Frankreich wird erstmals Republik - "Was machen die Anderen?"

Sicher, Experten verbiete ich nicht das Wort.
Kennst Du diesen besagten Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt näher und weißt, ob er was von seinem Interesse an der Revolution auch umgesetzt hat? Ein bisschen klingt es ja auch nach Begeisterung. Wobei man bedenken muss, dass die Aussagen wohl auch eher auf die Zeit seiner Prinzenreise gemünzt sind, als die Monarchie in Frankreich noch nicht abgeschafft, sondern "nur" modifiziert war.
 
Kennst Du diesen besagten Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt näher und weißt, ob er was von seinem Interesse an der Revolution auch umgesetzt hat? Ein bisschen klingt es ja auch nach Begeisterung.

Überspitzt könnte man meinen, dass Ludwig der unbekannte "Bruder" Carl Augusts aus Weimar war.

Er und seine Gemahlin Louise von Hessen-Homburg waren sehr geistreich, fasziniert von Kunst und Wissenschaft.
Dem entsprechend förderten sie beide sehr intensiv die Bildung und den Fortschritt in dem kleinen Fürstentum.
Sie kannten die großen Denker ihrer Zeit persönlich, die gerade im Hause Lengefeld anzutreffen waren.

Vorrausschauend versuchten sie das Fürstentum durch die schwierigen Zeiten zu lenken, aber inwieweit sie auch das politische Fortkommen des Landes gefördert haben, kann ich nicht recht beurteilen.
Ich denke, dass, wie du es sagst, viel Begeisterung hinter seinen Worten aus seinem Tagebuch steckt.
Er wird wohl nicht mehr aber auch nicht weniger als seine erlauchten Mitstreiter getan haben, was Reformen und dergleichen anbelangt.
Aber das geht jetzt in Vermutungen über.
 
Es gibt noch einen wichtigen Aspekt der hier noch nicht genannt wurde.
Der Einfluss der Französischen Revolution auf die deutschen Staaten war beachtlich. Zwar nicht unbedingt in Hinsicht auf den Herrschftsanspruch der Monarchien, jedoch umso mehr war der Sieg gegen Napoleon ein wichtiger Schritt zur deutschen Einheit. Stichworte: Mediatisierung und Säkularisierung
Außerdem blieb der Code Napoleon meines Wissens nach in dem Gebiet rechts des Rheins auch nach Napoleon noch gültig. Einflüsse lassen sich heute noch in der Häusernummerierung Kölns finden welche damals von den Franzosen erstmals bestimmt wurde. Mainz wurde besonders stark von der Revolution beeinflusst. Stichwort Mainzer Republik.
Für Friedrich Wilhelm von Preussen bedeuteten die Napoleonischen Kriege wiederrum eine Annäherung an das Volk, was der "Aufruf An Mein Volk" verdeutlicht. Äußere Spannungen haben schon immer von Inneren Unruhen abgelenkt. Ich schätze mal sein Herrschaftsanspruch wurde gestärkt.. wohl auch ein Grund warum die Monarchie in Deutschland erst durch einen verlorenen ersten Weltkrieg enden konnte.
 
Es gibt noch einen wichtigen Aspekt der hier noch nicht genannt wurde.
Der Einfluss der Französischen Revolution auf die deutschen Staaten war beachtlich. Zwar nicht unbedingt in Hinsicht auf den Herrschftsanspruch der Monarchien, jedoch umso mehr war der Sieg gegen Napoleon ein wichtiger Schritt zur deutschen Einheit. Stichworte: Mediatisierung und Säkularisierung
Außerdem blieb der Code Napoleon meines Wissens nach in dem Gebiet rechts des Rheins auch nach Napoleon noch gültig. Einflüsse lassen sich heute noch in der Häusernummerierung Kölns finden welche damals von den Franzosen erstmals bestimmt wurde. Mainz wurde besonders stark von der Revolution beeinflusst. Stichwort Mainzer Republik.

