Turgot
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In letzter Zeit, aber auch schon davor, wird immer wieder die Annexionskrise von 1908 mit in die Diskussion eingebracht. Aus diesem Grunde habe ich mich entschlossen, hier einem entsprechenden Faden zu eröffnen.
Beginnen möchte ich mit den beiden wichtigsten Protagonisten dieser schweren diplomatischen Krise; Iswolsky und Aehrenthal.
Iswolsky
Alexander Iswolsky wurde 1856 geboren. Schon als neunzehnjähriger trat er in dem diplomatischen Dienst des Zarenreichs ein.
Nach Dienstleistung im Osmanischen Reich, Rumänien, Bulgarien und den USA wurde er 1894 zum Ministeresidenten am Vatikan ernannt.1897 wurde er nach Belgrad versetzt und im gleichen jähr ging es weiter nach München. 1900 erhielt er seinen ersten bedeutenden Ministerposten in Tokio.
Seine Tätigkeit dort stand aber nicht unter einen besonders glücklichen Stern.(1)
Nach Tokio hatte er, so schreibt Iwolsky selbst, wenig Aussicht auf einen Posten von Bedeutung zu erhalten; er hatte eine Politik kritisiert, in die sicher Zar selbst stark engagiert hatte. Iswolsky hatte es der Kaiserinwitwe Maria, geborene Prinzessin Dagmar von Dänemark, zu danken, das er 1903 den Posten in Kopenhagen erhielt.
Dänemark war zwar keine bedeutende Großmacht, aber immerhin machte die Verwandtschaft zwischen der russischen und dänischen Dynastie, Nikolaus war der Enkel von Christian IX., Kopenhagen zu einen sicher nicht unwichtigen Posten. Er trat im Jahre 1903 dort seinen Posten an.
Aus Mangel an qualifizierten Konkurrenten konnte sich Iswolsky Hoffnung machen, eines Tages Außenminister zu werden und das ohne je eine wirklich bedeutende Botschaft geleitet zu haben. Das war Iswolsky selbst auch bewusst und er wollte gerne eine große Botschaft, Berlin oder Paris vorher geleitet haben.
Iswolsky hatte eine liberale Einstellung und bewunderte den britischen Parlamentarismus.
Am 05.Mai 1906 erhielt Iswolsky von Lambsdorff den Bescheid, das er Nachfolger Lamsdorffs wird. Der Zar hatte Lamsdorffs Abschied wegen dessen Erkrankung bewilligt gehabt.(2)
Nelidow hatte nicht das geringste Interesse Außenminister zu werden (3) und Muraview, Iswolsky Vetter, besaß zwar die Gunst des Souveräns. Zog aber einen wohldotierten Botschafterposten der Sängerbrücke vor,(4) zumindest nach der Ansicht von Aehrenthal.
Iswolsky wurde von zeitgenössischen Beurteilen recht einstimmig u.a. der Eitelkeit, Feigheit, des Opportunismus, Snobismus, der Schöntuerei, Unzuverlässigkeit und Verschwendung beschuldigt. Eine Charakteristik findet sich bei Taube, (5) der ISwolsky auch einen richtigen Staatsmann nannte. Aber seine Kritiker erinnern sich auch an seine diplomatische Begabung und Geschick, seine Belesenheit
Die russische Presse feierte die Ernennung. Iswolsky sei berufen zu den wichtigen, den Lebensinteressen Russlands entsprechenden Prinzipien zurückzukehren. (6)
(1) Berichte Ambro an Goluchowski von 16.10 und 02.12.1902 und des Weiteren Boutiron an Delcassé vom 04.12.1902 in DDF 2: II. S.643f
(2) Telegramm Wydenbruck an Goluchowski vom 07.05.1906
(3) Iswolsky, Mémoires, S.38f
(4) Bericht Aehrenthal an Goluchowski vom 30.06.1905
(5) Michael Taube, Der grossen Katastrophe entgegen S.96 ff
(6) Bericht Aehrenthal an Goluchowski vom 01.August 1906
Ich werde nach und nach, ist ja schließlich ein Stück Arbeit, hier weiter machen. Fortsetzung folgt; in der nächsten wird dann Aehrenthal vorgestellt werden.
