Das vorkoloniale Afrika: Sprachen und Strukturen

Hat jemand gute Karten über Klimaentwicklung seit 50000, damit wir wissen, wo und wann überhaupt ein größerer Ort zu erwarten ist.
Tropischer Regenwald erlaubt nur eine geringe Bevölkerungsdichte
Ich habe in einem Atlas eine Karte der Wasserstände des Tschad-Sees - vielleicht findet sich das auch im Web,
Ansonsten dehnt sich die Sahara seit 6000 Jahren stetig nach allen Richtungen aus. Der Tropische Urwald war eher undurchdringlich; auch die vermutete landwirtschaftliche Expansion der Niger-Kongo Sprecher umgeht den Wald an der Westküste und an Ostküste. Genau an all diesen günstigen Stellen (Niger/Senegal = Timbuktu, Tschad See, Ostafrika, Unterlauf des Kongo finden sich der Reihe nach die erwähnten Reiche. Ein Ausnahme das Hochland von Abessinien, das möglicherweise mit dem ägyptischen "Punt" identisch ist.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e7/African-civilizations-map-pre-colonial.svg
 
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Die bisher genannten "Reiche" befanden sich überwiegend in der heutigen Sahelzone, die früher wasserreicher gewesen sein muß.

Warum setzt Du "Reiche" in Anführungszeichen?


Dem Ghanareich werden Naturreligionen und matriarchale Thronfolge zugeschrieben.

Gemeint ist wohl matrilineare Thronfolge. "Matriarchal" würde bedeuten, daß die Frauen regierten, das war offensichtlich nicht der Fall.
 
@deSilva: Ein Ausnahme das Hochland von Abessinien, das möglicherweise mit dem ägyptischen "Punt" identisch ist.
Diese These ist mir neu. Die ägyptischen Punt-Expeditionen erreichten das Land auf dem Seeweg. Denkbar wäre also die Somaliküste.
 
Klasse! Liefert mehr Details! In meinem Alter hat man auch nicht mehr alles im Kopf :)
Du sagst es überdeutlich. - Ich schließe Teile der Gliederungsübersicht von Ki-Zerbo (1981) an, aus der man Epochen und Räume herauslesen kann:

1. Die Vorgeschichte [bekannte These: A. = Wiege der Menschheit]
2. Das antike Schwarzafrika (Niltal)
3. Dunkle Jahrhunderte [bis 6. Jh. n. Chr.]
4. Schwarzafrika 7.-12. Jh.: Von den Königreichen zu den Kaiserreichen
(Araber; Westafrika, v. a. Gana; Nubien)

5. Große Jahrhunderte [Ende 12. bis Ende 16. Jh.]
Die "Große Epoche": Aufschwung in vielen Gebieten in ökonomischer, politischer und kultureller Hinsicht; "hochstehende soziale Organisationen" im westlichen Sudan (Mali, Gao [Songhai]), Zentral-Sudan (Haussa, Bornu), an der Westküste (Joruba und Benin), in Äthiopien, dem Kongo, Simbabwe und Ostafrika
6. Die Wende [16. Jh.]
Das Songhai-Reich wird von den Marokkanern zerstört; Türken und Portugiesen beenden die Blütezeit Äthiopiens; das Reich am Kongo zerfällt. In allen Teilen Zentralafrikas wird der Sklavenhandel etabliert, gegen den nicht mehr genügend Widerstand organisiert werden kann - das ist die eigentliche Wende.
7. Jahrhunderte der Neuordnung
(Sklaven)-Handeltreibende Staaten an den Küsten, kleinere Staaten [auf begrenzter ethnischer Basis] im Innern
8. Integrationsversuche im 19. Jahrhundert
Vereinzelt treten charismatische Führer auf, die versuchen, größere politische Einheiten zu schaffen, angefangen vom Zulu-Reich bis zum Mahdi.
9. Die Invasion des Kontinents: Afrika wird den Afrikanern entrissen

Zi-Zerbo schreibt von einer "Mauer der Mythen", die man als Historiker einreißen müsse, um Afrika gerecht zu werden. Hegel nannte Afrika "das Geschichtslose und Unaufgeschlossene" schlechthin; in einem Handbuch von 1928 heißt es, "dass das eigentliche Afrika bis zu D. Livingstone keine Geschichte gehabt hat"; Pierre Gaxotte wird 1957 [!] mit der Aussage zitiert, die afrikanischen Völker hätten "der Menschheit nichts gegeben", und der ungarische Historiker E. Sik mit dem Urteil, man könne bei "der großen Mehrheit der klassenlosen afrikanischen Völker [...] vor dem Erscheinen der europäischen Usurpatoren nicht von Geschichte im wissenschaftlichen Sinn des Wortes sprechen."

Soweit die etwas düstere Ausgangssituation, die nur aufgrund einer stark ausgeprägten rassistischen Komponente überhaupt sich entwickeln konnte.
 
