Der Galan/Cicisbeo als männliche Mätresse?

Caro1

Aktives Mitglied
Wir haben uns ja häufiger über bestimmte Mätressen, vor allem zur Zeit des Absolutismus unterhalten. Was dabei völlig unter den Tisch gefallen ist, ist der Galan oder Cicisbeo des 18. und 19. Jahrhunderts als Gegenstück für die adelige Dame und/oder ihre Töchter.

Casanova wird ja gern fälschlicherweise als Galan bezeichnet. Dabei fiel dem Galan ursprünglich in Abwesenheit des Hausherrn die Rolle eines Gesellschafters und Aufpassers zu. Vor allem in den italienischen Adelshäusern von Genua, Rom und Florenz war der Galan/Cicisbeo sogar Bestandteil der Eheverträge. Auch Kleriker wurden als Galane/Cicisbeo verpflichtet.
Da der Cicisbeo damit aber hochoffiziell in die privaten Gemächer gelangte, gewann im Laufe der Zeit eine erotische Komponente Gewicht, nach dem Motto "Gelegenheit macht Liebe".

http://de.wikipedia.org/wiki/Cicisbeo

Mozart gab ihm mit "Cherubino" in " le nozze de figaro" eine Figur und auch Richard Strauss hatte einen "Octavian" in seinem "Rosenkavalier".
 
Zuletzt bearbeitet:
Sowas wie ein Kammerherr?

Also der Beischlaf war nicht inklusive? Habe ich das recht verstanden?
Ursprünglich war es nicht unbedingt der Kammerherr, auch wenn Mozart Cherubino diese Rolle gibt, sondern der Cicisbeo war ein Freund der Familie, dessen Sohn oder so ähnlich und wurde offiziell als Cicisbeo verpflichtet, wozu es häufig sogar ein Vertragswerk gab. Jedoch vermutete man häufig (vor allem in späteren Jahren) eine mehr oder weniger offizielle Liebschaft, nach dem Motto "wenn er doch sogar in die Kammer durfte, lag es nahe diese auch zu nutzen ...".

Gerade die Italiener waren sich auch der Liebesdienste bewusst. Nur war Casanova ja stets heimlich und ohne Wissen und Willen der Familie zugange. Wäre er ein offizieller Galan und Cicisbeo gewesen, wären ihm die gehörnten Ehemänner nicht auf den Fersen gewesen und hätten sich gar nicht erst als Gehörnte betrachten dürfen.

Lady Montagu spricht ja davon, dass grundsätzlich und offiziell nicht nur der Gatte, sondern auch der Liebhaber (Cicisbeo?) einer italienischen Noblen einzuladen war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ursprünglich war es nicht unbedingt der Kammerherr, auch wenn Mozart Cherubino diese Rolle gibt, sondern der Cicisbeo war ein Freund der Familie, dessen Sohn oder so ähnlich und wurde offiziell als Cicisbeo verpflichtet, wozu es häufig sogar ein Vertragswerk gab. Jedoch vermutete man häufig (vor allem in späteren Jahren) eine mehr oder weniger offizielle Liebschaft, nach dem Motto "wenn er doch sogar in die Kammer durfte, lag es nahe diese auch zu nutzen ...".
Zumal die Stellung des Kammerherren auch auf mindestens fürstliche Höfe beschränkt ist, soweit mir bekannt. Somit begreift der Begriff "Cicisbeo" etwas anderes, da er ja scheinbar für breitere Kreise üblich war.

Mir ging es bei dem Vergleich mit dem Kammerherren nur darum, ob der Cicisbeo genauso wie der Kammerherr eine in der Anlage nicht mit einer sexuellen Beziehung zur Dame, bei welcher er "diente" verbunden war.

Kammerherren sind ja auch eher selten (kenne ich überhaupt einen? :grübel:) als Betthupferl der Gemahlinnen von Fürsten in Erscheinung getreten. Die Liebhaber sind verhältnismäßig Fremde in aller Regel, viele Offiziere, aber auch andere Adelige vom Hofe. Manchmal gibt es freilich Überschneidungen, wie wenn Liebhaber in Hofämter empor gehoben wurden, da sie sich freilich der Gunst einer Fürstin erfreuten.
 
