http://www.phil.uni-sb.de/projekte/imprimatur/1998/imp980705.html schrieb:
Gemeinsame Interessen an der Saar
Der Bischof von Speyer und Gauleiter Bürckel gelangten auch zur "Überbrückung von Gegensätzen durch gemeinsame Interessen an der Saar" (S. 242). Dort sollte die Bevölkerung nach 15jähriger Völkerbundsverwaltung im Januar 1935 entscheiden, ob sie nach Deutschland zurückkehren oder für den Status quo, d.h. eine weitere Völkerbundsverwaltung, stimmen wollte. Die pfälzischen Nationalsozialisten hielten sich bis zur Saarabstimmung mit kirchenfeindlichen Maßnahmen zurück, "um NSDAP-Gegnern im Saargebiet" , die auch mit Hinweisen auf die Gegnerschaft des Nationalsozialismus zur Kirche für den Status quo warben, "keine Angriffsmöglichkeiten zu eröffnen und die Unterstützung des Bischofs bei der Beeinflussung der Katholiken vor der Abstimmung zu erlangen" (S. 244). Die im Konkordat vereinbarte "Entpolitisierung des Klerus" wurde von Bischof Sebastian als generelle politische Zurückhaltung dem Klerus im Abstimmungskampf zur Pflicht gemacht, obwohl das Reichskonkordat im Saargebiet keine Geltung besaß. Etwa ein Drittel des Klerus war nach Schätzungen für den Status quo, und auch von ihnen verlangte der Bischof wie von allen Gläubigen "'die sittliche Pflicht der Liebe zum angestammten Volkstum und zur Treue zum Vaterland'" und forderte damit indirekt auf, mit der Entscheidung für Deutschland auch für das NS-Terrorsystem zu votieren (S. 249). Im Abstimmungsergebnis, zu dem die Bischöfe Bornewasser und Sebastian durch Hirtenbriefe sicher erheblich beigetragen hatten, sah der Speyerer Bischof "eine Bestätigung der nationalen Zuverlässigkeit der Katholiken" und hoffte infolgedessen bei kirchlichen Belangen auf ein "Entgegenkommen von Staat und Partei" (S. 253).