Epochengrenzziehungen

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Gast

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Hallo! Wir behandeln jetzt in Geschichte das Problem der Epochengrenzen. Jetzt sollen wir wissen wie es zu den Epochengrenzziehungen kam. Kann mir da jemand helfen? Also ich denke es gibt keine allgemein gültigen Epochengrenzziehungen, da man diese nicht an einem bestimmten Datum festmachen kann. Aber was gibt es sonmst für Kriterien? Vielleicht das Umdenken der Menschen, aber was für ein Umdenken war ads. Was unterscheidet das Denken z.B. von den Menschen der Antike und des Mittelalters?
 
Eine wirklich nicht leicht zu beantwortende Frage.
Es gibt verschiedene Faktoren von denen eine Epoche "eingegrenzt" wird.
Die eigentliche Benennung von Epochen entstand wohl erst Ende des 18. Jahrhunderts in Teilen, dann im 19. Jarhundert.

Dennoch würde ich mal behaupten man kann einige Epochen anhand von Daten eingrenzen -z.B. die Kaiserkrönung Karls des Großen (800 n.Chr.) wird allgemein als Beginn des Mittelalters angesehen. Oder 476 n.Chr. ist das ofizielle Ende der Antike mit dem Fall Roms.
Dann gibt es verschiedene Ansätze wann die Neuzeit beginnt, die einen sagen wärend der Renaissance, andere stehen auf dem Standpunkt erst nach der frz. Revolution.

Ich kann Dir mal zwei konkrete Beispiele für Begriffsbildungen geben, für Barock und Rokoko, diese bezeichnen sowohl kunsthistorische als auch gesellschaftliche Epochen.
der / das Barock (gemeinhin um 1600 - 1750 - ist aber nach meiner Meinung überholt und falsch) bekam seine Bezeichnung erst im 19. Jahrhundert und zwar als eine negativ besetzte Bezeichnung. Denn das Wort Barock leitet sich von dem portugisischem Wort "Barroco" ab, welches eine unförmige Perle bezeichnete. Man sah also diese ganze Zeit als unförmig in seinen Formen an - besonders was die Kunst betraf (Rubens, Wieskirche, etc.) Der Begriff ansich ist eigentlich vollkommen falsch, die Architektur der Paläste und der Gärten ist alles andere als unförmig, sondern sehr symmetrisch.
Beim Rokoko ist es ähnlich, dort leitet sich der Begriff von einer "Muschelverzierung" die sehr oft verwendete wurde ab, "Rocaille" genannt.

Die Renaissance (dt. Wiedergeburt) wollte sich als "Re-make" der Antike verstehen. Dennoch benutzte man das Kolosseum als Steinbruch für neue Bauten...

Interessant ist eben das von Dir schon angesprochene Umdenken, denn die Epoche der Völkerwanderung, bzw. der Aufstieg des Christentums muß gehörige Auswirkungen auf das Bewußtsein der Menschen und deren Sicht auf die Welt gehabt haben.
Allein die Religionen der Antike im Vergleich zum Mittelalter mit dem Christentum vermitteln eine völlig andere Geisteshaltung.
So lebten die Menschen im Mittelalter ständig mit der "Bedrohung" des jüngsten Gerichts.

Es kommen die neuen Entdeckungen in Wissenschaft und Forschung zum tragen. Dazu braucht man kaum die Reisen von Columbus, Magellan etc. zu erwähnen. Die astronomische Forschung mit Galilei und Keppler haben ein ganzes Weltbild umgeworfen.

Ich denke es ist ein Zusammenspiel von Politik, Forschung, Kunst und Philosophie (Religion) was die Epochen voneinander unterscheidet. So ist die Renaissance in all ihren Erscheinungsformen etwas grundlegend anderes als das Barock oder das 19. Jahrhundert.
Gerade die Kunst ist eine Möglichkeit in das Empfinden der Menschen zu Blicken und ihre Geisteshaltung nachzuempfinden.
Das bringt manchmal mehr zum Verständnis der einzelnen Epochen als das studieren von Zahlen...

Eventuell gibt es hier auch noch ein paar Spezialisten, die vielleicht sogar genaueres über die Begriffsbildung der Epochen, bzw. die entsprechenden Wissenschaftler benennen können welche die Einteilung vorgenommen haben.
 
Soleil Royal schrieb:
Eventuell gibt es hier auch noch ein paar Spezialisten, die vielleicht sogar genaueres über die Begriffsbildung der Epochen, bzw. die entsprechenden Wissenschaftler benennen können welche die Einteilung vorgenommen haben.


Spezialist bin ich zwar nicht gerade, aber vielleicht kann ich einen kleinen Beitrag leisten...

Im 18. Jahrhundert teilte Professor Christoph Cellarius die Geschichte in seinem schulmäßigen Kompendium (Historia universalis, 1704) in "Altertum", "Mittelalter" und "Neuzeit" ein. Der Begriff "Mittelalter (media aetas, medium aevum) wurde von Humanisten jedoch schon im 14. Jahrhundert gebraucht, um so die kulturelle Blüte der Antike von der scheinbaren Barbarei der letzten Jahrhunderte abzugrenzen. Sie sahen das Mittelalter als "Zeit minderwertiger Latinität", "Zeit mangelhaften Ausdrucksvermögens" in der Kunst und als Stillstand der Wissenschaft - "Zeit unfruchtbarer Scholastik".
 
Ich bin in diesem Bereich jetzt überhaupt kein Spezialist, deshalb teile ich die Epochen wohl eher gefühlsmäßig ein.

Vor einiger Zeit im Chat hatten wir das Problem, daß für mich die "Neuzeit" erst ab der Industrialisierung beginnt, während die Spezialisten das aber schon ab der Entdeckung Amerikas 1492 als "Neuzeit" sehen.

Wenn man nach dem Gefühl geht, gibt es wohl auch nicht immer unbedingt ein einschneidendes Ergebnis, sondern wohl auch einen fließenden Übergang.
 
Hallo miteinander,

ich kann mich noch daran erinnern, daß ich hier im Forum "Mittelalter" zumindest für jene Zeit verschiedene Punkte, welche von den Historikern gesetzt werden bzw. gesetzt wurden, zusammengetragen hatte:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=6507
Zwar ging es mir dabei eher um die "Sub-Epochen" des Mittelalters, aber auch "Beginn" und "Ende" des Mittelalters tauchen dort auf...
Schwierig ist es allemal (und zudem eine westeuropäische Sichtweise), aber vielleicht hilft es ja wenigstens etwas zur Beantwortung der Frage :grübel:

In diesem Sinne

Timo
 
Der erste, der den Begriff "Mittelalter" benutzt hat, war meines Wissens Petraca, und der lebte schon im 13. Jhd. Das wäre aber zu überprüfen... :p

Edit: das mit dem 13. Jhd. war schon mal ein Irrtum: Lebensdaten 1304 - 1374. :rotwerd:
 
Zuletzt bearbeitet:
Cleopatra Aelia schrieb:
Vor einiger Zeit im Chat hatten wir das Problem, daß für mich die "Neuzeit" erst ab der Industrialisierung beginnt, während die Spezialisten das aber schon ab der Entdeckung Amerikas 1492 als "Neuzeit" sehen.
Die Neuzeit beginnt (laut meines Geshichtsunterricht) mit der Entdeckung der neuen Welt, der Reformation und der Renaissance im allgemeinen. Ab der Industrialisierung redet man teilweise von der neuen Neuzeit oder Moderne.
Für die Epochengrenzziehung machen sich auch gesellschaftliche Umbrüche gut: so wurde die Antike in der DDR vom Mittelalter durch den Übergang Sklavenhalter-wirtschaft zum Feudalsystem festgemacht.
Der erste, der den Begriff "Mittelalter" benutzt hat, war meines Wissens Petraca, und der lebte schon im 13. Jhd. Das wäre aber zu überprüfen
Dann hat er aber etwas anderes als Mittelalter bezeichnet, als wir. Denn ein Mittelalter sollte ja schon durch 2 andere Zeitalter (davor und danach) eingegrenzt sein. Und ein Danach war zu seiner Zeit ja noch nicht passiert:grübel:
@ Gast
Brauchst du auch Informationen zu den einzelnen Abschnitten der Steinzeit? Wenn ja könnte ich da noch mal was suchen/schreiben.
 
Themistokles schrieb:
El Quijote schrieb:
Der erste, der den Begriff "Mittelalter" benutzt hat, war meines Wissens Petrarca,...
Dann hat er aber etwas anderes als Mittelalter bezeichnet, als wir. Denn ein Mittelalter sollte ja schon durch 2 andere Zeitalter (davor und danach) eingegrenzt sein. Und ein Danach war zu seiner Zeit ja noch nicht passiert:grübel:

Petrarca meint im wesentlichen dasselbe, wie wir, wenn er vom Mittelalter spricht, nämlich ein "Dunkles Zeitalter". "Dunkel", weil das Wissen der Antike für das römisch-katholisch geprägte Westeuropa verloren gegangen war. Mit der Eroberung des oströmischen Reiches durch die Türken im 14. Jhd., also zu Lebzeiten Petrarcas, kam mittels fliehender byzantinischer Mönche manches von dem (im Westen verlorenen) Wissen wieder zurück nach Europa, um genau zu sein nach Italien, was in der Folge nicht zuletzt deshalb zum Entstehungsort der Renaissance geworden ist.
 
El Quijote schrieb:
Petrarca meint im wesentlichen dasselbe, wie wir, wenn er vom Mittelalter spricht, nämlich ein "Dunkles Zeitalter". "Dunkel", weil das Wissen der Antike für das römisch-katholisch geprägte Westeuropa verloren gegangen war
Aber der Begriff "Mittelalter" erscheint mir wegen des fehlen eines nachfolgenden Zeitraums seltsam. in meinen vorherigen Beitrag meinte "anderes" einen anderen Zeitraum.
 
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