Globalindustrie im 16. Jh.

Ich bin jetzt kein Chinaexperte und will über den chinesischen Stock etc. nicht wirklich diskutieren. allerding scheint mir bezüglich des chineschen Silberdurstes in der Forschung Übereinstimmung zu herrschen. Die CHinesen haben sich schon sehr um diese Importe bemüht, in Japan auch von staatlicher Seite, in Manila waren es Private.

Mit Lateinamerika kenne ich mich aber aus, und ich kann ihnen versichern, dass der mit Abstand größte Teil des silbers über den Handel, in anderen Worten, zur Deckung der Importe abfloss. Ein weiterer Teil ging als Steuerertrag an die Krone, der kleineste Teil als private Überweisungen an Familien etc.


Ich bin jedenfalls überzeugt, dass die Spanier den Abbau nicht begannen, weil die Korne oder Fugger oder sonst wer das so wollten. Sie wollten selbst reichwerden und das hiess damals, auf altweltliche Produkte Zugriff haben,m sprich Importe finanzieren. Dass die chinesische oder was weiss ichwelche nachfrage nach Silber, half den Preis aufrecht zuerhalten, ist ein anderes Thema.
 
Ich bin jetzt kein Chinaexperte und will über den chinesischen Stock etc. nicht wirklich diskutieren. allerding scheint mir bezüglich des chineschen Silberdurstes in der Forschung Übereinstimmung zu herrschen. Die CHinesen haben sich schon sehr um diese Importe bemüht, in Japan auch von staatlicher Seite, in Manila waren es Private.

Ja, im Sinne einer zeitlichen Abfolge. hjwien hat oben die Kernfrage gestellt, die auf die Verwendungsrechnung abstellt: es gibt Theorien über die Verwendung, und die sind jeweils Grundlage einer Abschätzung der Wirkungen für die chinesische Realwirtschaft.

Neben der Einigkeit in der Forschung über die Nachfrage gibt es die Einigkeit, dass diese Nachfrage keine Wirkungen auf Investitionen hatte, neuzeitlich würde man hier auf den Kapitalstock abstellen. Die Nachfrage reicht außerdem über die Aktivitäten der Spanier hinaus, wie die 10000 Tonnen japanischen Bezugs in den 100 Jahren zuvor belegen.


Mit Lateinamerika kenne ich mich aber aus, und ich kann ihnen versichern, dass der mit Abstand größte Teil des silbers über den Handel, in anderen Worten, zur Deckung der Importe abfloss. Ein weiterer Teil ging als Steuerertrag an die Krone, der kleineste Teil als private Überweisungen an Familien etc.
Ist hier nicht die interessante Frage, wie die Importe wirkten? Beim Silber wird diskutiert, wieviel über europäischen Weg außerdem in China landete. Die gegenläufige Fragestellung ist, wieviel Rohseide über Lateinamerika unverarbeitet oder verarbeitet in Europa oder in Nordamerika landete. Dort wuchs nämlich der Bedarf in London, Frankreich, Italien oder im Rheinland (Krefeld) in Seidenwebereien, zusätzlich zu den europäischen Abnehmern wurden verarbeitete Seide in den Mittleren und Nahen Osten geschleust (führte dort zu einem Rückgang in der Verarbeitung). Über die Seidenstraße kam weniger herein, an die Stelle traten die Portugiesen, der Seeweg/Transportkette über (Süd)Indien. Kamen hier Lieferungen hinzu, die über die Pazifikroute der Spanier liefen? Das ist mW eine offene Frage, würde aber die Verwendungsrechnung "schließen" und die Profitabilität des Seidenbezugs der Spanier erklären.

Verneint man das, würde dies bedeuten, dass die Seide der Pazifikroute (neben Porzellan und Gewürzen) im lateinamerikanischen Konsum landete.

Ich bin jedenfalls überzeugt, dass die Spanier den Abbau nicht begannen, weil die Korne oder Fugger oder sonst wer das so wollten. Sie wollten selbst reichwerden und das hiess damals, auf altweltliche Produkte Zugriff haben,m sprich Importe finanzieren. Dass die chinesische oder was weiss ichwelche nachfrage nach Silber, half den Preis aufrecht zuerhalten, ist ein anderes Thema.
Sie verdienten zweimal: am für sie günstigen (teureren) Silberpreis in China - gemessen an der ungünstigeren Gold-Silber-Preisrelation im Vergleich zu europäischen Verhältnissen - und anschließend an der Wertschöpfungskette der hereingeholten Seide. Fraglich war oben, wo die letztlich im Konsum landete. Da fällt es mir etwas schwer, allein einen lateinamerikanischen Konsumentenkreis in Gestalt einer Oberschicht der Kolonisten anzunehmen.[*]

Je nach Antwort fallen die "Handelsbilanzen" anders aus, und somit die globalen Wirkungen dieser interessanten, vernetzten, sich ändernden Handelsstrukturen.

