Belagerung von Boston

Paullus

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In Wikipedia steht, dass man die Soldaten der Krone belagert hat um militärische Bewegungen zu unterbinden. Aber ich stelle zur Diskussion und würde mich selber interessieren, warum sie das gemacht haben. Sie müssten ja wissen, dass das auf längere sicht nichts bringt. Oder wollten sie sie nur so lange belagern, bis die Einigkeit der Kolonien hergestellt wurde.

Also ich habe keine ahnung
 
Hier Wapedia - Wiki: Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg findest Du eine kleine Zusammenfassung der verschiedenen Scharmützel. Dazu muss man wissen, dass Boston der erste englische Umschlagplatz in Amerika war und dass man sich erzählt, dass die alteingesessenen Bostoner Familien britischer waren, als die Briten selbst.
Boston gilt als eine der ältesten und wohlhabendsten Städte Amerikas. Boston oder vielmehr den Hafen zu treffen, hiesse das britische Handelsherz in Amerika zu treffen. Boston ? Wikipedia

Gescheitert sind die Milizen im Grunde nicht, es kam zu einer Patt-Situation, wenn ich richtig informiert bin.
 
Man muss sich die Ereignisse im Rahmen der Belagerung anschauen. Bunker Hill zum Beispiel, war zwar ein "Sieg" der Briten, aber eben auch ein teuer erkaufter. In Boston wurden durch die Belagerung bedeutende britische Kräfte gebunden. Auch sowas zählt einem Krieg, nicht nur die tatsächlichen Siege, denn die Bindung der Kräfte und die Verluste der Briten bei Bunker Hill verlängerten den Krieg. Letztlich sind die Operationen gegen Boston recht typisch für den Krieg. Die Briten klammerten sich an der Küste fest und versuchten dort die stärksten Stützpunkte zu halten, während Versuche tiefer ins Landesinnere einzudringen wie es Sir Henry Clinton 1778 wagte, oft scheiterten.
 
Wozu braucht man einen verlängerten Krieg, will man nicht, dass er kurz genug ist
Nicht wenn eine Verkürzung eine Niederlage bedeuten könnte. Die amerikanischen Rebellen hofften ja auf Verbündete, die sie dann durch die Verhandlungen Franklins von 1776 bis 1779, als Abgesandten des Kontinentalkongresses auch gewannen. Somit mussten die Rebellen auf Zeit spielen und zumindest so lange dem britischen Druck standhalten bis die französischen Truppen eintrafen, was dann auch zuerst mit der Flotte d'Estaigns, wenn auch erfolglos, geschah.
 
Und was war mit der Invasion von Kanada. Warum wollte man da offensiv sein wenn man doch nahe boston deffensiv sein wollte
 
Ich werde mal nachschauen, was hinter dem Angriff auf Kanada stand. Ein bisschen habe ich aber den Eindruck, dass das mit dem gemeinsamen Oberbefehl der Streitkräfte des Kontinentalkogresses noch nicht so recht klappte, könnte ich mir auch gut vorstellen. Es wäre schon allein fragwürdig wie die Kommunikation zwischen den verschiedenen selbstständig opperierenden Generälen klappte und ob es eine Abstimmung im Sinne von gemeinsamer strategischer Linie überhaupt gab.

Auf jeden Fall wurde noch lange im Unabhängikeitskrieg von jeder ehemaligen Kolonie ein eigenes Süppchen gekocht. Das heißt, dass Direktiven vom Oberkommando (Washington) immer wieder von den Regierungen der ehemaligen Kolonien missachtet wurden.

Als Grund für die Aufstellung der "Selbstständigen Armee" fand ich bis jetzt, dass vor allem die Grenze nach Kanada gesichert werden sollte. Einen Grund für die Offensive gegen Kanada fand ich bis jetzt nicht. Wahrscheinlich hofften die "Amerikaner" aber, damit Kanada mit in den Krieg hinein zu ziehen.


Die Opperationen vor Boston würde ich als einen Erfolg der Kontinentalarmee ansehen. Nach den hohen Verlusten der Briten (270 Mann) schon in den Tagen von Lexington und Concorde (April 1775) hatte der noch verlustreichere Angriff auf Bunker Hill vom Juni 1775 auch keinen genügenden Erfolg. Die Verluste der Briten mit über 1000 gegenüber nicht mal 500 Mann Verlusten bei den Truppen der Belagerungsarmee waren wiederum verheerend. Nach Bunker Hill standen die Truppen der Continental Army wieder bald an ungefähr dem selben Ort wie zuvor, da sie Bunker Hill selbst zurück eroberten. Man mag zwar sagen, dass Washington den britischen General Howe nicht besiegte, aber das war auch nicht nötig. Dennoch hatten die Briten ja die hohen Verluste erlitten und wenn auch die Continentals eine deffensive Position eingenommen hatten, so konnten dennoch die Truppen Howes nicht Anfang 1776 in die Offensive gehen, da sie befürchten mussten wie im Juni des Vorjahres sich blutige Nasen an den nun sogar verbesserten Stellungen der Truppen Washingtons zu holen.

