Die Pest

Eigentlich sollte man doch zunächst dem Verdacht nachgehen, dass die Pest von der Domestizierung von Haustieren ausging. Viele andere Seuchen haben ihren Ursprung dort.

Die Pocken kommen z. B. von den Kühen. Durch die Ausbildung von genetischer Resistenz (das heißt, dass in der Vergangenheit sehr viele nicht-resistente Eurarasier gestorben sind) haben sie sich heute zu den (für Resistente) harmlosen Windpocken entwickelt. Die Indianer bekamen nach ihrem Kontakt mit Europäeren die volle Ladung ab, nämlich alle diese - für sie neuen - Krankheiten gleichzeitig. Kolumbus selbst hat auf Hispaniola die Ureinwohner mittels Schweinepest - ungewollt - ausgerottet.

Bei mir bleibt der Anfangsverdacht bestehen, dass auch die Pest ihren Ursprung bei Nutztieren haben könnte.
 
Die Pocken kommen z. B. von den Kühen. Durch die Ausbildung von genetischer Resistenz (das heißt, dass in der Vergangenheit sehr viele nicht-resistente Eurarasier gestorben sind) haben sie sich heute zu den (für Resistente) harmlosen Windpocken entwickelt.

Die echten Pocken gelten als ausgerottet, weil konsequent geimpft wurde.
Die Windpocken sind mW eine harmlose Variante, die immer noch auftritt.
Die letzten Pockenfälle waren noch im vorigen Jahrhundert.
 
Es gibt noch die Kuhpocken.

Mit denen wurde doch bis in die 70er geimpft, damit immunisierte man gegen die echten Pocken.
In deinem Link steht, dass noch pockengeimpfte ältere Personen weitgehend immun gegen die Infektion durch Haustiere mit Kuhpocken reagierten.
 
Das ist ein interessantes Thema.

Wie hat man eigentlich im frühen Mittelalter die vielen Toten beseitigt ?

Massengräber ? Und geschah das auf den regulären Kichhöfen - die
sind ja idR nicht sehr gross ? Oder wurden auch Feuerbestattungen benutzt ?

Wie hat man die von solchen Massengräbern ausgehende Infektionsgefahr
im Griff behalten ( Insekten zB. ) ? Wurde schon ungelöschter Kalk genutzt ?

Ausserdem meine ich , das heute Pest nur in Form der Lungenpest noch auftritt.
Wann hat man denn die beschriebene Beulenpest des Mittelalters letztmalig
festgestellt ?

Also laut meines Wissens brach in den 90er des 19. J.h. in Japan die Pest aus die meisten litten an der Beulenpest. Der Schweizer Alexandre Yersin ist nach Japan zu der Zeit, er schaffte es den Bazillus zu Isolieren dazu hat er eine Beule bei einer Leiche aufgeschlitzt und das Sekret rausgeholt. Übrigens wollten ihn die Behörden dort nicht an die Leichen ranlassen. Er musste die Wache bestechen.)
Das Sekret bestand aus sovielen Bakterien der Pestis Yersinias, nach Alexandre Yersin benannt, dass sich das dicke Sekret davon bildete. Jedenfals weiss ich nicht ob und wann die Beulenpest wieder auftauchte nach der Epidemie in Japan. Es wäre möglich, dass Indien daraufhin betroffen war wenn ich mich recht erinnere.
 
Das ist ein interessantes Thema.

Wie hat man eigentlich im frühen Mittelalter die vielen Toten beseitigt ?

Massengräber ? Und geschah das auf den regulären Kichhöfen - die
sind ja idR nicht sehr gross ? Oder wurden auch Feuerbestattungen benutzt ?

Wie hat man die von solchen Massengräbern ausgehende Infektionsgefahr
im Griff behalten ( Insekten zB. ) ? Wurde schon ungelöschter Kalk genutzt ?

Ausserdem meine ich , das heute Pest nur in Form der Lungenpest noch auftritt.
Wann hat man denn die beschriebene Beulenpest des Mittelalters letztmalig
festgestellt ?

In Städten wurde die Toten oft in Katakomben aufgestapelt. Sowas gibt es wohl noch in Erfurt (?) zu sehen. Ob die tausenden von Toten dort von der Pestepdemie oder einer anderen stammen, weiß ich nicht mehr.
 
Kann schon sein. Es war dort allerdings unterirdisch in Katakomben angelegt. Habe den Bericht damals nicht von Beginn an gesehen. Jedenfalls vermutete man dort Epedemieopfer.
Bei Cholera verscharrte man ja häufig außerhalb der Stadtmauern die Toten, was natürlich auch in Betracht zu ziehen ist.
 
@Silli

Wenn Du Dich für das Thema interessierst, empfehle ich Dir: "Geschichte des Todes", von Philippe Aries.

Den link zu einem der weltgrößten Buchversandhäuser erspare ich mir.


M.
 
Da habe ich am Wochenende bei der Münchner Langen der Museen einen Vortrag gehört in der Antrhopologischen Sammlung, wo eine Expertin erläuterte, daß es in den letzten Jahren vermehrte DNS-Untersuchungen an vermeintlichen Pestopfern gegeben habe, die nun die vielfach diskutierte These stützen, bei der Pandemie von 1347/48 habe es sich wirklich um die Pest gehandelt, es gab ja auch reichlich Gegenmeinungen.
Sie zeigte, wie die Pest vom schwarzen Meer aus in zwei Stoßrichtungen, eine davon über Skandinavien, nach Europa kam, wobei es höchstwahrscheinlich Variationen in den Bakterienstämmen gab.
 
Ich möchte noch einen Aspekt einbringen, auch zu dem Thema das floxx angeschnitten hat.

Warum sollten sich die intelligenten Nagetiere ausgerechnet die relativ sauberen bzw. gereinigten Häuser der Juden als Nahrungsquelle aussuchen, wenn sie in anderen Gebäuden sehr viel leichter an Nahrung, in welcher Form auch immer. Ich denke allerdings, dass es einer Ratte egal ist, ob sie sich von Getreide oder Brot ernähert. Erfahrungsgemäß sind diese Nager nicht gerade wählerisch, was die Nahrungsauswahl betrifft.

Allerdings steht und fällt diese Argumentationslinie damit, ob wirklich der Rattenfloh für den Schwarzen Tod verantwortlich war. Es gibt ja mittlerweile genügend Argumente dafür und dagegen. Auf jeden Fall können insgesamt mindestens 30 Arten von Flöhen yersinia pestis transportieren, mitnichten nur der Rattenfloh.


Auch wenn's schon älter ist, wollte ich noch etwas anmerken, was hier noch nicht erwähnt wurde, aber m.E. schon interessant ist, da es neben sanitären Zuständen noch eine weitere Facette aufwirft. Der Fall fand zwar nicht im Mittelalter statt, sondern zur Zeit der letzten großen Pest in England (1665). Damals hat das Dorf Eyam in Derbyshire in England, nachdem die Pest ausbrach, sich selbst eine Quarantäne auferlegt, die vierzehn Monate lang dauerte und von 360 Bewohnern, 83 am Leben ließ.

Der Grund warum der Fall interessant ist, neben dem menschlichen Opfer, ist, daß von den Überlebenden manche wiederholt an der Pest erkrankten und wieder genasen, und andere, wie zum Beispiel der Totengräber überhaupt nicht erkrankten. Gentests scheinen zu indizieren, daß bei den Nachfahren der Überlebenden eine sehr seltene Genmutation vorhanden ist, die in vergleichbarer Menge nur in anderen europäischen Gegenden zu finden ist, die von der Pest betroffen waren. Hier scheint es so, als habe diese Mutation Schutz geboten, und wurde an die Nachfahren weitergegeben.
 
Beurteilung der Pest

Hallo! Wie würdet ihr die Pest als Ereignis des MA beurteilen? Hat es einen Epochenstatus verdient? Oder hat sich eigenlich nichts verändert und das mittelalterliche System blieb stabil? Was spricht dafür und was dagegen?:grübel:
 
Nun, es ist ja nicht gerade so, dass es nur einen einmaligen Pestausbruch gegeben hätte, jede Region gleichermaßen von den einzelnen Pestausbrüchen betroffen gewesen wäre, oder die Pest auf das Mittelalter beschränkt gewesen wäre. Die Fragestellung müsstest du daher schon noch entsprechend einschränken: also welche der Pestwellen und in welcher Region?
 
