Das rätselhafte Monogramm auf Herodes-Münzen

buschhons

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Vier Typen der Münzen Herodes' des Großen sind datiert; sie tragen alle die gleiche Jahreszahl: L Γ = „Jahr 3“. Ansehen kann man sich diese Herodes-Münzen z. B. hier (Her-01, Her-02, Her-03, Her-04 - in der Leiste ganz links anklickbar):
HER-01

Auf all diesen datierten Herodes-Münzen befindet sich ein Monogramm, welches in seiner Bedeutung umstritten ist. Siehe Anhang.

Es erinnert ein bisschen an das Christusmonogramm, welches aus den griechischen Buchstaben Chi (Χ) und Rho (Ρ) besteht (kann aber selbstverständlich schon alleine aus chronologischen Gründen nichts damit zu tun haben).
Was bedeutet das Monogramm auf den Münzen des Herodes?

Es gab und gibt unter Numismatikern und Historikern verschiedene Interpretationsvorschläge. Ariel, Donald T.; Fontanille, Jean-Philippe: The Coins of Herod, Leiden u. Boston 2012, S. 124ff zählen neun Vorschläge auf. Ich beschränke mich hier mal auf sechs dieser Vorschläge:

1.) Auf den Münzen ist das ägyptische Anch-Kreuz/ Ankh-Kreuz abgebildet (es ist also gar kein Monogramm).

2.) Es ist das Monogramm des Namens irgendeines uns unbekannten Münzmeisters/ Präge-Beamtens des Herodes (der Name könnte z. B. Tigranes gewesen sein). Oder das Monogramm steht irgendwie für den unbekannten Prägeort.

3.) Das Monogramm besteht aus den griech. Buchstaben Tau (Τ) und Rho (Ρ). Damit soll einfach nur der Wert der Münze – trias oder trichalkon - angegeben werden.

4.) Die Buchstaben Tau und Rho stehen für die Landschaft Trachonitis, welche dem Herodes zusammen mit den Territorien Batanea und Auranitis (um 20 v. Chr.?) zufiel.

5.) Das Monogramm will nichts anderes als die Datierung „Jahr drei“ wiederholen: tritō etei.

6.) Die wohl bekannteste Erklärung: Das Monogramm steht für „Tetrarch“; die Datierung der Münze will also sinngemäß heißen „Jahr 3 der Tetrarchie/ des Tetrarchen“. Herodes wurde etwa 43 v. Chr. zum Tetrarchen von Galiläa ernannt. Um 40 v. Chr. hätte er folglich die Münzen prägen lassen, so Ya'akov Meshorer (obwohl die Inschrift der Münzen ja schon vom „König Herodes“ spricht. Warum sollte der König nach Tetrarchen-Jahren datiert haben?).

Was davon klingt für Euch plausibel? Oder hat – was ja noch spannender wäre – jemand sogar noch einen Alternativvorschlag? Oder kennt jemand irgendwelche Parallelen auf ganz anderen Münzen?
 

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Hallo buschhons,

fingalo hat dazu schon mal einen Thread eröffnet, und ich wollte mir dazu Victor Gardthausen besorgen und habe das auch getan, leider habe ich nie geschrieben, was ich bei diesem gefunden habe und kann mich nach all den Jahren auch nicht mehr daran erinnern. Vielleicht hilft dir aber die Literaturangabe selbst weiter.
 
Danke El Quijote. Ist durchaus interessant für mich. Ich habe in Ursula Kampmann "Die Münzen der roemischen Kaiserzeit" Abbildungen des Monogramms auf Konstantins Münzen gefunden. In dem in #15 von finalgo zitierten FAZ-Artikel heißt es:
Victor Gardthausen hat bereits 1924 in einer gründlichen Untersuchung über die antiken Monogramme den mehrstrahligen Stern mit darüber gesetzten Diskos/ Halbdiskos der Sonne (XP) als ein „uraltes Symbol des Orients" nachgewiesen und eine Fülle von Belegen für die Verwendung der XP-Ligatur in Inschriften und auf ägyptischen und .griechischen Münzen geliefert.
Gardthausens Beispiele aus vorkonstantinischer Zeit für das Chi-Rho-Monogramm als heidnisches Sonnensymbol des Orients sind für mich von Bedeutung. Ich werde unbedingt bei Gardthausen gucken.

Ich meine übrigens, das Monnogramm auch mal als Gegenstempel auf einer augusteischen Münze gesehen zu haben. Das muss ich aber nochmal suchen.
 
