Galakleidung im 18.Jh.

Korrektur

Ein anderes Beispiel für Galakleidung in Deutschland scheint mir das Gemälde des Krönungsmahls des frisch gewählten deutschen Königs Joseph II. von 1764 zu sein.
Datei:Krönungsmahl Joseph II.jpg ? Wikipedia
Die Welt der Habsburger - Werkstatt des Hofmalers Martin van Meytens: Krönungsmahl Josephs II. im Frankfurter Römer, Ölgemälde, nach 1764
Schön erkennt man die schwarz gekleideten kaiserlichen Höflinge direkt im Umkreis des Kaisers Franz I. und des Königs Joseph II.. Sie scheinen mir spanische Manteltracht zu tragen.
Drei Kurfürsten stehen den sitzenden Majestäten gegenüber. Sie tragen alle die offizielle kurfürstliche Kleidung mit Hermelin, aber ohne Kurhut. M.E. dürfte es sich um die Kurfürsten von Köln, Trier und Mainz handeln, weil die weltlichen Kurfürsten, ausgenommen dem böhmischen ( ;) ), normalerweise nicht anreisten, sondern Gesandte schickten.
Seitlich der Majestäten bedienen ein paar kaiserliche Hofchargen, die gut an ihren roten Röcken mit den goldenen Borten erkennbar sind (vgl. das Gemälde mit der Hofreitschule und andere Beiträge hier im Thread zu der Kleidung!).
Ein Augenzeuge, der Herzog von Croÿ, welcher bei der Kaiserwahl von Karl VII. anwesend war, beschreibt diese Kleidung bei den kurfürstlichen Gesandten.
"Der Kurfürst von Köln folgte ihm [dem Kurfürst von Mainz] auf einem herrlichen Pferd. Vor beiden ritten ihre Erbgroßmarschälle mit den alten Schwertern über der rechten Schulter. Gleichfalls hoch zu Roß folgten die Gesandten von Trier, Bayern, Sachsen, Brandenburg, der Pfalz und Hannover (die böhmische Wahlstimme ruhte dieses Mal). Sie trugen eine Art spanisches Gewand mit Spitzenbesatz auch an den Mänteln, lange Perücken federgeschmückte spanische Hüte mit hoher Seitenkrempe. ..."
*
Möglich wäre, dass die Gesandten die Herren in den goldenen Gewändern sind, welche auf dem Gemälde, vom Kaiser aus bertrachtet, etwas hinter den anderen stehen. Sie haben immerhin auch lange Perücken.

Die Kurfürsten hatten zuvor übrigens ihre kurfürstlichen Gewänder angelegt, hoben sich also optisch deutlich von den übrigen Anwesenden, v.a. vor den Gesandten ab.

Die hohen Sessel beim Krönungsmahl wurden wahrscheinlich von den Kurfürsten bzw. ihren Gesandten eingenommen, denn das war bei den Wahlfeierlichkeiten auch der Fall. Die Ersten Gesandten wurden also ganz so wie die Potentaten behandelt, die sie vertraten, abgesehen freilich davon, dass die echten anwesenden Kurfürsten einen Vortritt vor ihnen genossen.
Auffällig für mich ist, dass sich weder alle kurfürstlichen Verwandten des späteren Kaisers noch seine Verbündeten, ja nichtmal der Kurfürst von Bayern selbst 1742 zur Wahl bemühten.
Auf der anderen Seite stimmte selbst Kur-Braunschweig-Lüneburg (vertreten durch den Baron von Münchhausen) für Karl Albrecht, obwohl die Hannoveraner später mit der Pragmatischen Armee den Franzosen und ihren Verbündeten zusetzten.

*
Hans Pleschinksi (Hrsg.): "Das geheime Tagebuch des Herzogs von Croÿ" C.H.Beck, München, 2011
S. 38
 
4.
Dummerweise fehlen Angaben zu Künstlern und Entstehungszeit, ja selbst ob es sich um einen Stich oder Holzschnitt handelt.

Das oberste Bild (das kolorierte) scheint mir für unsere Belange noch am brauchbarsten. Schön sind die breiten Hofkleider zu erkennen. Sind da irgendwelche Bänder hinten an den Kleidern angebracht?
Louis Auguste trägt offenbar eine Manteltracht. Vielleicht gehört das ja zum Ordre de Saint-Esprit. Komischerweise ist er aber der einzige Herr in dieser Ordenskleidung, wenn es denn eine ist. Oder gab es in Frankreich eine offizielle Hochzeitstracht für das Herrscherhaus?
Die anderen Herren tragen Justaucorps durchweg mit Knöpfen und Knopflöchern bis ganz nach unten - eine Mode, die 1770 längst passé war. Ich hielte es aber für möglich, dass vielleicht die Galakleidung bei den Herren in versailles einfach vom Schnitt her sehr konservativ war. Andererseits erklären sich Ungereimtheiten auch damit, dass der Künstler evtl. auf ältere graphische Vorlagen zurückgriff und nur ein wenig die Figuren variierte. Porträthafte Züge sind ja eh nicht zu erkennen.

