Deutsche Stämme heute

Cheops

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Mich würde einmal interresieren, wieviel die Menschen, die sich heute "Franken", "Baiern", "Sachsen", usw. nennen mit den historischen Stämmen zutun haben.
 
Mich würde einmal interresieren, wieviel die Menschen, die sich heute "Franken", "Baiern", "Sachsen", usw. nennen mit den historischen Stämmen zutun haben.

Die germanischen Großstämme Sachsen, Franken, Schwaben (Alemannen), Thüringer und Baiern entstanden etwa vom 3.-6. Jh. aus einer Vielzahl kleiner germanischer Stammesgruppen. Sie bildeten seit dem 9. Jh. die Basis der deutschen Stammesherzogtümer, nach deren Zerfall die Territorien der deutschen Landesfürsten bzw. Landesherren entstanden. Deren Basis waren dann keine Personenverbandsstaaten mehr, sondern die beginnenden Territorialstaaten.

Da es seit jener Zeit keine gewaltigen Bevölkerungsverschiebungen in Deutschland mehr gab, kann man die Menschen in den historischen Landschaften Bayern, Niedersachen, Schwaben, Thüringen und Franken durchaus als Nachfolger der mittelalterlichen Stammesbevölkerung betrachten.

Dass das nur mit Einschränkungen gilt, versteht sich von selbst. So haben Katastrophen wie die Pest oder der Dreißigjährige Krieg die Bevölkerung stark dezimiert, jedoch eher die Bevölkerungsstruktur verändert, als einen Austausch der Bevölkerung bewirkt. Dazu ist es in stärkerem Maße erst durch Flüchtlinge und Vertriebene nach 1945 gekommen, aber nicht in einem Ausmaß, das die Basisbevölkerung umgeschichtet worden wäre und auch nicht in allen historischen Regionen.

Ein Sonderfall ist das Ruhrgebiet, das einst zum sächsischen Kernland Westfalen zählte. Hier gab es im Zuge der Industrialisierung von etwa 1860-1920 eine gewaltige Migrationswelle vorwiegend aus Ostdeutschland mit zahlreichen auch polnischen Migranten, die die einst nur dünne Bevölkerung des Ruhtgebiets von Grund auf veränderte.
 
@Dieter: Da es seit jener Zeit keine gewaltigen Bevölkerungsverschiebungen in Deutschland mehr gab...
Damit lässt du aber die Ostkolonisation im 12./13. Jahrhundert außer Acht. Die heutigen "Sachsen" haben mit dem Stammesverband Widukinds nicht viel zu tun.
 
Damit lässt du aber die Ostkolonisation im 12./13. Jahrhundert außer Acht. Die heutigen "Sachsen" haben mit dem Stammesverband Widukinds nicht viel zu tun.

Wie du bemerkt hast, habe ich den deutschen Osten bewusst außen vorgelassen, da die Entwicklung zusammen mit der deutschen Ostsiedlung eine völlig andere war.

Mir ging es also nur um die historischen deutschen Stämme, die später die Stammesherzogtümer bildeten: Baiern, (Nieder)Sachsen, Franken, Schwaben sowie Thüringen, wo sich allerdings kein dauerhaftes Stammesherzogtum etablieren konnte.
 
Mich würde einmal interresieren, wieviel die Menschen, die sich heute "Franken", "Baiern", "Sachsen", usw. nennen mit den historischen Stämmen zutun haben.

Zunächst einmal ist dazu zu sagen, daß sich die Angehörigen der alten Volksstämme im Laufe zeitlicher Entwicklungen miteinander vermischten und zudem auch mit nichtgermanischen Stämmen (z.B. östlich der Elbe mit slawischen Stämmen) mischten, Von daher ist also die Aussage schon einmal lediglich in Form von "Sie haben Vorfahren verschiedener Stämme..." zu beantworten.
Dieter hat sich dazu ja bereits äußerst ausführlich geäußert...