Auf all diesen datierten Herodes-Münzen befindet sich ein Monogramm, welches in seiner Bedeutung umstritten ist. Siehe Anhang.

Es erinnert ein bisschen an das Christusmonogramm, welches aus den griechischen Buchstaben Chi (Χ) und Rho (Ρ) besteht (kann aber selbstverständlich schon alleine aus chronologischen Gründen nichts damit zu tun haben).
Was bedeutet das Monogramm auf den Münzen des Herodes?

Nur mal ein Gedankengang: Die Münzen sind griechisch, XP steht für Christos, was die griechische Entsprechung des Hebräischen māšiaḥ ist: Christos/Māšiaḥ bedeutet 'der Gesalbte'. Die Salbung war im alten Israel ein königliches Zeichen. Könnte es sein, dass das genau die Botschaft des Monogramms auf den Herodesmünzen ist, gerichtet an die Juden, die außerhalb Judaeas lebten und des Griechischen besser mächtig als des Aramäischen und/oder Hebräischen? Also gerichtet an die Gruppe, für die man auch die Septuaginta herstellte? Dass Herodes damit den Anspruch erhob, auch der König der Juden zu sein, die außerhalb Judaeas lebten?

Allerdings... Widerspräche das nicht wiederum dem freundschaftlichen Verhältnis zwischen den Herodianern und dem julisch-claudischen Kaiserhaus?
 
Nicht unbedingt, sofern es sich um einen eher ideellen Anspruch handelte, mehr im Sinne eines Patronats. Herodes betätigte sich ohnehin immer wieder als Schutzherr und Fürsprecher der Juden vor allem in Kleinasien, mischte sich also in gewisser Weise wiederholt in "innerrömische" Angelegenheiten ein. Auch später, als Iudaea bereits römisch war, wurde in anderen Gegenden herrschenden Tetrarchen und Königen eine Art moralische Hoheit über die in Iudaea lebenden Juden zugestanden.
 
Herodes war ethnisch gesehen Idumäer, kein Jude, was ihm Zeit Lebens Probleme bereitete. Es gab ja die Forderung: "Nur aus der Mitte deiner Brüder darfst du einen König über dich einsetzen." (Dtn 17,15) (Vergleich bei Wikipedia. Dort ist auch eine entsprechende Münze mit Sonne auf der Rückseite zu sehen.)

Sich als Messias hinzustellen und damit eine außerordentliche Legitimation in Anspruch zu nehmen, wäre durchaus ein naheliegender Schachzug. Von der Art des Denkens vielleicht sogar durch Augustus Ämter- und Titelkonstrukt inspiriert. Letzteres wird nicht nachzuweisen sein, die Möglichkeit zeigt aber zumindest, dass der Gedanke nicht anachronistisch wäre. Problematisch würde der Bezug zu den Evangelien: "Mein Königtum ist nicht von dieser Welt." wäre für einen Nachfolger des Herodes schlecht hinnehmbar gewesen, wenn es keine weiteren Interpretationen gab.

Was seine mögliche Autorität hinsichtlich der Diaspora-Juden angeht, wäre dies vom Kaiser vielleicht sogar bis zu einem gewissen Grad gewünscht worden. Denn es befreite ihn -immer als Konjunktiv gedacht- von der heiklen Aufgabe mit den komplexen Regeln des Judentums umgehen zu müssen: Es wäre eine Möglichkeit generisch jüdische Konflikte weitgehend ignorieren zu können.

Edit: Eine Art Patronat wäre natürlich die ideale Umsetzung, die sich wahrscheinlich von selbst ergeben hat. Daher streiche ich den Konjunktiv.

Und der Bequemlichkeit halber habe ich das Münzbild von Wikipedia angehängt.
 

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Nicht unbedingt, sofern es sich um einen eher ideellen Anspruch handelte, mehr im Sinne eines Patronats. Herodes betätigte sich ohnehin immer wieder als Schutzherr und Fürsprecher der Juden vor allem in Kleinasien, mischte sich also in gewisser Weise wiederholt in "innerrömische" Angelegenheiten ein. Auch später, als Iudaea bereits römisch war, wurde in anderen Gegenden herrschenden Tetrarchen und Königen eine Art moralische Hoheit über die in Iudaea lebenden Juden zugestanden.