Jedenfalls gehörte der Kammerherr zu einem Gentleman, wie die Zofe zu einer Dame.

Noch erstaunlicher übrigens bei Mozarts Cherubino die Namensgebung. Ein Diener, der ein "Engel" ist ... :scheinheilig::pfeif:

Nein, der galan oder Cicisbeo war kein Diener, doch seine Aufgabe brachte Rechte und Pflichten und eine höhere Dame hatte zumindest in Italien Anspruch auf einen Cicisbeo.
 
Jedenfalls gehörte der Kammerherr zu einem Gentleman, wie die Zofe zu einer Dame.
Ist zwar OT, aber das stimmt so nicht. Ein Kammerherr war wirklich nur Fürsten vorbehalten und hat mit einer Zofe als adäquates Pendant nichts zu tun. Das weibliche Pendant zum Kammerherren wäre eher ein Kammerfräulein, maximal eine Kammerfrau. Zumindest die Kammerfräulein waren in aller Regel adelige Gesellschafterinnen so wie die Kammerherren im Großen und Ganzen Gesellschafter bis auf ein paar repräsentative Dienste waren.

Das Pendant zu einer Zofe wäre wahrscheinlich ein Leib- oder 1. Kammerdiener. Zofen wie Kammerdiener waren bürgerlich. Den Kammerdienern wurde in Deutschland aber immerhin die Anrede "Herr ..." zugestanden, wenn sie bei Hofe dienten. Zumindest fand ich das einmal in einem Hofkalender, in welchem Diener, Kammerherren und dergleichen aufgelistet waren. Bei Kammerdienern von niederen Adeligen oder auch Bürgerlichen finden sich Verwendungen von Vor- oder Nachnamen im täglichen Umgang der Herrschaften(ein schönes Beispiel sind die Diener von Casanova).

Wenn ich das bis jetzt richtig verstanden habe, ist jedenfalls ein Cicisbeo scheinbar zumindest nicht als eine Art männliche Mätresse gedacht gewesen, auch wenn es manchmal darauf hinaus gelaufen sein mag. Denn bei den weiblichen Mätressen stand ja ein sexueller Umgang durchaus nicht selten im Vordergrund bzw. war ein wesentlicher Teil der Beziehung des Fürsten zu seiner Mätresse. Nicht umsonst hatten sie ja oftmals Kinder von den hohen Herren, welche sie aushielten.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Brissotin
Okay, Kammerdiener und Kammerherr waren für mich mehr oder weniger gleich. Aber natürlich war diese Tätigkeit eine Möglichkeit z.B. verarmten Adel in Leib und Brot zu bringen. Insofern sind die beiden Bezeichnungen zu unterscheiden, da hast du recht.

Der Witz der Sache ist ja, dass der Galan/Cicisbeo ursptünglich die Funktion eines Gesellschafters und Beschützers hatte, im Laufe der Zeit jedoch oft zum offiziellen Liebhaber wurde. man hat gewissermassen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und manche Gelegenheiten erst geschaffen.

Nachdem die Rechte und Pflichten des Cicisbeo und die Rechte einer Dame an einem Cicisbeo vertraglich festgelegt wurden, sehe ich hier doch ein Geschäft.
Auch das Mätressenwesen war ein Geschäft , weshalb ich hier gewisse Prallelen sehe.
 
1.
@Brissotin
Okay, Kammerdiener und Kammerherr waren für mich mehr oder weniger gleich. Aber natürlich war diese Tätigkeit eine Möglichkeit z.B. verarmten Adel in Leib und Brot zu bringen. Insofern sind die beiden Bezeichnungen zu unterscheiden, da hast du recht.