Ausgehend von den ursprüglichen Stämmen bzw. deren Sprachen und Stammlande lassen sich jedoch folgende sprachbezogene Zuordnungen treffen, was die hauptsächliche Herkunft der Menschen in heutigen Regionen angeht bzw. sprachlich zumindest teilweise bis heute nachwirkt:

Alemannen/Schwaben -> Sprecher alemannischer Dialekte bzw. Sprecher deren schwäbischer Untergruppe: nicht voneinander abgrenzbar, obwohl sich heutzutage die Badener (sowie auch Deutschschweizer, Elsässer, Liechtensteiner und Vorarlberger) als "Alemannen" sowie Württemberger, Oberschwaben und bayerische Schwaben als "Schwaben" gegeneinander abgrenzen
Hier die entsprechende Dialektkarte: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fc/Alemannic_language_location_map_in_1950-de.svg

Friesen -> Sprecher friesischer Sprachen: heutzutage betrifft dies in Deutschland Ost- und Nordfriesen sowie in den Niederlanden Westfriesen, wiewohl Ostfriesisch inzwischen ausgestorebn und Nordfriesisch extrem gefährdet ist
Hier eine Karte dazu: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f5/Friesengebiet.png

Sachsen -> Sprecher des Altsächsischen (Altniederdeutsch) bzw. heute der nur noch relativ selten gesprochenen Dialekte aus der niederdeutschen Dialektgruppe des Niedersächsischen (mit den Dialektverbänden Nordniedersächsisch, Westfälisch und Ostfälisch): ergo grob gesagt heutzutage die Niedersachsen und Westfalen (wiewohl dort - wie schon ausgeführt - das Standardhochdeutsche die ursprünglichen Dialekte zurückgedrängt hat; was bspw. zu der irrigen Annahme führt, die deutsche Hochsprache käme aus dem Raum Hannover)
Ganz wichtig: Was wir heute als Sachsen wahrnehmen, sind diesbezüglich keine Sachsen, sondern Thüringer bzw. Franken (dazu dort dann mehr)!

Thüringer -> Sprecher des Thüringischen bzw. heute der Thüringisch-Obersächsischen Dialektgruppe: dies betrifft das heutige Thüringen nördlich des Thüringer Waldes, das heutige Sachsen (jedoch ohne die Lausitz, ohne das westliche und mittlere Erzgebirge, ohne das Erzgebirgische Becken und ohne das Vogtland), den südlichen Teil des heutigen Sachsen-Anhalt bis etwa zum südlichen Harz sowie dem südlichen Rand des heutigen Brandenburg (Raum um Bad Liebenwerda).

Franken -> Sprecher fränkischer Dialekte, von denen das Niederfränkische (Stichwort: Niederländisch) im Gegensatz zu den anderen fränkischen Dialekten die zweite Lautverschiebung nicht mitgemacht hat; damit wird bereits der Charakter, daß "fränkische Mundarten" eine sehr weitgefaßte Sammelbezeichnung ist, ersichtlich. Als Niederfranken können sich neben den Niederländern die Sprecher des Rhein-Maasländischen (z.B. Kleverländisch, Limburgisch) sowie die Menschen am unteren Niederrhein bezeichnen. Als Mittelfranken gelten demgemäß die Sprecher des Ripuarischen (z.B. Köln) und des Moselfränkischen (z.B. im Siegerland), als Rheinfranken Pfälzer (deren Gebiet schließt bspw. aber auch das heutige Nordbaden [Raum Heidelberg -> Kurpfälzisch] ein) und Hessen (das Südhessische reicht dabei übrigens bis ins bayerische Unterfranken [Raum Aschaffenburg -> Untermainländisch "Aschebersch"]). Ostfranken betrifft heutzutage neben dem Großteil Ober-, Mittel- und Unterfrankens noch die Hohenloher (nördliches Württemberg [Crailsheim, Schwäbisch Hall, Künzelsau, Bad Mergentheim]), Thüringen südlich des Thüringer Waldes (Grabfeldisch, Hennebergisch, Itzgründisch), das sächsische Vogtland (Vogtländisch), das mittlere und westliche Erzgebirge sowie das Erzgebirgische Becken (Erzgebirgisch). Südfranken betrifft den nördlichen Teil das heutigen Baden-Württemberg entlang einer Linie von Karslruhe über Heilbronn nach Mosbach (Odenwald); es handelt sich dabei quasi um das südliche Rheinfranken.
Direkten Bezug zum Altostfränkischen/Salfränkischen haben in diesem Kontext übrigens lediglich Nieder- und Mittelfranken bewahrt; bei den anderen haben in der sprachlichen Entwicklung alemannische und - im Falle der ostfränkischen Mundarten - sogar bairische Dialekte starke Spuren hinterlassen.