Meiner Meinung nach wird den napoleonischen Kriegen immer noch eine Bedeutung begemessen, die ihnen nicht zukommt. Der Behauptung, sie hätten den Geist der Revolution über Europa gebracht oder eine effiziente Verwaltung liegt ein positiver Aspekt zurunde, der einem Krieg völlig fremd ist. Kriege sind immer kontraproduktiv, vernichten Leben und Material, sorgen für neues Unrecht, hemmen die Entwicklung, schaffen somit nur die Basis für neue blutige Auseinandersetzungen.
So auch die Kriege Napoleons. Mehrere Millionen Tote, entsetzliches Leid, vernichtete Recourcen in Milliarden-Werten zu rechnen waren die Folge. Was soll daran positiv sein?

Die fortschrittlichen Ideen der Französischen Revolution hätten sich auch in Friedenszeiten unweigerlich über Europa verbreitet, bürgerliche Gesetzbücher, neue effiziente Verwaltungsstrukturen, neue Bildungssysteme, Finanzsysteme wären ebenso unweigerlich gefolgt ... Fortschritt lässt sich nicht aufhalten.

Was haben denn den Kriege Napoleons denn noch gebracht? Ja, richtig, die Könige und Fürsten Europas haben sich zur Heiligen Allianz zusammengeschlossen, um die Ideen möglichst lange zu unterdrücken ... kontraproduktiver ging es also gar nicht ...

Ich weiß nicht, ob eine deutsche Einheit durch Napoleon befördert wurde. Gut, der Flickenteppich in Deutschland war etwas bereinigt, die wenigen, die von einem einheitlichen Deutschland träumten, spielten beim Wiener Kongress nicht die geringste Rolle, die lokalen Erhebungen von 1848 hatten wohl eher soziale Ursachen. Die Reichsgründung 1871 ist wohl eher "von oben" gewollt zu sehen. Und dies wohl aus der Einsicht heraus, dass die (immer noch!) kleinen deutschen Staaten bei der Aufteilung der Welt keine Rolle gespielt hatten ...

Für Friedrich Wilhelm von Preussen bedeuteten die Napoleonischen Kriege wiederrum eine Annäherung an das Volk, was der "Aufruf An Mein Volk" verdeutlicht. Äußere Spannungen haben schon immer von Inneren Unruhen abgelenkt. Ich schätze mal sein Herrschaftsanspruch wurde gestärkt.. wohl auch ein Grund warum die Monarchie in Deutschland erst durch einen verlorenen ersten Weltkrieg enden konnte.

Auch wenn Friedrich Willhelm keine wirklich große politische Leuchte war, ihm war schon bewusst, mit welchem "Belzebub" er versuchte, den "Teufel" zu schlagen. Kein Wunder also, dass er bereitwillig Metternichs Heiliger Allianz beitrat, um das (aus Fürstensicht) "Teufelszeug" möglichst schnell vergessen zu machen.

Grüße
excideuil
 
Also gut du bist Pazifist, da ist es schwer beizukommen. Will ich auch garnicht. Krieg ist scheiße, aber man muss ja nicht gleich sagen alles was damit zu tun hat ist schlecht.
Man könnte jetzt behaupten das ganze hätte sich auch so entwickelt, aber das wissen wir nicht. Auf der Schiene kann ich auch behaupten wir könnten heute noch Leibeigene sein, die Leibeigenschaft war nämlich bis zur Einsetzung vom Steins in Deutschland noch in Kraft.

Natürlich hat Napoleon Deutschland bluten lassen. Gar keine Frage, aber entscheidend ist doch wie wir aus der Sache herausgekommen sind. Das HRR hatte ganz klar ausgedient und die Fürsten haben mal gemerkt das es ganz schnell gehen kann das ihr Land annektiert wird. Was wenn das Saarland und Rheinland-Pfalz heute Französisch wären? Wäre kein Problem gewesen wenn einfach alles so weitergelaufen wäre.

Außerdem hätte sich da nichts verändert in der Verwaltung, nur extreme Krisensituationen bringen Politiker dazu zu handeln, und zwar aus purem Selbsterhalt.

Von welchen "unterdrückten Ideen" sprichst du eigentlich und welchen "Belzebub" meinst du?
 
Also gut du bist Pazifist, da ist es schwer beizukommen. Will ich auch garnicht. Krieg ist scheiße, aber man muss ja nicht gleich sagen alles was damit zu tun hat ist schlecht.
Man könnte jetzt behaupten das ganze hätte sich auch so entwickelt, aber das wissen wir nicht. Auf der Schiene kann ich auch behaupten wir könnten heute noch Leibeigene sein, die Leibeigenschaft war nämlich bis zur Einsetzung vom Steins in Deutschland noch in Kraft.

