Friedrich I. und Friedrich II. in Preußen, ein Vergleich

Es ist, wenn man Deine Argumente anschaut, ganz interessant, dass religiöse Bindung und Atheismus zweierlei bedeuten können.

Eine religiöse Auffassung, wie sie Fridrich I. in Preußen und Friedrich Wilhelm I. hatten schloss Krieg, da er der Wirtschaft und allgemeinen Wohlfahrt schadete, eigentlich als Mittel aus. Dass Fridrich I. mit der Anerkennung der Königskrone durch den Kaiser (und somit der wichtigsten Macht in Europa od. zumindest in dem Mächteblock) die Stellung von erheblichen Truppen für den Kriegsfall verband, bedeutete ja nicht, dass er ihn wünschte. Im Falle des Reichskrieges war Fridrich ja ohnehin zur Sendung von Kontigenten verpflichtet gewesen. Beim Nordischen Krieg ist die Lage ein bisschen anders. Die agressive schwedische Politik, die auch mit Poltawa eigentlich nicht beendet war, ließ den Krieg für Preußen auch einen Charater einer Defension gegen schwedische Begehrlichkeiten haben. Da die Zusicherungen der Unabhängigkeit gegenüber dem polnischen König immer wieder eingeholt wurden und daher vielleicht nicht zu hoch eingeschätzt werden sollten, kann man auch dort noch Verpflichtungen erahnen.

Der große Teil Europas voran England und die Niederlande wollte diesen Erbfolgekrieg nicht, auch nicht die Häupter dieser Staaten, das wird für mich durch die ständigen Vermittlungsversuche noch zu Lebzeiten des spanischen Königs bewiesen. Die Fronten waren noch nicht so verhärtet, das taten erst die sowohl französischen als auch österreichischen Initialzündungen.

Für die calvinistischen preußischen Herscher Fridrich I. und FW I., war ein Weg in Richtung religiöser Toleranz als Erbe aus der brandenburgischen Tradition logisch. Den Gegensatz der calvinistischen Oberschicht und der mehrheitlich lutheranischen Bev. als eines der Grundmuster und Anstöße zur preußischen Entwicklung habe ich bereits aufgezeigt.
Für einen Atheisten-König war neben dem Aufklärerischen Aspekt, die Ursache für religiöse Toleranz aber eine andere, nämlich durchaus durch Desinteresse begründet. Dabei darf vielleicht auch nicht unterschlagen werden, dass im reformierten Preußen, es natürlich undenkbar gewesen wäre für einen Untertanen, seinen König einen Atheist zu nennen, was mit Gottlosigkeit gleich zu setzen gewesen wäre.
 
Während hohe religiöse Bindung des Herschers im Frankreich eine Verfolgung der eigenen und fremden Protestanten (so in der Pfalz) beförderte, so sorgte diese im Preußen von F I. und FW I. für eine positive Ausnahme.
 
Diese positive Aufnahme hatte ja schon beim großen Churfürsten begonnen. Ich bin übrigens davon überzeugt, daß dieser Umstand Brandenburg=Preüssen damals entscheidend voran gebracht hat. Das schlechte Beispiel des damaligen Frankreichs zeigt, daß Intoleranz einem Land erheblich schadet. Dahingegen profitieren multikulturelle Gesellschaften ganz erheblich von der Vielfalt, die ihre Einwanderer mitbringen.
Das wäre übrigens mal ein interessanter Aspekt, unter dem man Brandenburg-Preußen und Preußen beleuchten könnte: Der multikulurelle Staat. Für die damalige Zeit scheint mir das eine erstaunliche Multikulturellität gewesen zu sein. Allgemein war der deutsche Kulturraum ja stets ein Vielvölkerstaat gewesen.