Baiern -> Sprecher der bairischen Dialekte: heutzutage grob zu unterteilen in Nordbaiern (Oberpfalz, südöstliche Teile von Mittel- und Oberfranken, nördlichster Teil von Oberbayern, nördlichster Teil von Niederbayern und Südzipfel des sächsischen Vogtland [Region um Adorf/V., Bad Brambach, Bad Elster und Markneukirchen]), Mittelbaiern (Niederbayern, Oberbayern, Süden der Oberpfalz, Oberösterreich, Niederösterreich, Wien, Tiroler Unterland, Salzburg, Obersteiermark und Burgenland) und Südbaiern (Tirol, Südtirol, Kärnten, Weststeiermark plus weitere deutsche Sprachinseln in Italien und Slowenien)

Aber wie bereits ausgeführt, läßt dies alles nur den Rückschluß zu, um das Gebiet welches Stammes es sich einst handelte bzw. aus welchem ursprünglichen Gebiet die Kolonisation erfolgte (z.B. beim heutigen Freistaat Sachsen oder im heutigen Österreich), was sich eben in den sprachlichen Spuren niederschlägt. Daß aufgrund dessen, daß sich Stammesverbände - und zwar germanische wie nichtgermanische - untereinander mischten, eine 1:1-Zuordnung ehedem so nicht möglich ist, wurde hier inzwischen mehrfach (u.a. auch von mir im ersten Absatz dieses Beitrages) betont.
 
Vielen Dank für diesen schönen Beitrag.

Eine Nachfrage:
Thüringer -> Sprecher des Thüringischen bzw. heute der Thüringisch-Obersächsischen Dialektgruppe: dies betrifft das heutige Thüringen nördlich des Thüringer Waldes, das heutige Sachsen (jedoch ohne die Lausitz, ohne das westliche und mittlere Erzgebirge, ohne das Erzgebirgische Becken und ohne das Vogtland), den südlichen Teil des heutigen Sachsen-Anhalt bis etwa zum südlichen Harz sowie dem südlichen Rand des heutigen Brandenburg (Raum um Bad Liebenwerda).
Sind die Nordhessen nicht auch sprachlich Thüringer?

Sie kämen ja auch für keine der anderen Gruppen in Frage.
 
Alemannen/Schwaben -> Sprecher alemannischer Dialekte bzw. Sprecher deren schwäbischer Untergruppe: nicht voneinander abgrenzbar, obwohl sich heutzutage die Badener (sowie auch Deutschschweizer, Elsässer, Liechtensteiner und Vorarlberger) als "Alemannen" sowie Württemberger, Oberschwaben und bayerische Schwaben als "Schwaben" gegeneinander abgrenzen
Hier die entsprechende Dialektkarte: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fc/Alemannic_language_location_map_in_1950-de.svg


Wenn ich das noch etwas erweitern darf. (ohne jeden wissenschaftlichen Anspruch)
Schwäbisch und Alemannisch lässt sich sehr gut unterscheiden und dementsprechend scharf abgrenzen.
Alemannisch hat die Lautverschiebung vom Wib zum Weib, vom Hus zum Haus nicht mitgemacht. Die Grenze zwischen den beiden "großen" Dialektgruppen ist bis heute quer durch Baden-Württ. fast auf den Kilometer genau zu lokalisieren.
 
Eine Nachfrage:

Sind die Nordhessen nicht auch sprachlich Thüringer?

Sie kämen ja auch für keine der anderen Gruppen in Frage.

