"Gesundheitssystem" ?

Ich habe nicht geschrieben, dass die Menschen ahnungslos oder unhygienisch gewesen wären. Aber die Seife ist nun mal eine orientalische Erfindung. Auch, wenn die Araber dafür - unter anderen - ein germanisches Lehnwort benutzen.

Ich will ja hier nicht auf der Seife herumreiten, aber Plinius berichtet eigentlich nur, dass die Römer die aus Germanien und Gallien importierte Seife zur Haarpflege verwendet haben. Diese spezielle Nutzung kann mit den römischen Badesitten zu tun gehabt haben, die sich von keltischen und germanischen unterschieden. Es heißt nicht, dass Kelten und Germanen sich diese "Ur-Seife" auch nur in die Haare geschmiert haben. Dass das Zeug nicht nur als Haarpomade taugte, hat jedenfalls schon der römische Arzt Galenus gewusst, der Mitte des 2. Jahrhunderts schrieb, dass Seife die Haut schön weich macht und sich gut für die Reinigung des Körpers und der Kleidung eignet.

Seife ist ein mit sehr einfachen Zutaten und Methoden herzustellendes Produkt. Und seine Verwendung ist so augenfällig, dass es kaum vorstellbar ist, dass die Menschen damals zwar sowas hergestellt haben, aber nicht auf diese Nutzung gekommen sind.

Dass die Seifenherstellung später den Orientalen zugeschrieben wurde, dürfte wohl eher damit zusammenhängen, dass die es waren, die den Grundstoff mit duftenden Ölen und dergleichen versetzt haben. Die "Ur-Seife", die nur aus Asche, Talk etc. hergestellt war, wird nicht besonders gut gerochen haben...

MfG
 
Hallo
http://www.archive.org/stream/einfhrungindie00page/einfhrungindie00page_djvu.txt
Im Punkt: 10 Heilriten der alten Germanen.
Sind folgende Quellen angegeben:
M. Höfler, Altgermanische Heilkunde. Handb. d. Geschichte der Medizin. Bd. I. Jena 1902. S. 457ff., u. Janus VIII. 1903. S. 371ff ; Ders., Volksmedizinische Botanik der Germanen. Wien 1908; Derselbe, Die Druiden in ihren Beziehungen zur gallokeltischen Volksmedizin. Kiel 1911; Derselbe, Volksmedizinische Botanik der Kelten. Arch. f . Gesch. d. Med. V. S. lff. u. 241 ff; K. Baas, Altkeltische Medizin. Med. Klinik. 1912. No. 18 u. 19; P. P ansier, La medecine des Gaulois; au temps des Druides. Janus XII. 436 ff. F. Grön, Altnordische Heilkunde.
Janus 1908 u. 1909; I. F. Payne, English Medicine in the Anglo-Saxon Times. Oxford 1907;
L. Wilser, Die Germanen. Leipzig 1913, 1914. G. Steinhausen, Geschichte der deutschen Kultur. 2. Aufl. Leipzig 1913. 2 Bde; Sudhoff, Arzt, Heilkunde, Heilaberglaube und viele andere Artikel in Hoofs Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Straßburg 1911 — 1914. Derselbe, Krankheitsdämonismus und Heilbräuche der Germanen. Dtsch. Revue. Januar 1912. S. 31 ff.

Es ist wohl genügend Literatur für viele lange Winterabende.
Gruß
Urvo
 
Es ist wohl genügend Literatur für viele lange Winterabende.

Ohne Zweifel ist das genug Lesestoff.

Allerdings muss ich - ohne mir diese Literatur im Einzelnen angetan zu haben - sagen, dass ich gern mehr hätte, als nur Mutmaßungen. Allein die Tatsache, dass die Menschen im Mittelalter bestimmte Kenntnisse über die Wirkung bestimmter Pflanzen hatten, reicht nicht aus für den Rückschluss, dass auch die Menschen, die 1500 Jahre früher lebten, diese Kenntnisse hatten.

Der Schluss liegt zwar ähnlich nahe wie der mit der Seife, aber das ist nicht genug. Dass es auch in "vorschriftlicher" Zeit eine "organisierte medizinische Versorgung" gab, muss - meiner Ansicht nach - irgendwie belegt werden. Aus solchen Belegen darf man dann gerne Mutmaßungen ableiten, aber es müssen schon Belge aus einschlägiger Zeit sein. Und leider ist die archäologische (oder quellengestützte) Erkenntnislage da sehr dünn.

Man kann zwar nachweisen, dass bestimmte Pflanzen bestimmte Wirkungen haben. Man kann aber nicht nachweisen, dass die Menschen auch diese Wirkungen der Pflanzen kannten. Wie gesagt: Der Verdacht liegt nahe, aber...

Einen archäologischen Beleg dafür, dass es auch in damaliger Zeit eine "medizinische Behandlung" gab, sehe ich zum Beispiel im Fund des Gletschermannes "Ötzie". Der Körper des Toten wies etwa 50 Tätowierungen auf, die offensichtlich keine "kosmetische" Bedeutung hatten, sondern mehr "medizinische". Die Tätowierungen lagen allesamt über Körperpartien, die dem Mann zu Lebzeiten Probleme bereitet haben dürften (alte Verletzungen, Gelenkverschleiß etc). Man mag nun Zweifel am therapeutischen Wert dieser Tattoo-Behandlung anmelden. Allein die Tatsache, dass dieser Behandlungsversuch unternommen wurde, belegt aber unzweifelhaft den Wunsch der Menschen damaliger Zeit, körperliche Gebrechen medizinisch zu versorgen - und zwar mit großem Aufwand und viel Phantasie. Das ist offenkundig nichts, was den Leuten nebensächlich erschien. Es muss ihnen wichtig gewesen sein.

MfG
 
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