2.
Der Witz der Sache ist ja, dass der Galan/Cicisbeo ursptünglich die Funktion eines Gesellschafters und Beschützers hatte, im Laufe der Zeit jedoch oft zum offiziellen Liebhaber wurde. man hat gewissermassen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und manche Gelegenheiten erst geschaffen.

Nachdem die Rechte und Pflichten des Cicisbeo und die Rechte einer Dame an einem Cicisbeo vertraglich festgelegt wurden, sehe ich hier doch ein Geschäft.
Auch das Mätressenwesen war ein Geschäft , weshalb ich hier gewisse Prallelen sehe.
1.
Eigentlich nicht. In vielen Fällen war mit den Kammerherrenposten kaum eine bis keine Vergütung verbunden. In Frankreich waren bekanntlich die bedeutensten Kammerherren durchweg Herzöge - bei denen ging man freilich davon aus, dass sie sich selbst versorgten. Das Leben als Kammerherr musste man sich erstmal leisten können. Das war ungefähr so wie bei vielen Beamtenposten, auf welchen die Adeligen eher noch Geld draufzahlten, da sie nicht angemessen bezahlt wurden.

Ausnahmen gab es natürlich. Eine der berühmtesten ist wohl Pöllnitz, der jedes Jahr unter Friedrich II. 6.000 Taler zu Weihnachten zu seinem Kammerherrenverdienst oben drauf bekommen haben soll, was das Gehalt eines preußischen Staatsministers von 4.000 Talern deutlich überstieg. Deutlich weniger bekamen allerdings schon die Kollegen vom Pöllnitz, Lehndorff und Müller, die wohl nur das Grundgehalt der Kammerherren von um die 1.500 Taler erhielten.

2.
Und diese Tendenz wurde allgemein gesellschaftsfähig? Spielte der Gemahl der hohen Dame bei der Wahl des Cicisbeo eine Rolle?
 
2.
Und diese Tendenz wurde allgemein gesellschaftsfähig? Spielte der Gemahl der hohen Dame bei der Wahl des Cicisbeo eine Rolle?
Meist war der Cicisbeo bereits vor der Eheschließung verabredet und der Gatte musste ihn als solchen akzeptieren. Damit es später keine Probleme gab, war der Cicisbeo Bestandteil des üblichen Ehevertrages. Da die Ehe in den meisten Fällen ein Geschäft war, gab es auch einen Vertrag dazu. Es gibt sogar Bilder mit offensichtlichem Cicisbeo, eines sieht man unter rom, römer, am römsten: February 2009
 
Zuletzt bearbeitet:
Meist war der Cicisbeo bereits vor der Eheschließung verabredet und der Gatte musste ihn als solchen akzeptieren. Damit es später keine Probleme gab, war der Cicisbeo Bestandteil des üblichen Ehevertrages. Da die Ehe in den meisten Fällen ein Geschäft war, gab es auch einen Vertrag dazu. Es gibt sogar Bilder mit offensichtlichem Cicisbeo, eines sieht man unter rom, römer, am römsten: February 2009
Kannst Du noch sagen, wo man das Bild genau sieht? Habe nur kurz überflogen, es ist ja viel zu scrollen.
 
Friday, February 20, 2009

"Die Verabredung"


So heißt dieses schnieke Bild, welches leider auch nur abfotografiert ist und daher unter ungünstigem Licht leidet.




Und hier findet sich eines von Goldoni aus dem Jahr 1790
patriarca_fig02b.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch ein Nachtrag. Pierer's Universallexikon (1857?) erwähnt, dass durchaus auch die Franzosen das Cicisbeat kannten, sogar behaupteten es erfunden zu haben und dass
Bei aller scheinbaren Anstößigkeit ist das Verhältniß zwischen dem Cicisbeo u. der Dame meist unsträflich
http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Cicisbeāt

Das kann man glauben oder nicht. Unwahrscheinlicher halte ich es allein aus dem Aspekt heraus, dass der Italiener seine Gattin bereits kurz nach der Hochzeitsnacht scheinbar Links liegen lässt, was auch frivole Freuden mit einschliesst. Aber hier steht auch "meist" ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben