Die Lösung liegt noch unter der Erde
Hallo zusammen,
das Thema ist zwar schon über 6 Jahre alt, aber ich wollte zu dem Thema Dünsberg als ubischer Siedlungsplatz ein paar Sätze beitragen: :winke:
1. :fs:die rechtrheinischen Ubier erscheinen zum ersten Mal irgendwann zwischen 58 und 55 in Cäsar gallischen Krieg.
2. :fs:Möchte ich aus "Zum Ende des spätlatenezeitlichen Oppidum auf dem Dünsberg" von Christoph Schlott (1999) zitieren:
"Der Zeitliche Schwerpunkt sowohl der von Jacobi publizierten als auch der hier besprochenen Funde [vom Dünsberg] liegt eindeutig in der Spätlatenezeit, also überwiegend im 1. Jh. v. Chr.
Die einzelnen früh- und mittellatenezeitlichen Funde belegen zwar eine zu erwartende Siedlungstätigkeit über mehrere Stufen der Latenezeit hinweg (seit Lt B), ändern aber ebensowenig wie die spätrömischen Stücke etwas an der Tatsache, daß auch dieses Oppidum offensichtlich seine großte Blüte und Bedeutung in der Sätlatenezeit erreichte.
Neben der hohen Zahl charakteristischer spätlatenezeitlicher Funde, die man ohne Bedenken als dem keltischen Kulturbereich und keltischen Werkstätten zugehörig bezeichnen kann, liegen mehrere Objekte vor, die sowohl zeitlich als auch kulturell nicht in den gängigen Bestand hessischer Oppida gehören. Bereits Jacobi wies bei seinem Material auf Metallgegenstände hin, die ihre besten Parallelen im Elberaum finden und vermutlich auch dort ihr Herstellungsgebiet besitzen. Dazu zählen zwei Rundschildbuckel, eine überlange Lanzenspitze, drei Trinkhornbeschläge, eine geschweifte Fibel und mehrere Lochgürtelhakenfragmente. Auch im bisher publizierten Keramikmaterial vom Dünsberg ist germanische Keramik enthalten.
Dem sind nun erneut einige Metallfunde elbgermanischen Charakters anzufügen, die eine Besiedlung des Dünsberges nach dem Ende der Stufe Lt D1 wahrscheinlich erscheinen lassen... .
Obwohl nach wie vor mengenmäßig das Hauptgewicht auf den >>einheimischen<< Lt D1-Formen ruht, wird man das Auftauchen mehrere Metallfunde mit elbgermanischem Einschlag nicht mehr einfach als Ergebnis von Handelsbeziehungen o.ä. interpretieren dürfen. Ohne stratigraphische Befunde bleiben aber zwei Lösungsmöglichkeiten zur Erklärung der momentanen Fundsituation:
a) Die Besiedlung des Oppidums bricht irgendwann im Verlauf oder am Ebde der Stufe Lt D1 ab. Der Grund könnte in den unruhigen Zeiten der Züge des Ariovist liegen, dessen linksrheinisches Erscheinen um 71 v. Chr. historisch belegt ist. Erst 58 v. Chr. wird er von Cäsar auf gallischem Boden geschlagen. Während dieser Wanderbewegungen über mehr als ein Jahrzehnt könnte auch die Bevölkerung des Dünsberges in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Erst in der zweiten Hälfte des 1. Jh. v. Chr. kommt es dann zu einer erneuten Besiedlung des Oppidums, deren Ausmaß bisher nicht bekannt ist. Diese Siedler oder >>Besatzer<< kommen offensichtlich aus dem Elberaum, ihre Trachtfragmente datieren bis in die augusteische Zeit.
b) Die keltisch geprägte Bevölkerung des Dünsberges überlebt die unruhigen Zeiten um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. und besiedelt den Berg gemeinsam mit den Neuankömmlingen, ohne daß es zu einem Siedlungshiatus kommt."
