Bei den Männern trat oft etwas ein, was bei den Frauen, zumindest in den hessischen Trachtengebieten, so gut wie nie vorkam: Sie teilten die Kleidung. An Feierabenden und zur Feldarbeit überlebte noch lange z.. in der Schwalm der Kittel in seinen verschiedenen Ausprägungen, zur Arbeit außer Haus trug man städtische Kleidung. So galten in der Schwalm im einigen Dörfern noch um 1930 90% der Männer als Trachtenträger. Bei den Frauen trug man entweder kurz (Tracht, Rock bis zu den Knien) oder man zog sich um zu lang (städtisch, modisch, Rock lang bis zu den Knöcheln oder der Wade), das Umziehen war dann in aller Regel entgültig, man änderte dann z.B. auch dir Frisur von Zopf zu Dauerwelle und trug nie wieder und zu keinem Anlaß, weder Trauer noch Arbeit noch Feiertag noch Kirchgang, ein Trachtenstück. An der Dill gab es wie auch in anderen Gegenden Hessens eine Übergangstracht bis in die 1910er Jahre, die halblange Tracht. Die starb gegen 1970 mit den letzten Trägerinnen, die sich nie umgezogen hatten, endgültig aus.
Die Schwälmer Tracht, die im 19. Jahrhundert Maler und im 20.Jhd Volkskundler entzückte, entstand in dem Stil, wie man sie heute von folkloristischen Veranstaltungen kennt, entstand eigentlich erst im 19. Jahrhundert mit dem Wegfall der alten Luxus- und Kleiderordnungen.
In der Schwalm differenzierte man zwischen der "stolzen Tracht" und der Altagstracht.
Für den Kirchgang trugen die Schwälmer Männer einen langen schwarzen Gehrock und einen Zweispitz, die Frauen eine eigene Abendmahlshaube. Für Feste und Kirchweih trugen die Patriarchen das "Ärmeldeng" oder Kamisol, einen langen Gehrock aus blauem Tuch mit Stickereien und dazu als Kopfbedeckung die "Bromkappe" eine u. U. mit Brokat verzierte Pelzkappe aus Otterfell. Unter dem Kamisol wurde eine rote, reich verzierte Weste getragen, was an ungarische Trachten erinnert.
Diese stolze Tracht konnten sich nur Pferdebauern leisten, und es wurden und werden diese Kleidungsstücke über Generationen vererbt.
Alltagskleidung der Männer war der erwähnte Kittel. Im Gegensatz zu den südhessischen "Hessenkitteln" und denen im Marburger Raum war dieser Schwarz oder dunkelgrau statt blau und reichte bis zum Knie. Dazu wurde ein flacher runder Hut alltags wie zum Kirchgang getragen.
Für Hochzeiten durfte es noch ein bisschen aufwändiger sein und es trugen die Männer einen mit dem Brautschmuck geschmückten Zweispitz, die Frauen eine Brautkrone und die grüne Frauentracht. darunter 7- 14 Unterröcke aus Leinen. Um die Braut anzukleiden, sie "zu schabbeln" brauchte sie Hilfe von mindestens 2 anderen Frauen, wobei in die Schuhe ein Trinkgeld für die Weißstickerin eingelegt wurde.
Mädchen trugen rot, verheiratete Frauen trugen grün, Witwen trugen Schwarz mit violetten Stickereien und alte Frauen oder auch solche, die Kinder verloren hatten trugen für den Rest ihres Lebens schwarz.
Die Männer trugen auf den Dörfern der Schwalm bis nach dem 2. weltkrieg Tracht. Die NS- Zeit führte zu einer Aufwertung der Tracht und man spürte "uraltem Brauchtum und Germanenerbe" nach.
Etwa zu Beginn der 1970er Jahre wurde das Lokalidiom, das Platt in vielen Familien missachtet, manche Kinder lernten es gar nicht erst, und es wurde "das ahle Gelärr" verramscht und verscherbelt, bis man entdeckte, das Bauernschränke, Leinen Trachten als gesuchte Antiquitäten stattliche Preise bringen. Japanische und Amerikanische Touristen, die sich nach Nordhessen verirren sind hingerissen und von Tourismusverbänden wurde kolportiert, dass Rotkäppchen stamme aus der Region, doch das Märchen von "Chaperon rouge" war in Frankreich schon im Mittelalter bekannt. Als die Brüder Grimm Märchen sammelten, waren ihre Quellen einige Damen aus Kassel, deren Vorfahren Hugenotten waren.
Durch mündliche Überlieferung haben die in den Märchen beschriebenen Wälder und Dörfer hessisches Lokalkolorit angenommen. Das Haus der Hexe in Hänsel und Gretel wird als ein "Ellerhaus" einen Austragshof wie man in Süddeutschland oder Österreich sagt. Der "Kluge Hans" trägt die Pelzkappe der Schwälmer Bauern und in einem weniger bekannten Märchen wird die Abendmahlshaube erwähnt, die in Nord- und Mittelhessen einzig ist.