Good Bye Lenin

an die jenigen die den Film kennen würde ich gerne wissen, ob der Film, aus heutiger Sicht, eurer Meinung nach, eine angemessene Darstellung der Ereignisse zur Zeit der Wende darstellt.

danke
 
Aus meiner Sicht nicht. Aber da gibt es wohl auch eine Vielzahl Meinungen darüber, weil jeder die Wende anders erlebt haben dürfte.

Für meinen Geschmack basiert der Film auch zuviel auf Spinnerei des Drehbuchautors und Regisseurs. (Was aber leider bei deutschen Filmen gang und gäbe ist)
 
Ich halte den Film für gar nicht so schlecht. Denn er geht angemessen mit der Erinnerung der Menschen mit einer DDR-Vergangenheit um, die Heimatgefühle zur DDR haben, ohne das repressive Regime zu verharmlosen. Der Film ist gewissermaßen eine Liebeserklärung an die DDR, wie sie hätte sein sollen, und nicht wie sie war und ist sich dessen bewusst, dass sie nicht so war, wie sie hätte sein sollen. Er hebt sich damit wohltuend von Produktionen ab, welche die DDR auf das Grenzregime oder die Stasi reduzieren (das ist nicht misszuverstehen als Kritik an dem ebenfalls - aber eben auf andere Art - großartigen Film Das Leben der anderen), ohne dabei in die Verharmlosungs- oder Relativierungsfalle zu geraten. Nein, im Gegenteil, die Missstände der DDR werden ja sogar immer wieder thematisiert, der Protagonist geht ja anfangs gegen das Regime auf die Straße und kassiert dafür Prügel von der Polizei und auch, als die Mutter offenbart, dass sie eigentlich gar nicht die stramme Sozialistin ist, für die ihr Sohn sie immer gehalten hat etc. Totzdem gelingt es dem Film mit einer Leichtigkeit vom Leben zu erzählen, von den schönen Seiten des Lebens in der DDR.

Im Übrigen, in dem vielgeschmähten Film Sonnenallee gibt es auch eine ganz großartige Szene, nämlich als sich herausstellt, dass der Nachbar, den man immer für einen Stasi-Agenten hielt, Leichenbestatter ist. Hier werden die Erwartungen des Publikums an die historische Meistererzählung gebrochen, ohne die Sachverhalte an sich zu relativieren.
 
an die jenigen die den Film kennen würde ich gerne wissen, ob der Film, aus heutiger Sicht, eurer Meinung nach, eine angemessene Darstellung der Ereignisse zur Zeit der Wende darstellt.

danke

Ich wurde in der DDR sozialisiert, vllt., ein, zwei Anmerkungen.

"Good Bye Lenin" ist ein anrührender Film, warum, er beschäftigt sich mit einer traumatisierten Generation (Mutter), die nicht nur ihre Lebensperspektiven und Lebensgewissheiten, sondern auch ihre Vergangenheit verloren hatten und das in der historisch kurzen Zeit von Monaten. Deren Zukunft war und ist die BfA, nicht nur aus Gründen des Alterns, sondern auch aus resignativen Gründen.

"Sonnenallee" halte ich bis dato, neben dem "Das Leben der Anderen", für einen der besten Filme über die DDR-Geschichte. Die m.E. beste Kameraeinstellung in diesem Film ist die des "Werbegespräches" für Berufsoffiziere, genauso, nur nicht lachend, habe ich das auch erlebt. Leander Haussmann, meine Generation, hat das bestimmt auch erlebt. Da saß man als 16-17'jähriger und mußte begründen, warum man nicht Berufsoffizier werden wollte. Die Kameraeinstellung spiegelt das Ohnmachtsgefühl seinerzeitiger Schüler genial wider.

"Ich war jung und lebte in einem kleinen Land namens DDR, ansonsten hatte ich keine Probleme. ..."

M. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Film ist gewissermaßen eine Liebeserklärung an die DDR, wie sie hätte sein sollen, und nicht wie sie war und ist sich dessen bewusst, dass sie nicht so war, wie sie hätte sein sollen.

Ich sehe das kritischer. Diese Konzentration auf die Alltagskultur bzw. das Alltagsleben der DDR und darauf, wie "sie hätte sein sollen" führt auch zu einer Romantisierung der DDR. Die "Ostalgie" im Sinne von einer Vermarktung der DDR, in diesen Filmen oder in Shows wie der "Ostlagie-Show" oder "Ein Kessel DDR" nimmt der DDR ihren Unrechtscharakter und stellt sie als reine Ampel- und Sandmännchenkultur dar.
An sich noch nicht so schlimm, aber so etwas befördert durchaus Teilidentitäten und Abgrenzung...