Sie liegen in einem Mischgebiet - vgl. dazu auch:
Westthüringisch ? Wikipedia
Osthessisch ? Wikipedia
Nordhessisch ? Wikipedia

Schwäbisch und Alemannisch lässt sich sehr gut unterscheiden und dementsprechend scharf abgrenzen.
Alemannisch hat die Lautverschiebung vom Wib zum Weib, vom Hus zum Haus nicht mitgemacht. Die Grenze zwischen den beiden "großen" Dialektgruppen ist bis heute quer durch Baden-Württ. fast auf den Kilometer genau zu lokalisieren.

Wenn Du das so schreibst, möchte ich da keineswegs widersprechen... :fs:
 
Und wie ist das speziell mit den "heutigen" Franken? Gab es wirklich genug fränkische Siedler, um das immernoch von Alamannen und später im Osten auch von Slawen bevölkerte Gebiet zu "fränkisieren"?
 
Und wie ist das speziell mit den "heutigen" Franken? Gab es wirklich genug fränkische Siedler, um das immernoch von Alamannen und später im Osten auch von Slawen bevölkerte Gebiet zu "fränkisieren"?

Über das heute bayerische Ostfranken, das zur Zeit der Völkerwanderung Durchgangsland war, hatten im 5. Jh. vermutlich Alemannen und Thüringer eine nur wenig gefestigte Herrschaft ausgeübt. Nachdem beide Stämme 496 bzw. 523 von den Merowingern unterworfen worden waren, kamen im 6. Jh. rheinfränkische Siedler in die Gäulandschaften des Main-Taubergebietes. Orte, deren Namen Personennamen und dem Suffix -heim gebildet sind und bei denen Reigengräber des 6. Jahrhunderts gefunden werden, zeigen diese erste fränkische Siedlungswelle.

Die ethnische Situation in Ostfranken könnte also wie folgt ausgesehen haben: Eine keltische Bevölkerungsbasis wurde nach der Zeitenwende von germanischen Stämmen überschichtet, vor allem von Hermunduren, Donau-Quaden (auch bekannt als "Donausueben") und Markomannen, zu denen seit dem 4./5. Jh. noch thüringische und alemannische Splitter kamen. Aufgrund der durch die Völkerwanderung ausgelösten Siedlungsarmut dominierten nach dem 6. Jh. eindeutig die Franken die Region und assimilierten alle noch verbliebenen germanischen Volkssplitter.
 
Volk auf dem Gebiet des heutigen Frankens

Hallo :winke:

hab mich hier angemeldet weil mich folgendes interessiert:

welcher stamm hat sich in der völkerwanderung zuletzt auf dem gebiet des heutigen frankens angesiedelt?
d.h. aus welchem "volk" gehen sie hervor? oder lässt sich das so nicht beantworten?
über google habe ich keine passende antwort gefunden.
vielen dank für eure hilfe,
liebe grüße
max
 
Zumindest in Oberfranken siedelten zu guter Letzt Wenden, Winden, Sclaven. Ja, Slawen siedelten auch im heutigen Westdeutschland! Eben in Oberfranken, dem heute niedersächsischen Wendland und in Holstein.
Ansonsten waren in "Franken" vor den Franken auch noch Allemannen und Thüringer mal aktiv. Ärchäologisch nachgewiesen sind auch Personen mit zentalasiatischen Zugen, wahrscheinlich Hunnen.

Eigentlich wanderten die Slawen aber ein Jahrhundert nach dem offiziellen Ende Völkerwanderung ins heutige Oberfranken ein. Gemeinhin gilt ja die Einwanderung der Langobarden anno 568 als Ende der Völkerwanderungzeit.
Daran haben sich offensichtlich nicht alle Völker gehalten.:rofl:

