Boten der Varusschlacht

@Maelonn: Guter Beitrag :yes:

Anbetrachts der Verwirrung der Römer durch den unerwarteten Angriff und die zunehmende Auflösung der Ordnung im todgeweihten Heer relativiert sich der von mir angesprochene Kontext aber wieder. Am letzten Tag der Schlacht spekuliere ich, dass ein schriftliches System allerdings kaum noch Durchgesetzt hätte werden können…

Ich würde sogar soweit gehen, dass auch das mündliche System der Befehlsvermittlung stark eingeschränkt war. Durch das Aufsplittern des Heereszuges infolge der heftigen Angriffe waren die einzelnen Truppenkörper nur noch unzureichend imstande, miteinander zu komunizieren. Für diese Zwecke wurden in erster Linie Meldereiter eingesetzt und man kann sich leicht vorstellen, dass die ehemaligen germanischen Hilfstruppen, die mit dem römischen Militärapparat bestens vertraut waren, sich sehr darum bemüht haben, diese Reiter abzufangen.
Wie schon angesprochen waren die angegriffenen Verbände durch das schwierige Gelände und die zahlreichen Angriffe ohnehin schon stark in Unordnung geraten. Das System der schriftlichen Befehle zusätzlich noch zu sabotieren erscheint mir nicht mehr vonnöten, da die Verwirrung im römischen Heer auch so schon beträchtlich war.
 
...wo finde ich diese Verfügung doch gleich?
Die Schlussfolgerung, dass falsche mündliche Befehle Verwirrung gestiftet haben ist nicht ausgeschlossen. Ich habe trotzdem daran gewisse Zweifel, weil die römische Befehlskette doch im Allgemeinen recht eindeutig ist. Es mag dadurch vielleicht zu kleineren taktischen Verwirrungen beitragen, doch sollten noch so große Verbände wie Kohorten davon betroffen gewesen sein?

Hier war ich noch eine Antwort schuldig. Hat so lange gedauert, weil ich erstmal suchen musste. Langsam verliere ich den Überblick...

Es handelt sich wohl um Suetons Tiberius-Biographie. Der Originaltext liegt mir nicht vor. Ich stütze mich auf eine Zusammenfassung, die Reinhard Wolters in "Die Schlacht im Teutoburger Wald" gegeben hat. Er schreibt da sinngemäß, Tiberius habe die Legionen wieder zu einem schlagkräftigen Expeditionsheer umgeformt, das sogar beim Essen noch in Alarmbereitschaft gewesen sei. Auch habe er entgegen seiner sonstigen Gewohnheit alle Fragen immer gleich mit mehreren Beratern diskutiert. Und dann heißt es: "Wenn Tiberius schließlich dazu überging, selbst spontane Entscheidungen nur in schriftlich beglaubigter Form an die Truppenführer weiterzugeben, so bestätigt diese bemerkenswerte Notiz, dass die Verschwörer um Arminius offenbar im allerengsten Umfeld des römischen Legaten hatten agieren und offensichtlich selbst falsche Befehle - mit denen sie angeblich im Namen des Oberbefehlshabers sprachen - hatten überbringen können."
Soweit Wolters. Als Quelle gibt er an "Suet. Tib. 18,1 f".

Dass während des laufenden Gefechts noch falsche Befehle im Umlauf waren, halte ich auf für zweifelhaft. Taktische Anweisungen werden ja in der Regel auf kurzem Weg gegeben und sind dann durch persönliche Kenntnis des jeweiligen Kommandeurs authentisiert. Aber selbst da ist es denkbar, dass sowas noch möglich war. Mal ein erdachtes Beispiel: Die Marschsäule nähert sich dem Wall, die Vorhut erkennt, dass da was nicht stimmen kann - und erhält von irgendwem (vermeintlich dem Kommandeur) den Befehl: Durchbrechen.

MfG
 
Proximo anno repetita Germania cum animaduerteret Varianam cladem temeritate et neglegentia ducis accidisse, nihil non de consilii sententia egit; semper alias sui arbitrii contentusque se uno, tunc praeter consuetudinem cum compluribus de ratione belli communicauit. Curam quoque solito exactiorem praestitit. Traiecturus Rhenum commeatum omnem ad certam formulam adstrictum non ante transmisit, quam consistens apud ripam explorasset uehiculorum onera, ne qua deportarentur nisi concessa aut necessaria. Trans Rhenum uero eum uitae ordinem tenuit, ut sedens in caespite nudo cibum caperet, saepe sine tentorio pernoctaret, praecepta sequentis diei omnia, et si quid subiti muneris iniungendum esset, per libellos daret; addita monitione ut, de quo quisque dubitaret, se nec alio interprete quacumque uel noctis hora uteretur.

"...und wenn er plötzlich etwas zu befehlen hatte, gab er diese per Brief/Büchlein."
 
Er schreibt da sinngemäß, Tiberius habe die Legionen wieder zu einem schlagkräftigen Expeditionsheer umgeformt, das sogar beim Essen noch in Alarmbereitschaft gewesen sei. Auch habe er entgegen seiner sonstigen Gewohnheit alle Fragen immer gleich mit mehreren Beratern diskutiert. Und dann heißt es: "Wenn Tiberius schließlich dazu überging, selbst spontane Entscheidungen nur in schriftlich beglaubigter Form an die Truppenführer weiterzugeben, so bestätigt diese bemerkenswerte Notiz, dass die Verschwörer um Arminius offenbar im allerengsten Umfeld des römischen Legaten hatten agieren und offensichtlich selbst falsche Befehle - mit denen sie angeblich im Namen des Oberbefehlshabers sprachen - hatten überbringen können."
Soweit Wolters. Als Quelle gibt er an "Suet. Tib. 18,1 f".


MfG


Das ist doch ein bemerkenswertes Resümee dieses Threads. Will noch hinzufügen, dass ein Expeditionskorps auf feindlichem Gebiet logistische Unterstützung sowie genaues Kartenmaterial benötigt. Ohne dieses ist es sinnlos mit anderen Einheiten zu kommunizieren (oder etwa doch in dieser Art: "... stehen mit feindlichen Einheiten im Gefecht. Benötigen im Wald, drei Tagesmärsche hinter der Biegung des großen Flusses 20 Kohorten Verstärkung mit Verpflegung..." ?)

Eher nicht. Was uns zu der Frage bringt, warum sich wohl die großen und kleinen Historiker über den Ort (ob Teutoburger Wald oder Kalkriese) streiten...
 
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