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Sonnenallee ist allein deshalb schon geschmacklos, da er am am DDR-Nationalfeiertag uraufgeführt wurde und die Premierengäste durch einen rekonstruierten Grenzübergang ins Kino geführt wurden...

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Rainer Eppelmann über solche Ostalgie-Shows:

"Unter Vorbehalt und vorausgesetzt, es geht so weiter wie jüngst im ZDF, sage ich: Das ist verantwortungslos, unhygienisch, unlauter, unehrlich - und deswegen letztlich ungeheuer gefährlich, und zwar all denen gegenüber, die diese DDR nie bewusst und differenziert erlebt haben, vor allem gegenüber den Heranwachsenden, die nach 1985 geboren wurden - im Osten wie im Westen. Wie sollen die verstehen, dass viele Tausende im Herbst 1989 auf die Straße gegangen sind um dieses System zu verjagen? Wegen der Spreewald-Gurken? Oder weil man zwölf Jahre auf den Trabant warten musste - ansonsten war alles dufte? Da entsteht ein undifferenziertes, falsches Bild der SED-Diktatur, die immerhin für die größte Flüchtlingsbewegung in Europa nach dem zweiten Weltkrieg verantwortlich war - über vier Millionen DDR-Bürger verließen den Staat Richtung Westen."


(In: Die Welt, 23.08.2003)
 
Der Film ist gewissermaßen eine Liebeserklärung an die DDR, wie sie hätte sein sollen, und nicht wie sie war und ist sich dessen bewusst, dass sie nicht so war, wie sie hätte sein sollen.
Ich sehe das kritischer. Diese Konzentration auf die Alltagskultur bzw. das Alltagsleben der DDR und darauf, wie "sie hätte sein sollen" führt auch zu einer Romantisierung der DDR. Die "Ostalgie" im Sinne von einer Vermarktung der DDR, in diesen Filmen oder in Shows wie der "Ostlagie-Show" oder "Ein Kessel DDR" nimmt der DDR ihren Unrechtscharakter und stellt sie als reine Ampel- und Sandmännchenkultur dar.

Ganz und gar nicht. Der Zusammenbruch der Mutter geschieht, als sie sieht, dass ihr Sohn Alexander von der Staatsmacht verprügelt und verhaftet wird. Alexander lebt in einer schizophrenen Welt, er ist einerseits begeistert vom Aufbruch (und arbeitet als Fernsehtechniker), muss aber andererseits, um seine Mutter zu schonen, dieser eine "heile Welt" und vor allem unaufregende Welt vorgaukeln. (Du bist wahrscheinlich einfach zu jung, aber die Aufregung dieses Jahres 1989/90 war greifbar, selbst im Westen, wo sich ja eigentlich zunächst nicht viel veränderte.) Dabei gerät Alex die ganze Zeit in Konflikte mit seiner Umwelt: Die alten DDR-Möbel müssen wieder her, die neuen Möbel versteckt werden, er bekommt Konflikte mit den Verkäuferinnen des ehemaligen Konsum, die sich zu Supermarktverkäuferinnen gewandelt haben: Hier mag durchaus auch eine Kritik darin liegen, dass man in der Nachwendezeit einige der DDR-Produkte unnötigerweise hat vor die Hunde gehen lassen. Aber es sind gleichzeitig auch die Noch-DDRler, die sie nicht mehr wollen. Auch diese Information transportiert der Film.
Alex aber erlebt mit seiner Freundin die Aufbruchstimmung in Berlin voll mit, die ersten Raves etc.
Und letztendlich kommt noch das Thema der Trennung vom Vater auf den Tisch und die Lebensbeichte der Mutter: Die Mutter war einfach zu feige, ihr Leben in der DDR aufzugeben, sie hätte es aber gerne gewollt. Die überzeugte Sozialistin war eine Rolle die sie ihren Kindern vorspielte.
 
@nex

Zu "Good bye Lenin" hat ElQ in seinem Posting was ich auch, wahrscheinlich mit anderen Worten, aber in indentischem Inhalt geschrieben hätte.

"Sonnenallee" ist eine Satire über die DDR die von L. Haußmann äußerst treffsicher gedreht wurde. Es gibt dort Szenen die, inklusive Kameraführung, für mich einen hohen deja vu Effekt hatten und über die ich befreienden Lachen konnte.