Das Bild darunter scheint sehr naiv gemacht. Auffällig ist aber, dass Louis Auguste ebenso wie oben eine etwas altmodisch amutende Perücke ohne Zopf trägt. Die männliche Person hinter ihm hat den Degen auf der falschen Seite, ebenso das Ordensband, während der Dauphin beides auf der richtigen Seite trägt. Der Herr hinter dem Dauphin müsste wohl der König (Louis XV) sein.

1.
Sehr schön. Also mir sieht das Kleid von der Dauphine auf dem Stich nach einem üblichen französischen Hofkleid aus.
Vgl.:
Prinzessin Adélaide File:Jean-Marc Nattier, Madame Adélaïde de France faisant des n?uds (1756).jpg - Wikimedia Commons
Königin Maria Karolina Leszczyńska File:Maria Leszczynska2.jpg ? Wikimedia Commons

Zum Gewand des Dauphin. Da muss ich mich ein bisschen revidieren. Die Hosen beim Ordre de Saint Esprit sahen anders aus.
Siehe hier: File:La remise de l'Ordre du Saint-Esprit dans la chapelle de Versailles.jpg ? Wikimedia Commons Ganz links erkennt man gut das Ordensgewand.
Oder auch hier beim Maréchal de Richelieu: Datei:Le Marechal duc de Richelieu.jpg ? Wikipedia
Es handelt sich doch bei der Kleidung des Dauphin auf der Hochzeit um diejenige des Ordre de Saint-Esprit. Mit der Kommunion wurden die Prinzen der königlichen Familie Ritter.
Der Duc de Croÿ gibt dazu Auskunft:
"Um elf fand ich mich beim König ein. Er hatte der Morgentoilette der Dauphine beigewohnt. Um ein Uhr verfügte sich sich in sein Kabinett. Der Dauphin und die Prinzen schritten ihr voraus. Der Dauphin in der golddurchwirkten Tracht des Heiliggeistordens reichte ihr die Hand. Sie grüßte und küßte unbefangen die Hand des Königs. ..."
*

Der Stich gibt das Ereignis eher gedrängt wieder, so betont der Herzog in seinem Tagebuch, dass der König während der Vermählungszeremonie eher weiter weg stand. Im unteren Bereich der Kapelle befanden sich die Amtsträger und die Hofdamen. 35 Damen des Hofes bildeten um das Paar, als es sich am Altar befand, einen Halbkreis.
Über die Damenroben verliert der Duc de Croÿ leider kein Wort. Er hebt nur die Pracht heraus und die gold- und silberbestickten Kleider un Brillanten an diesem Tag.
Da der Herzog den Hof ja gewohnt war und auch schon einige große Festlichkeiten erlebt hatte, er aber diese besonders herausstrich, müssen sie wirklich beachtlich glanzvoll gewesen sein.

(PS: Die Kleidung im "Marie Antoinette"-Film stimmt also auch in dieser Hinsicht nicht. Aber gerade dahingehend wurde sich ja eh nicht viel Mühe gegeben.)

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Hans Pleschinksi (Hrsg.): "Das geheime Tagebuch des Herzogs von Croÿ" C.H.Beck, München, 2011
S. 237
 
Preußen und Frankreich

Ich habe eine interessante Passage für diesen Thread im Tagebuch des Grafen von Lehndorff gefunden.

"Die beiden Königinnen sind zusammen in Monbijou. [gemeint sind Elisabeth Chtistine (die Gemahlin von Friedrich II.) und die Mutter des Königs] Sie haben dieses Jahr die runden Roben eingeführt, was den Hof durchaus nicht schöner macht; sie sehen alle aus wie Kammerfrauen."
15. Juli 1756
*
Bemerkenswert scheint mir hier, wie offenbar die Hofkleidung festgelegt wurde. Die beiden wichtigsten Personen des Hofes, v.a. diejenigen, welchen die Kompetenz über die Damenkleidung zu bestimmen, zugestanden wurde, machten es unter sich aus.
Ob die Robe ronde auch bei der Gala zu tragen war, erfährt man leider nicht. Jedenfalls scheint sie ehedem unüblich gewesen zu sein bzw. eher auf Kammerfrauen (sowas wie bessere Dienerinnen von adeligen Damen) bei Hofe beschränkt.

