Frauen mit Ritterschlag

Weiß jemand zufällig, aus welchem Manuskript diese Illumination Johannas von Flandern stammt?

juana1e.jpg


Jedenfalls weist die Bildunterschrift an der Fundstelle auf Johanna; das Wappen und der Rock passen dazu. Ich dachte erst an die Chroniken des Jean Froissart, aber darin finde ich die Darstellung nicht.
 
Es handelt sich um die Compillation des cronicques et ystoires des Bretons von Pierre Le Baud/Baut aus dem Jahr 1480. Sie behandelt die Geschichte der Bretonen von Genesis über den Fall von Troia (aus dem der Stammvater der Britannier Brut entkam) bis hin in die Gegenwart Le Bauds. Als hochauflösender Scan einsehbar in der BnF. Leider ist die Schrift, wenn man keine Ahnung vom Französischen des 15. Jhdts. hat, wirklich nur schwer zu lesen. Sich mit Sprache und Schrift gleichzeitig schwer tun fördert nicht die Entdeckerfreude....
Teilweise ist das Papier dieses Buches so dünn, dass man die Bilder oder Texte der Rückseite gut erkennen kann, interessant finde ich persönlich auch den Schluss des Buches, wo noch ein paar linierter Seiten zu sehen sind (die Linierungen sind da, wo Text steht, entfernt worden).
Der Autor stellt sich selbst zwei Mal dar in der ersten und in der letzten Illumination, in der ersten, wie er das Buch schreibt, in der letzten, wie er es der Fürstenfamilie präsentiert.
le baud schreibt.png

f. 5r
le baud präsentiert der Fürstenfamilie sein Werk.png

f. 393v

Überraschend finde ich in solchen PrachtHSS dann solche Ausstreichungen - aber gut, ist halt schon Papier und kein Pergament mehr, da war ein Palimpsest nicht mehr möglich:
le baud korrektur.jpg


Das gesuchte Bild findest du hier auf f. 216v:
le baud f 216v.jpg

Einige Worte von der Seite kann ich entziffern, auch comte de Richmont und le comte de Montfort, von enem Treffen lese ich etwas und von Abstammung usw. usf.

Hier der Link zum Dokument bei der BNF: « Compillation des Cronicques et ystores des Bretons, partie en III livretz, » par Pierre LE BAUT, secrétaire de Jean, sire de Derval.
Man kann in die Seiten hochauflösend hineinzoomen.
 
Nochmal zum Orden de la Hacha:
Joaquín Lorenzo Villanueva hat 1806 in Viage literario á las iglesias de España das Histörchen auf Cristofól Despuig (1510 - 1574) zurückgeführt und führt diesen bzw. dessen Schrift Los Col·loquis de la insigne ciutat de Tortosa (1557) als Beleg für die Existenz des Ordens gegen zweifelnde Historiker an: Este es el unico documento alegado hasta nuestros dias en prueba de aquel hecho puesto en duda por algunos historiadores, no habiendo por otra parte documento auténtico de concesión ó privilegio y callando la ciudad cosa tan gloriosa...
Also 400 Jahre zwischen angeblichem Gründungsereignis und Erstbeleg eines Ritterordens, der in der mittelalterlichen Literatur nicht vorkommt.
 
Man kann die Gründungslegende auch ganz einfach widerlegen (vor dem Relaunch des Forums hatten wir den passenden Smilie, der sich mit der Hand vor den Kopf schlug):

Tortosa war bis 1148 maurisch. Wenn Frauen die Stadt gegen Angreifer verteidigt hätten, dann wären es Muslimas gewesen, nicht Christinnen, es hätte gar keinen Anlass für Ramón Berenguer IV. gegeben, einen solchen Frauenorden zu gründen.

Man kann aber aufgrund der verschiedensprachigen Wikipedia-Artikel und ihrer reziproken Verlinkungen zu anderen Websites wunderschön beobachten, wie aus einer Fiktion des 16. Jhdts. im 21. Jhdt. ein vermeintliches Faktum wird.
 
Danke für das Einstellen des Fundes. Wieder einmal erhärtet sich, dass man auch vermeintliche historische Fakten hinterfragen muss.
 
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