Beruf Drescher?

Dieses Thema im Forum "Wirtschaftsgeschichte" wurde erstellt von Galgenpapst, 24. Februar 2010.

  1. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Auffällig an obiger Liste ist auch, dass es damals 53 Metzger gab. Die müssen ja tonnenweise Fleisch gegessen haben.
     
  2. pelzer

    pelzer Aktives Mitglied

    Hoi zäme

    Im Spätmittelalter wechselte die Käseproduktion von Ziger zu Labkäse. Damit wurde Käse lagerbar; und auch handelbar. Die Käsehändler prüften jeden Laib auf Geschmack, Reifegrad und Käsefehler um den Preis zu bestimmen. Dazu bohrt man eine Hülse (Käsebohrer, Käsestecher) in den Käse und entnimmt eine Probe aus dem Inneren. Dann verschliesst man das Loch wieder mit dem Käsestöpsel, damit die Reifung weiter gehen kann.
    Der Mensch der die Käse prüft, könnte mit "Käsebohrer" bezeichnet worden sein. Oder so?

    Gruss Pelzer

    .
     
  3. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Dann wäre ein "Käsbohrer" eventuell ein Käsehändler, der halt manchmal im Käse rumbohrte?
     
  4. rena8

    rena8 Aktives Mitglied

    Wieso auffällig? Im Verhältnis zu den 117 Bäckern paßt das doch. Esslingen war scheinbar ein florierendes Weinstädtchen.
    Was tut übrigens ein Weinzieher ?
     
  5. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Aber auffällig imVerhältnis zu den restlichen Einwohnerzahlen und Berufen.
     
  6. Jacobum

    Jacobum Neues Mitglied

    In namenskundlichen Lexika ist ein Käsbohrer nichts anderes als ein Käsehersteller, bzw. Käsehändler.

    Es gibt eine Theorie, wonach das Wort eine Abwandlung von "Käsbauer" ist. Ist aber nicht gesichert.
     
  7. Lili

    Lili Neues Mitglied

    Habe ich die Einwohnerzahl irgendwo überlesen? Wo steht die denn? Und nein, weder die Anzahl der Bäcker noch der Metzger noch der anderen Berufe die sich mit der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln befassen, ist verwunderlich. Essen muss schließlich jeder, sich Kleider nähen lassen muss nicht jeder, sondern näht eben selbst (nur mal als Beispiel).
     
  8. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Dann war Käse wohl nicht sonderlich beliebt, weil es nur einen Menschen gab, der sich damit, wie auch immer, beruflich beschäftigte.

    Aber bei so vielen Metzgern und nochmal jeder Menge Leuten rund um die Weinproduktion dürfte es den Einwohnern ganz gut gegangen sein.
     
    Zuletzt bearbeitet: 3. Juni 2011
  9. pelzer

    pelzer Aktives Mitglied

    ... ganz im Gegenteil. Der Käsehandel war sehr kapitalintensiv und riskant, so dass das nur wenige machten. Zudem ist ja nicht sicher, ob in der Gegend überhaupt Käse hergestellt wurde?

    Gruss Pelzer

    .
     
  10. Lili

    Lili Neues Mitglied

    Zudem wage ich Pi mal Daumen + Bauchgefühl die Behauptung, dass die Käseherstellung produktiver war, also mit gleichem Arbeitsaufwand mehr Käse, als Fleisch/-erzeugnisse bzw. Backwaren hergestellt werden konnte. Das schon allein aus Gründen der Frische. Fleisch und Fleischerzeugnisse sind genauso wie Backwaren nur begrenzt haltbar, Käse ist - frei nach Pumuckl - verfaulte Milch (soll heißen: reift mehr oder minder von alleine mit je nach Sorte kurzen und vermutlich wenig arbeitsintensiven unterstützenden Maßnahmen wie waschen, wenden etc.).
     
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  11. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Schneider und Schuster gab es auch reichlich.
    Ich dachte bisher immer, in dieser Zeit hätte es Fleisch nur selten gegeben. Aber bei der Anzahl von Metzgern war das ja schon ein Grundnahrungsmittel.
    Und die Menge Bäcker; das widerspricht auch der Aussage vom Getreidebrei-essenden Menschen des Mittelalters. Dergleichen habe ich hier im Forum häufig gelesen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 3. Juni 2011
  12. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Neenee, Käseherstellung von Hand ist harte Arbeit.
    Das macht eigentlich nur Sinn, wenn es (im Sommer) genug Milchüberschuss gibt, den man irgendwie konservieren muss.
     
  13. Lili

    Lili Neues Mitglied

    Das Mittelalter erstreckt sich über einen Zeitraum von 1000 Jahren, das kann man nicht derart vereinfacht über einen Kamm scheren. Hinzu kommt, dass wir hier von einem offensichtlich wohlhabenden Städtchen sprechen und nicht vom Tagelöhner in einer Kate in Hinterdupfing. Die Zahl der u.a. Metzger (und im übrigen auch bspw. die Zahl der Hausfrauen) lässt also vielmehr den Schluss zu, dass die Einwohner Esslingens des Jahres 1384 wohlhabend genug waren um sich regelmäßig in einem beachtlichen Umfang Fleisch leisten konnten.
     
