Einsatz und Effektivität von Kavallerie in der Antike

H

hafensaengerx

Gast
Hallo,

ich habe ein paar Fragen zur antiken Kriegsführung und insbesonders zur Reiterei. Da ich beim stöbern im Forum zwar darauf noch keine Antwort gefunden habe, wohl aber gemerkt habe, wieviel Fachkundige hier posten, habe ich mir überlegt die Fragen hier zu stellen. Keine Angst, im folgenden werde ich solche Endlossätze vermeiden!

1. Wie wurden leichte und schwere Reiterei in den antiken Gefechten (z.B. während der Punischen Kriege) eingesetzt?

2. Konnte sich Reiterei gegen Peltasten, Bogenschützen und andere Plänkler behaupten und solche Einheiten vernichten?

3. Wurde schwere Reiterei zum Aufbrechen gegnerischer Formationen verwendet? Bitte ein kurzes Statement zu den östlichen Kataphrakten!

4. Konnte sich Reiterei im Nahkampf gg. Infanterie (leichte, schwere) behaupten oder wurde dies vermieden und nur auf die Schockwirkung gesetzt?

Vielen Dank im Vorraus! Wäre sehr nett, wenn ggf. Quellenangaben dabei wären.

Viele Grüße
 
Hier erst mal eine alte Diskussion:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=9339&highlight=Kavallerie+Roms

Bestimmt findest du da etwas zur Beantwortung deiner Fragen.
Ansonsten: Kannst du deine Frage zur Reiterei vielleicht etwas spezieller stellen? Zum Beispiel sie auf ein Volk beziehen? Denn der Einsatz von der Kavallarie war bei den unterschiedlichen Völkern meist verschieden und man kann das nicht über den Kamm scheren. Zum Beispiel hatte die Kavallarie bei den Römern eine untergeordnetere Rolle als, zum Beispiel bei den Parthern.
 
ich hatte an einen groben überblick über den Kavallerieeinsatz gedacht und nicht an bestimmte Völker gedacht. es soll ja auch keine ganz detaillierte Antwort sein, sondern kann schon etwas pauschaler sein.


im thema panzerreiter gehts ja zum großen teil darum, ob Schockangriffe möglich waren oder nicht. und über leichte reiterei hab ich da auch nix gefunden (oder vielleicht überlesen...).
 
Hallo,
1. Wie wurden leichte und schwere Reiterei in den antiken Gefechten (z.B. während der Punischen Kriege) eingesetzt?

2. Konnte sich Reiterei gegen Peltasten, Bogenschützen und andere Plänkler behaupten und solche Einheiten vernichten?

3. Wurde schwere Reiterei zum Aufbrechen gegnerischer Formationen verwendet? Bitte ein kurzes Statement zu den östlichen Kataphrakten!

4. Konnte sich Reiterei im Nahkampf gg. Infanterie (leichte, schwere) behaupten oder wurde dies vermieden und nur auf die Schockwirkung gesetzt?

Vielen Dank im Vorraus! Wäre sehr nett, wenn ggf. Quellenangaben dabei wären.

Viele Grüße

Zu 1. Leichte Kav. wurde zumeist zum plänkeln und spähen, mitunter auch zur Verfolgung und Botengänge eingesetzt.
Schwere Kav. setzt sich erst in der ausgehenden Antike durch (späte "mittlere Kaiserzeit" und Spätantike). Sie dient dazu, massive Angriffe zu reiten und Verfolgung aufzunehmen.
Quellen: Livius, Polybios, Xenophon, Ammianus... prkatisch jeder Geschichtsschreiber der mal eine Schlacht beschreibt.

Zu 2. Ja. Was kein "muß" war. "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt", gilt besonder für Feldherren.

Zu 3. Zum aufbrechen... lies dir dazu bitte Ammianus und Libanios zur Schlacht von Argentoratum durch.

Zu 4. Kommt auf die Umstände an. Ein demoralisierter Gegner war sicherlich zu schlagen, auch unterbewaffnete oder schlecht ausgebildete Inf. war ein machbarer Gegner.
Der Idealfall, gut ausgebildete, hoch motivierte, bestens ausgerüstete und kommandierte Infanterie war auf jeden Fall für Kav. tödlich.
Beispiel für Machbarkeit: Idistaviso bei Tacitus zu finden. Kavallerie stellt den Gegner und hält gut durch bis die Infanterie nachrückt.

Beispiel wie es schief geht: der Untergang des scipionischen Reiterheeres gegen den in Gallien vorrückenden Hannibal.
 
Zu 4) wäre noch auf die Schlacht von Pharsalos 48 v.Chr. zu verweisen. Dort setzte sich die zahlenmäßig überlegene Reiterei von Pompeius zwar gegen Caesars Reiter durch, stieß dann aber überraschend auf eine Reserve aus Legionären, die Caesar hinter seiner (besiegten) Reiterei aufgestellt hatte. An den Legionären biss sich Pompeius' Kavallerie die Zähne aus, seine Reiter flohen. Caesars schildert im bellum civile detailliert, wie sich seine Legionäre gegen die Reiterei durchsetzten. Unter anderem dadurch, dass sie ihre Pilen nicht warfen, sondern quasi als Stoß-Lanzen gezielt gegen die Gesichter von Pomepeius Reitern stießen.
 