Im Januar 1776 ging Sir Henry Clinton mit schwachen Kräften von Boston aus in den Süden, wo er aber auch nicht mehr erreichen konnte, als in der Nähe von Charleston eine Niederlage zu erleiden, wobei er 200 Mann Verluste einstecken musste.

Erst die Opperationen um New York im Jahre 1776 gestalteten sich für die Briten etwas erfolgreicher. Dabei konnte aber auch Howe 32.000 Mann gegenüber Washingtons 20300 Mann einsetzen.
*

* Die Zahlen entnahm ich:
John Mollo/Malcolm McGregor "Uniformen des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges" Heyne, 1975, Regensburg
 
Als Grund für die Aufstellung der "Selbstständigen Armee" fand ich bis jetzt, dass vor allem die Grenze nach Kanada gesichert werden sollte. Einen Grund für die Offensive gegen Kanada fand ich bis jetzt nicht. Wahrscheinlich hofften die "Amerikaner" aber, damit Kanada mit in den Krieg hinein zu ziehen.

Wenn man ein wenig durch die englischen Seiten von wikipedia blättert, scheint es zunächst eine politische Einladung gegeben zu haben, sich als 14. Kolonie dem Unabhängigkeitskrieg anzuschließen. Das wurde wohl nicht erwidert.

Die Briten verstärkten ihre Truppen, was eine gewisse Ausstrahlungswirkung gehabt haben dürfte. Eine Frage ist, wie lange man diesem Ausbau der Position im Norden zuschauen konnte.

Schließlich wird als Grund schlicht ausgeführt, dass man wegen der Belagerung von Boston eine Zeitlang nirgends recht weiterkam, und ein Territorium suchte, um offensiv werden zu können.

http://en.wikipedia.org/wiki/Invasion_of_Canada_(1775)
 
@ silesia

Danke für Dein Einschalten.

Da hatte ich noch garnicht nachgeschaut. :red:


Wenn ich das bis jetzt recht verstand, waren die Truppen, die zuerst unter Gage und dann unter Howe in Boston standen, nummerisch und qualitativ sehr stark. Ein Angriff auf Boston wäre also sehr schwer gewesen. Wenn man sich das anschaut wie die Kontinentalarmee in den ersten Jahren opperierte, so griff sie selten (von Trenton mal abgesehen, was aber auch eher ein Überfall als eine Schlacht war) selbst an. Man bezog wie bei Bunker Hill eine möglichst geschickte Stellung, welche die Briten dazu zwang oder verlockte, gegen diese vorzugehen. Vielleicht trauten die Befehlshaber der Continentals ihren Truppen, zumindest bevor Steuben eintraf, nicht viel mehr zu.
Monmouth wird da manchmal, wenn ich mich nicht irre, als eine Wende angesehen.
 
Der Blick auf die wirtschaftlichen Gründe verspricht leider wenig, ich habe mal bei Treue, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit nachgeschlagen.

1765 sollen dort etwa 70.000 Siedler vorhanden gewesen sein, die durch Wanderungsbewegungen von etwa 60.000 Loyalisten erst in Folge des Unabhängigkeitskrieges ergänzt wurden. Vor der Revolution also ein fragiler Zustand.

Kanada selbst hielt man zuvor beim Friedensschluß mit Frankreich für wirtschaftlich wertlos, das Landesinnere wurde kaum geschätzt, in der Betrachtung standen nur Fischereirechte und Marinestützpunkte. Man könnte es zuspitzen: der Wert der Inbesitznahme Kanadas lag in der Ausschaltung der frz. Interessensphäre/Stüzpunkte auf dem nordamerikanischen Kontinent, weniger bzgl. Einwohner/wirtschaftliche substanz.

Wenn man den für die Briten problematischen Siedlungsstand zu Beginn des Unabhängigkeitskrieges betrachtet, liegt doch umgekehrt nahe, den Aufstand erfolgsversprechend auf einen weiteren Staat auszuweiten.

Noch eine Ergänzung aus Dull, The French Navy and the Seven-Years-War. Er schlägt einen interessanten Bogen von der Revolution zu der britischen Okkupation von Kanada wenige Jahre zuvor. Die Beherrschung der frz. Siedler, die sich ausdehnende britische Kontrolle und der nun anschwellende Konflikt mit den Indianern, führten zu einer massiven militärischen und verwaltungsbezogenen Präsenz in Kanada. Die damit begründeten hohen Kosten sollten auch über die 13 Kolonien gedeckt werden.
 