Die Almoraviden gelten in der arabischen Historiographie als alles andere, als die großen Kulturbringer...
Offenbar eine Frage der Perspektive! "Das Heldenlied der Almoraviden" nennt Zi-Zerbo das entsprechende Kapitel seines Buches und bescheinigt ihnen, im 11. Jh. "revolutionäre Neuerungen in die Gesellschaft der Berber-Nomaden und in die Randgebiete der Schwarzen Welt eingebracht zu haben" (S. 114). Sie schwächten allerdings auch das Reich Gana, "das erste schwarze Reich, das uns genauer bekannt ist" (S. 106), entscheidend.
 
Tschadsee:
Heute: 1.500 km^2
vor 40 Jahren (und bei Hochwasser): 23.000 km^2
vor 6000 Jahren ("Mega-Tschad"): 300.000 km^2 = Kaspi-See
Ich sehe gerade - das gehört ja sogar zum Pisa-Wissen :grübel:

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Edit: Und hier die Klimageschichte Afrikas, allerdings recht "trocken" :)
http://www.esd.ornl.gov/projects/qen/nercAFRICA.html
 

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Offenbar eine Frage der Perspektive! "Das Heldenlied der Almoraviden" nennt Zi-Zerbo das entsprechende Kapitel seines Buches und bescheinigt ihnen, im 11. Jh. "revolutionäre Neuerungen in die Gesellschaft der Berber-Nomaden und in die Randgebiete der Schwarzen Welt eingebracht zu haben" (S. 114). Sie schwächten allerdings auch das Reich Gana, "das erste schwarze Reich, das uns genauer bekannt ist" (S. 106), entscheidend.
Ki-Zerbo ist kein Araber. Wenn er Muslim ist, was er als Burkina Fasi mit einer Wahrscheinlichkeit von 58% ist, dann haben die Almoraviden natürlich einen Anteil an der Islamisierung des Landes und damit für ihn mehr Importanz, als für Araber. Schon Ibn Bassām berichtet in seiner ad-Daḫīra von den Briefen der andalusischen Kleinkönige nach Afrika und wie Yūsuf ibn Tāšufīn, der Emir der Almoraviden auf diese Briefe reagierte: Er kannte die literaturgeschichtlichen Anspielungen nicht und musste sie sich von seinem aus Almería stammenden Wazīr erklären lassen. Auch in Marokko dürften die Almoraviden besser wegkommen - immerhin haben sie Marrākuš gegründet.
 
Habe mich gerade an die Einwohner-Berechnung für Europa erinnert und lese im Bevölkerungs-Ploetz (Bd. 2, S. 114), dass die Gesamtbevölkerung Afrikas um 1650 auf 100 Millionen [!] geschätzt wird, also nur etwas geringer als die Europas. Leider keine Einzeldaten, so dass die Zahl schwer nachzuvollziehen ist.
Ja, das hatte mich früher auch schon gewundert... Diese Daten werden heutzutage als UN-Daten verkauft, und man weiß kaum noch, wer sie sich denn nun ausgedacht hat...
Code:
       1750    1800    1850    1900   1950    2000
        106     107     111     133    224     832 Mio
Irgendwie hat Afrika wohl immer 100 Mio Bewohner gehabt. Ein Teil geht auf Ägypten, aber um 1700 kaum mehr als 10 Mio.
Für mich etwas unverständlich...
 
Zi-Zerbo schreibt von einer "Mauer der Mythen", die man als Historiker einreißen müsse, um Afrika gerecht zu werden.

Die rassistisch gefärbten oder besser die dem Zeitgeist des 18./19.Jahrhundert entsprechenden Aussagen helfen nicht weiter, wie objektiv Ki-zerbo ist, kann ich nicht beurteilen.
Mythen wurden im GF aber doch schon öfter diskutiert, wenn ich an die Germanen-Threads und viele andere denke. Gut, diese wurden irgendwann, manchmal 1000 Jahre später niedergeschrieben, solche Schriften über afrikanische Mythen muß es auch geben.
Und es gab die verschiedenen Formen der mündlichen Überlieferung z.B. Qantara.de - Westafrikanische Griot-Musik - Der erste Griot ? ein Gefolgsmann Mohammeds?
Über die Qualität von mündlichen Überlieferungen und inwieweit man diese als Quelle gelten läßt, kann man wunderbar streiten.:scheinheilig:

Ich kenne zwar afrikanische Märchenbücher, Schöpfungsmythen, Tabus etc., über Reiche (diesmal ohne "", war mir als Bezeichnung zu übergriffig, @hyok), und Wanderungen gibt das noch nichts her.

So, ich habe hier mal was Schönes zur Bevölkerungsentwicklung gefunden, das eigentlich einen besseren Platz verdient :)
http://www2.fb1.uni-siegen.de/history/dgng/staatsarbeiten/roeder/anhang/m17.pdf

das finde ich auch, auch die erst fast periodischen Schwankungen des Wasserstands des Tschadsees mit dem Optimum vor der Zeitenwende und damit des Saharaklimas haben mich in der Form überrascht. Das war in frühgeschichtlicher Zeit, sollte ein Paradies für Großwildjäger und Sammler gewesen sein, ähnlich wie das eiszeitliche Mittel- und Südeuropa. Muß man sich Savanne vorstellen oder gab es vielleicht auch Wald?
 