Was Schweden angeht, muß ich gestehen, daß ich da nicht ganz neutral bin. Die Schweden waren immer Verbündete der Greifen gewesen. Eine "aggressive schwedischen Politik" kann ich aber auf keinen Fall bestätigen. Vergessen wir nicht, daß der schwedische König Reichsfürst war und als solcher im hl.Röm.Reich hochwillkommen. Der Hauptaggressor war schon im 17.Jahrhundert immer Dänemark gewesen. So hatte der nordische Krieg im Frühjahr 1700 auch begonnen - mit einem Überfall Dänischer Truppen. Der andere Räuber war August von Saxen-Pohlen, der zur gleichen Zeit in Schwedisch-Lieffland einrückte, um Riga zu belagern. Der dritte Räuber war Czaar Peter. Und diese drei Räuber hatten sich schon 1699 abgesprochen, etwa gleichzeitig loszuschlagen. - Damals las ich die Tagespolitik in der Originalpresse und zwar 3mal die Woche. Ich muß hier mal die Bremse treten, damit ich davon keine Romane schreibe...
Was die diplomatischen Vorspiele zum spanischen Erbfolgekrieg angeht, würde das Buch noch weitaus dicker. Ich weiß noch, wie aggressiv sich französische Diplomaten sogar in Rom aufführten, wo sie einmal sogar dem Pabst mit Milität drohten. Der Französische Botschafter in (Den) Haag kam mir zuweilen vor, wie seinerzeit die deutschen Nazis! Die Franzosen haben schon vor Kriegsbeginn, Holländische Garnisonen als Geiseln genommen, die laut übernationalen Verträgen in den spanischen Niederlanden standen. Ganz Europa war damals empört. Auch in Italien haben die Franzosen Anfang 1701 angefangen, indem sie ihre Truppen nach Mayland einschifften und dort alles besetzten (käyserliches Lehen!).

Was den nordischen Krieg angeht, hat Fridrich I. wohl kühl gerechnet - daß er gewisse Gebiete zurückerhalten könnte, die 1648 an Schweden gefallen waren. Aus dem Erbfolgekrieg konnte er sich nicht heraus halten. Frankreich war zum widerholten Male Aggressor und diesmal hatte Europa alle Grund, sich verzweifelt zu verteidigen: Die Alianz Spanien+Frankreich, aufgrund des Herzogen von Anjou auf dem Madriter Thron, potenzierte Macht und Gefahr Frankreichs in nie dagewesenen Ausmaßen. Niemand wollte den Krieg, aber so gut wie jeder betonte, daß er eben sein müsse. So mußte ich damals leider-leider auch denken, was mich ziemlich betrübte. Es gab keinen anderen Ausweg.
 
Das mit dem Bearbeiten klappte schon gestern leider nicht. Mir ist bei einem meiner jünsten Vergleiche nicht ganz wohl:

Zwar fände ich es durchaus legitim, den Beginn des spanischen Erbfolgekrieges mit dem Beginn des 2.Weltkrieges zu vergleichen. Aber in dieser Kürze und in Bausch und Bogen des Sonnenkönigs Botschafter in Haag mit Diplomaten des NS-Regimes zu vergleichen, behagt mir dann doch nicht. Das müßte man genauer ausführen, dann aber auch die Unterschiede hervor heben (die Alliierten von 1701 waren z.B. wesentlich Abwehrbereiter als die von 1939).

Ich wollte in obigem Beitrag lieber ausgeführt haben, daß Frankreich eben ständig von Friedensbereitschaft sprach, während es seine Flotte mit großer Eile equipierte (was die Europäische Presse sehr genau wahrnahm und warnend kund tat).
In diesem Themenzusammenhang ist dabei entscheidend, daß Fridrichs Iten Teilnahme an diesem Krieg unausweichlich war. Der Nordische Krieg ließ sich wahrscheinlich auch nicht vermeiden, weil man ihm wohl zum Vorwurf gemacht hätte, wenn er die Chance zur Restituierung seiner schwedisch besetzten Gebiete hätte verstreichen lassen. Da trug er - vor allem seiner Dynastie gegenüber - ja eine hohe Verantwortung.
 
Zwar fände ich es durchaus legitim, den Beginn des spanischen Erbfolgekrieges mit dem Beginn des 2.Weltkrieges zu vergleichen. Aber in dieser Kürze und in Bausch und Bogen des Sonnenkönigs Botschafter in Haag mit Diplomaten des NS-Regimes zu vergleichen, behagt mir dann doch nicht. ....