Hallo! Wie würdet ihr die Pest als Ereignis des MA beurteilen? Hat es einen Epochenstatus verdient? Oder hat sich eigenlich nichts verändert und das mittelalterliche System blieb stabil? Was spricht dafür und was dagegen?
Ich nehme an, Du meinst die große Pestepidemie im 14.Jh. (1347-1351). Meines Erachtens hinterließ sie schon bei den Menschen der damaligen Zeit einen großen Eindruck.
Interessanterweise verfasste Boccacio sein Il Decamerone in dieser Zeit und so fand das Erlebnis mit der Pest auch in diesem literarischen Meisterwerk seinen Niederschlag in der Rahmenhandlung.

Am Feudalismus, wenn Du das mit mittelalterlichen System meinst, hat es freilich nichts geändert. Auch die Reformation als einschneidendes Ereignis, was das Leben der Menschen veränderte, kam erst im 16. Jh., auch wenn man die Unruhen im HRR durch die Hussitenbewegung schon ins 15. Jh. datieren.
Am ehesten ist wohl die Zurückführung des großen Bauernaufstandes in England unter Wat Tyler auf die Pest bzw. deren Auswirkungen als politische Folge anzunehmen.
 
Der Schwarze Tod brachte verschiedene Einschnitte in das soziale, aber nicht in das politische Gefüge. Letzteres überstand die Epedemien ohne (größere) Probleme.

Was den Schwarzen Tod bis heute so wach in Erinnerung hält, sind die unglaublichen Opferzahlen und die Entvölkerung kompletter Landstriche. Je nach Quelle verlor Europa in dieser Zeit zwischen einem Drittel und einem Viertel seiner Bevölkerung. Diesen Einschnitt zeigen auch Bevölkerungskurven sehr deutlich. Einen ähnlichen Einschnitt hat erst der 30-Jährige-Krieg wieder zustande gebracht. Schon allein deshalb hat sich das Leben der Menschen verändert: Familien waren zerrissen, Arbeitskräfte fehlten, Handelsverbindungen waren durchtrennt...

Ich kann mir auch vorstellen, dass die Zeitgenossen die große Epedemie von 1347 - 51 als eine Art Datumsgrenze wahrgenommen haben (so ähnlich wie man heute von vor und nach dem Krieg spricht). Das ist aber reine Spekulation. Wobei ein solch einschneidendes Erlebnis sicher einige Generationen prägen wird, bis dann die nächste große Katastrophe kommt.
 
Die große Pestepidemie - so gravierend sie auch war - war kein singuläres Ereignis, sondern nur der schreckliche Höhepunkt in einem Jahrhundert, das für die Menschen generell allerhand Heimsuchungen brachte. Nachdem es im 13. Jhdt. vergleichsweise wenige Hungersnöte und Seuchen gegeben hatte, verschlechterte sich die Lage im 14. Jhdt. deutlich. 1313-1317 gab es eine schwere Hungersnot in weiten Teilen Europas, und durch Unterernährung werden Menschen auch anfälliger für Krankheiten, die in der Folgezeit zunahmen. 1360 und 1371 gab es dann erneut schwere Epidemien. Dazu kam im 14. Jhdt. noch eine deutliche Teuerung.
Insofern vermute ich, dass die Zeitgenossen die große Pest zwar als großen Schrecken, aber nicht als echte Zäsur wahrgenommen haben werden. Auswirkungen hatte sie natürlich vor allem demographischer Natur, aber grundsätzlich war sie eingebettet in eine Phase generellen Niedergangs, der bereits Jahrzehnte vor der großen Pest begonnen hatte. Das 14. Jhdt. war auch die Zeit der "Wüstungen", in der viele Dörfer aufgegeben wurden - keineswegs immer nur deshalb, weil die Bewohner alle der Pest erlegen wären. Man sollte also vorsichtig sein, die sozialen Veränderungen allzu monokausal auf die große Pest zurückzuführen. Aber freilich machte sie alles noch schlimmer.
 
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