"Bürgerkämpfe" ist ein weit gefasstes Wort. Interne (Macht-)Kämpfe gab es während des MA fast in jeder größeren Stadt und nur dort gab es in engerem Sinne auch Bürger. Wenn es um Auflehnungen innerhalb der städtischen Ordnung geht, ist das immer noch ein weites Feld.
Spontan möchte ich -Stark vereinfacht- Machtkämpfe innerhalb solcher Städte in mehrere Kategorien fassen, denn durch das Wachstum der Städte versuchten mehr und mehr Gruppierungen darin an der städtischen Macht teilzuhaben. Im Idealfall strebte man im HRR dabei die Reichsunmittelbarkeit an: Sprich, man wollte eine "Freie Reichsstadt" werden.
Dabei hätte ich auch schon den ersten "Fall", meines Ansatzes. Mittelalterliche Städte waren häufig Neugründungen. In jedem Fall gab es aber einen Territorialherr, dem man zumindest ursprünglich weitgehend unterstand. Dies können direkte Stadtherren sein, wie etwa geistliche Bischöfe (etwa der Erzbischof von Köln, der Deutsche Orden in Preussen...), oder eher indirekte Territorialherren auf deren Boden prestige- und finanzkräftige Städte gegründet wurden. Mit wachsender wirtschaftlicher Macht verlangten die verschiedenen Stände einer Stadt Teilhabe an der Macht und es kam zu Konflikten mit diesen Stadtherren.
Häufig waren die ersten Träger der Auflehnung reiche Patrizier oder Kaufleute, die ohnehin innerhalb der Stadt an Einfluss, Ansehen und Macht gewonnen hatten. Sie drängten in die Stadträte und begannen oft die Stadtpolitik alleine zu dominieren. Nicht selten gelang es ihnen die älteren Stadtherren weitgehend von den Internas der Macht auszuschließen.
Ungleich heftiger scheinen die Konflikte mit später zur Teilhabe drängenden Gruppen gewesen zu sein, die sich weniger auf große Kapitalkraft, als vielmehr auf zahlreiche Anhänger stützen konnten. Das beste Beispiel dafür sind die Zünfte, in denen Handwerker und Arbeiterschaft organisiert waren. Unter dem Schlagwort der "Zunftkämpfe" dürfte sich dazu auch einiges im Netz finden lassen. Zunftverfassungen begründeten die Basis ihrer Macht, die sich in Zunftkämpfen - manchmal auch Zunftrevolutionen genannt - ihren Weg brachen. Nicht immer von Erfolg gekrönt!
Häufig resultierte daraus eine Machtbalance zwischen Patriziern (oft im "Hohen Rat" organisiert) und Vertretern der Zünfte (oft nur im "Kleinen Rat" vertreten). Die einzelnen Berufszünfte konnten dabei durchaus sehr verschiedene Interessen vertreten haben. Ein sozialistisches "Klassenschema", bei dem sich die Unterschicht solidarisiert hätte, gab es damals nicht.
Ganz wichtig ist, dass die Entwicklungen fast in jeder Stadt des HRRdN nicht gleichförmig verliefen, sondern sich individuelle Machtstrukturen herausbildeten, die von Zeit zu Zeit immer wieder von Veränderungen und damit Erschütterungen betroffen sein konnten.
Im Späten Mittelalter/Renaissance begann die umgekehrte Entwicklung durch Erstarken der Territorialherren, die spätestens mit dem Ende des 30-jährigen Krieges die städtischen Freiheiten oder Autonomien wieder zurückdrängten. Der Absolutismus war der natürliche Feind städtischer Freiheiten, was oft genug ebenfalls zu Auseinandersetzungen führte.
...Aber was für einen Bereich interessiert dich denn überhaupt? Interne Kämpfe? Welche Zeit? Oder vielleicht ist es sogar besser nach einer speziellen Stadt oder Beispiel zu fragen?