..damit stehst du nicht allein :)
Bitte hier im Geschichtsforum bei Vergleichen eine Balance zugunsten inhaltl. Fakten gegenüber subjektiven Spekulationen wahren .
 
Der spanische Erbfolgekrieg ist ja auch eher ein "Nebenschauplatz" bei der Betrachtung zu Friedrich I./Friedrich II. in Preußen.
Zur preußischen Toleranzpolitik sollte man irgendwann einen eigenen Thread beginnen, weil man diese nicht loseglöst von den anderen preußischen Potentaten anschauen kann. Zumindest die Linie ab Georg Wilhelm (es gab ja schon im frühen 17.Jh. Verfolgungen in Niederösterreich und im Salzburger Raum von Protestanten) bis Friedrich II. sollte zusammenhängend untersucht werden, um wirkliche Einblicke zu eröffnen.
:winke:
 
Die Franzosen haben schon vor Kriegsbeginn 1701, Holländische Garnisonen als Geiseln genommen, die laut übernationalen Verträgen in den spanischen Niederlanden standen. Ganz Europa war damals empört. Auch in Italien haben die Franzosen Anfang 1701 angefangen, indem sie ihre Truppen nach Mayland einschifften und dort alles besetzten (käyserliches Lehen!).

Nun darf man aber sicherlich nicht unerwähnt lassen, dass die Besetzung der Span. Niederlanden und Mailands durch frz. Truppen mit ausdrücklicher Genehmigung des spanischen Königs Philipp erfolgte, also völlig rechtsgültig war. Empört war darüber sicherlich nur einer, Wien ! Schließlich betrachtete man das ja als rein habsburgisches Erbe. ;)
 
Wenn hier schon die Französische Crone Propaganda macht:
1. Es gibt übernationale Veträge, Euer Majestät vergessen das gern.
2. Die Guarandeurs der Verträge über Spanisch Niederland : das sind fast alle übrigen Mächte Europas! Haben a) den Niederländischne Krieg nicht vergessen, b) den unseeligen Pfälzischen Krieg. Und haben wir eben auch nicht die Verträge vergessen, zu denen Euer Majestät sich verpflichtet.
3. Ist Philipp von Anjou nicht der rechte Thronfolger in Madrit, sondern der Ertzherzog Carl von Österreich.
4. Haben Euer Majestät Dero eigene Landen und Volk fast in den Ruin getrieben und tragen offensichtlich Begier, das gleiche mit Europa zu tun. Das diese Rechnung nicht aufgehen wird, werden Euer Majestät bereits bemerkt haben ...
 
1. Es gibt übernationale Veträge, Euer Majestät vergessen das gern.

Wenn überhaupt, gab es nur die beiden Teilungsverträge zwischen Frankreich und Großbritannien. Diese haben aber nie ein potentielles Testament des span. Königs berücksichtigt und erst recht keine Klausel besessen, dass Frankreich nicht besagte Länder besetzen darf, wenn der König von Spanien dies erlaubt.

2. Die Guarandeurs der Verträge über Spanisch Niederland : das sind fast alle übrigen Mächte Europas! Haben a) den Niederländischne Krieg nicht vergessen, b) den unseeligen Pfälzischen Krieg. Und haben wir eben auch nicht die Verträge vergessen, zu denen Euer Majestät sich verpflichtet.

Zeige mir doch bitte mal in irgend einem Friedensvertrag eine Klausel, die eine Allianz zwischen Frankreich und Spanien verbietet !

3. Ist Philipp von Anjou nicht der rechte Thronfolger in Madrit, sondern der Ertzherzog Carl von Österreich.

Dieser Behauptung stehen wohl das span. Thronfolgegesetz, der Pyrenäenfrieden von 1659 und das Testament von Karl II. entgegen, weswegen Erzherzog Karl von den Spaniern auch als Usurpator betrachtet wurde und zu dem Bourbonen hielt. Und der spanische Staatsrat war da wohl auch ganz offensichtich anderer Meinung.

