Hein verständlicher Sarkasmus in allen Ehren, aber zu mehr hat das Budget der Produktion halt nicht gelangt. — Nebenbei gefragt: wie sieht es überhaupt aus mit archäologischen Nachweisen von cheruskischen "Königshöfen" zur Zeitenwende?
Wie groß germanische Bauernhöfe waren ist archäologisch sehr gut erforscht. Von den Pfostensetzungen u.a. lässt sich direkt die Anzahl der Stallboxen und zugehörigen Großvieheinheiten berechnen. Das bedeutet, es ist ziemlich genau bekannt, wie viele Kühe der Germane im Stall hatte. Für die Ausgrabung Federsen Wierde gibt reichliche Überlegungen zur Sozialstruktur und wie viele Rinder welcher Stand wohl hatte. In der Serie hat der cheruskische Fürstenhof lediglich ein paar Ziegen und Pferde, einen Riesenvorrat scharlochroter Wollfäden, zwei Rennöfen, um die sich niemand kümmert und Unmengen von Petrolium. (Das Petrolium ist schon ein böser Spoiler von mir!)
Die Produktionskosten spielen hier meines Erachtens gar keine Rolle. Das Dorf besteht zu einem Großteil aus Computeranimation und kann ganz leicht ganz anders programmiert werden.
Und mal ganz ehrlich, ein ausgedehnten echtes Gerstenfeld oder eine echte Rinderherde im Hintergrund hätte jetzt keineswegs das Budget gesprengt. Wahrschenlich hätte man dafür noch nicht mal was bezahlen müssen. Landwirtschaft gibt es überall in Europa, auch in Ungarn.
Die Germanendorfkulisse basiert auf altbekannten Klischees (Germanen leben im Urwald) und Schlamperei.
DIe fehlende Konsistenz ist vor allem bei der Färbehütte erkennbar. Thusnelda hat in der ganzen Hütte mit scharlachroter Wollknäuel aufgehängt. Rote Textilfarbe (Kermes, Krapp) ist aus archäologischer Sicht kein Problem, im Gegenteil ist die Verwendung von z.B. durch die Rot Thorsberg-Textilien belegt. Eigentlich ar das auch mal ganz gut, dass sie gezeigt haben, dass die Germanen nicht nur braun und schwarz trugen, sondern es schon ganz bunt trieben.
Das Problem ist nur, dass Thusnelda und ihr Hausfreund Folkwin farblose Lumpen tragen und auch im Dorf alle nur Kleidung in gedeckten Farben tragen. (Ausnahme ist natürlich das weiße Hochzeitskleid - weiße Hochzeitskledung tauchte in Wirklichkeit erst Anfang des 20. Jahrhundert in Germanien auf.)
Das ergibt zusammen genommen natürlich gar keinen Sinn. Im Dorf wird im großen Stil rote Wolle hergestellt, aber nicht mal mutmaßliche Festgewänder der cheruskischen Adeligen haben diese Qualität.
Die einfachste Erklärung für diesen Widerspruch ist, dass der Kostüm- und Kulissendesigner sich nicht abgestimmt haben.
Ds gleiche Problem gibt es bei den Rennhöfen. Sie sehen nicht mal schlecht aus, aber es bedient sich auch keiner. Sie kockeln nur so vor sich hin. Eigentlich bräuchte man pro Rennofen zwei Germanen am Blasenbalg, damit auch wirklich Eisen verhüttet wird. Dafür hat es aber nicht gereicht.
Für die Rennöfen bräuchte man natürlich auch Holzkohle, aber viellleicht nehmen die in der Serie auch Petrolium dafür.
Anderer Widerspruch: Das cheruskische Hof produziert anscheinend den ganze Zeit Eisen und scharlachrote Wolle. Warum verlangen dan die Römer nicht dieses Eisen und die rote Wolle als Tribut und geben sich stattdessen mit dem alten Ziegenbock des Stammesfürsten zufrieden?
Das Germanendorf könnte problemlos rote Mäntel oder Stahl für die Legionen liefern und sie holen sich den Ziegenbock - so ziemlich das ungenießbarste Fleisch.