[* so zB die Arbitragetheorie von Flynn/Giraldez]
 
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Die gegenläufige Fragestellung ist, wieviel Rohseide über Lateinamerika unverarbeitet oder verarbeitet in Europa oder in Nordamerika landete. Dort wuchs nämlich der Bedarf in London, Frankreich, Italien oder im Rheinland (Krefeld) in Seidenwebereien, zusätzlich zu den europäischen Abnehmern wurden verarbeitete Seide in den Mittleren und Nahen Osten geschleust (führte dort zu einem Rückgang in der Verarbeitung). Über die Seidenstraße kam weniger herein, an die Stelle traten die Portugiesen, der Seeweg/Transportkette über (Süd)Indien. Kamen hier Lieferungen hinzu, die über die Pazifikroute der Spanier liefen? Das ist mW eine offene Frage, würde aber die Verwendungsrechnung "schließen" und die Profitabilität des Seidenbezugs der Spanier erklären.

Die Frage spukt mir schon eine Weile im Kopf herum: Hatte das Osmanische Reich denn kein Interesse, durch verstärkten Warenverkehr auch am Silberfluß zu partizipieren? Wußten denn die Osmanen vom lateinamerikanischen Silber und dem Handel über den Pazifik?
 
Die Frage spukt mir schon eine Weile im Kopf herum: Hatte das Osmanische Reich denn kein Interesse, durch verstärkten Warenverkehr auch am Silberfluß zu partizipieren? Wußten denn die Osmanen vom lateinamerikanischen Silber und dem Handel über den Pazifik?

Die Frage kann ich nicht beantworten. Fakt ist wohl, dass die osmanische Textil- (speziell die Seiden-) Produktion wegen des Produktivitätsgefälles zu den europäischen Verarbeitern abnahm.

Der gesamte jahrhundertealte "Kreiselverkehr" wurde durch die Portugiesen, Niederländer und Spanier aufgebrochen und verändert. Dem Grunde nach wenig (ausser natürlich den steigenden Mengen) änderte sich bei dem "Produzenten" China bzw. Fernost (zB Gewürzinseln), die nun Seide, Porzellan, Gewürze und Tee nach Nordamerika, Europa, den Mittleren Osten schleusten. Die Transportwege (und die Transportrisiken, -kosten, -mengen) veränderten sich.

Vielleicht hilft Dir das als Überblicksdarstellung weiter:
http://www.hort.purdue.edu/newcrop/acta/galan.pdf


Edit ... und jedenfalls kam die "Preisrevolution"/Inflation in Folge der Umwälzungen auch im Osmanischen Reich an:
Pamuk, The Price Revolution and the Ottomane Empire reconsidered, MES 2001, S. 69.
 
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...Über die Seidenstraße kam weniger herein, an die Stelle traten die Portugiesen, der Seeweg/Transportkette über (Süd)Indien. Kamen hier Lieferungen hinzu, die über die Pazifikroute der Spanier liefen? Das ist mW eine offene Frage, würde aber die Verwendungsrechnung "schließen" und die Profitabilität des Seidenbezugs der Spanier erklären.

Verneint man das, würde dies bedeuten, dass die Seide der Pazifikroute (neben Porzellan und Gewürzen) im lateinamerikanischen Konsum landete.

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Die Spanier haben definitiv auch Rohseide über den Pazifik transportiert.
Von einem Weitertransport von zumindest des größten Teils davon nach Europa würde ich ausgehen, da die Spanier grundsätzlich die Einrichtung von Manufakturen in Amerika zu verhindern suchten. Es hat einen beginnende Seidenindustrie in Mexiko gegeben und sogar die Seidenraupenzucht, beides wurde aber unterbunden, um der Metropole keine Konkurenz zu machen.

Auf Grund der Tatsache, dass die Rute über den Kap der Guten Hoffnung von Kolonien feindlicher Konkurrenten gesäumt war, wurde der spanische Verkehr mit den Filippinen zeitweilig überwiegend über diesen Weg geführt, so dass auch Exporte die für Spanien gedacht waren, erst über Mexiko gehen mussten.

Hier ist eine kuriose Seite die dieses Thema behandelt. Der Text wurde von einem Mexikanischem und einem Chinesischen Professor verfasst, das verwendet spanisch ist eigenartig und nicht sehr korrekt, die allgemeinen Kontextinformationen sind fragwürdig, es enthält zu diesem Thema aber Daten aus konkreten Studien über den Handelsaustausch zwischen China und Mexiko zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert. Demnach wurden von Mexiko zu den Filippinen zwischen 1571 und 1821 ca. 400 Millionen Pesos in silber transportiert von denen ca. die Hälte in China gelandet sein sollen. In Fujian und Guangdong gab es einen erheblichen Wirtschaftsaufschwung auf dieser Grundlage und es zirkulierten sogar Mexikanische Pesos als gültiges Zahlungsmittel.

