Englischsprachige Literatur in der deutschen Geschichtswissenschaft

Albatros

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Nach einem halben Jahr in Deutschland fällt mir auf, dass es hier verdammt schwer ist, an aktuelle englischsprachige Literatur heranzukommen (wenn man sich nicht arm und die Amazonen reich machen will). Mich würde mal interessieren, welchen Stellenwert englischsprachige Fachliteratur eurer Meinung in der deutschen Geschichtswissenschaft hat? Welche Erfahrungen ihr damit gemacht habt?

Ich denke, ein Problem dürfte die Beschaffung durch öffentliche Bibliotheken sein. Möglicherweise ist der Zugang auch durch mangelnde Sprachkenntnisse (bei Studenten, wie Dozenten) erschwert. Oder gibt es eine generelle Abneigung zur fremdsprachigen Forschung?

Mir fällt z.B. auf, dass in der Diskussion um "Unternehmen Barbarossa" zwar immer wieder auf Suvorov eingegangen wird, aber fast nie die beiden wesentlichen Vertreter der Gegenthese Gorodetsky und Glantz zitiert werden. Täucht mich mein Eindruck da, oder liegt es daran, dass lediglich Gorodetsky auf deutsch vorliegt?
 
Die deutsche Geschichtswissenschaft konzentriert sich auch sehr stark auf die deutsche Geschichte, stärker als dies vielleicht in England und Frankreich der Fall sein mag.
Deswegen versteift man sich vielleicht eher auch auf die deutschsprachige Autoren. Allerdings wäre ich im Studium, gerade was das Mittelalter betrifft, wohl nicht ohne englische Autoren ausgekommen. Aber auch bei manchen neuzeitlichen Themen geht es eigentlich gar nicht ohne (wenn ich z.B. an den Ersten Weltkrieg denke).
Was die von dir genannten Autoren betrifft:
- Suworow hat natürlich durch die Provokanz seiner These einen enormen Bekanntheitsgrad.
- die militärisch-strategische Geschichte des Zweiten Weltkriegs spielt kaum eine Rolle in Schule oder Studium. Auch die militärhistorische Forschung tritt m.E. etwas auf der Stelle. Vielleicht nimmt man deswegen auch Autoren wie Gorodetsky nicht so wahr - ich muss zugeben, dass ich ihn auch nicht gelesen habe (auch wenn ich den Namen kenne).
 
Albatros schrieb:
Nach einem halben Jahr in Deutschland fällt mir auf, dass es hier verdammt schwer ist, an aktuelle englischsprachige Literatur heranzukommen (wenn man sich nicht arm und die Amazonen reich machen will). Mich würde mal interessieren, welchen Stellenwert englischsprachige Fachliteratur eurer Meinung in der deutschen Geschichtswissenschaft hat? Welche Erfahrungen ihr damit gemacht habt?

Da meine Englischkenntnisse im Wesentlichen auf das Schulenglisch beschränkt sind und sie nur etwas durch das Übersetzen von Liedertexten und Reiseerfahrungen erweitert wurden, tue ich mich nicht leicht mit englischer Fachliteratur (man kann da leicht etwas falsch verstehen). Nur wenn es nicht anders geht, greife ich auf englischsprachige Literatur zurück.
Solche Fälle hatte ich zum Beispiel bei Material über Julius Streicher, den nur ein amerikanischer Wissenschaftler für "wert" genug hielt sich eingehender mit ihm zu beschäftigen und stellenweise englische Berichte zum Krieg in den Kolonien.

Ein halbes Jahr in Deutschland? Dafür schreibst du aber fehlerfrei Deutsch. Respekt. Darf ich fragen, woher du kommst?
 
Arne schrieb:
Ein halbes Jahr in Deutschland? Dafür schreibst du aber fehlerfrei Deutsch. Respekt. Darf ich fragen, woher du kommst?

Damit kein falscher Eindruck entsteht. Ich bin durchaus deutschsprachig aufgewachsen, allerdings habe ich mein halbes Erwachsenenleben im Ausland zugebracht, zuletzt in England. Und seit einem halben Jahr bin ich eben wieder hier ...
 
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