Ausschussware als Kulturdenkmäler...
Zunächst mal der Einwand: "Heunesäulen" sind nicht gleich "Heunesäulen"!
Die Überlegung, dass jene "Heunesäulen" für den ersten Dombau bzw. zweiten Dombau (Wiederaufbau) in Mainz nach 1000 n. Chr. gedacht waren, bezieht sich wohl vor allem auf die Heunesäulen vom "Heuneberg" (Nähe Miltenberg / Unterfranken). Dieser Heuneberg ist meines Wissens ein Synonym für den "Bullauer Berg".
Ganz in der Nähe haben wir gleichbenannte "Heunesäulen" unterhalb des "Ringwalls Wannenberg" (bei Bürgstadt, also immer noch Nähe Miltenberg). Und bei diesem Ringwall liegen wiederum noch sogenannte "Heunefässer" (die als 4 m lange Teil-Säulen einer geplanten Groß-Säule zu verstehen sind) sowie ein "Heunestein".
So gibt es also in dieser Gegend am unteren Main jede Menge Werkstücke aus Sandstein (überwiegend Felssandstein, aus eiszeitlichen Felsenmeeren = Blockströmen stammend).
Ach ja, und zu dem ganzen Säulenzeug kommen noch die (Trapez-)Sarkophage aus Felssandstein sowie jede Menge Mühlsteine, die ebenfalls dort oben hergestellt wurden.
Von den beiden Ringwällen auf dem Miltenberger Greinberg und neben dem Bürgstadter Wannenberg will ich hier mal nicht weiter sprechen.
Zu sprechen wäre aber noch in aller Kürze vom Toutonenstein in Miltenberg, am Greinberger Ringwall.
:fs:
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Zu den ganzen Sandstein-Produkten ist zu sagen, dass sie offenbar - wie RÖDER 1960 nachweist - aus sehr unterschiedlichen Zeiten stammen können - aber nicht zwangsläufig müssen.
RÖDER schließt aus seiner ausführlichen Argmentation eine Entstehungszeit der meisten Werkstücke etwa zwischen dem 8. und 12. nachchristlichen Jahrhundert. Die Mühlsteine müssen teils später angefertigt worden sein.
Der Toutonenstein dürfte - schon aufgrund seiner (bruchstückhaften) römischen Beschriftung - ziemlich eindeutig aus der römischen Besatzungszeit stammen.
:fs:
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Zu den Ausgangsfragestellungen:
Mercy:
"Warum aber wurden sie nicht abtransportiert? Hatte man ihre Festigkeit überschätzt, bzw. nach deren Fertigstellung festgestellt, die Kreuzschichtung des Sandsteins könnte sich bei Belastung als problematisch erweisen?"
RÖDER macht ja einen hypothetischen Vorschlag dazu, nämlich dass Bardo, der den Mainzer Dom neu errichten ließ (zweite Weihe 1036, nach dem Abbrennen des ersten Doms 1009 am Tag der Weihe) möglicherweise von den ursprl. projektierten Säulen dann doch lieber auf Pfeiler umgestiegen sei, wodurch die Säulen nicht mehr geliefert wurden...
Mercy:
"Oder hat man damals - nach dem Vorbild des Kaiserdoms in Speyer, der damals gebaut wurde, - auf Säulen verzichtet? Pfeiler mit vorgeblendeten Halbsäulen waren leichter herzustellen und ermöglichten größere Bauhöhen."
...wie Mercy ja ebenfalls anführt. - Aber dies bleibt natürlich dennoch Spekulation.
:fs:
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Die angeführten Überlegungen beziehen sich vor allem auf die Heunesäulen des Bullauer Bergs, denke ich, denn die haben die erstaunliche Eigenschaft, dass sie - meines Wissens - eigentlich in tadellosem Zustand gewesen wären: Man hätte sie also ohne Weiteres für den Bau verwenden können, liefern können. Trotzdem blieben sie liegen...
Die meisten der Werkstücke aber, die wir heute auf den Bergen bei Miltenberg und Bürgstadt finden, sind mehr oder weniger beschädigte Relikte einer (mittelalterlichen) Sandsteinproduktion. Bei der Bearbeitung sind gewisse Produktionsfehler aufgetreten, insbesondere dadurch, dass eine zuvor nicht erkannte Schrägschichtung zu einem Bruch des Gesteins führte. Daher ließ man die Stücke vor Ort liegen, um sich einen neuen Rohling aus den "Felsenmeeren", mit denen die Hänge bestreut sind (oder waren) vorzuknöpfen.
Das heißt also mit anderen Worten, das, was wir heute so sehr als Kulturdenkmäler in Unterfranken schätzen, ist genau genommen der Abfall mittelalterlicher Sandsteniproduktion! Ausschuss!
Dies gilt für die "Heunefässer", den "Heunestein" und die "Heinesäulen" bei Bürgstadt sowie für diverse Sarkophag- und Mühlstein-Relikte vor Ort. - Alles Müll!
So gesehen spiegeln die ganzen Heunesteine eine banale, nackte Realität wider, die wir sozusagen unter trial and error subsummieren könnten.
Einen kläglich-realistischen Umgang mit Kulturgut pflege ich da, wie?! :autsch:
:still:
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