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(Kanda) als 14. Kolonie dem Unabhängigkeitskrieg...
Die Briten verstärkten ihre Truppen...
..ein Territorium suchte, um offensiv werden zu können

Man kann sicher von einem "Motivbündel" sprechen, welches zur eigenartigen Expedition nach Kanada führte.

Zunächst spielten wohl strategische Überlegungen eine Rolle: Die Engländer, so glaubte man, könnten ihren Druck auf die 13 Staaten jederzeit durch von Norden herangeführte Truppen verstärken. Bald nach Lexington (19.4.75) beschloss man daher den Vorstoß zum Lake Champlain - am 9./10.5.75 wurden die Forts Ticonderoga und Crown Point durch die "Green Mountainboys" erobert. (Hinweis zur Größenordnung: das eine wurde von 50, das andere von 12 Mann verteidigt; vgl. Pfister, Die Amerikanische Revolution 1775-1783, Bd. 1, S. 272 f.)

Nachdem das so gut gelaufen war, schien auch mehr möglich. Washington erteilte daher am 26.8.75 dem Kommandeur der "Nordarmee" Weisung, nach Kanada einzufallen, sich dort festzusetzen, feindliche Truppen zu binden usw. General Montgomery (sein Chef, Schuyler, wurde krank) ging mit seinen etwa 1500 Mann - eigentlich sollten es 5000 sein - auch kühn voran und besetzte am 12.11. Montreal. Obendrein setzte Washington von Boston aus noch eine weitere Truppe in Marsch, 1100 Mann unter Benedict Arnold. Beide vereinigten sich am 3.12.75 vor Quebec, dessen Garnison sich aber partout nicht ergeben wollte. Die Situation der Belagerer verschlimmerte sich durch Schneestürme, und ein Eroberungsversuch an Silvester scheiterte, Montgomery fiel. Nachdem auch noch die Blattern wüteten, löste sich die bis Ende März 1776 auf 2000 Mann gebrachte Belagerungstruppe weitgehend auf und trat am 5.5.76 den Rückzug an, zusätzlich in Mitleidenschaft gezogenen durch den Angriff überlegener englischer Streitkräfte, die inzwischen bei Quebec gelandet waren.

Pfister (S. 368, 370) merkt an, dass ein Teil der Probleme auf Seiten der Kongresstruppen dadurch entstand, dass die "Kürzerdienenden" nach Ende ihrer 6, 9 oder 12 Monate Dienstpflicht wieder nach Hause gingen, unabhängig von der militärischen Situation; das war z. B. zu den Stichtagen 31.12.75 und 15.04.76 der Fall. (Amerikanische Quellen gehen hierauf nicht ein, vgl. etwa Holmes, The Battles for the War of Independence, S. 62 ff.)

Ob für die Unabhängigkeitskämpfer tatsächlich eine Chance bestand, die (Franko-) Kanadier auf ihre Seite zu ziehen? Anfang 1776 entsandte der Kongress keinen Geringeren als Franklin nach Kanada, "um namentlich die unruhig gewordene katholische Geistlichkeit zu beschwichtigen und sich ihres Einflusses auf die Kanadier zu versichern" (Pfister, S. 370). Aber insgesamt ist wohl Skepsis angebracht:
"The Canadians were friendly to the extent of supplying the Revolutionary army with food and treating them with kindness. Theywished us well; they would accept us if we were successful. Many of the English held a neutral position, waiting to see what we could do. But there was no strong spirit of independence or rebellion among either the French or the English [Canadians]." (Fisher, The True History of the American Revolution, S. 287)
Sautter (Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, S. 87) urteilt:
"Vom Überlaufen der französischsprachigen Bevölkerung konnte keine Rede sein. Der aufklärerisch-rebellische Ton der Yankee-Propaganda war dem soliden, in der Thron und Altar verbindenden katholischen Religion aufgewachsenen 'Habitant' ein blasphemischer Greuel. Der Wert des amerikanischen Papiergeldes entsprach dem der Reden. Und die Briten schienen die Stärkeren zu sein."
Wie das Bemühen um Kanada 15 Jahre später ausgegangen wäre, darüber kann man natürlich trefflich spekulieren.
 
