Nachdem der Anlass meiner Bockigkeit zwischenzeitlich nicht mehr gegeben ist, kann ich ja jetzt doch noch eine entsprechende Antwort abliefern
Erstmal etwas Grundsätzliches: die Commedia ist kein vernachlässigtes Werk, sondern vielmehr das Hauptwerk der italienischen Literatur. Die Commedia ist außerdem kein Nachschlagewerk oder ein Fachbuch, bei dem es reicht mit Hilfe von Konkordanzen auszugsweise zu lesen. Sie ist vielmehr eine epische Dichtung, die um sie verstehen zu können von Anfang an durchgehend gelesen werden sollte. Es käme schließlich auch niemand auf die Idee einen Roman kreuz und quer zu lesen.
Jetzt wieder zurück zum Thema (inklusive Schnelleinstieg):
Protagonist der Commedia ist Dante selbst, der sich zu Beginn der Commedia in einem Wald verlaufen hat. Er wird von einem Panther (=Fleischeslust), einem Löwen (=Hochmut) und einer Wölfin (=Habgier) in ein finsteres Tal abgedrängt. Dort trifft Dante auf den von ihm hoch verehrten Dichter
Vergil, der ihm anbietet, ihn auf anderem Weg aus dem Wald herauszuführen und zwar durch die Hölle und über den Läuterungsberg. Als Nichtchrist darf Vergil den Himmel nicht betreten. Hier soll Dante von seiner verstorbenen Angebeteten Beatrice (vermutlich
Beatrice Portinari) geführt werden. (
Inferno – 1. Gesang)
Dante überkommen Zweifel, Vergil gelingt es aber Dante von der Jenseitsreise zu überzeugen. (
Inferno – 2. Gesang)
Im
dritten Gesang des Inferno wird zunächst die Inschrift auf dem
Höllentor wiedergegeben:
Per me si va ne la città dolente,
per me si va ne l'etterno dolore,
per me si va tra la perduta gente.
Giustizia mosse il mio alto fattore;
fecemi la divina podestate,
la somma sapïenza e 'l primo amore.
Dinanzi a me non fuor cose create
se non etterne, e io etterno duro.
Lasciate ogne speranza, voi ch'intrate'.
Auch hier ist die Gmelin-Übersetzung wieder wesentlich näher am Original als die Übersetzung von Falkenberg:
Durch mich geht man hinein zur Stadt der Trauer,
Durch mich geht man hinein zum ewigen Schmerze,
Durch mich geht man zu dem verlornen Volke.
Gerechtigkeit trieb meinen hohen Schöpfer,
Geschaffen haben mich die Allmacht Gottes,
Die höchste Weisheit und die erste Liebe
Vor mir ist kein Geschaffen Ding gewesen,
Nur ewiges, und ich muss ewig dauern.
Lasst jede Hoffnung wenn ihr eintretet.
Dante und Vergil betreten durch das Höllentor die Hölle, die als einen spiralförmigen Trichter im Inneren der Nordhalbkugel dargestellt wird, der entstanden ist, als Luzifer und seine Getreuen in die Hölle gestürzt wurden. Zunächst müssen die beiden die Vorhölle durchqueren, wo Dante die Halbherzigen sieht, die weder gut noch böse waren, die dort von Wespen und Mücken gequält werden, da sie weder Himmel noch Hölle haben will. Sie erreichen den
Acheron über den sie
Charon übersetzen soll. Nachdem Vergil den Fährmann überzeugt hat Dante überzusetzen, erschüttert ein Erdbeben die Vorhölle und Dante fällt in Ohnmacht (vgl. Mercys Zitat der letzten Verse des 3. Gesangs aus der Witte-Übersetzung auf zeno.org).
Wie wird in dieser Aufschrift die Hölle charakterisiert?
Die Hölle ist Ort der Gerechtigkeit - sie wurde von Gott geschaffen, und zwar als erstes seiner Werke. In der Hölle herrscht Trauer und Schmerz, die Seelen der Hölle sind das "verlorene Volk", für die jede Hoffnung verloren ist. Sehr sehenswert in diesem Zusammenhang ist übrigens auch das
Höllentor, welches August Rodin nach Dantes Vorlage geschaffen hat.
Viel wesentlicher, als die Aufschrift des Höllentors und definitiv auch aus historischer Sicht interessanter sind neben Dantes Weltbild allerdings eher von ihm erwähnten historischen Personen und Geschehnisse.