Das denke ich auch, und es erscheint mir die plausibelste Erklärung. Herodes konnte sich die Intervention zugunsten der Diasporajuden leisten, da er sich als loyal gegenüber Rom erwiesen hatte und zugleich der fähigste und geeignetste Kandidat war, die heikle Region Palästina im römischen Sinne zu befrieden.

Ich glaube noch nicht einmal, dass seine Fürsprache für die Diasporajuden in Kleinasien von Seiten Roms als Affront empfunden wurde. Eher könnte seine Intervention sein Ansehen noch gesteigert haben. Einerseits konnte er sich durch seine Fürsprache für die Belange der Diasporajuden in Kleinasien als vorbildlicher Patron auszeichnen, der für seine Klientel eintrat und zugleich als diplomatischer Vermittler und Schlichter fungieren, der sowohl bei den Griechen wie bei den Juden über Autorität verfügte.

Flavius Josephus beschreibt meisterhaft wie Herodes nach Rom reiste und gegenüber Octavian offen darüber sprach, dass er Marcus Antonius mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, mit Geld, Truppen, sozialen Kontakten und Rat und Tat während des Bürgerkrieges unterstützt habe und ihm auch geraten habe, seine Intimfeindin Kleopatra VII. fallenzulassen und gegebenenfalls zu beseitigen. Diese offene Loyalitätsbekundung blieb anscheinend nicht ohne Eindruck auf den späteren Augustus, der Herodes als Tetrarch bestätigte.

Herodes war aus Sicht Roms der ideale Mann, die öffentliche Ruhe in der schon damals heiklen Region Palästina zu garantieren. Als Pompeius sich das Allerheiligste des Tempels ansah, wurde das von den Juden als enormer Affront wahrgenommen, und bei Herodes konnten sich die Römer sicher sein, dass er nicht aus Unwissenheit/Gleichgültigkeit gegenüber den religiösen Geboten des Judentums einen Volksaufstand auslösen würde wie er drohte, als später Caligula sein Bild im Tempel von Jerusalem aufstellen wollte. Er kannte all die für die Römer teilweise unverständlichen Gebote des mosaischen Glaubens und hatte sich bereits im Kampf gegen Antigonos den Hasmonäer und die Parther als loyaler Interessenvertreter Roms ausgezeichnet. Positiv aus römischer Sicht war auch, dass Herodes ein Usurpator war. Eigentlich war er Halbjude, seine Mutter war keine Jüdin, sondern Nabatäerin und die Idumäer oder Edomiter wie sie in der Bibel genannt werden, waren einst von Johannes Hyrkanos I. zwangsweise judaisiert worden. Herodes stammte daher aus keinem der 12 Stämme Israels und hatte nur in 2. Ehe die Hasmonäerin Mariamne geheiratet. Als sein jugendlicher Schwager Aristobulos bei seinem ersten öffentlichen Auftritt anlässlich des Laubhüttenfestes als Hoherpriester bejubelt wurde, ließ Herodes ihn im Swimming Pool ersaufen. Schlimmstenfalls hätten die Römer ihn also fallen lassen können, ohne dabei zu riskieren, einen Volksaufstand zu entfesseln.


Herodes hatte bei einer Hungersnot aus eigenen Mitteln Getreide angekauft und großzügig Steuern erlassen. In der hellenistischen Welt hatte er sich als Mäzen Ansehen erworben und u. a. die olympischen Spiele durch großzügige Spenden unterstützt und vor dem Verfall gerettet, was ihm hohes Ansehen einbrachte.
 
in der schon damals heiklen Region Palästina

Für andere mag das nur eine Randnotiz sein, für Korinthenkacker und Haarespalter wie mich ist das wichtig: Ich hoffe du beziehst dich mit der Andeutung auf spätere Trubulenzen auf die Ereignisse ab Caligula bis Hadrian, nicht auf nach 1879. :winke:
 
Für andere mag das nur eine Randnotiz sein, für Korinthenkacker und Haarespalter wie mich ist das wichtig: Ich hoffe du beziehst dich mit der Andeutung auf spätere Trubulenzen auf die Ereignisse ab Caligula bis Hadrian, nicht auf nach 1879. :winke:

