Gottesurteil als Mittel der Wahrheitsfindung und Rechtsinstitut - Quellen und Lit.

Der bekannteste Fall in Byzanz drehte sich um Michael Palaiologos, den späteren Begründer der Palaiologen-Dynastie. Leider ist der ganze Vorgang etwas undurchsichtig; die Hauptquelle Georgios Akropolites (50. Kap.) lässt in ihrer Darstellung zu wünschen.
Michael begann seine Karriere als Anfang-20er als Statthalter der Stadt Melnik nahe der Grenze zu Bulgarien (nicht gerade aus eigener Kraft; sein Vater war "Megas Domestikos", also eine Art "Reichsfeldherr"). Er wurde beschuldigt, mit den Bulgaren anzubandeln, sogar nach einer Ehe mit der Schwester des bulgarischen Zaren zu streben. (Einer anderen Version zufolge richteten sich seine Bestrebungen Richtung Despotat Epeiros.) Der Kaiser (Johannes III. Vatatzes) leitete eine Untersuchung ein, in deren Rahmen ein gerichtlicher Zweikampf zwischen einem Ankläger und einem Verteidiger durchgeführt wurde. Der Verteidiger unterlag, bestritt aber dennoch weiterhin alle Vorwürfe. Daraufhin sollte Michael selbst die Feuerprobe ablegen, nämlich glühendes Eisen halten, ohne sich zu verbrennen. Michael weigerte sich mit der Begründung, er könne keine Wunder vollbringen; jeder Mensch, der glühendes Eisen anfasse, würde sich verbrennen. Der Metropolit von Philadelpheia äußerte, solche Gottesurteile würden nicht römischer Sitte entsprechen, sondern seien von den "Barbaren" übernommen. Michael bestand darauf, nach römischem Recht behandelt zu werden. Zur Feuerprobe kam es nicht; letztlich wurde die Untersuchung eingestellt.

Eine Art Gottesurteil wurde 1284 zwischen Arseniten (Anhängern des Ex-Patriarchen Arsenios) und Josephiten (Anhängern des Ex-Patriarchen Joseph) herbeizuführen versucht (Nikephoros Gregoras VI 1): Beide Seiten schrieben ihre Ansichten in je ein Buch und legten dann nach vielen Gebeten beide Bücher ins Feuer, in der Annahme, das Buch, das die "Wahrheit" enthalte, würde nicht verbrennen. Es verbrannten aber beide Bücher.
 
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Von einer Feuerprobe berichtet auch der Historiker (und Ex-Kaiser) Johannes Kantakuzenos in Zusammenhang mit einem angeblichen Wunder des (bereits zu Lebzeiten als Prophet und Wundertäter geltenden) Erzbischofs von Didymoteichon (einer Stadt nordwestlich von Konstantinopel, die zeitweise als faktische Kaiserresidenz fungierte):
Ein Mann verdächtigte seine Ehefrau der Untreue und verlangte von ihr die Feuerprobe: Sie sollte ein glühendes Eisen tragen. Die (schuldige) Frau wandte sich in ihrer Verzweiflung an den Erzbischof. Als dieser sah, dass sie bereute und einen künftigen ordentlichen Lebenswandel versprach, bewirkte er als Wunder, dass sie trotz ihrer Schuld die Feuerprobe bestand.
 
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