Hallo zusammen,
da dies ein Thema ist, dass mich aus persönlichen Gründen auch sehr interessiert, möchte ich meine Erfahrungen und meine Meinung loswerden.
(Von meiner Familie kann ich nur erzählen, was ich so an Informationen angesammelt habe)
Ich selbst stamme aus einer oberschlesischen deutschstämmigen Familie. Meine Urgroßeltern sind auf deutscher Seite in den Krieg gezogen. Zwei meiner Uropas starben in russischer Kriegsgefangenschaft, ein anderer wurde in Tschechien erschossen. Dann wurde Oberschlesien polnisch, meine Familie ist geblieben. Leider weiß ich nicht, ob es durch "Leugnung" des Deutschseins oder ähnlichem geschah. Meines Wissens nach haben wir auch die Nachnamen beiderseits behalten.
Aufjedenfall erzählte mir traurig mein Großvater mal, dass er damals oft als "Hitlerjunge" beschimpft wurde.
Meine Eltern erzählten auch, dass meine Großeltern damals deutsch sprachen, wenn sie wollten, dass die Kinder nichts verstehen (lustigerweise reden meine Eltern heute polnisch, wenn sie nicht wollen, dass meine jüngeren Geschwister sie verstehen). Zudem weiß ich von meinem Vater, dass er wohl sogar in der Schule von Lehrern schlechte Zensuren bekam, weil die Lehrer polnisch waren und er Oberschlesier.
Meine Eltern sahen dann in Deutschland bessere Chancen und sind einige Jahre nach meinen Großeltern nach Deutschland gezogen. Heute erzählt mein Großvater manchmal bitter, dass er nun "Pole" genannt wird.
Leider ist es wirklich so, hier in Deutschland werde ich selbst oft als "Pole", "Pollacke" oder "Russe" betitelt. Wenn wir aber wieder nach Oberschlesien fahren, dann wird man dort als der "Deutsche" aufgenommen.
Ich muss aber sagen, dass ich eigentlich ganz froh bin ein Oberschlesier zu sein (nein das soll keine Parole sein), denn so hat man manchmal einen weiteren Horizont, wenn es vor allem um die Frage Deutschland - Polen geht.
So bin ich der Meinung, dass es bleiben soll, wie es ist. Eine Angliederung Oberschlesiens an Deutschland würde nur neue Probleme mit sich bringen und ist gar nicht so leicht zu legitimieren, wie viele denken.
Ich mag es nicht, wenn irgendwelche Leute daher kommen, die gerade mal 18 sind, Oberschlesien nur von der Karte her kennen und dann sagen, meine Großeltern kommen von da, das muss wieder deutsch sein.
Zitat von Halbblut: "Ich finde auch, dass kein Anspruch eines deutschen Vertriebenen berechtigt sein dürfte - aber mach das mal dem Menschen klar, der vielleicht seit 50 Jahren so empfindet, wie ich es eben geschildert habe."
Dem stimme ich voll und ganz zu. Jemand der seine Kindheit, sein weiteres Leben in Oberschlesien verbrachte, jemand der dort arbeiten ging, für seine Familie kämpfte, dieser jemand hat das Recht die Frage stellen zu dürfen, weshalb er aus seiner Heimat vertrieben wurde.
Ich selber lebte 5 Jahre in einem kleinen Dorf irgendwo bei Kattowitz und Gleiwitz, ich mag das Land und die Leute drüben und gerade deshalb sage ich, lasst es so wie es ist.
Ich weiß nicht, was ich meine Heimat nennen soll... Hier auf dem Dorf bei Köln ist es schwer sich zu integrieren und manche Bräuche gefallen mir selbst nicht und drüben habe ich nur fünf jahre gelebt und auch da bin ich der Fremde.
Wenn man hieran Kritik üben kann, so sagt bitte bescheid, wenn ihr mir mehr über die Geschichte Oberschlesiens schreiben könnt und wie sich all das dort entwickelt hat, dann würde ich euch auch bitten, mir bescheid zu geben.
Danke, dass ich meine Gedanken ungeordnet zu dem Thema niederschreiben konnte.
Euer Rafael