Die "deutschen" Stämme in der Neuzeit waren durchaus etwas anderes, als die die uns Frühgeschichtler einreden wollen.
Merkwürdig klingt da etwa die Erwähnung "deutscher Sämme" in Karl Liebknechts Ausruf einer deutschen Räterepublik 1918:
"Heute steht eine unübersehbare Menge begeisterter Proletarier an demselben Ort, um der neuen Freiheit zu huldigen. Parteigenossen, ich proklamiere die freie sozialistische Republik Deutschland, die alle Stämme umfassen soll, in der es keine Knechte mehr geben wird, in der jeder ehrliche Arbeiter den ehrlichen Lohn seiner Arbeit finden wird."
Das ist doch keineswegs nur auf Franken, Baiern, Thüringern, Sachsen und Schwaben bezogen! (Warum eigentlich nur die und nicht auch noch Angeln, Warnen, Burgunden, Goten, Langobarden, Lotharingier...? Vor allem letztere, immerhin gab es ja ein "Stammesherzogtum" Lotharingen!)
Sondern eben natürlich auch auf die Preußen, die Pommern...
Dieses Verständnis "deutscher Stämme" klingt auch in dem deutsch-nationalem Gedicht "Was ist der Deutschen Vaterland?" von Ernst Moritz Arndt aus dem Jahre 1813 an. Dort tauchen dann noch ganz andere Stämme auf: Preußen, Pommern, Österreicher...

Der besondere Ulk ist, dass das ehemalige Kerngebiet, ja Stammland der Franken unter dem Terminus Rheinland und Rheinländer läuft, während sich der Frankenname in Franken und Frankreich hält, also da wo die wenigsten Salier und Ripuarier hausten. Gleiches ist mit dem Sachsenname passiert, er hält sich im ehemals slawischen Gebiet des sächsischen Herzogtumes wacker, während das alte "Stammland" nur noch Westfalen (immerhin nach einem sächsischen Teilstamm) oder bis zur Erfindung des Bundeslandes Niedersachsens Braunschweig etc. heißt. Hat sich alles ein wenig verschoben. Nur die Schwaben, die merkwürdigerweise die Allamannen überlebten, haben ihre Identität nie ausgetauscht, die kannte ja schon Caesar als Sueben.
 
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Hallo Zusammen

Was ist rigentlich mit den Friesen? Die sind glaube ich auch nicht gewandert in der Völkerwanderung. D.h., sie müßten auch heute noch in ihrem alten Siedlungsgebiet leben.

Bis Neulich

Apvar

P.S. Sind die Friesen ein "alter" Stamm oder ein "Großstamm" wie z.B. die Sachsen, Allemannen u.s.w.?
 
Die Friesen waren nie gut zu Fuß, deshalb sind die nicht gewandert sondern eher geschippert. Richtige Friesen gibts heute nur noch in Nord- und Westfriesland. Die Ostfriesen sprechen kein Friesisch mehr.
 
Gleiches ist mit dem Sachsenname passiert, er hält sich im ehemals slawischen Gebiet des sächsischen Herzogtumes wacker, während das alte "Stammland" nur noch Westfalen (immerhin nach einem sächsischen Teilstamm) oder bis zur Erfindung des Bundeslandes Niedersachsens Braunschweig etc. heißt.

Der Sachsenname "hält sich nicht wacker im ehemals slawischen Gebiet", sondern ist aus dynastischen Gründen nach dem 12. Jh. von Altsachsen die Elbe aufwärts gewandert.

Als Kaiser Barbarossa Herzog Heinrich dem Löwen das Herzogtum Sachsen (und Bayern) aberkannte, belehnte er 1180 die Askanier damit, die sich allerdings im altsächsischen Stammland nicht gegen die Welfen durchsetzen konnten. Aufgrund von Erbteilungen im askanischen Herrscherhaus ging die sächsische Herzogswürde im Jahr 1212 an Albrecht I., der askanische Stammgüter an der Mulde und um Wittenberg besaß. So entstand das Herzogtum Sachsen-Wittenberg, das auch die Kurwürde besaß, und so war der Name "Sachsen" bereits hunderte von Kilometern Richtung Osten gewandert.

Als das Haus Sachen-Wittenberg im Jahr 1422 ausstarb, belehnte Kaiser Sigismund den Wettiner Markgrafen Friedrich den Streitbaren von Meißen für seinen Kampf gegen die Hussiten mit dem Kurfürstentum Sachsen-Wittenberg. Indem dieser Kurfürst von Sachsen wurde, wanderte die Bezeichnung Sachsen weiter elbaufwärts, mit der weiteren Bindung der Kurfürstenwürde an Wittenberg. Dies heißt also, wer Wittenberg besaß, hatte auch Kurfürstentitel und die Kurstimme des Erzmarschalls inne. Der Name "Markgrafschaft Meißen" kam bald außer Gebrauch und die Bezeichnung "Kurfürstentum Sachsen" ging auf den wettinischen Gesamtstaat über, während die zersplitterten ernestinischen Herrschaften in Thüringen als sächsische Herzogtümer firmierten.