Vielleicht hätte ich Palaestina oder das Heilige Land schreiben sollen. Auf Herodes bezogen wäre wohl Judaea, Samaria und Galiläa am korrektesten gewesen. Herodes Herrschaftsgebiet wurden aber auch Gebiete zugeschlagen, die später wieder zur römischen Provinz Syria kamen. Turbulent wurde es aber schon vor Caligula und Hadrian. Eigentlich seit der Makkabäeraufstand die Diadochenstaaten zwang, sich mit dem Judentum auseinanderzusetzen. Die Römer erbten diese Konflikte, seit Pompeius das Projekt der "Neuordnung des Ostens" verfolgte, Jerusalem eroberte und mit seiner Besichtigung des Tempels in ein Hornissennest stach, vermutlich ohne sich dessen ganz bewusst zu sein. Dabei wurde den Römern klar, dass das Judentum eine sehr eigenartige Religion war. Obelix würde sagen: "Die spinnen die Juden"
 
Herodes war ethnisch gesehen Idumäer, kein Jude, was ihm Zeit Lebens Probleme bereitete. Es gab ja die Forderung: "Nur aus der Mitte deiner Brüder darfst du einen König über dich einsetzen." (Dtn 17,15) (Vergleich bei Wikipedia. Dort ist auch eine entsprechende Münze mit Sonne auf der Rückseite zu sehen.)

Sich als Messias hinzustellen und damit eine außerordentliche Legitimation in Anspruch zu nehmen, wäre durchaus ein naheliegender Schachzug. Von der Art des Denkens vielleicht sogar durch Augustus Ämter- und Titelkonstrukt inspiriert. Letzteres wird nicht nachzuweisen sein, die Möglichkeit zeigt aber zumindest, dass der Gedanke nicht anachronistisch wäre. Problematisch würde der Bezug zu den Evangelien: "Mein Königtum ist nicht von dieser Welt." wäre für einen Nachfolger des Herodes schlecht hinnehmbar gewesen, wenn es keine weiteren Interpretationen gab.

Was seine mögliche Autorität hinsichtlich der Diaspora-Juden angeht, wäre dies vom Kaiser vielleicht sogar bis zu einem gewissen Grad gewünscht worden. Denn es befreite ihn -immer als Konjunktiv gedacht- von der heiklen Aufgabe mit den komplexen Regeln des Judentums umgehen zu müssen: Es wäre eine Möglichkeit generisch jüdische Konflikte weitgehend ignorieren zu können.

Edit: Eine Art Patronat wäre natürlich die ideale Umsetzung, die sich wahrscheinlich von selbst ergeben hat. Daher streiche ich den Konjunktiv.

Und der Bequemlichkeit halber habe ich das Münzbild von Wikipedia angehängt.

Das Diasporajudentum war eher eine Religionsgemeinschaft, als ein Volk, und ohne eine gewisse Anpassung, ohne eine Einstellung auf helleni(sti)sche Vorstellungen ging es in der Diaspora nun einmal nicht. Die meisten Diasporajuden sprachen weder Aramäisch, noch Hebräisch. Herodes Autorität war vermutlich in Kleinasien und Ägypten größer, als in Palästina. Obwohl Herodes sich peinlich um Einhaltung der mosaischen Gesetze bemühte, gehörte er als Idumäer/Edomiter keinem der 12 Stämme an und orthodoxen Vorstellungen entsprach sein Lebens- und Regierungsstil nicht, dazu fuhr er eine zweigleisige Politik, indem er den Juden ein jüdisches, den "Heiden" ein hellenistisches Profil zeigte. Der Pharisäismus trug dazu bei, dass die Juden ihre Exklusivität betonten, was zumal in Alexandria immer wieder zu massenpsychologischen antijüdischen Ausschreitungen und Pogromen führte. Herodes hatte sich als Mäzen und Förderer u. a. der Olympischen Spiele auch in hellenistischen Kreisen Ansehen verschafft und als loyalem Freund der Römer, die unter Augustus noch die jüdische Selbstverwaltung Alexandrias garantiert hatten, fiel ihm als dem starken Mann, der die öffentliche Ordnung garantieren konnte, fast zwangsläufig die Rolle eines Patrons, Vermittlers und Beschützers der Diasporajuden zu, während seine Usurpation, sein Vorgehen gegen Zeloten und messianische Bewegungen in Palästina seinen Stand erschwerten.

Bis heute ist er fast jedem als Kindermörder von Bethlehem ein Begriff, obwohl der Kindermord nur von Matthäus bestätigt wird und mit großer Sicherheit nicht historisch ist. Historisch ist dagegen die Exekution seiner 2. Frau Mariamne und seiner Söhne und der Mord an seinem Schwager Aristobulos. Dass Herodes aber auch ein Mäzen und der größte Bauherr Palästinas war, der in der Wüste Oasen, aus dem Nichts den Hafen Caesarea maritima, das Herodeion, Masada und den Tempel baute, an dessen Klagemauer heute noch Juden Kadisch beten, ist weit weniger bekannt.
 