Es wird auch eine Anzahl von ca. 5.000 bis 6.000 Chinesen erwähnt, die zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert nach Mexiko gelangen. Ende des 16. Jahrhunderts wurde gar ein Kontigent von 1.000 chinesischen Einwanderern zugelassen. Nicht nur in Acapulco, auch In Mexiko-Stadt gab es ein chinesisches viertel.

Las Relaciones Comerciales de* México y China en la Historia
 
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Das die Seide eine Hauptware im Gegenfluss zum Silber über die Pazifik-Route darstellte, wurde oben schon festgestellt. Vielleicht war das missverständlich.

Richtig, insoweit geht es um die Verschiffung nach Europa (und weiter). Dazu finden sich Andeutungen in der Literatur. [*]

Das "Seidenintermezzo" in Mexiko im 16. Jhdt. ist interessant. ME wurde das gezielt von Spanien als Oppurtunität initiiert, nachdem zuvor es in Spanien selsbt zu Problemen in der Verarbeitung kam.

Hast Du dazu mehr? Ich schlage auch mal nach.



[*] evt. sind britische Kaperungen auf der weiterführenden Atlantikroute interessant. Diese müssten auch Aufschluss über die Seidenfrachten geben.

EDIT:

"The Pacific line existed since Urdaneta’s discovery of the tornaviaje in 1565, and linked Manila with Acapulco regularly until 1815. Asian goods like silk, porcelain, ivory and spices were carried to Acapulco in exchange for silver from the mines of Zacatecas and Potosi. Much of this merchandise was then carried overland through Mexico City to Veracruz, where it was loaded on the West Indies Fleet or Flota de Indias. The fleet sailed to Seville after calling at Havana, carrying valuable commodities from New Spain, Peru and Asia. This influx of Asian goods for over two centuries led to interesting cultural phenomena in Spain, such as the adoption of the Manila shawl in the flamenco dress, today considered inherent to Andalusian fashion."
The West Indies & Manila Galleons: the First Global Trade Route
Javier Ruescas & Javier Wrana
Asociación Cultural Galeón de Manila Madrid (Spain)
http://www.galeondemanila.org/image...__Wrana_-_Revised_March_2010_con_cabecera.pdf
 
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Die Seidenraupenzucht in Mexiko wurde von den regionalen Autoritäten gezielt gefördert. (In Mexiko hatte sie wegen der klimatischen Bedingungen den größten Erfolg.) Juan de Zumárraga, der erste Erzbischof von Mexiko, beantragte 1537 bei der spanischen Regierung, sie möge Morisken aus Granada mit Erfahrung in der Seidenraupenzucht nach Mexiko entsenden, damit sie die Indianer in der Seidenraupenzucht ausbilden. Antonio de Mendoza, der erste Vizekönig von Neuspanien, der sich generell sehr für die Entwicklung seines Gebiets einsetzte, engagierte sich ebenfalls für den Aufbau einer mexikanischen Seidenerzeugung. Zu diesem Zweck vereinbarte er mit einem Seidenproduzenten aus Murcia, dass dieser in Mexiko 100.000 Maulbeerbäume anpflanzen sollte. Die Seidenproduktion in Mexiko war ab Mitte des 16. Jhdts. grundsätzlich lukrativ, litt aber unter einem Mangel an Arbeitskräften, der Konkurrenz aus China und der spanischen Regierung, der diese neue Konkurrenz nicht gefiel. 1596 verbot die Regierung die Anpflanzung weiterer Maulbeerbäume. 1679 wurde die Seidenweberei in Mexiko verboten und die Fällung der Maulbeerbäume angeordnet. Zumindest letztere Maßnahme wurde allerdings offenbar nicht konsequent umgesetzt, denn auch im 18. Jhdt. gab es noch Maulbeerbäume.
 
Ob da wirklich die regionalen Autoritäten maßgeblich waren, ist die interessante Frage.

Mir erscheint diese Darstellung eher konstruiert und im Sinn einer kolonial verklärenden Geschichtsschreibung, wenn man die Probleme der unmittelbar vorlaufenden Entwicklungen der Seidenerzeugung in Spanien betrachtet.

Das "Personalproblem" von Neuspanien, auch hier in der Landwirtschaft bzw. Seidenerzeugung, ist ua. auf den drastischen Bevölkerungsrückgang von geschätzt 20-25 Millionen auf 2-3 Mio. zurückzuführen.
 
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