Relativ genau und auf jeden Fall interessant, scheint mir eine andere Passage, die sich auf die Kleidung Lehndorffs selbst bezieht.
"Zum Souper bin ich beim Prinzen Ferdinand. Ich bin erstaunt, alle Gäste in Gala zu finden, während ich schwarz wie ein Rabe bin, da wir um die Alte in Bayern [ gemeint ist Maria Amalia, die Witwe des Kaisers Karl VII.] trauern. Ich höre, daß der Anlaß dazu das Geburtstagsfest des Prinzen Heinrich ist. Wiewohl es für mich keines äußeren Schmuckes bedarf, um diesen anbetungswürdigen Prinzen würdig zu feiern, so lasse ich mir doch schnell ein Galakleid holen und nach einer Viertelstunde bin ich vergoldet wie die anderen."
18. Januar 1757
**

Was hieran interessant ist, das ist zweierlei.
Zum einen sprach sich ein Galatag scheinbar nicht so leicht rum. Man muss dazu anmerken, dass die Hoftrauer oftmals auch recht weit entfernte Personen würdigte und nicht nur Kaiser und Kaiserinnen und deutsche Fürsten und Fürstinnen. Eigentlich verkündete an den meisten Höfen ein extra damit betrauter Hofcharge jeweils, ob Gala angesagt war oder was sonst. Das scheint in Preußen nicht so gut funktioniert zu haben. Immerhin lebte der Graf Lehndorff als ihr Kammerherr im direkten Umfeld der Königin.
Zum anderen erfährt man, dass die Galakleidung dezidiert golden war. Gemeint ist eine Goldstickerei.
Man sieht hier beispielsweise den Baron von Bartenstein, ein wichtiger Minister unter Karl VI. und Maria Theresia in einer Kleidung mit Goldstickerei: File:Johann Christoph von Bartenstein.jpg - Wikimedia Commons


Nicht ganz unähnlich ist auch die Stickerei, welche der Duc de Penthièvre auf diesem Gemälde von Charpentier le Vieux aus den 1760ern trägt:
File:Monsieur de Penthièvre and his daughter, Jean-Baptiste Charpentier le Vieux.jpg - Wikimedia Commons
Einen Anzug für offizielle Anlässe sieht man in einem Buch, das im letzten Jahr erschienen ist. Ein dreiteiliger Anzug (Habit complet) von blauem Moiré (Seide) wurde mit einer schmalen silbernen Metallstickerei mit Folie und Pailletten verziert. Im Kerzenschein muss dieser Aufzug viel Glanz verstrahlt haben.***

*
Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff: "Die Tagebücher des Grafen Lehndorff" Berlin Story Verlag, Berlin, 2007
S. 314
**
ebenda S. 344
***
S.S. Takeda und K.D. Spilker: "Fashioning Fashion - European Dress in Detail 1700-1915" Prestel-Verlag, München, 2010 (zu einer Ausstellung des Los Angeles Museum of Art)
S. 196
 
Hallo Brissotin,

bin soeben auf folgende Darstellung gestoßen und ein wenig am zweifeln, ob die zeitgenössisch ist:

http://images.nypl.org/index.php?id=812077&t=w

Wer, wann zu welchem Anlass abgebildet ist, steht ja unten drunter. Ich finde die Aufmachungen allerdings ein bisschen merkwürdig. Kann es sich um einen Kostümball gehandelt haben? Besonders die Kopfbedeckung des Comte de Provence sieht merkwürdig aus (?)


Wünsche Dir ein Frohes Neues Jahr! :winke:

edit: Die Zeichnung ist wohl erst 1843 entstanden, wenn ich das richtig sehe. Und jetzt sehe ich ja auch, dass der Comte d'Artois (im Hintergrund) gänzlich verkleidet ist, also muss es wohl eindeutig ein Kostümball gewesen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Brissotin,

bin soeben auf folgende Darstellung gestoßen und ein wenig am zweifeln, ob die zeitgenössisch ist:

http://images.nypl.org/index.php?id=812077&t=w

Wer, wann zu welchem Anlass abgebildet ist, steht ja unten drunter. Ich finde die Aufmachungen allerdings ein bisschen merkwürdig. Kann es sich um einen Kostümball gehandelt haben? Besonders die Kopfbedeckung des Comte de Provence sieht merkwürdig aus (?)


Wünsche Dir ein Frohes Neues Jahr!

edit: Die Zeichnung ist wohl erst 1843 entstanden, wenn ich das richtig sehe. Und jetzt sehe ich ja auch, dass der Comte d'Artois (im Hintergrund) gänzlich verkleidet ist, also muss es wohl eindeutig ein Kostümball gewesen sein.
Deine Fragen hast Du Dir ja selber beantwortet. Ein künstlerisches Vorbild ist leider nicht zu erkennen und es ist leider auch deutlich, dass es sich um einen Anlass handelt, bei welchem Galakleidung nicht getragen wurde.
 
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