Das Haußmann die Grenzsicherung der DDR filmisch als Mittel benutzt ist m.E. schon deshalb o.k., da die sog. Grenzsicherung ein konstituierendes Element der bloßen Existenz der DDR war - am Ende stand immer die "Mauer".

Satire ist erlaubt, so sie nicht Opfer verhöhnt und dieses tut der Film nicht.

"Ostalgieshows", das ist einfach Kommerz, mit der Ausrichtung auf eine bestimmte Zielkundengruppe und da gilt wie immer im TV, es gibt einen button "off".

M.
 
"Ostalgieshows", das ist einfach Kommerz, mit der Ausrichtung auf eine bestimmte Zielkundengruppe und da gilt wie immer im TV, es gibt einen button "off".

Den gibt es bei Rechtsrock-CDs auch. Und die sind trotzdem äußerst gefährlich.
 
Den gibt es bei Rechtsrock-CDs auch. Und die sind trotzdem äußerst gefährlich.

@nex

Vollkommen richtig. Nur meine ich, daß es da schon mediale Unterschiede gibt. "Rechtsrock" wird nicht in Massenmedien wie dem TV verbreitet, sondern in einem Nischenmarkt. Aufgrund dessen ist die mediale Präsenz von "Rechtsrock" deutlich geringer. Außerdem ließen sich solche "Nischenmärkte" mit legalistischen Mitteln sehr schnell "austrocknen" und in die Illegalität drängen. Dieses erfolgte m.W. nach in der Vergangenheit in Einzelfällen, ob derartige Verbote wirksam sind, entzieht sich meiner Kenntnis und Beurteilung.

Bevor wir die Moderation in Entscheidungszwang wegen tagespolitischer Themenwahl bringen, mein Vorschlag, wenn Dir das Thema sehr am Herzen liegt, würde ich auch via PN weiterdiskutieren wollen.

M. :winke:
 
Sonnenallee ist allein deshalb schon geschmacklos, da er am am DDR-Nationalfeiertag uraufgeführt wurde und die Premierengäste durch einen rekonstruierten Grenzübergang ins Kino geführt wurden...

Ich hatte ja schon auf dein Posting geantwortet, über eine Antwort auf diesen Teil habe ich erst mal zwei Nächte geschlafen.

Warum ausgerechnet der Nationalfeiertag der DDR für die Premiere ausgesucht wurde - ein Zufall wird das wahrscheinlich nicht gewesen sein - kann unterschiedliche Gründe haben. Eine Verherrlichung der DDR aber sicher nicht. Schließlich erzählt der ganze Film von der Absurdidät des Lebens im Grenzbereich und nimmt dabei auch die Mauerschützen durchaus mit hinein, wenn er dieses Thema auch nur am Rande streift und ihm einen relativ harmlosen Ausgang gibt: Die Rolling Stones-Platte rettet dem Jungen, der versehentlich für einen Flüchtling gehalten wird das Leben - für ihn ist in diesem Augenblick aber viel wichtiger, dass sie nun kaputt ist. Transportiert wird damit aber durchaus auch die Dünnhäutigkeit der Grenzbeamten und der leichtfertige Gebrauch der Schusswaffe gegen die eigenen Bürger. Ingesamt wird das Grenzregime aber auch ridikulisiert, etwa wenn die DDR-Grenzer nachts die Grenzpfähle zentimeterweise nach Westen schieben und so das Territorium der DDR um einige quadratzentimeter vergrößern.
Warum wurde also der Nationalfeiertag der DDR für die Premiere ausgesucht? Ich kann an dieser Stelle nur spekulieren: Um die Berufs-Ostalgiker zu ärgern.

Kommen wir zum rekonstruierten Grenzübergang. Der Film spielt in einer vergangenen Zeit, an einem Ort an den man nicht so ohne weiteres kam. Man musste eine der am schärfsten bewachten Grenzen der Welt passieren. Der Film historisiert, und um dem Zuschauer das schon vorher vor Augen zu führen, hat man halt versucht dies durch den Grenzübergang umzusetzen. Ist das geschmacklos? Vielleicht. Aber es wird häufiger so gearbeitet. Man nehme das Bergbaumuseum in Bochum, wo der Besucher in einen Fahrstuhl steigt, um "unter Tage" zu fahren. In Wirklichkeit bewegt sich der Fahrstuhl nur knapp einen halben Meter.
Man kann das als eine Art Schleuse betrachten, die einem signalisiert, dass man nun an einen fremden Ort kommt.
 
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