Muß man sich Savanne vorstellen oder gab es vielleicht auch Wald?
Die Felsbilder zeigen Elefanten, Giraffen und Rinder, also Bewohner des Offenlandes mit Baumgruppen. Wald mag es in den Bergen (Tibesti, Ahaggar) gegeben haben.
 
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Senegambische Steinkreise ? Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Guanchen

Es gibt Megalithfunde in Nord-Westafrika, die senegambischen sollen aus dem 1. nachchr. Jahrtausend stammen, die Funde von Mrozah jedoch sollen aus 2000 BC (Steinkreise) und 1000 BC (Grab) stammen und von Cesar Luis de Montalban 1935 wiederentdeckt worden sein.
Wie seriös das ist, weiß ich leider nicht, denn zu dem Namen scheint es nur spanische Literatur zu geben. Es gibt eine Zeitschrift ALMOGAREN - Table of Contents (sorted by volumes), die Frühgeschichte der Canaren und Nordafrika behandelt, kennt die jemand?

Wenn ich mir die oben angeführte fruchtbare Sahara vorstelle, könnte es Parallelen mit der europäischen Entwicklung gegeben haben?
Die europäischen Steinkreise werden auch im Zusammenhang mit einer Bauernkultur gesehen. Könnte dann die nordwestafrikanische Bauernkultur auf einem ähnlichen Level gewirtschaftet haben und durch die Austrocknung erfolgte ein Niedergang, der zu Teilauswanderung (Guanchen, vielleicht auch nach Südosten) führte und andererseits ein Anpassen an die veränderten Bedingungen bei Bevölkerungsabnahme?
 
Das ganze küstennahe Nordwestafrika gehört zum engsten Megalithbereich Megalithkultur ? Wikipedia


Die Landwirtschaft breitet sich ab dem 3. Jahrtausend aus Westafrika unterhalb der Sahara nach Osten aus (mit Sorghum und Hirse) , trifft dort auf nördlich-ägyptischen Einfluss und wandert ab 500 BC - schon als Eisenkultur! - nach Süden.

Ob Eisenverhüttung parallel in Westafrika erfunden wurde, oder sich erst unter ägyptischem Einfluss im Osten bildet und dann zurück nach Westafrika wandert ist wohl ungeklärt...

Hier noch ein ein Artikel über Westafrika, der sich u.a. bitterlich über die Quellenlage beklagt... http://www.osar.ch/2004/08/11/westafrika1?appendLang=de
 
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Das ganze küstennahe Nordwestafrika gehört zum engsten Megalithbereich Megalithkultur ? Wikipedia

Den Artikel hatte ich auch gelesen, nur suggeriert er die räumliche Trennung von Nordafrika und Afrika jenseits Sahara, die heute richtig ist.
Ausgehend von @deSilva Tschadsee-Wasserstandstabelle möchte ich eine Entwicklung im heutigen Saharagebiet vergleichbar mit Europa oder Ägypten/Sudan diskutieren. Die neolithische Ernährungsumstellung begann im fruchtbaren Halbmond
etwa ab 8000 BC, die Landwirtschaft breitete sich sehr langsam aus. Nach deiner Tabelle gab es in der Phase ein kleines Optimum um 7000, danach Austrocknung und danach wiederum ein Optimum um 4000 BC, um 4000 kam die Landwirtschaft auch in Europa an, daher der Megalithvergleich.
Wie kann man sich die heutige Sahara um 4000 BC vorstellen, gab es Flussläufe mit ganzjährig Wasser, die ins Mittelmeer führten? Das oben erwähnte Mrozah soll an einem schiffbaren Fluss gelegen haben. @baltic hält in bestimmten Lagen Wälder für möglich, dann hatten die Bauern Holz und konnten wie die europäischen Bauern Holzhäuser bauen. Gibt es überhaupt Ausgrabungen im Landesinnern der großen Wüstenstaaten, an ausgetrockneten Flussläufen z.B.?


Die Landwirtschaft breitet sich ab dem 3. Jahrtausend aus Westafrika unterhalb der Sahara nach Osten aus (mit Sorghum und Hirse) , trifft dort auf nördlich-ägyptischen Einfluss und wandert ab 500 BC - schon als Eisenkultur! - nach Süden.

Vielleicht war sie vorher von Nordwest nach Westafrika gelangt, vielleicht wurde sie auch erneut erfunden. Vielleicht muß es keine parallele Bauernkultur gegeben haben, weil die Jäger- und Sammler ideale Bedingungen hatten?


Ob Eisenverhüttung parallel in Westafrika erfunden wurde, oder sich erst unter ägyptischem Einfluss im Osten bildet und dann zurück nach Westafrika wandert ist wohl ungeklärt...

Hier noch ein ein Artikel über Westafrika, der sich u.a. bitterlich über die Quellenlage beklagt... http://www.osar.ch/2004/08/11/westafrika1?appendLang=de

Nun ja, über die europäische Vor- und Frühgeschichte gibt es auch keine Schriftquellen, im Mittelalter gab´s Bevölkerungsrückgang wegen Seuchen etc.
 
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