Brest Litowsk 1918: Musterfall für Versailles?

Repo

Aktives Mitglied
Man begegnet öfter der Aussage, dass die Mittelmächte mit Brest Litowsk den Musterfall für die Alliierten geschaffen hätten.
Sich über die Härte der Friedensbedingungen nicht weiter hätten echauffieren brauchen.

Nun ist mir sehr zufällig in anderem Zusammenhang ein Teil der Friedensbestimmungen unter gekommen.

In Abschnitt IX wird der gegenseitige Verzicht auf Reparationen und Kriegskostenerstattung erklärt.
Genau dies ist aber der Punkt, der Versailles als Friedensordnung scheitern ließ.
Sind demnach andere Punkte für die o.g. Aussage entscheidend?
 
Die Russen wurden mit brutaler Gewalt zur Unterschrift dieses Diktatfriedens gezwungen. Als Trotzki mit seiner Delegation abreiste und den Krieg für beendet erklärte, war man auf deutsche ratlos, aber nur kurz. Es wurden umfängliche Territorien besetzt, bis die Russen eben doch unterzeichneten.

Die Russen mussten erhebliche territoriale Verluste schlucken und mussten gemäßt Artikel 9 des Berliner Zusatzvertrage vom 27.August 1918sechs Milliarden Goldmark an Reparationen zahlen.

Bei Abschluß des Versailler Vertrages war es nicht besser. Entweder Unterschriftsleistung oder die Entente wäre einmarschiert. Die Deutschen haben lieber unterschrieben.
 
Turgot;582796 Die Russen mussten erhebliche territoriale Verluste schlucken und mussten gemäßt Artikel 9 des Berliner Zusatzvertrage vom 27.August 1918sechs Milliarden Goldmark an Reparationen zahlen. .[/QUOTE schrieb:
Danke.
(hätte ich auch selbst googeln können.... sass einer auf der Leitung)

Wenn ich das aber richtig sehe, haben die Russen für die 6 Milliarden Weißrussland "zurückgekauft."
Wieviel davon ist in Berlin dann angekommen? Nix?
 
Wieviel davon ist in Berlin dann angekommen? Nix?

Na ja, am 27.08. wurde der Vertrag abgeschlossen. Kurze Zeit später hat das Deutsche Reich bedingungslos kapituliert; auch wenn man es Waffenstillstand zu nennen beliebt. Ich glaube nicht, das davon auch nur eine einzige Goldmark in Berlin angekommen ist.
 
Wenn ich das jetzt richtig sehe, waren das aber Zahlungen für "private Vermögensschäden" Beschlagnahmen usw.

Den Vorbildcharakter für Versailles sehe ich in der Beziehung nicht.
 
Die Paralellen sind doch schon auffällig. Schau dir doch einma die Art und Weise an, wie diese Verträge erpresserisch mit Gewalt bzw. Gewaltandrohung erzwungen wurden. In beiden Verträgen wurde sich umfänglich territorial bedient und in beiden Verträgen wurden Reparationen, Im Versailler allerdings waren die Reparationen in Geldbeträgen umfänglicher, die Alliierten haben wohl auch die wirtschaftlich Leistungsfähigkeit Deutschlands in Rechnung gestellt. Die Deutschen sollten ja wirklich auch für alles, selbst für die Rentenleistungen aufkommen. Ich weiß jetzt nicht inwiefern das für "private Zwecke" qualifiziert war, denn mir ist nicht bekannt ob es in Frankreich und Großbritannien schon so etwas wie Kriegsrenten gab.
 
Die Paralellen sind doch schon auffällig. Schau dir doch einma die Art und Weise an, wie diese Verträge erpresserisch mit Gewalt bzw. Gewaltandrohung erzwungen wurden. In beiden Verträgen wurde sich umfänglich territorial bedient und in beiden Verträgen wurden Reparationen, Im Versailler allerdings waren die Reparationen in Geldbeträgen umfänglicher, die Alliierten haben wohl auch die wirtschaftlich Leistungsfähigkeit Deutschlands in Rechnung gestellt. Die Deutschen sollten ja wirklich auch für alles, selbst für die Rentenleistungen aufkommen. Ich weiß jetzt nicht inwiefern das für "private Zwecke" qualifiziert war, denn mir ist nicht bekannt ob es in Frankreich und Großbritannien schon so etwas wie Kriegsrenten gab.

Die Gewalt... naja, was hätte denn geschehen sollen, als der Trotzki abgereist ist?
Ist ja irgendwo auch Gewalt. Es war doch wohl allen Beteiligten klar, dass die Deutschen ein recht enges Zeitfenster hatten. Die Sowjets hatten ihre ganze Verhandlungs-Strategie darauf aufgebaut.
 