Nun, ob ich wirklich als Pazifist zu bezeichnen bin, lasse ich einmal dahingestellt.

Bei den napoleonischen Kriegen wird oft ausgeblendet, zu welchem Zweck sie geführt wurden, ihre Wirkungen werden dagegen überhöht. Bonaparte (und mit ihm Gewinnende) schickte(n) sich an, sein Weltreich zu begründen. Die Ideen der Französischen Revolution brachten ihm natürlich zunächst Symphatien, klar auch, dass seine wahren Absichten dann den Widerstand brachten, der zu seinem Sturz führte.
In der Summe waren seine Kriege Eroberungskriege, die den Widerstand des feudalen Europas und des bürgerlichen England zur Folge haben musste.

Wie feudal das europäische Festland noch war, beschreibt Friedrich Freksa im Vorwort seines Buches zum Wiener Kongress:

"Die Fürsten verhandelten wie Häuptlinge der Urzeit über ihre Güter, und dazu gehörten Seelen ebenso wie mehr oder minder reiche Landschaften. Wenn entrüstete Freiheitsmänner späterhin von der Schmach des Seelenschachers sprachen, so hatten sie sachlich recht, freilich ohne zu bedenken, dass der Geist einer neuen Zeit die eisernen Formen einer alten nicht sofort zu brechen vermag, sondern, dass sich neue Formen nur in einem langsamen organischen Prozesse durch Jahrzehnte hin entwickeln."
(Friedrich Freksa: Der Wiener Kongress, Stuttgart, 1914)

Die Kriege führten in Folge nur dazu, dass sich die reaktionären feudalen Kräfte noch enger zusammenschlossen. Mit der Heiligen Allianz!

Und es erscheint mir recht fraglich, mit der Existenz von Resten des Code Civil in Deutschland etwas positives von Kriegen ableiten zu wollen.


Natürlich hat Napoleon Deutschland bluten lassen. Gar keine Frage, aber entscheidend ist doch wie wir aus der Sache herausgekommen sind. Das HRR hatte ganz klar ausgedient und die Fürsten haben mal gemerkt das es ganz schnell gehen kann das ihr Land annektiert wird. Was wenn das Saarland und Rheinland-Pfalz heute Französisch wären? Wäre kein Problem gewesen wenn einfach alles so weitergelaufen wäre.

Wie sind "wir" denn aus der Sache herausgekommen? Ein paar Fürsten wurden "entsorgt", ja und? Ist damit die Keinstaaterei beseitigt worden? Nein! Im Gegenteil, der Wiener Kongress hat in Richtung des Weiterbestandes der Kleinstaaterei gewirkt!

Außerdem hätte sich da nichts verändert in der Verwaltung, nur extreme Krisensituationen bringen Politiker dazu zu handeln, und zwar aus purem Selbsterhalt.

Sehe ich anders. In veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen hätte sich etwas tun müssen in den deutschen Staaten, hätte man nicht untergehen wollen.
Was du zu Politikern sagst, mag ich nicht kommentieren.

Von welchen "unterdrückten Ideen" sprichst du eigentlich und welchen "Belzebub" meinst du?

Nun, mit den unterdrückten Ideen sind die Ideen der Franz. Revolution gemeint. Mit dem "Belzubub" meine ich den Aufruf des König Friedrich Wilhelm, mit den er den "Teufel" Napoleon austreiben wollte.

Grüße
excideuil
 
Bei den napoleonischen Kriegen wird oft ausgeblendet, zu welchem Zweck sie geführt wurden, ihre Wirkungen werden dagegen überhöht. Bonaparte (und mit ihm Gewinnende) schickte(n) sich an, sein Weltreich zu begründen. Die Ideen der Französischen Revolution brachten ihm natürlich zunächst Symphatien, klar auch, dass seine wahren Absichten dann den Widerstand brachten, der zu seinem Sturz führte.
In der Summe waren seine Kriege Eroberungskriege, die den Widerstand des feudalen Europas und des bürgerlichen England zur Folge haben musste.
excideuil

Stimme ich dir zu

Wie feudal das europäische Festland noch war, beschreibt Friedrich Freksa im Vorwort seines Buches zum Wiener Kongress:

