Die Hochkulturen Mesopotamiens

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Alexandros

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Die Hochkulturen Mesopotamiens
3000-331 v. Chr.

Das Land zwischen Euphrat und Tigris

Zwischen 3100 und 3000 v.Chr. entstand auf einer weitgehend kahlen Schwemmlandebene im südlichen Zweistromland (Mesopotamien) zwischen Euphrat und Tigris (südlich von Bagdad, dem zentralen Gebiet des heutigen Irak) die erste Hochkultur der Menschheit. Doch reichen ihre archäologisch nachweisbaren Wurzeln, besonders im Norden Mesopotamiens, weit in die Vorzeit zurück (etwa 7000 v. Chr.). Später verlagerte sich der Ackerbau von den regenreichen Hängen des Sagrosgebirges in das bei künstlicher Bewässerung fruchtbare Schwemmland des südlichen Mesopotamien. Hier entstanden im 5. Jahrtausend zahlreiche kleine Siedlungen, die sich zu den ersten Städten der Menschheit entwickelten.Der Reichtum dieses Gebietes zog in der Folgezeit immer neue Nomadenvölker an, die rasch sesshaft wurden. Die zahlreichen Einwanderungsschübe und die wechselnden Herrschaftsperioden dieser Neuankömmlinge bestimmten die Kultur und Geschichte des ganzen fruchtbaren Halbmondes, des Zweistromlandes der Euphrat- und Tigrisebene, für die Zeit der orientalischen Antike.

Sumer und Akkad

Mit dem Volk der Sumerer, die dem südlichen Mesopotamien den Namen Sumer gaben, ist die erste dieser Einwanderungswellen historisch fassbar. Zu welchem Zeitpunkt dieses Volk aus Zentralasien einwanderte, ist nicht ganz geklärt. Doch gilt als sicher, dass sie mit den Ureinwohnern dieses Raumes zu einem Volk verschmolzen und um die Wende vom 4.zum 3.Jahrtausend mit ihren Fähigkeiten die früheste nachweisbare Hochkultur der Menschheit schufen. Die ersten Städte entstanden. Die Schrift wurde erfunden; religiöse Riten geschaffen und ein Nachrichtenwesen organisiert. Die frühdynastische Zeit Sumers (um 2750 v. Chr.) ist nur sehr spärlich durch Quellen belegt und in ihrer zeitlichen Abfolge (Chronologie) bis etwa 2350/30 v. Chr. nicht gesichert. Archäologische Funde bezeugen eine Anzahl von Stadtstaaten geringer räumlicher Ausdehnung mit monumentaler Sakralarchitektur wie Ur, Uruk, Lagasch, Kisch, Umma und Mari, die nebeneinander existierten. Das Gilgamesch-Epos (entstanden nach 2750 v. Chr.) ist beredtes Zeugnis ihrer frühen Kämpfe untereinander. Die sumerischen, unvollständig erhaltenen Königslisten nennen als bedeutende Herrscher Mesilim von Kisch (um 2750), Gilgamesch von Uruk (nach 2750), Eannatum von Lagasch (um 2430), den Reformgesetzgeber Urukagina von Lagasch (bis etwa 2340) und Lugalsaggesi von Umma (um 2340), der erste Herrscher, der ganz Sumer unterwarf (Lagasch, Ur, Uruk, Larsa, Kisch, Nippur). Diese Könige regierten als absolute Priesterfürsten über befestigten Stadtanlagen, deren augenfälligen Mittelpunkt die monumentale Tempelanlage mit Zikkurat (Stufenturm) bildete. Um 2330 v. Chr. beendete der semitische König Sargon I. (um 2350-2295) von Norden her die Vorherrschaft Sumers und gründete im mittleren Mesopotamien eine Residenz mit Nanach welcher der gesamte Nordteil Mesopotamiem wurde. Sargon I. von Akkad unternahm mit einem wohlausgerüsteten Heer Kriegszüge bis an die Mittelmeerküste und setzte sogar nach Zypern über. Seinem Weltherrschaftsanspruch verlieh der Titel »König der vier Weltgegenden« unmissverständlich Ausdruck. Doch schon knapp zwei Jahrhunderte später überrannten die Gutäer, ein kriegerisches Volk aus Iran, vom Sargosgebirge her das sich vom Persischen Golf bis Kleinasien erstreckende akkadische Großreich. Erst nach 2070 gelang es Utuchengal Herrscher von Uruk, die Eindringlinge zu vertreiben. Die letzte Blütezeit Sumers brach an. Ihr bekanntester Herrscher war Gudea von Lagasch (um 2080). Er legte schon, während der Gutäerherrschaft die Grundlagen für den Wiederaufstieg Sumers. Bedeutende Herrscher wie Urnammu (2064-2046) und Schulgi (2045-2000) aus der sog. 3. Dynastie von Ur (2064) dehnten die Herrschaft Sumers fast auf die Größe des einstigen Großreiches von Akkad aus. Gegen 2000 v. Chr. griffen aus dem 0sten die Elamiter an und zerstörten Ur, bald darauf drangen aus Syrien nomadisierende Amoriter ein, vertrieben die Elamiter und erhoben Babylon am Euphrat zur neuen Hauptstadt. So endete nach 1500 Jahren das sumerische Zeitalter, doch sein kulturelles Erbe lebte weiter und beeinflusste die Geschichte weit über die Grenzen Mesopotamiens hinaus.