Allerdings... Widerspräche das nicht wiederum dem freundschaftlichen Verhältnis zwischen den Herodianern und dem julisch-claudischen Kaiserhaus?


Ich habe Zweifel daran, dass dem julisch-claudischen Herrscherhaus die theologischen Vorstellungen des Messias geläufig waren. An den tatsächlichen Machtverhältnissen hätte sich mit der Annahme des Titels Messias nichts geändert, und das wusste Herodes so gut wie Augustus. Sueton kannte die Messiasvorstellung nur oberflächlich. Er erwähnt in der Vespasianbiographie, dass die Juden eine Prophezeiung auf sich selbst bezogen hätten:

"Im ganzen Orient war ein fest eingewurzelter Glaube, es würden nach einem Schicksalsspruch um diese Zeit Leute, welche von Judaea kämen, die Herrschaft über die Welt erringen. Diese Weissagung, die wie der Erfolg später lehrte, auf einen römischen Kaiser ging, bezogen die Juden auf sich und empörten sich gegen Rom.

(Sueton, Vespasian Kapitel 4)

Eigentlich trifft genau auf Herodes zu, was Sueton über Vespasian schreibt:


"Die Erwägung, dass zur Unterdrückung des Aufstands (bzw. der unruhigen Lage) ein tüchtiger Feldherr nötig war, dem man zugleich eine so wichtige Stellung ohne Besorgnis für die eigene Sicherheit anvertrauen könne, lenkte die Aufmerksamkeit auf... (Herodes) Suet,Vespasian ebd.
 
Ich habe Zweifel daran, dass dem julisch-claudischen Herrscherhaus die theologischen Vorstellungen des Messias geläufig waren.
Das war auch nicht der Sinn meiner Aussage.
Die Frage war vielmehr, ob Augustus und sein Umfeld es akzeptieren konnten, wenn Herodes sich als Patron ihrer jüdischen Bürger gerierte. Falls denn das Symbol überhaupt als Chi-Rho zu lesen ist.

An den tatsächlichen Machtverhältnissen hätte sich mit der Annahme des Titels Messias nichts geändert, und das wusste Herodes so gut wie Augustus. Sueton kannte die Messiasvorstellung nur oberflächlich. Er erwähnt in der Vespasianbiographie, dass die Juden eine Prophezeiung auf sich selbst bezogen hätten:

"Im ganzen Orient war ein fest eingewurzelter Glaube, es würden nach einem Schicksalsspruch um diese Zeit Leute, welche von Judaea kämen, die Herrschaft über die Welt erringen. Diese Weissagung, die wie der Erfolg später lehrte, auf einen römischen Kaiser ging, bezogen die Juden auf sich und empörten sich gegen Rom.

(Sueton, Vespasian Kapitel 4)
Sagen wir mal so: Sueton kannte Josephus.
 
Bis heute ist er fast jedem als Kindermörder von Bethlehem ein Begriff, obwohl der Kindermord nur von Matthäus bestätigt wird und mit großer Sicherheit nicht historisch ist. Historisch ist dagegen die Exekution seiner 2. Frau Mariamne und seiner Söhne und der Mord an seinem Schwager Aristobulos.

Bei der Kindermordgeschichte scheint es sich doch um eine Referenz auf die tatsächlichen Morde an den letzten Hasmonäern (seine Kinder mit Mariamne sowie Mariamnes Bruder) zu handeln.
Wobei wir hier auch die (damals allerdings häufigen) Namen Maria und Josef wiederfinden.
 
Das war auch nicht der Sinn meiner Aussage.
Die Frage war vielmehr, ob Augustus und sein Umfeld es akzeptieren konnten, wenn Herodes sich als Patron ihrer jüdischen Bürger gerierte. Falls denn das Symbol überhaupt als Chi-Rho zu lesen ist.


Sagen wir mal so: Sueton kannte Josephus.

...Vermutlich sogar persönlich.

