. Entweder man lebte innerhalb der Gemeinschaft der Christen (bis auf die Eremiten, die gaaanz nah bei Gott sein wollten), oder man war kein Christ. So halb-halb, das ging garnicht.

Und der Kirchensteuer, der Kirchenpolitik oder der grausamen Vergangheit wegen ganz auf die Religionszugehörigkeit zu verzichten, wäre wie wegen des Jugoslawienkriegs die deutsche, sowie jeglich andere Staatsbürgerschaft abzulehnen. Man kann sich natürlich immer noch Deutsch fühlen - Deutscher ist man dann aber nichtmehr.
 
Pope schrieb:
Früher (19.Jhd.) gab es sowas in Europa nicht. Entweder man lebte innerhalb der Gemeinschaft der Christen (bis auf die Eremiten, die gaaanz nah bei Gott sein wollten), oder man war kein Christ. So halb-halb, das ging garnicht.

Der Spott Lichtenbergs: "Ich dank' es dem lieben Gott tausendmal, daß er mich zum Atheisten hat werden lassen" pure Fensterrede?
 
Mercy schrieb:
Der Spott Lichtenbergs: "Ich dank' es dem lieben Gott tausendmal, daß er mich zum Atheisten hat werden lassen" pure Fensterrede?

Es gab wohl einige, die mit dem Kopf durch die Wand gingen :rofl:
 
In archivalischer Hinsicht spielt es keine Rolle, ob jemand Atheist, Nihilist oder welcher Glaubensrichtung auch immer angehörend ist.
Die Frage ist nur: wo wurde er gemeldet. Es kann jemand Atheist sein, auch wenn er getauft ist. (G. Chr. Lichtenberg war im Übrigen auch getauft) Als Gemeindebürger musste er auf jeden Fall angemeldet sein (ging ja auch um die Abgaben).
Interessante Mitteilungen findet man häufig in den Zuzugs- und Wegzugs-Registern, außerdem lassen sich durch Stammrollen (Musterungslisten) mit den Angaben der Eltern bei männlichen Personen häufig weitergehende Informationen bis an den Anfang des 19. Jh.s eruieren.

MfG
Hardie
 
Also erstens vergisst Pope bei seiner Aufzählung die Agnostiker und zweitens halte ich nichts von der Sichtweise, man müsse in der Kirche (du redest doch sicher von der Katholischen Kirche) sein um ein guter Christ zu sein.

Kirche als solche wird vom Staat definiert (Kirchenrecht) - es ist aber arrogant zu meinen, nur die katholische Kirche sei christlich, denn auch die evangelische Kirche ist eine Kirche, nach deiner Meinung aber, wenn du schreibst man könne nicht "ausserhalb der Kirche" guter Christ sein, lässt vermuten, dass du auch Angehörige anderer Konfessionen nicht als Christen ansiehst.

Zumal man nur weil man nicht in der Kirche Mitglied ist nicht unbedingt ein Atheist sein muss.
 
Sollte man nicht ein wenig unterschieden, welcher "Kirche" jemand anghört?
Es gab auch im 19. Jahrhundert "Sekten", die durchaus christlich, aber eben nicht "staatskirchlich" waren.
Oder waren für diese auch die evangelisch- lutherischen (wir reden von Hamburg) Kirchen zuständig?
Wie sieht es dann mit Mitbürgern jüdischen Glaubens aus. Die wurden ja wohl auch gemeldet?
Ich würde in der Tat ein Stadtarchiv versuchen.
Für Schleswig Holstein gab es auch regelmässig Zensusse, die jetzt im Internet stehen. Zumindest findet man da schon mal Namen und Wohnorte und Berufssbezeichnungen. Dann kann man von da aus weiterforschen. Vielleicht gibt es das auch in Hamburg?
Das findet sich sicher im Stadtarchiv oder statistischem Landesamt.
 
Enkidu schrieb:
Kirche als solche wird vom Staat definiert (Kirchenrecht)...

"Kirche als solche" wird keineswegs vom Staat definiert, sondern Kirchen definieren sich grundsätzlich selbst. Der Staat erkennt lediglich Religionsgemeinschaften an - oder auch nicht.

Mit Kirchenrecht hat das alles nichts zu tun - hier gilt wiederum: In diesen Rechtsbereich greift der Staat nicht ein; er ist ausschließliche Sache der Kirchen.
 
(Zur Frage wie alt ich sei geb ich mal keinen Kommentar)
Pope, die Frag war eher rhetorischer Natur, die Definition von Atheist wie du sie gegeben hast, war mir bekannt. Per Definition ist jd. der die Vorstellung an irgendeinen Gott ablehnt als Atheist (dabei muss es also nicht zwingend um den christlichen gehen). Wenn man also nicht als Angehöriger einer Religionsgemeinschaft registriert ist (bei Kirche und Ämtern) heißt das also nicht, dass man Atheist wär. Das bezog sich auf die Verbindung von Atheist und Kirche (als religiöse Institution & Organisation). Glaube =/= Kirchenmitglied
 
Penseo schrieb:
Wie sieht es dann mit Mitbürgern jüdischen Glaubens aus.

Die jüdischen Bürger, sofern eine jüdische Gemeinde innerhalb einer Kommune bestand, wurden jedenfalls in Hessen bis 1875 in speziellen Judenmatrikeln (Geburts-, Heirats- und Sterberegister) geführt, später ging die Aufgabe dann an die Standesämter über.

MfG
Hardie
 
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