Babylonien und Assyrien

In der Folgezeit entwickelten sich aus den mesopotamischen Stadtstaaten zwei neue Großreiche: Babylonien im Süden und Syrien im Norden, die in den nächsten eineinhalb Jahrtausenden weit über das Zweistromland hinausgriffen. Um 1700v. Chr. gelang es Hammurapi von Babylon ( die anderen Mächte in Assur, Eschnunna, Larsi und Mari zu besiegen und ein einheitliches Großreich zu errichten, dass vom persischen Golf bis zur heutigen Türkei, vom Sagrosgebirge bis zum Chabur in Syrien erstreckte. Verwaltung, Handel und Rechtsprechung Babyloniens setzten sich überall durch. Das babylonische verdrängte das Altakkadische und Sumerische als Amtssprachen und der babylonische Stadtgott Marduk wurde über die Vielzahl der sumerischen und akkadischen Götter zum Reichsgott erhoben. Doch 1531 brach die babylonische Herrschaft durch einen Plünderungszug der kleinasiatischen Großmacht der Hethiter zusammen. Nach ihrem Abzug übernahm das iranische Bergvolk der Kassiten für die nächsten Jahrhunderte die Macht in Babylonien, bis 1170 erneut die Elamiter vordrangen und das Kassitenreich zerstörten. Inzwischen konnte Assyrien im Norden Mesopotamiens am Oberlauf des Tigris, sein Herrschaftsgebiet erweitern, weil das dort von Churritern vor 1500 gegründete mächtige Mita 1350 von den Hethitern zerschlagen worden war. So entstand etwa 1318 bis 1050 v.Chr. das sog. mittelassyrische Reich, die erste Militärmacht Vorderasiens. Feldzüge bis zum Vansee und zum Mittelmeer, gegen die Aramäer, gegen BabyIon, dessen Gott Marduk nach Assur gebracht wurde, und Verbindungen zu Ägypten dienten der Erweiterung des Herrschaftsbereichs. Günstig für die kontinuierliche Expansion Assyriens, die erst mit dem Tod Tiglatpilesers I. (1116-1077) endete, wirkte sich zudem der Untergang des mit Assyrien rivalisierenden Hethiterreiches aus, das von Zentralanatolien aus seit 1600 seine Grenzen ständig vorgeschoben hatte. Es brach um 1200 unter dem Ansturm der sog. Seevölker zusammen; für Jahrhunderte versank Kleinasien im Dunkel der Geschichte.