"Die Fürsten verhandelten wie Häuptlinge der Urzeit über ihre Güter, und dazu gehörten Seelen ebenso wie mehr oder minder reiche Landschaften. Wenn entrüstete Freiheitsmänner späterhin von der Schmach des Seelenschachers sprachen, so hatten sie sachlich recht, freilich ohne zu bedenken, dass der Geist einer neuen Zeit die eisernen Formen einer alten nicht sofort zu brechen vermag, sondern, dass sich neue Formen nur in einem langsamen organischen Prozesse durch Jahrzehnte hin entwickeln."
(Friedrich Freksa: Der Wiener Kongress, Stuttgart, 1914)
excideuil

und das Deutschland bis 1918 von Fürsten regiert wurde ist glaube ich eine Tatsache, nur die dunklen Zeiten in denen sie tun und lassen konnten was sie wollten waren schon lange vorbei.


Die Kriege führten in Folge nur dazu, dass sich die reaktionären feudalen Kräfte noch enger zusammenschlossen. Mit der Heiligen Allianz!
Und es erscheint mir recht fraglich, mit der Existenz von Resten des Code Civil in Deutschland etwas positives von Kriegen ableiten zu wollen.
excideuil

Also lassen wir mal diese Fürsten außen vor. Wer war es denn der die Revolution von 1848 startete. Das waren nicht die Fürsten, das waren die Büger. Man kann denke ich sagen das es vor 1800 keine Deutschen in dem Sinne gab. Das waren Bayern, Hannoveraner oder Preußen. Auf einmal kommt dieser Napoleon und sackt ein Land nach dem anderen ein. Auf einmal haben wir eine Situation wie im Revolutionären Frankreich und alle schreien "oh, ah, da stimmt doch was nicht warum müssen wir dem denn jetzt abgaben an den zahlen" und dann ziehen alle an einem Strang. Die Sache ist doch das diese Gewaltherrschaft Napoleons daszu geführt hat das sich der Hass der "Deutschen" auf Napoleon gerichtet hat und nicht auf ihre Landesfürsten.
Wenn es anders herum gewesen wäre, so wäre der Machtübergang in Deutschland nicht so friedlich verlaufen. Ich möchte an diesem Punkt daran erinnern das die Franzosen ab 1789 einen Demokratisierungsprozess von über 80 Jahren Tod und Verderben durchmachen mussten.


Wie sind "wir" denn aus der Sache herausgekommen? Ein paar Fürsten wurden "entsorgt", ja und? Ist damit die Keinstaaterei beseitigt worden? Nein! Im Gegenteil, der Wiener Kongress hat in Richtung des Weiterbestandes der Kleinstaaterei gewirkt!
excideuil

Es war der erste Schritt mein Freund, man kann nicht immer gleich mit dem Kopf durch die Wand:winke:
Natürlich wollen nach Napoleon alle wieder zurück zum alten System. Ist das zu 100% möglich? Nein.
Ich würde mal sagen die Französische Revolution war ein bedeutender Meilenstein der die Revolution von 1848 mit auslöste. Die Fürsten konnten ja nicht die Köpfe der Menschen kontrollieren und das es 1871 letztendlich zu einem Kaiserreich gekommen ist liegt mitunter an erzkonservativen Verfechtern wie Bismarck.

Alles was ich damit sagen will ist das man der FR auch Gutes abringen kann. Was ich meine ist nicht Napoleons Traum die Welt zu unterwerfen sondern lediglich ein ungewollter Nebeneffekt der uns geholfen hat zum Nationalstaat zu werden.
 
@ t-mac-67

Aus meiner Sicht ist alles gesagt: Kriege können keinen Fortschritt bringen; im Gegenteil: Aktio ist immer auch Reaktio; und wie schon beschrieben haben die europäischen Fürsten auf Bonaparte und die Ideen der Franz. Revolution reagiert.

Ich bin der Ansicht, dass es Europa besser getan hätte, wenn die Verbreitung der Ideen der Franz. Revolution friedlich stattgefunden hätte. Frankreich mit einem Friedens-und Wirtschaftsvertrag mit England hätte wohl das feudale Europa viel mehr in die Enge gezwungen als es Bonapartes Armeen vermocht haben.
Aber hätte, könnte, würde ...

Grüße
excideuil
 
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