4. Haben Euer Majestät Dero eigene Landen und Volk fast in den Ruin getrieben und tragen offensichtlich Begier, das gleiche mit Europa zu tun. Das diese Rechnung nicht aufgehen wird, werden Euer Majestät bereits bemerkt haben.

Darf ich vielleicht daran erinnern, dass Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert die reichste Volkswirtschafts Europas war, dies nicht trotz Ludwig XIV., sondern dank der Wirtschaftspolitik der Krone und die enormen Staatschulden von 1713 in erheblichen Maße durch den Span. Erbfolgekrieg verursacht wurden. Genauso könnte man sagen, dass Frankreich sich nur deswegen so enorm verschulden musste, weil die anderen Mächte Europas nicht den letzten Willen des spanischen Habsburgers Karl II. respektiert haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Louis le Grand wird aber wohl zugeben, dass Frankreich durch seinen Vertreter Rébenac dafür sorgte, dass Brandenburg-Preußen unter Friedrich I. nicht wieder an die französische Seite zurückkehrte. Zu sehr hatte er den Vater gegen den Sohn ausgespielt, was sich der Sohn auf immer eine Lehre sein lassen sollte.
Nur um wieder näher zum Thema zurück zu kommen.:D
 
Ich bin mir gar nicht so sicher, ob das allein das Verdienst des Gesandten Rébenac war. Der "Große Kurfürst" wechselte ja ständig seine Allianzen, ganz so wie es ihm günstig erschien. Letzlich konnte das Kurfürstentum Brandenburg an kaiserlicher Seite mehr gewinnen, als an französischer. Frankreich brachte viel Geld mit, aber der Kaiser halt mehr Prestige (Königskrone). Diese Entwicklung hätte wohl auch ohne Rébenac stattgefunden.

Aber es ist unleugbar, Friedrich I. war der frz. Außenpolitik gegenüber feindlich eingestellt und bewunderte die frz. (Hof-)Kultur und Wirtschaft dafür umso mehr.
 
Fridrich I. war ganz einfach uneigennütziger als etwa die Durchlauchten von Sachsen und Bayern. In diesem Puncte kann ich Brissotins Verweis auf seine religiöse Bindung nur voll unterstreichen. Darin war er als Reformirter seinem Catholischen Käyser nicht unähnlich.
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Fridrich hatte ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und es war ja allgemein bekannt, daß das Testament zugunsten des Prinzen von Anjou auf dubiose Weise zustande gekommen war. Die Französische Zange, von Flandern bis Mäylandl, konnte auch ihn nicht unberührt lassen. Im übrigen hatte Fridrich gute Verbindungen zu den beiden Seemächten, für die Frankreichs Expansion völlig inakzeptabel war.
Was der Bewunderer Fridrich übrigens mit seinem französischen Idol gemein hat, die leichte Beeinflußbarkeit. Während es bei Fridrich Günstlinge wie Danckelmann waren, war Louis ständig Frauen ausgeliefert. Beide waren aber im Grunde ihres Herzens gutmütig und großzügig. Darin sind sie übrigens ihrem Zeitgenossen Augusto von Saxen=Pohlen nicht unähnlich. :winke:
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Fridrich war in seinem Verhältnis zu Frankreich in der Tat gespalten. So schimpfte er z.B. oft über die Entfremdung der Teütschen Sprache durch französische Ausdrücke. Dabei spickte er selber seine eigenen Reden ganz gewaltig mit Gallizismen.
Was die französische Kultur und Wirtschaft angeht, profitierte Brandenburg=Preüssen von dem unerhörten Aderlaß Frankreichs, den das Haus Bourbon durch die Protestantenverfolgung am eigenen Land verbrochen hat. Es trifft also schon zu, was ich neulich sagte - wenn ich mich mal zitieren darf:
4. Haben Euer Majestät Dero eigene Landen und Volk fast in den Ruin getrieben und tragen offensichtlich Begier, das gleiche mit Europa zu tun. Das diese Rechnung nicht aufgehen wird, werden Euer Majestät bereits bemerkt haben.
Um nicht wieder vom Thema Abzuschweifen, führe ich das mal an folgender Stelle weiter aus:
http://geschichtsforum.de/showthread.php?p=212390#post212390
 
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