3) :fs
es Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass es sei Mitte der 1990 Jahren eine Diskussion in der Fachwelt gibt, die das Ende der Oppidazivilisation und die Zuwanderung germanischer Gruppen in Süddeutschland um ca. 25 Jahre früher verlegt als die bisdahin gültige Forschermeinung. Die meisten Wissenschaftler scheinen sich dieser Neudatierung anzuschließen.
Demnach müsste Herrn Schlotts Fazit b) der Abzug der keltischen Bevölkerung ca. 96 v.Chr. verlegt werden und die Neubesiedlung würde in die Mitte oder erste Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. fallen, gemeinsam mit dem gallischen Krieg oder dem Durchzug des Ariovist.
4) :fs:Zu Schlotts zweiter Theorie möchte ich aus dem Buch "Mitteleuropa zur Zeit Marbods -Nordbayern zur Zeit Marbods von Dr. Bernd Steidl (2006)" zitieren:
"Von einem dritten Siedlungsplatz bei Biebelried am südexponierten Unterhang eines Bachtälchens in der fruchtbaren Lösslandschaft inmitten des Maindreiecks konnte 1999 ein Grubenhaus als einziger Befund untersucht werden. Das Grubenhaus mit drei in der Firstachse gelegenen tiefen Pfostengruben entspricht exakt dem in Gerolzhofen aufgedeckten Typ. Das daraus geborgene Nutzpflanzenspektrum zeigt die typisch germanische Zusammensetzung (Kreuz 2004, 127). Unter der Keramik ist die germanische Ware Großromstedter Art aber auffallenderweise relativ schwach, allerdings mit klassischen Typen vertreten, darunter allein vier Situlen. In das keltische Milieu dagegen verweist nicht nur ein großer Teil der Keramik, sondern auch der Verzehr von Hundefleisch, wie aus der Untersuchung der geborgenen Tierknochen hervorgeht. Man gewinnt also den Eindruck, in dem Befund von Biebelried einen regelrechten „Mischkomplex“ vorliegen zu haben, in dem charakteristische Elemente der germanischen Großromstedter und der keltischen bzw. keltoiden Mittelgebirgskultur nebeneinander auftreten, aber noch immer deutlich voneinander zu trennen sind. Die Datierung des Komplexes wird durch eine geschweifte Eisenfibel ermöglicht, die Völlings Gruppe II (Völling 1994) und damit etwa der Zeit 40/15 v. Chr. angehört (Abb. 6: 1). Ein fortgeschritteneres Stadium der Entwicklung tritt in einem weiteren Grubenhaus aus Gaukönigshofen entgegen. Der leider nicht sehr umfangreiche Fundkomplex, dessen freigeformte Keramik, die man als proto-Rhein-Weser-germanisch bezeichnen könnte, zeigt die Verschmelzung von Elementen der elbgermanischen Großromstedter Keramik mit denen der dominierenden keltoiden Mittelgebirgsgruppe (Abb. 7). Über die mitgefundene römische Keramik ist eine Datierung in die augusteische Zeit möglich. Bis um Christi Geburt hatte also bereits ein Vermischungs- und Ausgleichsprozess stattgefunden, der in Mainfranken wie im gesamten Mittelgebirgsgürtel zwischen Westthüringen und dem Rhein schließlich zur Entstehung der Rhein-Weser-germanischen Kultur geführt hat (Peschel 1996/97, 19 ff.; 2000).
"
Mit den von Steidl beschriebenen Befunden kann Schlotts 2. Theorie belegt werden.
So :fs: und was waren jetzt die Ubier?
Ich sage die Lösung liegt unter der Erde des Dünsberges. Wenn dort ein, wie von Steidl beschriebener Mischkomplex aufgedeckt würde, wären sie eine friedlich verschmolzene germanisch-keltische Mischbevölkerung, wenn die keltischen Spätlatenebefunde ohne Kontakt zu den elbgermanischen Funden abbrechen, waren die Ubier Germanen.
Gruß Jacob Spatz