Beginnen möchte ich mit den beiden wichtigsten Protagonisten dieser schweren diplomatischen Krise; Iswolsky und Aehrenthal.
Iswolsky
Alexander Iswolsky wurde 1856 geboren. Schon als neunzehnjähriger trat er in dem diplomatischen Dienst des Zarenreichs ein.
Nach Dienstleistung im Osmanischen Reich, Rumänien, Bulgarien und den USA wurde er 1894 zum Ministeresidenten am Vatikan ernannt.1897 wurde er nach Belgrad versetzt und im gleichen jähr ging es weiter nach München. 1900 erhielt er seinen ersten bedeutenden Ministerposten in Tokio.
Seine Tätigkeit dort stand aber nicht unter einen besonders glücklichen Stern.(1)
Nach Tokio hatte er, so schreibt Iwolsky selbst, wenig Aussicht auf einen Posten von Bedeutung zu erhalten; er hatte eine Politik kritisiert, in die sicher Zar selbst stark engagiert hatte. Iswolsky hatte es der Kaiserinwitwe Maria, geborene Prinzessin Dagmar von Dänemark, zu danken, das er 1903 den Posten in Kopenhagen erhielt.
Dänemark war zwar keine bedeutende Großmacht, aber immerhin machte die Verwandtschaft zwischen der russischen und dänischen Dynastie, Nikolaus war der Enkel von Christian IX., Kopenhagen zu einen sicher nicht unwichtigen Posten. Er trat im Jahre 1903 dort seinen Posten an.
Aus Mangel an qualifizierten Konkurrenten konnte sich Iswolsky Hoffnung machen, eines Tages Außenminister zu werden und das ohne je eine wirklich bedeutende Botschaft geleitet zu haben. Das war Iswolsky selbst auch bewusst und er wollte gerne eine große Botschaft, Berlin oder Paris vorher geleitet haben.
Iswolsky hatte eine liberale Einstellung und bewunderte den britischen Parlamentarismus.
Am 05.Mai 1906 erhielt Iswolsky von Lambsdorff den Bescheid, das er Nachfolger Lamsdorffs wird. Der Zar hatte Lamsdorffs Abschied wegen dessen Erkrankung bewilligt gehabt.(2)
Nelidow hatte nicht das geringste Interesse Außenminister zu werden (3) und Muraview, Iswolsky Vetter, besaß zwar die Gunst des Souveräns. Zog aber einen wohldotierten Botschafterposten der Sängerbrücke vor,(4) zumindest nach der Ansicht von Aehrenthal.
Iswolsky wurde von zeitgenössischen Beurteilen recht einstimmig u.a. der Eitelkeit, Feigheit, des Opportunismus, Snobismus, der Schöntuerei, Unzuverlässigkeit und Verschwendung beschuldigt. Eine Charakteristik findet sich bei Taube, (5) der ISwolsky auch einen richtigen Staatsmann nannte. Aber seine Kritiker erinnern sich auch an seine diplomatische Begabung und Geschick, seine Belesenheit
Die russische Presse feierte die Ernennung. Iswolsky sei berufen zu den wichtigen, den Lebensinteressen Russlands entsprechenden Prinzipien zurückzukehren. (6)
(1) Berichte Ambro an Goluchowski von 16.10 und 02.12.1902 und des Weiteren Boutiron an Delcassé vom 04.12.1902 in DDF 2: II. S.643f
(2) Telegramm Wydenbruck an Goluchowski vom 07.05.1906
(3) Iswolsky, Mémoires, S.38f
(4) Bericht Aehrenthal an Goluchowski vom 30.06.1905
(5) Michael Taube, Der grossen Katastrophe entgegen S.96 ff
(6) Bericht Aehrenthal an Goluchowski vom 01.August 1906
Ich werde nach und nach, ist ja schließlich ein Stück Arbeit, hier weiter machen. Fortsetzung folgt; in der nächsten wird dann Aehrenthal vorgestellt werden.