Augustus selbst hatte ja nicht nur den Juden Alexandrias die Privilegien der Selbstverwaltung gelassen, sondern war den Juden auch außerhalb Alexandrias sehr weit entgegengekommen. Er hatte den Sabbat nicht nur respektiert, sondern eigens berücksichtigt und bei Getreidezuteilungen in Rom jüdischen Bezugsberechtigten erlaubt, diese am Tag nach dem Sabbat in Empfang nehmen zu dürfen. Vom Militärdienst waren Juden ausdrücklich befreit worden. (Alfred Heuss, Römische Geschichte 8. Auflage S. 388)
 
Bei der Kindermordgeschichte scheint es sich doch um eine Referenz auf die tatsächlichen Morde an den letzten Hasmonäern (seine Kinder mit Mariamne sowie Mariamnes Bruder) zu handeln.
Wobei wir hier auch die (damals allerdings häufigen) Namen Maria und Josef wiederfinden.

Diese, zugegeben schrecklichen Taten dürften dem Verfasser des Matthäusevangeliums bekannt gewesen sein. Sicher hat aber auch Herodes Vorgehen gegen theokratische Reaktionen und messianische Bewegungen in Palästina sich im Matthäusevangelium niedergeschlagen. (Der Kleine Pauly Lexikon der Antike Bd 2 Artikel Herodes S. 1091-1092)
 
Das Diasporajudentum war eher eine Religionsgemeinschaft, als ein Volk, und ohne eine gewisse Anpassung, ohne eine Einstellung auf helleni(sti)sche Vorstellungen ging es in der Diaspora nun einmal nicht. Die meisten Diasporajuden sprachen weder Aramäisch, noch Hebräisch. Herodes Autorität war vermutlich in Kleinasien und Ägypten größer, als in Palästina. Obwohl Herodes sich peinlich um Einhaltung der mosaischen Gesetze bemühte, gehörte er als Idumäer/Edomiter keinem der 12 Stämme an und orthodoxen Vorstellungen entsprach sein Lebens- und Regierungsstil nicht, dazu fuhr er eine zweigleisige Politik, indem er den Juden ein jüdisches, den "Heiden" ein hellenistisches Profil zeigte. Der Pharisäismus trug dazu bei, dass die Juden ihre Exklusivität betonten, was zumal in Alexandria immer wieder zu massenpsychologischen antijüdischen Ausschreitungen und Pogromen führte. Herodes hatte sich als Mäzen und Förderer u. a. der Olympischen Spiele auch in hellenistischen Kreisen Ansehen verschafft und als loyalem Freund der Römer, die unter Augustus noch die jüdische Selbstverwaltung Alexandrias garantiert hatten, fiel ihm als dem starken Mann, der die öffentliche Ordnung garantieren konnte, fast zwangsläufig die Rolle eines Patrons, Vermittlers und Beschützers der Diasporajuden zu, während seine Usurpation, sein Vorgehen gegen Zeloten und messianische Bewegungen in Palästina seinen Stand erschwerten.

Bis heute ist er fast jedem als Kindermörder von Bethlehem ein Begriff, obwohl der Kindermord nur von Matthäus bestätigt wird und mit großer Sicherheit nicht historisch ist. Historisch ist dagegen die Exekution seiner 2. Frau Mariamne und seiner Söhne und der Mord an seinem Schwager Aristobulos. Dass Herodes aber auch ein Mäzen und der größte Bauherr Palästinas war, der in der Wüste Oasen, aus dem Nichts den Hafen Caesarea maritima, das Herodeion, Masada und den Tempel baute, an dessen Klagemauer heute noch Juden Kadisch beten, ist weit weniger bekannt.

Du lässt die jüdischen Gemeinden in Rom beiseite, wie sie von Josephus erwähnt werden. Berücksichtigt man den Einfluss des Herodes in der Levante, Alexandrien, Asien und Rom, war er, schon ohne Blick auf seine Beziehung zum Kaiserhaus, sicher der mächtigste Klientelfürst seiner Zeit.

Ich habe bewusst den Begriff Diaspora-Juden gewählt, da sich Ethnie und Religion in dieser Zeit nicht so einfach trennen lassen, aber doch auch nicht ganz zusammenfallen. Hierzu gibt es zu viele Selbstzeugnisse eines als Volk verstandenen Judentums, und auch zu viele Konflikte, die sich eben durch das nebeneinander verschiedener Kulturen im Judentum ergaben. Schon Herodes selbst ist da ja ein Beispiel.

Ja, auch sein Jerusalem illustriert dies deutlich: Auf der einen Seite der Tempel, auf der anderen Seite Theater und Palast. Ja, sogar der Tempel bestand aus einem kanaanitischen Zentralbau und hellenistischen Säulenhallen.
 
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