Somit haben wir also heute Altsachsen/Niedersachsen und das später dorthin gewanderte (Ober)Sachsen.
 
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Ja Dieter, das zeigt nur wie sich die Begriffe im Laufe der Jahrhunderte verschoben, hefteten sich an Dynastien und Territorien.
Ob die Benenung der Reichskreise von 1500 bezüglich der Stämme etwas bedeutet? Immerhin bezieht sich auch der "Tag der Franken" auch diese frühneuzeitliche Verwaltungseinheit.
Zumindest schrumpfte das Herzogtum Franken tatsächlich auf eben auf jenes heutige Franken zusammen. Ursache ist da vor allem die Belehnung der Würzburger Bischöfe mit dem Herzogtum Franken, was den Mittelpunkt Frankens ins heutige Franken verschob. So wurde das Bistum Würzburg zu Franken.
Genauso wurde ja Mark Meißen zu Sachsen. Daraus entwickelte sich dann regionale Identitäten, die zumindest dem Namen nach etwas mit den Stämmen des frühen Mittelalters zu tun hat.
Was wäre wohl passiert wenn Bernhard von Sachsen-Weimar such noch nach dem 30järigen Krieg Herzog von Franken geblieben wäre? Vielleicht wär ja Franken heute Sachsen. ;)
 
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Was wäre wohl passiert wenn Bernhard von Sachsen-Weimar such noch nach dem 30järigen Krieg Herzog von Franken geblieben wäre? Vielleicht wär ja Franken heute Sachsen. ;)

Das Herzogtum Franken war 1633 bereits seit Jahrhunderten untergegangen, sodass eine Revitalisierung von schwedischen Gnaden zur Zeit des 30-jährigen Krieges ein historischer Witz war. Während der Name Sachsen kontinuierlich mit machtvollen Reichsfürstentümern verbunden war - Herzogtum (Alt)Sachsen, Herzogtum Sachsen-Wittenberg, Kurfürstentum Sachsen - stand hinter dem Begriff Herzogtum Franken keine territoriale Gewalt mehr.
 
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Das alte sächsische Herzogtum - also das Gebiet, welches in etwa das heutige Niedersachsen, Westfalen und den nördlichen Teil des heutigen Sachsen-Anhalt umfaßte - war ein Stammesherzogtum, das spätere wettinische Herzogtum bzw. Kurfürstentum, welches die Herzogs- und Kurwürde des früheren Stammesherzogtums bzw. des Herzogtum Sachsen-Wittenberg "erbte", war - wie das Herzogtum Sachsen-Wittenberg auch - ein Amtsherzogtum, welches eben außer dem Namen mit dem alten Stammesherzogtum nichts mehr gemein hatte.
Stammesgeschichtlich die wettinischen Gebiete, welche ursprünglich als Mark Meißen und später dann als Herzogtum Sachsen bzw. als Kurfürstentum Sachsen firmierten, außer dem Namen mit dem alten Sachsenstamm in Verbindung zu bringen, sind - wie bereits zuvor geschildert - unsinnig: der einzige Volksstamm, welcher mit den Kernlanden des heutigen Sachsen (Obersachsen) in Verbindung zu bringen ist, sind die Thüringer - was übrigens auch daran gut erkennbar wird, daß durch die Leipziger Teilung von 1485 mit der Teilung in die ernestinischen (später thüringischen) und die albertinischen (später sächsischen) Ländereien die Grundlage gelegt wurde, daß von Thüringen und (Ober-)Sachsen getrennt zu sprechen ist.

Im Übrigen darf ich mich diesbezüglich Dieter anschließen...
 
Nicht zu vergessen die thüringische Sprachinsel im Norden, denn im zu Niedersachsen und Anhalt liegende Oberharz gehört sprachlich noch zu Thüringen, obwohl es schon im frühen Mittelalter von diesen Bergvolk entriessen wurde.
 
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