  14. Lili

    Lili Neues Mitglied

    Das stelle ich gar nicht in Abrede, ich spreche von Produktivität, also ich kann in der gleichen Arbeitszeit mehr Käse herstellen, als von mir aus Bratwürste oder Brot.
     
  15. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Neenee, Käserei ist auch ziemlich arbeitsintensiv.
    Das beginnt beim Melken (oder dem Ankauf und Transport von Milch), dann muss die Pampe :red: beim Gerinnen ständig gerührt werden, die Molke muss (sollte) man auch auffangen (und weiterverwerten) und die Käselaibe müssen gepflegt werden. Außerdem braucht man Räumlichkeiten (Keller, Höhle), in denen der Käse reifen kann.
    Und wenn es genug Schlachtvieh gab, dann wohl auch genug Milch. (also bevor man die Rinder geschlachtet hat)

    Und wenn die Esslinger Bedarf an einem Würfelmacher hatte, dürfte auch die dortige Kirche so richtig viele Sünden zu vergeben gehabt haben.
     
    Zuletzt bearbeitet: 3. Juni 2011
  16. Caro1

    Caro1 Neues Mitglied

    Nun ja, immerhin sprechen wir hier von Städten und es geht um "Handarbeit". Überleg doch mal wieviel Menschen man z.B. von einer Sau sattmachen kann und wielange ein Metzger durchschnittlich mit dieser einen Sau und dem "Würsteln", Räuchern etc.pp so beschäftigt ist. Es mag durchaus hinkommen, dass der Bedarf an Metzgern in unseren Augen scheinbar übermässig gross war, gelangweilt haben sie sich sicher nicht.

    Wir haben ja nun keinen wirklichen Vergleich zum Land, da man für den Hausgebrauch ja selbst schlachtete und das Schlachtvieh meist lebend gehandelt und meist auch so transportiert wurde, zumindest im Umland.
     
  17. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Folgende Rechenaufgabe 53 Metzger x jeweils ein Tier (Rind, Pferd, Schwein, Schaf, Ziege oder Jagdwild) pro Tag x 365 Tage macht 19345 Tiere, die pro Jahr geschlachtet und verarbeitet wurden.

    Wenn wir annehmen, dass nur an 150 Tagen im Jahr von wiederum 53 Metzgern jeweils ein Tier geschlachtet wurde, sind das immerhin noch 7950 Tiere.
    Das ist verdammt viel für eine Stadt von ein paar Tausend Einwohnern.

    Das wäre ein Pro-Kopf-Konsum von 1 bis 2 Tieren pro Einwohner und Jahr. Wieviel essen wir denn laut Statisik heutzutage.

    Und nur ein Käsbohrer, von dem wir immer noch nicht wissen, ob er herstellte oder handelte?
     
    Zuletzt bearbeitet: 3. Juni 2011
  18. Lili

    Lili Neues Mitglied

    Ich spreche immer noch nicht von Arbeitsintensität sondern von Produktivität. Du kannst 1000 Liter Milch auf einmal verarbeiten, aber eben nicht 1000 Schweine weil du dann im dümmsten Fall die Schlachtprodukte von 999 mangels Absatz und Verderblichkeit der Ware wegwerfen kannst.

    Ich glaube ich habe deinen Denkfehler, du setzt die 53 Metzger mit 53 Metzgereien gleich. Das ist eine Abbildung der Berufe und nicht der Gewerbebetriebe. Es gibt auch Metzersgesellen, die trotzdem Metzger sind. Und gerade das Metzgershandwerk war keines, das man eben mal so alleine betreiben konnte, daher ergibt deine Rechnung auch keinen Sinn. Setz pro geschlachtetem Tier mal im Minimum drei wenn nicht gar fünf Personen an, dann gewinnt sie deutlich an Realität.
     
  19. floxx78

    floxx78 Aktives Mitglied

    Das ist alles hoch spekulativ und führt ohne eine genauere Kenntnis der Esslinger Verhältnisse zu gar nichts:

    Esslingen war eine Reichsstadt. Dort wurde Handel getrieben, also nicht unbedingt nur für den heimischen Markt produziert. Außerdem steht zu vermuten an, dass viele Produkte auch in die Stadt eingeführt worden sind, weil deren Herstellung möglicherweise im innerstädtischen Gebiet unwirtschaftlich gewesen sein könnte.
     
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  20. Dackelhasser

    Dackelhasser Mitglied

    Ja, aber Milch fiel täglich an und musste entsprechend täglich verarbeitet werden. Und ein Tausend-Liter-Bottich dürfte gerade die Menge Milch fassen, die man als Familienbetrieb verarbeiten kann. (Eigentlich ist das kaum zu schaffen.)

    Der Denkfehler ist mir auch gerade aufgegangen, aber du warst schneller. Trotzdem ist das erstaunlich viel Fleisch. (und im Verhältnis dazu wenig Käse)
     
    Zuletzt bearbeitet: 3. Juni 2011

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