....Nun bin ich kein grosser Germanenexperte, schliesslich ist die Literatur bis heute extrem römerlastig, auf 1000 anständige Bücher zum römischen Reich kommt ein anständiges Germanenbuch, aber da ich zur Zeit mit etlichen Ausgrabungsberichten aus Nordwestdeutschland arbeite, so schient mir an diesen Vorstellungen vieles unschlüssig und zweifelhaft.
Nur so als Beispiel: Da finden sich, für die gesamte Kaiserzeit, bei den Ausgrabungen erhebliche Hinweise auf Landwirtschaft, Vorratshaltung, Manufactur und Handel bei den Germanen. Das sind z.B. Kornspeicher, es sind Schmieden und deren Produkte, es sind Kammmacher- und Kopisten von römischer Importware, Nachahmungen von terra sigilata und terra nigra, richtige Manufacturen deren Ware sich auch in einiger Entfernung wiederfindet.
Laut eines Vortrages von Prof. Dr. Ebel-Zepezauer wird allerdings der Tacitus Eindruck bestätigt. Tacitus, Germania (14,15): "...es gilt sogar für träge und schlaff, sich mit Schweiß zu erarbeiten, was man mit Blut erringen kann. Wenn sie nicht zu Felde ziehen, verbringen sie viel Zeit mit Jagen, mehr noch mit Nichtstun, dem Schlafen und Essen ergeben. Gerade die Tapfersten und Kriegslustigsten rühren sich nicht. Die Sorge für Haus, Hof und Feld bleibt den Frauen, den alten Leuten und allen Schwachen im Hauswesen überlassen; sie selber faulenzen. Ein seltsamer Widerspruch ihres Wesens: dieselben Menschen lieben so sehr das Nichtstun und hassen zugleich die Ruhe."
Die Germanen waren keine homogene Gruppe, sondern verschiedene Stämme, die untereinander Bündnisse schlossen und Feindschaften pflegten. Erst die Gefahr durch die Römer führten zu einem größeren Zusammenschluß.
Der Handel zwischen den germanischen Stämmen und den Römern hat bestanden, deshalb wurden auch verschiedene römische Waren kopiert (freigeformte Keramik, also ohne Drehscheibe) und bestimmte Verzierungen lassen auf eine Verbreitung an den Küsten (Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern) und in den mitteldeutschen Raum schließen. Aber manche Stämme haben sich auch den Kontakt mit Römern völlig entzogen (laut TIMPE).
Und die Getreide-Vorratshaltung (Germanen haben auch Salz gewonnen) war nur gerade ausreichend für den jeweiligen Stamm. Damit kam man gerade über den Winter. Es gab im Frühjahr regelmäßigen Nahrungsmangel (deutlich an Knochen Jugendlicher nachweisbar). Die germanische Landwirtschaft war unzureichend. Römer hätten aus diesen fruchtbaren Gebieten wesentlich mehr erreicht.
Daher konnte man auch keine Legionen mit Getreide versorgen (anders bei den Kelten).
Auch belief sich die Bevölkerungsdichte bei ca. 2Einwohner/qkm (sehr wenig). Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Männern betrug 32Jahre und bei Frauen 28Jahre.
Und genau dies kriegerische Verhalten der Germanen bereitete den Römern diese großen Probleme. Dort saßen Menschen, die in für Römer unwirklichen Gebieten mit schlechten Wetter, jederzeit zum Kampf bereit waren. Einfach ein Alptraum...
Diese Zeit ist aus heutiger Sicht sehr schwer vorstellbar, aber Prof. Dr. Ebel-Zepezauer beschrieb sie als "hart mit Gewalt".
P.S.
Und das so ein Verhalten kontraproduktiv ist, das ist klar, aber so haben sich auch die Wikinger verhalten, z.B. auf Island. Das war die Lebensweise der Germanen.