Letzte Blüte und Zerfall der mesopotamischen Großreiche

In der 1.Hälfte des 1. vorchristlichen Jahrtausends erwuchs mit dem Aufstieg des neu assyrischen Reiches (um 932-612) mit den Zentren Kalach und Ninive (beide am Oberlauf des Tigris) eine neue Mach tim vorderasiatischen Raum, die in schweren Kämpfen den Herrschaftsbereich Altassyriens neu begründete und zahlreiche Staaten, so auch Israel, Juda und Babylonien, zu Vasallen degradierte. Deportationen ganzer Völker und Grausamkeit kennzeichneten das assyrische Regiment. Im Jahr 714 wurde in Armenien das Reich von Urartu zerschlagen, 689 Babylon zerstört, 671 Ägypten erobert, 639 Elam vernichtet. Diese Kriege und innere Zwistigkeiten führten schließlich dazu, dass Assyrien gegen Ende des 7. Jahrhunderts unfähig war, seine weiten Grenzen zu verteidigen und die zahlreichen Aufstände in den Provinzen niederzuschlagen. 612 eroberten die Meder und Babylonier Ninive und beflegelten das Ende Neuassyriens. Der letzte Herrscher, Assuruballit., starb wohl 609. Doch auch das spätbabylonische Reich, das die Nachfolge Assyriens antrat, konnte sich nur knapp 100 Jahre behaupten. Der berühmteste König dieser Zeit war Nebukadnezar H. (605-562), der sich auf kulturellem Gebiet als Bauherr einen Namen schuf. 539 fiel das neubabylonische Reich mit der Einnahme Babylons durch den persischen König Kyros II, den Großen (559-529). Er hatte 550 di eOberherrschaft des Mederkönigs Astyages (585-550) abgeschüttelt und sich selber zum Herrscher über Persien gemacht. Seine Nachfolger vergrößerten das Reich bis zum Indus, zum schwarzen Meer und Kaspischen Meer, bis Kleinasien und Ägypten. Der Niedergang des altpersischen Großreiches begann mit dem Aufstand der ionischen Städte an der Westküste Kleinasiens (499-494), führte über die Niederlagen der Perser bei Marathon (490), Salamis(480) und Platäa (479) bis zum Untergang von Darelos III., dem letzten altpersischen Großkönig, (336-330) in den Schlachten bei Issos(333) und Gaugamela (331) gegen den Makedonenkönig Alexander den Großen.

Die staatliche Organisation

Die monarchische, dem Religiösen verhaftete Regierungsform der altorientalischen Stadtstaaten und der späteren Großreiche entwickelte sich mit dem Anwachsen der Reiche zu einem zentralisierten Vasallen- oder Beamtenstaat. In der frühsumerischen Zeit seit etwa 2750 v. Chr.) bekleidete der Stadtfürst gleichzeitig das Amt des Oberpriesters, der von einem Ältestenrat beraten wurde. Wirtschafts- und Verwaltungszentrum des Stadtstaates war die Tempelanlage. Spätestens seit der Zeit Sargon I. von Akkad ist eine einheitliche zentrale Verwaltung erkennbar, die von einer klerikalen- und staatlichen Beamtenschaft getragen wurde. Hohe Beamte die Schatzmeister, Wesire und Statthalter der Provinzen entammten zu meist der Aristokratie. Sie gaben häufig ihre Anweisungen in schriftlicher
Form, wie die rund 500 000 aus verschiedenen Archiven erhaltenen Tontafeln dokumentieren. Als Gesetzgeber und oberste Rechtsinstanz fungierte der Herrscher, wie die Gesetzeskodizes so bedeutender Könige wie Urnammu von Ur und Hammurapi von Babylonien bezeugen. Die Rechtsprechung erfolgte durch eingesetzte Richter, denen ein Beratungsgremium beigegeben war. Seit der Akkadzeit (ab 2350) ist Privateigentum an Grund und Boden, sonst ein Privileg des Tempels, belegt. Gegen 1500 setzte sich in fast ganz Vorderasien das Lehnswesen mit seiner starren gesellschaftlich hierarchischen Gliederung durch. Neben der Beamtenschaft bildete das Heer die Hauptstütze der monarchischen Gewalt. Außer einer Kerntruppe, der Leibgarde des Herrschers, existierte seit etwa 900 v. Chr. ein stehendes Heer; Söldner dienten seit Mitte des 8.Jahrhunderts. Ein leistungsstarkes Erdstraßensystem mit Post- und Umspannstationen sorgte für eine rasche Beförderung von Nachrichten und Personen und gewährleistete so eine schnelle Präsenz von König und Truppen.

