Dreiklassenwahlrecht - eine gute oder schlechte Lösung?

Außer bei der NSDAP wählten die Frauen prozentual mehr rechte Parteien als Männer.

Jein, würde ich sagen.

Eine gängige Beschreibung dafür ist konservativ/konfessionsgebunden.

Sowohl die NSDAP als auch die KPD, sodann abgeschwächt die SPD hatten in den 1920ern schlechtere Karten. Stichproben für 1930 auf 2,8 Mio. Stimmen Männer und 3,1 Mio. Stimmen Frauen haben zB belegt, dass die Frauen unterproportional gegenüber Männern NSDAP wählten, ebenso bei der KPD.
 
Jein, würde ich sagen.

Eine gängige Beschreibung dafür ist konservativ/konfessionsgebunden.

Sowohl die NSDAP als auch die KPD, sodann abgeschwächt die SPD hatten in den 1920ern schlechtere Karten. Stichproben für 1930 auf 2,8 Mio. Stimmen Männer und 3,1 Mio. Stimmen Frauen haben zB belegt, dass die Frauen unterproportional gegenüber Männern NSDAP wählten, ebenso bei der KPD.


Hmm, das hatten wir hier schon mal. Mir ist unklar, wieso man die SPD als links bezeichnen kann, und DNVP, DVP, die sich sogar so bezeichnen, z.B. als "rechtsliberal", dann nicht als "rechts" titulieren sollte. Zur Abgrenzung gibt es ja den Begriff "rechtsextrem".
 
Mir ging es allerdings nicht um rechts/rechtsextrem, sondern um (mehr) rechts.

NSDAP wurde unterproportional gewählt, die Konfessionsbindung wird unzureichend abgebildet, und die DVP ist durchaus schillernd.
 
Vor diesem Hintergrund ist es völlig naheliegend und angemessen, wenn auch nur die Steuerzahler darüber mitentscheiden dürfen, wieviel Geld der Monarch bewilligt bekommt. Und umgekehrt konnte den Tagelöhnern etc., die gar keine Steuern zahlten, die ganze Parlaments-Sache völlig wurscht sein.

Das preußische Wahlrecht war etwas hinter der Zeit - weil das Parlament durchaus schon einige Rechte über das Budget hinaus besaß, und damit auch für die Armen relevant war. Aber es war im Rahmen des politischen Systems nicht so absurd undemokratisch, wie das der Fall wäre, wenn man es heute einführen wollte.
Das preußische Dreiklassenwahlrecht war schon damals absurd undemokratisch.

Weil es undemokratisch war, wurde es ja auch 1849 (!) eingeführt. Durch die Aufteilung der Wähler in eine reiche, eine bürgerliche und eine ärmere Schicht sollte die Vorherrschaft der Konservativen garantiert werden.

Dass es absurd war, zeigte sich im Zeitalter der Industrialisierung. Zu diesem Zeitalter passte es nämlich wie die Faust aufs Auge. Die Reichen wurden zu dieser Zeit immer reicher und somit statistisch betrachtet - gemessen an dem Gesamtsteueraufkommen - immer weniger (Urwähler der 1. Klasse: 4,28 % (1867), 3,52 % (1893), 3,36 % (1903)). Die Zahl der Ärmeren nahm immer mehr zu. Der Mittelstand drohte in die dritte Klasse abzurutschen.

Bei der Wahl von 1888 gab es in 2283 der 22749 Urwahlbezirke der 1. Klasse nur noch einen Wahlberechtigten und in 1764 Bz. nur noch zwei. Sogar in 96 Urwahlbezirke der 2. Klassen gab es nur noch einen Wahlberechtigten.

In einigen Berlinern Arbeiterbezirken gehörte man 1903 bereits mit 12 Mark jährlicher Steuern der 1. Klasse an. Im Stimmbezirk Berlin Voßstraße gehörte man mit 27.000 Mark zur 3. Klasse. Reichskanzler Bülow mußte mit 270 weiteren Urwählern in der dritten Klasse wählen!

Quelle: Bernhard Vogel u.a., Wahlen in Deutschland, S. 125 f.
 
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Danke für diesen Beitrag, er hat mich zum Nachdenken angeregt. Und aus dem Denken erwachsen ja bekanntermaßen eher Fragen als Antworten... ;)

In einigen Berlinern Arbeiterbezirken gehörte man 1903 bereits mit 12 Mark jährlicher Steuern der 1. Klasse an. Im Stimmbezirk Berlin Voßstraße gehörte man mit 27.000 Mark zur 3. Klasse.

Bieten Deine Quellen nähere Informationen, wie bzw wer diese Staistiken aufstellte, anhand derer die Wähler in ihren jeweiligen Wahlbezirken zu Klassen zusammengefasst wurden? Ich vermute, die Steuerbehörden spielten die entscheidende Rolle (wer auch sonst), aber gibt es eine genaue Beschreibung des Ablaufs?

Das ist eine sehr spezielle Frage, bei der sich diverse Interessengebiete überschneiden.

Reichskanzler Bülow mußte mit 270 weiteren Urwählern in der dritten Klasse wählen!

Erst mal: Nee, neh?!? ;)

Aber auch hier die Nachfrage eines Berliner (Lichterfelder) Lokalpatrioten: Gibt es genauere Informationen, wie dieser spezielle Wahlbezirk Voßstraße abgegegrenzt war? 270 Wähler in der untersten Klasse erscheint mir sehr, sehr klein...

Im Vorhinein schon ein Danke für Antworten. :winke:
 
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Was ich mir eigentlich noch gar nicht vergegenwärtigt habe, ich komme aus dem demokratischen Musterländle:), das Dreiklassenwahlrecht galt ja keineswegs nur für die Wahlen zum preußischen Landtag, so wurde bis herunter ins letzte Dorf der Gemeinderat gewählt!
Für ALLE Wahlen in Preußen galt das Dreiklassenwahlrecht.

Mit der Folge, dass zB bei Gemeinderatswahlen Wahlbeteiligungen um die 10% normal waren.

Eine, mMn fundierte Darstellung:
aus dem Link:
Während
des Ersten Weltkrieges fand im März 1916 die letzte Gemeinderatswahl
unter dem Modus des Dreiklassenwahlrechts statt. Von 144 Stimmberechtigten
gaben in der ersten Klasse einer, in der zweiten sechs und in der dritten zwei
Wähler ihre Stimme ab. Damit war die Wahlbeteiligung auf ein Rekordtief von
6,25% gesunken. Die Wähler hatten andere Sorgen, als bei dieser unsinnigen
Wahl ihrem zumindest für die dritte Klasse sehr eingeschränkten Wahlrecht
nachzukommen.
 
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