Greys Kampf für den Frieden

Ich behaupte auch nicht, das sich die deutsche Presse nun vorbildlich benommen hätte. Auch in der deutschen Presse "wurde tüchtig vom Leder gezogen."
Aus anderen Gründen.
Die deutsche Medienlandschaft war bestenfalls halbfrei und neigte größerenteils der Regierung und den Interessen von Adel und Großbürgertum zu. Für die britische Presse gilt wohl eher, was der Werbezar Charles Saatchi einmal über sie sagte: Die Fleet Street hat den Krawalljournalismus gleichzeitig erfunden und zur Vollendung geführt.
 
Sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland entstand um die Jahrhundertwende ein neuartiger Typ von Zeitung mit hohen Auflagen, die sich bewußt von der bisher Ton angebenden politischen Richtungspresse abgrenzten. Sie richteten sich an kleinbürgerliche Leseschichten, deren Zahl und Bedeutung im Zeitalter eines demokratischen Wahlrechts und verbreiteter Bildungschancen wuchs, deren Vorlieben und Bedürfnisse aber von der etablierten Presse nicht bedient wurden. Die neue Massenpresse firmierte in Großbritannien unter der Bezeichnung "yellow press". In Deutschland entwickelte sei sich in zwei verschiedene Richtungen. Einmal in Form der sogenannten Generalanzeiger, die im Abo vertrieben wurden und. zum anderen auch als "Boulevardpresse" , die nach amerikanischen und englischen Vorbild für den Handel auf der Straße konzipiert war. In jedem Fall finanzierten sich die neuen Blätter nicht mehr in erster Linie aus den Verkaufserlösen oder mit Unterstützung durch politische Mäzene, sondern über Anzeigekunden.
 
Inwiefern hätte sich Großbritannien als Agressor gezeigt, wenn es diese Forderungen als Gegenleistung für die Garantie der eigenen Neutralität erhoben hätte?
Weil das in der Summe halt ein Horrorkatalog gewesen wäre, der klar gemacht hätte, dass Großbritannien keinerlei Absicht gehabt hätte, neutral zu bleiben, sondern nur versucht, die Ausgangsposition für den Krieg zu verbessern. Du schreibst ja auch selbst, dass das Ziel gewesen wäre, nur wäre es mit so einem Katalog allzu offensichtlich gewesen.

Die Nichterteilung dieser Garantie wäre ja nicht gleichbedeutend mit Kriegserklärung gewesen, insofern hätte ein solches Ansinnen keine Drohung darsgestellt.

Die Neutralität Belgiens zu achten hatte Preußen ja ohnehin 1839 erklärt, die Forderung der Erneuerung dieser Erklärung hätte also im internationalen Vertragssystem nur die Aufrechterhaltung des Status Quo bedeutet.

Und die Sperrzone auf See hätte GB mit dem eigenen Recht auf Neutralität und damit begründen können, im Interesse der Sicherheit der eigenen Schiffahrt Seegefechte zwischen Franzosen und Deutschen, in den eigenen Biritschen und angrenzenden Seezonen der Sicherheit der zivilen Schiffahrt wegen unterbinden und den Agressor Russland sanktionieren zu wollen.

Eine Aufforderung an Belgien bei der Sicherung der eigenen Neutralität durch Mobilisierung der Armee und der "Garde Civique" tätig mitzuhelfen, wäre ebenfalls nicht unmäßig gewesen.

Nichts davon hätte einen genuin agressiven Akt gegen Deutschland dargestellt.
Die Garantie der Neutralität Belgiens wäre ja noch eine legitime Forderung, aber die Zustimmung zu einer illegalen Fernblockade (die sich angeblich formal gegen Russland richtet, aber nach Lage der Dinge konnte das ja nur eine leicht durchschaubare Nebelkerze sein), die Demobilmachung der deutschen Nordseeflotte (bei gleichzeitiger Mobilisierung der britischen Flotte, denn die müsste ja die Fernblockade durchführen, Internierung der deutschen Matrosen in Übersee, britische Truppen in Belgien usw. wären alles Zumutungen, die schon einzeln kaum annehmbar gewesen wären und in der Summe schon gar nicht.
 
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