Die gesellschaftliche Ordnung

Die Gesellschaft Mesopotamiens, wie sie die Mosaikstandarte von Ur (um 2600/2500) bildlich darstellt und der Gesetzeskodex Hammurapis (um 1700) ausführt, gliederte sich in drei Schichten: Die Aristokratie, die freien Bürger und die Sklaven. Die aristokratischen Familien, deren Macht und Reichtum sich auf Grundbesitz gründeten, stellten die hohen weltlichen und klerikalen Beamten und Offiziere. Die Stadtbewohner und die geringer angesehenen Bauern bildeten den freien Teil der Bevölkerung. Dabei oblag den Bauern, Viehzüchtern, Gärtnern, Fischern und Jägern die Versorgung der Städte, die eine hochspezialisierte Handwerkerschaft beherbergten. So gab es Maurer, Tischler, Töpfer, Steinmetze, Müller, Bäcker, Fleischer, Weber, Brauer, Lederarbeiter und Ziegelbrenner. Eine besondere Rolle in der Verwaltung, aber auch im Wirtschaftsleben spielten die hoch angesehenen Schreiber. Als sich das Sozialgefüge vom Tempelstaat Altsumers über die bürgerliche Gesellschaftsordnung Altbabyloniens (etwa seit 1500) zu einem Lehnssystem mit scharfen ständischen Abgrenzungen entwickelte, geriet die bäuerliche Bevölkerung in eine ständig wachsende Abhängigkeit.

Architektur und Kunst

Im Verlauf von etwa 3500 Jahren hat das Zweistromland eine sehr eigenständige und relativ einheitliche Kunst und Kultur hervorgebracht, die auf vielen Gebieten die Nachwelt beeinflusst hat. Die Architektur Mesopotamiens beeindruckt durch ihre Monumentalbauten, Paläste, weitläufige Tempelanlagen, sich auftürmende Zikkurats und gewaltige Stadtmauern. Dagegen waren die Wohnhäuser recht einfach. Als Baumaterial wurden luftgetrocknete Ziegel verwendet (gebrannte Ziegel verarbeitete man nur bei Prachtbauten, die dauerhaftem Witterungsschutz bedurften). Der überwiegend aus Grabanlagen bekannte Gewölbebau zeigt- wie im Brückenbau - überwiegend Kragsteintechnik, Säulen finden nur wenig Verwendung. Plastische Werke sind seit etwa 3000 v.Chr. als Beterstatuen erhalten. Seit dem 9. Jahrhundert gewinnt die Herrscherstatue eine besondere Bedeutung. Weit verbreitet ist das Relief. In neuassyrischer Zeit (seit etwa 1000) versah man häufig den unteren Teil einer Palastmauer mit etwa zwei Meter hohen Kalksteinplatten, auf dem die Taten des Herrschers veranschaulicht werden (sog. Orthostaten). Zu dieser Zeit gewann auch die Wandmalerei an Bedeutung, vor allem die Schmelzfarbenmalerei (gebrannte Glasur auf Tonziegeln), die u. a. den Tempel der Göttin Ischtar und den Palast Nebukadnezar II. in Babylon zierte.

Quelle: "Chronik der Menschheit" Chronik Verlag im Bertelsmann-Lexikon Verlag GmbH 1997
 
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