Dann noch mehr Ergänzendes
(1) Selbst die christlichen Kirchen und Kapellen wurden häufig nicht in der simplen strengen Ost-West Ausrichtung gebaut! Ich erinnere mich unklar an eine Untersuchung, die zeigte, dass z.B. die Kapellen von Tochterklöstern oft auf das Mutterkloster ausgerichtet wurden...
(2) Das große Problem einer Ausrichtung auf einen entfernten Ort ist, dass dies damals nicht "validiert" werden konnte. Was meine ich damit? Nun, es gibt Problem, die sind zwar schwierig zu lösen (Beispiel: Was sind die Primfaktoren von 30007?), sobald man die Antwort aber hat (=37*811), kann man die Richtigkeit leicht nachweisen (im Beispiel: durch eine einfache Multiplikation.) Die korrekte Ausrichtung eines Bauwerks auf einen sehr entfernten Ort war im Mittelalter nicht nachweisbar; man musste dem Regelwerk einfach GLAUBEN, nachdem diese Ausrichtung durchgeführt war. Leider erfordern diese Berechnungen in gewisser Weise "höhere Mathematik" = "Spärische Trigonometrie". Das ist zwar kein Hexenwerk, erfordert aber etwas 3-dimensionales Denken. Die vielen Armillarspären (manchmal auch etwas unpräzise als "kugelförmige Astrolabien" bezeichnet) deuten auf diese Denkarbeit hin.....
(3) Es gab keine so präzisen Karten, dass man einfach einen Strich zwischen den Standorten hätte ziehen können. Insbesondere ist ein "Kurs" - wie auf den späteren Mercatorkarten - auch nicht das, was man will: Es geht NICHT darum, immer weiter in die selbe Himmelsrichtung zu laufen, sondern - wie die islamischen Autoren immer wieder deutlich machen! - auf einem Großkreis, was eine ständige Kursänderung notwendig machen würde. Beispiel: Wenn man vom Äquator aus einem 45° Großkreis folgt - anfänglich in Nord-Ost-Richtung startet, dann hat man nach 10.000 km eine strenge Ostrichtung, bevor man nach Süd-Ost abbiegen muss
(4) Für die Bestimmung der richtigen Richtung reicht es, die Längen- und Breiten-Winkel zwischen den Orten zu kennen. Bzgl. der Breite gibt es keine Probleme, dies ist seit babylonischer Zeit gut verstanden: Man muss nur die Höhe der Mitagssonne zur Tag- und Nachtgleiche messen. Der Polarstern tut es heutzutage nachts ebenfalls, aber in Antike und frühem Mittelalter stand er noch zu weit vom Nordpunkt entfernt. Die Längenentfernung ist aber ohne exakte Uhren nicht bestimmbar. Dies ist das berühmte Problem des "Längengrads" des 17. und 18. Jahrhunderts. Ersatz für eine exakte Uhr kann allerdings eine Mondfinsternis sein. Das wurde z.B. 997 von Al-Biruni zur Bestimmung des Längenunterschieds zwischen Bagdad und Kath ausgenutzt.
Wie auch immer, die Längenunterschiede zwischen Orten sind im 1. Jahrtausend (und auch viel später noch!) weder absolut noch als Winkeldifferenz sehr gut bekannt.....
(5) Den Beginn der islamische Astronomie und Wissenschaft setzt man gewöhnlich mit der Gründung von Bagdad an; die erste Hochzeit wird schnell unter Al Mamun und seinem Wesir Yahya ben Halid erreicht (um 800). Brahmaguptas "Siddhanta" wird früh übersetzt (779), dann auch Ptolemäus (791). Ich habe in der Anlage mal die Anzahl bedeutender islamischer Astronomen ausgezählt. Um diese Zeit wird alle 10 Jahre ein solcher geboren! Und was man in Bagdad wusste, das wusste man kurze Zeit später auch in Cordoba...
Die Prinzipien einer Quibla -Bestimmung sind Ende des 9. Jahrhunderts auf jeden Fall bekannt. Vertieftes mathematisches Wissen wird dann 100 Jahre später aufgeschrieben: Ibn Yunis, Abu Nasr ben 'Iraq, Ibd Sina.
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Tabelle:
Al-Fazari 760
Ya'qub ben Tarik 760
Masa'Allah ben Atari 770
Gabir ben Haiyan ("Geber") 780
Yahya ben Abi Mansur 800
Al-Hwarizmi 825
Al-Fargani 825
Al-Mahani 888
Abu Hanifa ad-Dinawara 895
Tabit ben Qurra 901
Habas al-Hasib al-Marwazi 912
Nastulus al-Asturlabi 890
Ibn Al-Adami 900
An-Nairizi 910
Al-Battani ("Albategnius") 929
Abu Ga'far al-Hazin 930
Ibrahim ben Sinan 946
Al-Mas'udi 956
Abdarrahman as-Sufi 986
Al Biruni 1048
As-Sagani 980
Al-Hugandi 980
Abu L-Qasim al-Magriti 1070
Ibn Yunis 1009
Abu Nasr ben Iraq 1018
Ibn Sina 1037
Abu 'Ubaid 1040