Das ist so ungewöhnlich nicht. Nicht alles wird gleich gut untersucht. Auch für das 3. Reich braucht es Autoren und Historiker, die ein Thema bearbeiten. Zudem reden wir von einer gewaltigen Quellenfülle.
Ich hatte gerade wieder mit einem Fall von Überlieferung der Frühen Neuzeit zu tun, die, obwohl die Literatur übersichtlich ist und jeder Historiker, Archäologe und auch die meisten Laien den Fehler sofort erkennen würden, immer wieder abgeschrieben wurde. Weil das Thema für die Autoren nicht wichtig war, gingen sie nicht auf die Quellen zurück. Bei vielen war das keine Nachlässigkeit, sondern lag daran, dass die Zeit ein begrenztes Gut ist und mitunter eben eine Auswertung eher die Literatur erschließt.
Denn in der Neuzeit liegt oft eine gewaltige Quellenfülle vor, die zum Nationalsozialismus so groß ist, dass sie nicht einmal erhalten, geschweige denn so einfach erschlossen werden kann.
Als ich Wehrdienst leistete, wurden in der Kaserne Akten aus der Zeit gefunden. Ein Archivar des Staatsarchivs kam und sortierte über die Hälfte zur Entsorgung aus, was bei vielen Kameraden solches Befremden erregte, dass sie sich weigerten, die Papiere zu entsorgen und der Archivar nochmals anreiste, um zu erklären, dass eben nicht alles archivwürdig ist und auch vom Rest vieles wohl nie in der Forschung eine Rolle spielen würde.
Anderes ist bekannt, vielleicht sogar ediert, wird aber in seiner Bedeutung nicht erkannt oder aus irgendwelchen Gründen nicht als wichtig angesehen. Jemand kann auch eine Rede halten, um sich ein diktatorisches Regime vom Hals zu halten. Wie der Fall hier liegt, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls werden zum Nationalsozialismus auch in 100 Jahren noch Quellen 'auftauchen'.
Ein großer Verlust liegt darin, dass viele Schreiben in Deutscher Schrift und Sütterlin heute weggeworfen werden, weil die Nachfahren es nicht lesen können und Angst haben, dass darin etwas Belastendes zu Tage kommen kann. Wie es hierzulande eben ist, wird oft vorschriftsmäßig über die blaue Tonne entsorgt. Von einem Entsorgungsunternehmer weiß ich, dass schon ganze Säcke mit Schriftstücken vom 18. Jh. bis zur Mitte des 20. Jh. im Müll gefunden und verkauft worden sind. Wahrscheinlich wurden da Schuhkartons, Zigarrenschachteln und ähnliche in der Nachkriegszeit übliche Größen aufgebauscht.
Zu dem vorliegenden Fall kann ich, wie bei Diogenes, nichts sagen. Aber es hilft oft schon weiter, sich erst einmal die Umstände klar zu machen, mit denen man es zu tun hat. Das hilft dann oft, präzisiere oder andere Fragen zu stellen. Hier könnten es die Fragen sein, woher die Quelle kommt, ob sie zugänglich war und nicht doch schon berücksichtigt und der Inhalt aus welchen Gründen auch immer verworfen wurde.