2. Teil:
Was sagt uns das nun?
1. Die Gesammtgewinne aus den profitablen Kolonien reichten gerade mal aus um das aufzufangen, was allein auf den Karolinen, Palau und Marianen versenkt wurde.
2. Von den verlustschiebenden Kolonien weist allein Kamerun eine quote aus, die sich wenigstens einigermaßen in der Nähe der Kostenneutralität befindet, wobei die Gesamtaufwendungen allerdings deutlich geringer sind, als diejenigen für Südwest- , Ost- und Kiautschou
3. Die Gesamtbilanz ist mit "unterirdisch" sehr wohlwollend umschrieben.
Kritik an der Statistik:
- Die Zahlen sind ein Rekurs auf verschiedene Daten, weswegen eine Vergleichbarkeit nur annähernd gegeben ist.
- Die Zahen zeigen uns lediglich eine Gesamtrechnung, aus der sich keine Trends ableiten ließen (woraus wie bereits angemerkt folgt, dass deine Aussage zur Prognose baldiger Gewinne Nonsens ist)
- Es findet ditto keine Zusammenstellung über die Zusammensetzung der Kosten ab, woraus resultiert, dass hier überhaupt nicht klar ist, ob es sich lediglich um laufende Investitionen in die Kolonien und die koloniale Infrastruktur handelt oder die Kosten für den "Erwerb" der Kolonien dort Eingang gefunden haben.
- Es finden sich ebenfalls keine Informationen darüber, ob die Kosten für die militärischen Aktionen innerhalb der Kolonien, hier mit einbezogen sind oder separat davon als Teilaspekte des Militärhaushalts betrachtet werden.
Will heißen, dass was hier an Rechnung am Ende zu Buche steht, ist der Optimalfall. Im Fall, das die Kosten des Erwerbs und die Kosten für das außerordentlich zur Niederschlagung von Aufständen eingesetzte Militär noch oben drauf kommen, würde es dann nochmal deutlich verheerender aussehen.
Fazit:
- Spektakuläre Profite gab es nicht, auch nicht in den nominal gewinnträchtigen Kolonien. Im Hinblick auf das Verhältnis zur Gesamtaufwendung scheint lediglich Samoa tatsächlich vielversprechend, bei allerdings zu vernachlässigenden nominalen Werten.
- Eine Aussage über zukünftige Entwicklung lässt sich auf Basis dessen kaum treffen, davon abgesehen, dass von Kamerun abgesehen die Verlustquoten so hoch sind, dass in näherer Zukunft eine Neutralisierung der Kosten oder gar Gewinne nicht zu erwarten gewesen wären.
Persönliche Mutmaßungen:
- Die Gewinne aus Togo und Samoa, dürften im Besonderen auf der überschubaren Größe und vergleichsweise kleinen Einwohnerzahl der Gebiete beruhen, die keine allzu ausgedehnte Verwltung und investition in die Infrastruktur nötig machten. Sollte das den Tatsachen entsprechen, ist das Modell, gerade auch auf die flächenmäßig großen Brocken Kamerun, Ost- und Südwest- nicht übertragbar.
- Durch die Konzeption von Südwest- als Siedlungskolonie und die ausgedehnten Wüsten und Gebirgslandschaften, die den Ausbau der Infrastruktur deutlich erschweren mussten, wie auch im Hinblick auf die Ausdehnung der ganzen Angelegenheit, wäre gerade hier kaum perspektivische Besserung zu erwarten gewesen.
- Eine mittelfristige finanzielle Wende hätte vermutlich (das Ausbleiben weiterer Aufstände mal vorrausgesetzt) am Ehesten noch Kiautschou versprochen, weil sich dadurch Möglichkeiten im recht profitablen Ostasien-Handel ergeben konnten, aus dem nach wie vor viel mehr zu gewinnen war, als aus Afrika, im Besonderen, wenn man das auch im Hinblick auf die Bahn-Konzessionen in Shandong und die damit verbundene Möglichkeit betrachtet einen Teil des Handels aus den chinesischen Provinzen über die Bahnlinie und den Gelben Fluss, dauerhaft an sich zu ziehen. Die Ausgaben, wenn hier nicht schon die Aufwendungen zur Niederschlagung des Boxeraufstands und zur "Pacht" von Kiautschou einbezogen sind, werden in weiten Teilen mit dem Ausbau von Quingdao zusammenhängen.
Im Hinblick auf den Kosten-Nutzen abseits des rein Pekuniären:
Hier hat
@thanepower bereits das wesentliche beigetragen. Im besonderen die internationalen Verwicklungen, die die ganze Angelegenheit nach sich zog, waren die Sache, so wie sie betrieben wurde schlicht nicht wert. Die Konzeption der Kolonien als Auffangbecken für Auswanderer funktionerten weitgehen nicht und zu einem wirklichen Machtfaktor wurden wurden Kolonien und Flotte auch nicht.
Um ein wirklich umspannendes Netz zu haben, auf dessen Basis man global ohe fremde Unterstützung hätte aggieren können, war der koloniale Besitz zu dünn gestreut, das haute schon mit der Brennstoffversorgung in der Form nicht hin, wie es das hätte tun müssen, im Besonderen wenn man bedenkt, dass man über strategisch entscheidende Punkte an den Seerouten (Ärmelkanal, Gibraltar, Suez-Kanal, Straße von Malakka, Panamakanal) keinerlei Kontrolle hatte und auch in Sachen handel somit weitgehend auf den goodwill, im Besonderen der Briten angewiesen war, die man mit der Flotten- und Kolonialpolitik gerade vor dem kopf stieß.
Die Flotte selber, war, wie das bereits ausgeführt wurde, durch die Konzeption als Schlachtflotte und dementsprechend mit Schwerpunkt auf schwerfälligen, brennstoffintensiven Schlachtschiffen an stelle von verbrauchsärmeren und deutlich schnelleren leichten Kreuzern, realistisch betrachtet nicht in der Lage die Seewege gegen andere Großmächte zu sichern
Alles in allem, war diese koloniale Konzeption schlicht verfehlt. Unter den deutschen Kolonialgebieten halte ich in der Form, wie sie waren nur zwei für strategisch wirklich sinnvoll, nämlich Togo und Kiautschou.
Die anderen waren entweder das Risioko ihres Erwerbs nicht wert (Samoa, Teile Kameruns, siehe 2. Marokko-Krise) auf Grund ihrer Ausdehnung und Armut an Schlüsselrohstoffen und Aufstandsproblematiken wirtschaftlicher Nonsens (Kamerun, Ost- und Südwest- ), konzeptionell verfehlt (Südwest- ) oder aber so abgelegen, dass wiederrum unsinnig (der gesammte pazifische Kram. Was will man da außer kokusnüssen, Fischen und Ärger mit den anderen Kolonialmächten? Im Hinblick auf Neuguinea konnte man vielleicht hoffen ähnliche Rohstoffe zu finden, wie die Niederländer in Indonesien, aber das zerschlug sich ja auch recht zügig).
Für eine sinnvollere koloniale Konzeption hätte man entweder Gebiete abgreifen müssen, die in der Lage waren industrielle Schlüsselrohstoffe zur Verfügung zu stellen oder sich mehr auf das alte portugiesische Modell der Handelsstützpunkte verlegen, mit weniger territorialer Ausdehnung, dafür in einem dichteren Netz und vor allem mehr auf Asien fokussiert, als auf Afrika.
@thane
Ich danke für die Ausführungen. In meiner von dir zitierten Anspielung dachte ich im Besondern an die bei dir unter 3 und 4 aufgeführten Punkte.