Der Versuch, nukleare Abschussrampen unter dem Eisschild Grönlands ab 1959 zu errichten bzw. zu testen, wurde zwar 10 Jahre später wieder aufgegeben.
Durch die Erwärmung kommt aber nun vermutlich der hinterlassene Müll zum Vorschein
Da dieses Verhalten eine große Sauerei ist, ein paar kritische Punkte.
Ein paar Anmerkungen zur „Rationalität“ des Handelns von Nationalstaaten, wie im konkreten Fall der USA. Die Rechtfertigung dieses Verhaltens von Staaten geht auf die Idee des Kontrakts zwischen einem „Herrscher“ und dem Staatsvolk - im Sinne von Hobbes – zurück und legitimiert diesen beschützenden „Leviathan“ den vernichtenden und zerstörenden „Behemoth“ zu besiegen.
Aus dieser historischen Entwicklung der Rolle von Staaten als „allmächtiges“ Instrument, um den Schutz der Bevölkerung zu garantieren, resultierte die Rolle des Nationalstaates, die Interessen der Staatsbürger zu verteidigen und damit auch ihre gesellschaftlichen und kulturellen Werte zu schützen. Diese Vorstellung zur Rollendefinition des Staates dient als Grundlage für die Formulierung des „nationalen Interesses“ (vgl. beispielsweise die Beiträge in Chafetz).
Das nationale Interesse ist dabei das Ergebnis eines Diskurses innerhalb der politischen Eliten wie Wendt es beschreibt. In diesen Diskurs fließen die jeweiligen „Interessen“ des Staates ein und seine spezifische „Identität“, besagt die zentrale Annahme zum Konstrukt des „Nationalen Interesses“.
Bei den Interessen stehen politische, militärische und ökonomische Überlegungen natürlich an oberster Stelle. Bei der Frage der „Identität“ spielen spezifische politische Werte und Normen eine Rolle und werden ebenfalls in die Frage einbezogen, welche Aspekte das „Nationale Interesse“ definieren.
In einer zunehmenden komplexeren Welt, die Beck zutreffen als „Weltrisikogesellschaft“ bezeichnet hat, treten neben den klassischen Bedrohungen eines Staatsvolkes durch Kriege zunehmend transnationale Faktoren, die in die Bewertung von „Sicherheitsrisiken“ und dem „Nationalen Interesse“ eine Rolle spielen.
Und diese Größe wird zunehmend erkennbar durch die globale Umweltzerstörung und die damit zusammenhängende Veränderung des Klimas. Eine Beurteilung, die bereits die ersten Studien des „Club of Rome“ vorgenommen haben.
Es ist aber vor allem auch ein demokratietheoretisches Problem, das durch die Konsequenzen obiger militärischer Umweltverschmutzung angesprochen wird. Die Definition des „Nationalen Interesses“ ist zwar – beispielsweise in den USA - in einen allgemeinen öffentlichen Diskurs über politische Ziele und Werte (vgl. z.B. die Arbeiten von Huntington) eingebettet, aber die daraus folgenden konkreten militärischen Planungen unterliegen der Geheimhaltung. Und sie werden als geheime Dokumente formuliert und in der Praxis auch im Geheimen durchgeführt.
Das Beispiel der USA und einer nicht reflexiven eindimensionalen Militärpolitik, die sich nicht um ökologische Aspekte ihrer Aktionen kümmert, lassen sich durch vielfältige Beispiele ergänzen, wie beispielsweise die verantwortungslose Verwendung von uranhaltiger Munition für die A-10, mit verheerenden Folgen für die dramatische Zunahme von Mißbildungen bei Neugeborenen in der betroffenen Region.
Ähnlich problematisch agierte Frankreich im Rahmen der Durchsetzung seines „Nationalen Interessen“ bei der Versenkung der „Rainbow Warrior“ vorn Greenpeace. Die Durchführung der französischen Atomtest wurde als ein höheres Gut eingeschätzt wie die Durchführung eines Aktes der Piraterie, indem die Rainbow Warrior durch eine Bombe versenkt wurde.
In ähnlicher Linie liegt die Argumentation der UdSSR, die im Rahmen der Durchführung ihrer A-Waffentest die Gefährdung ihrer Bevölkerung in der Nähe der Testgelände (Semipalatinsk etc.) durch ihr „Nationales Interesse“ gerechtfertigt hatte. Dieses gilt natürlich ebenfalls für die skandalöse Lagerung von verstrahltem militärischem Gerät (A-U-Boote etc.) bei der Halbinsel Kola.
https://de.wikipedia.org/wiki/Atomm%C3%BCllproblematik_der_Russischen_Marine
https://de.wikipedia.org/wiki/Atomwaffentestgel%C3%A4nde_Semipalatinsk
Die problematische Begründung staatlichen Handelns im Kontext des „Nationalen Interesses“ ließe sich beliebig erweitern und anwenden auf den Bereich der Verfolgung und Folterung von politischen Gegnern.
Anhand dieser Beispiele kann man eigentlich schnell erkennen, wie problematisch die - geheime - nationalstaatliche Formulierung und konkrete Planung von Sicherheitspolitik war und ist, da sie im Zweifel bereit ist, entsprechend der ursprünglichen Funktion des Leviathan, der „militärischen Sicherheit“ alles andere unter zu ordnen. Dieses kann man natürlich auch in seiner Logik auf den Bereich der „inneren Sicherheit“ übertragen.
Dieses gilt umso mehr, da die reale Duchführung dieser historischen, beispielhaften Aktionen im Rahmen des „Nationalen Interesses“ aufgrund von Geheimhaltungsmaßnahmen keiner funktionierenden parlamentarischen Kontrolle unterworfen ist und somit tendenziell außerhalb des normalen parlamentarischen Kontrollprozesses des exekutiven Handelns. Damit konnte auch nicht überprüft werden, ob eventuell eine Normenverletzung von nationaler oder internationaler Gesetzgebung vorliegt.
Beck, Ulrich (2008): Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit. Frankfurt: Suhrkamp
Chafetz, Glenn R.; Spirtas, Michael; Frankel, Benjamin (Hg.) (1999): The origins of national interests. London, Portland, OR: Frank Cass
Wendt, Alexander (1999): Social theory of international politics. Cambridge, U.K., New York: Cambridge University Press