Die Gewalt... naja, was hätte denn geschehen sollen, als der Trotzki abgereist ist?
Ist ja irgendwo auch Gewalt. Es war doch wohl allen Beteiligten klar, dass die Deutschen ein recht enges Zeitfenster hatten. Die Sowjets hatten ihre ganze Verhandlungs-Strategie darauf aufgebaut.

Du weißt doch, was passiert ist, als Trotzki abgereist war oder? Wenn das keine Gewalt ist....:winke:
 
Aber im falle Brest-Litowsks ging von Russland vorläufig keine Gefahr aus. Im Gegenteil, eigentlich ward die Abreise Trotzkis und seine einseitige Friedenserklärung das allerbeste was den Deutschen passieren konnte. Man hatte ja von deutscher Seite aus weder Frieden mit Russland geschlossen (nur Waffenstillstand), noch die Kommunisten anerkannt. Das heist das man anstatt Soldaten in Finnland und Georgien zu verschleudern, gleich Truppen zur Westfront schicken konnte, während man gleichzeitig ein bisschen die verschiedene Weißen ünterstützte. Dan wäre wenigstens die Chance da gewesen im Westen zu siegen, um danach mit völlig reinen gewissen die Kommunisten zu vernichten und Russland völlig zu zerstückeln.
 
Wenn ich das jetzt richtig sehe, waren das aber Zahlungen für "private Vermögensschäden" Beschlagnahmen usw.

Ob das gesamte deutsche Auslandsvermögen in Rußland die Summe von 6 Mrd. Mark erreicht, würde ich sehr in Zweifel ziehen. Hier wurde auch Krieg mit Revolution in den Folgen vermischt, siehe die Entschädigung für Auslandsanleihen.


...die Alliierten haben wohl auch die wirtschaftlich Leistungsfähigkeit Deutschlands in Rechnung gestellt.

Gerade die Leistungsfähigkeit und die Folgen waren ja umstritten, siehe die Schriften von Keynes. Im VV war der Betrag offen gelassen worden, und sollte später festgesetzt werden. Daraus entwickelte sich das bekannte Karussel. In Rede standen mal 100 Mrd. Mark, eine Schätzung ist hier im Forum diskutiert worden. Bei Großbritannien spielte nebenbei der uneingeschränkte U-Boot-Krieg hinein: dieser führte zu der Forderung, die deutsche Handelsflotte für die Versenkungen zu beschlagnahmen.

Die französische und britische Seite berechneten ihre Reparationsansprüche gegen den Verlierer aus den erlittenen Kriegsschäden. Die sind allein bei Frankreich höher als die besagten 100 Mrd. Mark anzusetzen.
 
Nochmal zu den erfolgten Tranchenzahlungen gemäß des Vertrages vom 27.August 1918.

Am 09.September wurde die erste Rate gezahlt. Dazu notierte Max Hoffmann:
"Gestern kam die erse Ratenzahlung der Russen [...] und wurde von der Reichsbank übenommen. Die Bolcshewisten sind klug und wissen, wo sie uns anfassen. Jetzt,nachdem sie anfangen zu zahlen, wird natürlich Auswärtiges Amt und Reichstag für absolute Stützung der Bolschewisten sein." (1)

Insgesamt sollten die 6 Milliardenin in 5 Raten bis zum 31.Dezember 1918 gezahlt werden..

(1) Neblin, Ludendorff
 
Hallo!

Ich hoffe, ich kann meine Frage in diesem Thread stellen, ich hielt es für unnötig eigens ein neues Thema einzurichten.

Ist jemandem bekannt, inwiefern der Verbleib der Kriegsgefangenen mit dem Frieden von Brest-Litowsk geregelt worden ist? Wurde eine gegenseitige Freilassung beschlossen?

Viele Grüße
swie
 
Schon nach der Oktoberrevolution erklärten die Bolschewisten die Kriegsgefangen für frei. Tatsächlich begann deren Rückführung, auch die der Deutschen, aber erst nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages von Brest Litowsk.

Auch die deutsche Seite begann mit der Rückführung und bis zum Waffenstillstand waren von ca. 1,4 Millionen russischen Kriegsgefangenen 800.000 zurückgeführt worden. Der Waffenstillstandsvertrag allerdings untersagte zunächst die weitere Rückführung.
 
Dankeschön für die Antwort! Meine nächste Frage wäre nun, wie die Rückführungen verlaufen sind. Gerade die Kriegsgefangenen Soldaten der Mittelmächte dürften vielfach weit entfernt von der Front untergebracht worden sein, was lange und beschwerliche Reisen zur Folge gehabt haben könnte. Sind dir die Umstände der Transporte bekannt, d.h. sind Opferzahlen oder Übergriffe auf Züge bzw. Waggons bekannt oder dokumentiert?
 
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