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Sautter (Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, S. 87) urteilt:
"Vom Überlaufen der französischsprachigen Bevölkerung konnte keine Rede sein. Der aufklärerisch-rebellische Ton der Yankee-Propaganda war dem soliden, in der Thron und Altar verbindenden katholischen Religion aufgewachsenen 'Habitant' ein blasphemischer Greuel. Der Wert des amerikanischen Papiergeldes entsprach dem der Reden. Und die Briten schienen die Stärkeren zu sein."
Wie das Bemühen um Kanada 15 Jahre später ausgegangen wäre, darüber kann man natürlich trefflich spekulieren.
Auch wenn hier Kanada nur ein "Nebenkriegsschauplatz" dieser Diskussion ist, finde ich den Aspekt schon immer interessant, dass Königstreue und Katholizismus einander immer befruchtend gewirkt haben sollen. Wenn man sich die Erhebung in der Vendée anschaut, dann wird dieser Eindruck noch verstärkt. Der religiöse Faktor des Gottesgnadentums hatte dort einen ebenfalls schwerwiegenden Faktor, welchen sich die Royalisten vom Kleinbauer bis zum Aristokrat auf die Fahne schrieben.

Erstaunlich mutet das nur im Falle Kanadas an. Natürlich gab es protestantische Loyalisten in Kanada wie auch in den 13 Kolonien. Die Loyalistentruppen hatten ja schon am Anfang des Krieges einiges an Gewicht. Man denke an die Opperation Clintons, die ich schon anführte, und welche im Süden die loyalistischen Kräfte unterstützen sollte. Aber dieser Herrscher der königstreuen katholischen Kanadier stand ja nun mal der angelikanischen Kirche vor und war keinesfalls Katholik. Wie konnte er dann die religiös hier begründete Königstreue auch für sich reklamieren?
 
Erstaunlich mutet das nur im Falle Kanadas an. Natürlich gab es protestantische Loyalisten in Kanada wie auch in den 13 Kolonien. [...] Aber dieser Herrscher der königstreuen katholischen Kanadier stand ja nun mal der angelikanischen Kirche vor und war keinesfalls Katholik. Wie konnte er dann die religiös hier begründete Königstreue auch für sich reklamieren?

Es geht ja hier um ein Musterbeispiel über "Die Torheit der Regierenden", dem Barbara Tuchman das großartige IV. Kapitel ihres gleichnamigen Buches gewidmet hat - eine Kumulation von Fehlern "trieb" sozusagen die USA in die Unabhängigkeit. Zu diesen Fehlern gehörte auch der "Quebec Act" von 1774, weil dieser "die Grenzen Kanadas bis hinab an den Ohio River ausdehnte, ein Gebiet, auf das Virginia und andere Kolonien Anspruch erhoben" (aaO, S. 247).

Dieses Gesetz enthielt aber auch Bestimmungen, die den Frankokanadiern, die zu jener Zeit 95 % der Bevölkerung Quebecs ausmachten, zugute kamen (Wiedereinführung französischen Zivilrechts, Französisch als Amtssprache, freie Religionsausübung). Das galt auch für die offizielle Tolerierung und Anerkennung der Stellung der römisch-katholischen Kirche.

Von den "Rebellen" wurde letzteres ebenfalls übel vermerkt ("Papisterei"), womit indirekt ein Graben vertieft wurde, der dem Ansinnen, 14. Staat der (späteren) USA zu werden (vgl. Revolutionary War Quebec Campaign), entgegenwirkte bzw. Washingtons Freiheitsbotschaft an die Quebecer nicht voll zur Geltung kommen ließ [1].

Die Quebecer waren beileibe keine homogene Population (vgl. Bancroft, S. 176 f.), aber mit ihrem 1774 verbesserten Status nicht so unzufrieden, dass der "revolutionäre Funke" ohne weiteres hätte überspringen können. Außerdem bot das "US"-Militär nicht die Gewähr, dass es sich gegen die englische Macht würde durchsetzen können; 1775 zeigt sich das bei Quebec ganz deutlich.

Diese und andere Faktoren führten also dazu, dass "Kanada" 1774/75 bei der englischen Krone verblieb [2]. Die nachfolgenden Bevölkerungsbewegungen schufen dann weitere Fakten (Geschichte Québecs ? Wikipedia).

[1] zitiert bei Bancroft, History of the United States, Bd. VIII, S. 191: "The cause of America and of liberty is the cause of every virtuous American citizen, whatever may be his religion or his descent. Come then, range yourselves under the standard of general liberty." Vgl. auch weitere Passagen der Weisung Washingtons an die Militärbefehlshaber bei Neumann, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, Bd. 1, S. 234.
[2] Sehr ausführlich, aber hier zu weit führend: Coffin, The Province of Quebec and and the early American Revolution (insb. Kap. VI, S. 480-528; dort auch S. 544 ff. der Wortlaut des Quebec Acts).
 
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