Zu 4) wäre noch auf die Schlacht von Pharsalos 48 v.Chr. zu verweisen. Dort setzte sich die zahlenmäßig überlegene Reiterei von Pompeius zwar gegen Caesars Reiter durch, stieß dann aber überraschend auf eine Reserve aus Legionären, die Caesar hinter seiner (besiegten) Reiterei aufgestellt hatte. An den Legionären biss sich Pompeius' Kavallerie die Zähne aus, seine Reiter flohen.

Was als Beispiel dafür dienen würde, warum die Reiterei bei den Römern nicht DIE Bedeutung hatte. Das Prunkstück römischer Legionen war nunmal die Infanterie.

s.d.caes.
 
Ich versuche mich mal an einer pauschalen Antwort.

Zu 1.: Die Einsatzmöglichkeiten waren mannigfaltig. Als erstes denkt man bei der Reiterei wohl an die Überrumpelung des Feindes, aber der Feldherr konnte mit der Reiterei auch die Flanken und den Rücken des Gegners gewinnen bzw. die eigenen Flanken decken. Eine weitere wichtige Aufgabe war das Zersprengen eines angeschlagenen Gegners und dessen Verfolgung. In einer offenen Feldschlacht wurde die Reiterei meist an den Flanken postiert.

Zu 2.: siehe Tib. Gabinius

Zu 3.: Mit Kataphrakten kenne ich mich leider nicht aus.

Zu 4.: Wie Tib. Gabinius schon erwähnt hat: Gegen eine gut aufgestellte, schwere Infanterie konnten die Reiter im direkten Kampf nichts ausrichten. Hier konnte man es nur mit einer Art Zermürbungstaktik versuchen. Die Reiter bedrohen die Flanken und den Rücken der Infanterie-Einheit und beschießen sie z. B. mit Wurfspeeren. Dadurch erreichten die Reiter zumindest, dass die Bewegungsfreiheit der Infanterie stark eingeschränkt war, da sie sich ja nach allen Seiten hin verteidigen musste. Das funktionierte aber natürlich nur so lange, bis die Wurfspeere der Reiter aufgebraucht waren. Ggf. konnte die Reiterei dabei durch leichte Infanterie unterstützt werden. Man gewann damit vor allem Zeit, der angerichtete Schaden war gegen eine gut geschützte Infanterie nicht groß.



Die Kavallerie hatte auch abseits der Schlachten wichtige Aufgaben zu erfüllen:
  • Aufklärung: Die Reiter waren die Augen des Heeres
  • Verschleierung: Abfangen und Unterbinden der feindlichen Aufklärung
  • Vorposten-, Sicherungs-, Verbindungsaufgaben
  • hinhaltende und festhaltende Aktionen
  • überfallartige Vorstöße und Kommandounternehmen ins feindliche Hinterland
  • ein größeres Gebiet unter Kontrolle halten und für die eigene Armee ausbeuten und die feindliche Armee an seiner Ausbeutung hindern, ggf. es verwüsten (Strategie der verbrannten Erde). Hierfür ist Ilerda (Spanien) 49 v. Chr. ein gutes Beispiel. Caesar kämpfte dort gegen die pompeianischen Truppen des Afranius und des Petreius. Mit seiner überlegenen Reiterei hinderte Caesar die Feinde am Ausschwärmen und fouragieren, bis er sie schließlich von der Versorgung abgeschnitten hatte. Es kam zu einer Kapitulation ohne richtigen Kampf.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Reiterei vor allem eine Angriffswaffe war, v. a. wegen ihrer Schnelligkeit. Der größte Nachteil der Kavallerie war wohl ihre Unzuverlässigkeit. Die überlegene Schnelligkeit führte dazu, dass sie eher die Flucht ergriffen, während der Infanterie oft gar nichts anderes übrig blieb, als bis zum Tod zu kämpfen. Für diese Unzuverlässigkeit ist Pharsalos ein gutes Beispiel. Die Reiter Caesars (übrigens Kelten und Germanen) sind in dieser Schlacht aber nicht wirklich geflohen, es handelte sich denke ich um einen geplanten, geordneten Rückzug, um die pompeianischen Reiter zu den sechs Kohorten zu locken. Für diese Theorie des geordneten Rückzugs spricht zumindest, dass Caesars Reiter wieder umkehrten, nachdem die Pompeianer auf die sechs Kohorten getroffen waren.


Die meisten Infos zu diesem Beitrag habe ich aus "Die Reiter Roms" von Marcus Junkelmann. "Die Reiter Roms" umfasst insgesamt drei Teile. Wenn du am militärischen Einsatz von Pferden interessiert bist, würde ich dir vor allem den 2. Teil empfehlen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben