Die Opfer der Hungerjahre waren nicht die Opfer einer falschen Politik, sondern Opfer der Blockade
Zum Teil sicherlich.
Aber wie gesagt, wird man in Rechnung stellen müssen, dass man selbst ohne Blockade massive Schwierigkeiten gehabt hätte hinreichende Mengen an Lebensmitteln aus Übersee zu beziehen.
Ankäufe aus den Niederlanden der Schweiz und Skandinavien verursachten kaum zusätzlichen Transportaufwand, dass waren relativ kleine Strecken.
Für größere Ankäufe aus Übersee hätte es erstmal hinreichnd großen Schiffsraums und hinreichender Umschlagkapazitäten bedurft.
Auf zusätzlichen Schiffsraum aus den Ländern mit denen man im Krieg lag oder die von den eigenen Kriegsgegnern abhängig waren, konnte man schwerlich rechnen.
Musste bedeuten: kein zusätzlicher Schiffsraum aus Großbritannien oder dem Empire, kein zusätzlicher Schiffsraum aus Frankreich, kein Zusätzlicher Schiffsraum aus Italien, kein zusätzlicher Schiffsraum aus Russland, bedenkt man die finanziellen Abhängigkeiten von London wahrscheinlich auch große Zurückhaltung in Portugal.
Österreich- Ungarn war auf diese Situation ebenfalls nicht eingestellt und hätte seinen Schiffsraum für den eigenen Importbedarf benötigt, die Niederlande benötigten bei der Bevölkerungsdichte sicherlich ebenfalls einen ganz erheblichen Teil ihres Schiffsraums auch für eigene Importe, auch Japan und China fielen als Kriegsgegner weg.
Wenn die Exportländer die Transportlogistik in Form des Schiffsraums stellen sollten, musste man sich hier auf ein Wettbieten mit den Entente-Staaten einlassen, die ja ebenfalls auf Einfuhren angewiesen waren, sofern die entsprechenden Exportländer überhaupt über entsprechende Handelsflotten verfügten.
Die USA taten das sicherlich, im Bezug auf Lateinamerika müsste man das nachprüfen.
Wahrscheinlich hätte Deutschland mitten im Krieg seine eigene Handelsflotte massiv ausbauen müssen und dazu seine Hafenanlagen.
Der Bau von Handellschiffen im größeren Stil wäre aber schon auf Grund des Stahlbedarfs für die Waffen- und Munitionsproduktion kaum zu machen gewesen, es hätte Personal für die Seefahrt aus dem Wirtschaftsleben oder dem Krieg herausgezogen und ausgebildet werden müssen, außerdem hätte man sämtliche Werftkapazitäten dafür frei machen und den Bau von Kriegsschiffen mehr oder minder einstellen müssen.
2. Problem: Brennstoff
Nachdem ganz Europa mit sich selbst im Krieg lag, ging doch mehr oder minder die gesamte europäische Kohleproduktion umgehend entweder in die Kriegswirtschaft oder unmittelbar in das Einsenbahnsystem, dass die Fronten versorgen und musste und viel größeren Brennstoffbedarf hatte, als in Friedenszeiten, hinzu kommt der Produktionseinbruch in den umkämpften Gebieten in Belgien und Frankreich.
In Deutschland sah es in Sachen Kohlenbergbau doch mehr oder minder so aus, dass man unter Missachtung sämtlicher Sicherheitsvorschriften (zu sehen an den Unfallstatistiken) Hals über Kopf die Bergwerke erweiterte und es reichte trotzdem nicht hin um den immer größeren Anforderungen der Militärs gerecht zu werden.
Weitere Erweiterungen der Produktion wären kaum just in time möglich gewesen und erst recht nicht ohne die Belegschaften aufzustocken, was zu Lasten der übrigen Wirtschaft oder der Front hätte gehen müssen.
Das musste die Importkosten über größere Strecken ganz massiv steigern, wenn denn überhaupt ad hoc hinreichende Mengen an Kohle verfügbar waren.
3. Problem: Zahlungsmittel
Die Goldbindung der Mark war kriegsbedingt aufgegeben worden und damit die Möglichkeit zu drastischer Inflation gegeben.
Das konnte natürlich die Akzeptanz der Mark als Zahlungsmittel massiv beeinträchtigen und ist in Rechnung zu stellen.
Ankäufe auf Kredit setzten den guten Willen und das Vertrauen des Gegenüber voraus, so wie den Umstand, dass dieser selbst über die Mittel verfügte auf sofortige Zahlung verzichten zu können.
Ich möchte mal sagen, über den größten Teil des Krieges zwischen September 1914 und Herbst 1917 sieht es doch nicht unbedingt so aus, als wären die Zentralmächte tatsächlich in der Lage diesen Krieg zu gewinnen.
Diesen Eindruck konnte man ja allenfalls im August-September 1914 und dann noch mal zwischen Herbst 1917 und Sommer 1918 haben.
Wer aber ist bereit die nicht mehr stabile Währung eines potentiellen Kriegsverlierers zu akzeptieren oder diesem größere Kreditlinien einzuräumen?
Wenn du der Meinung bist, die Versorgungslage wäre ohne die Blockade signifikant besser gewesen, müssten wir uns vielleicht mit diesen technischen Problemen mal befassen um uns das näher anzusehen.